Postenteritis-Syndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. April 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das Postenteritis-Syndrom kann bei Säuglingen beziehungsweise Kleinkindern einerseits auf einem bakteriellen oder viralen Ursprung beruhen aber andererseits auch durch Nährstoffmangel oder als Begleiterscheinung einer anderen organischen Erkrankung auftreten. Für eine Therapie sind neben diesen Faktoren auch die psychischen Faktoren sowie die sozialen Umstände zu erkunden und zu berücksichtigen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Postenteritis-Syndrom?

Auf jeden Fall muss die Grunderkrankung genauso wie die Pathologie der parallel verlaufenden Gedeihstörung diagnostiziert werden. Außerdem ist es wichtig, differenzialdiagnostisch andere rezidivierende Durchfälle auszuschließen.
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Bei einem Postenteritis-Syndrom handelt es sich um ein Malabsorptionssyndrom infolge einer chronischen Gastroenteritis begleitet von einer rezidivierenden beziehungsweise protrahierenden Diarrhö. Die akute Charakterisierung beträgt vier bis acht Wochen.

Mit ihr verbunden sind Untergewicht beziehungsweise eine Gewichtsabnahme mit oder ohne einem unzureichenden Gewichts- und Längenwachstum im Kindesalter. Im Alter von 6 bis 24 Monaten tritt diese Krankheit am häufigsten auf. Im Vorfeld erkranken die Kinder zum Beispiel häufig an einer akuten Gastroenteritis mit bakteriellem oder viralem Ursprung durch beispielsweise Rotaviren.

Ursachen

Eine akute Gastroenteritis mit bakteriellem oder viralem Ursprung kann die Ursache für ein Postenteritis-Syndrom sein. Die Ursache liegt darin, dass sich die Darmflora mit Dejugierung der Gallensäure sowie Hydroxilierung von Fettsäuren und Toxinprodukten aber auch infolge von oberflächlichen Mukosaläsionen mit sekundärem Disaccharidasemangel verändert.

Eine weitere Ursache findet sich in einem ausgeprägten Nährstoffmangel, weshalb Kinder in Entwicklungsländern zu einem sehr hohen Prozentsatz erkranken. In hoch entwickelten Ländern der sogenannten „Ersten Welt“ findet sich diese Symptomatik meist als Begleitung einer organischen Erkrankung.

Besonders häufig bei neurologischen und gastrointestinalen Erkrankungen aber auch im Zusammenhang mit einer infantilen Zerebralparese. Trotzdem sind je nach zugrunde gelegten Kriterien bezüglich Untergewicht beziehungsweise Häufigkeit einer bestehenden Grunderkrankung zwischen 2 und 24 Prozent der kleinen Patienten in stationärer Behandlung. Häufig liegt auch eine Zuckerintoleranz vor.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Während des Ernährungsaufbaus zwischen dem 6. und 24. Lebensmonat kommt es zu chronisch-rezidivierenden Durchfällen. Trotzdem entwickeln sich die Kinder ohne Anzeichen einer Malabsorption. Ein deutlich reduzierter Allgemeinzustand mit übermäßiger Müdigkeit bis hin zu lethargischen Phasen begleitet zunehmend das Postenteritis-Syndrom.

Ein Abdomen, das deutlich diffus meteoistisch gebläht ist, zeigt sich bei der Tastuntersuchung. Übelkeit sowie Kau- und Schluckstörungen sind häufige Begleiterscheinungen. Manchmal zeigt sich im Ösophagus eine Transportstörung. Eine bereits bestehende oder im Verlauf entstehende Lungenentzündung kann zu Kurzatmigkeit führen.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Auf jeden Fall muss die Grunderkrankung genauso wie die Pathologie der parallel verlaufenden Gedeihstörung diagnostiziert werden. Außerdem ist es wichtig, differenzialdiagnostisch andere rezidivierende Durchfälle auszuschließen. Dazu gehören im Einzelnen Mukoviszidose, Zöliakie, eine Kuhmilchintoleranz beziehungsweise Nahrungsmittelallergie sowie ein angeborener Disaccharidasemangel.

Das Ausmaß ergibt sich anhand von Normwerten aus dem Körpergewicht, der Körperlänge sowie deren Relation zueinander. Eine eventuelle Zuckerintoleranz kann durch labortechnische Stuhluntersuchungen sowie durch einen Atemtest diagnostiziert werden. Wird der als allergen erkannte Zuckerstoff aus der Nahrungskette herausgenommen, löst sich das Problem der Erkrankung häufig von alleine.

Die vorausgehende Anamnese befasst sich unter anderem mit dem familiären und sozialen Umfeld. Damit können Faktoren wie Vernachlässigung, verfügbarer Nahrung sowie psychische oder psychiatrische Erkrankungen der Eltern ausgeschlossen werden. Auch genetische Gründe können so erkannt werden.

An erster Stelle steht somit die Diagnose sowie die Bestimmung des genauen Ausmaßes gefolgt von einer Abklärung der Pathogenese. Diese unterteilt sich in die Bereiche:

  • 1. unzureichend Nahrungsaufnahme durch chronisches Erbrechen, Schluck- beziehungsweise Kaustörungen, Transportstörungen des Ösophagus aber auch Kurzatmigkeit bei einer bestehenden Herz- oder Lungenerkrankung.
  • 2. ein erhöhter Energiebedarf
  • 3. eine gestörte intestinale Aufnahme (Malabsorption)

Wird labortechnisch ein Eisenmangel festgestellt, kann sich daraus ein Hinweis auf eine bestehende Malabsorption im oberen Duodenum ergeben. In seltenen Fällen wird eine Duodenalbiopsie inklusive einer Aktivitätsbestimmung der Disaccharidasen oder dem Nachweis einer partiellen Zottenatrophie erforderlich.

Den Abschluss bildet eine körperliche Befunderhebung. Dabei offenbart sich häufig ein eingeschränkter Allgemeinzustand begleitet von Blässe und teilweise auch Anzeichen einer inzipienten Dehydration mit Müdigkeit bis hin zur Lethargie. Außerdem zeigt sich bei der Tastuntersuchung häufig ein druckempfindliches und diffus meteoistisch geblähtes Abdomen. Die Haut der Perianalregion ist durch flüssige Stühle häufig wund. Manchmal liegt sogar eine durch Soor hervorgerufene Superinfizierung vor.

Ferner besteht die Möglichkeit einer Funktionsstörung in Form einer Disaccharid- oder Monosaccharidadsorption (Lactose oder Fruktose) durch eine geschädigte intestinale Mukosa aufgrund einer akuten Gastroenteritis. Die osmotische Diarrhoe kann durch nicht resorbierte Kohlenhydrate verstärkt werden. Ihrer Persistenz beziehungsweise einer sekundären Malabsorption wird dadurch Vorschub geleistet.

Der weitere Verlauf der Erkrankung ist leider geprägt von einer mehr oder weniger starken Beeinträchtigung der somatischen und psychosozialen aber auch motorischen Entwicklung. Diese Tatsache wirkt sich negativ auf die zukünftigen kognitiven Leistungen sowie die lebenswichtigen Immunfunktionen und die Infektionsabwehr aus.

Dieses Konstrukt aus Einschränkungen erfordert frühzeitige Korrekturen, damit die Schäden so gering wie möglich gehalten werden. Darüber hinaus kann es bei unterernährten Kindern in unterentwickelten Ländern sowie nicht gestillten Kindern in zivilisierten Ländern durch ein Postenteritis-Syndrom zu einem Circulus vitiosus aus Malnutrition, Malabsorption und chronischer Gedeihstörung kommen.

Komplikationen

Aufgrund des Postenteritis-Syndroms leiden die betroffenen Patienten in der Regel an starken Durchfällen, die dauerhaft auftreten. Dadurch verlieren die Säuglinge viel Flüssigkeit und leiden mitunter an einer starken Dehydrierung. Weiterhin kommt es auch bei den Eltern und den Angehörigen zu psychischen Beschwerden oder zu Depressionen.

Der Bauch der Kinder ist dabei aufgebläht, nicht selten leiden die Kinder an Übelkeit und Erbrechen. Auch Schluckstörungen können durch das Postenteritis-Syndrom auftreten und damit die Aufnahme von Nahrung und Flüssigkeit für den Betroffenen deutlich erschweren. Sollte es nicht zu einer Behandlung des Postenteritis-Syndroms kommen, so tritt auch eine Lungenentzündung auf.

Die Kinder können dann nicht mehr richtig atmen, sodass auch die inneren Organe nicht mehr mit genügend Sauerstoff versorgt werden. Dabei kann es im schlimmsten Falle zu einer irreversiblen Schädigung der Organe oder zu einer Verzögerung der Entwicklung kommen. Die Lebensqualität des Patienten wird durch das Postenteritis-Syndrom erheblich eingeschränkt.

Die Behandlung des Postenteritis-Syndroms erfolgt in der Regel anhand einer gesunden und richtigen Ernährung. Damit können die meisten Beschwerden eingeschränkt werden. Besondere Komplikationen treten dabei nicht auf. Mögliche Mangelerscheinungen müssen dabei ausgeglichen werden.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Kinder, die an chronischem Durchfall oder anderem Magen-Darm-Beschwerden leiden, sollten zügig einem Kinderarzt vorgestellt werden. Ärztlicher Rat ist speziell bei starken Beschwerden in Verbindung mit Mangelerscheinungen oder Dehydration vonnöten. Eltern, die bei ihrem Kind wiederholt Magen-Darm-Beschwerden bemerken, sprechen am besten mit dem Kinderarzt oder einem Gastroenterologen, damit die Erkrankung rasch abgeklärt oder ausgeschlossen werden kann. Das Postenteritis-Syndrom kann durch eine Umstellung der Ernährung und die kurzfristige Gabe von Medikamenten effektiv behandelt werden.

Erfolgt allerdings keine Therapie, können die chronisch-rezidivierenden Durchfälle lebensbedrohlich sein. Besonders gefährdet sind Kinder, die durch eine andere Erkrankung bereits körperlich geschwächt sind. Auch eine akute Gastroenteritis sowie virale oder bakterielle Erkrankungen wie Rotaviren erhöhen das Risiko für ernste Komplikationen. Neben dem Kinder- oder Hausarzt behandeln Gastroenterologen das Postenteritis-Syndrom. Weitere Ansprechpartner sind Ernährungsberater sowie alternative Mediziner, die bei der Zusammenstellung einer geeigneten Diät helfen können. Bei chronischen Beschwerden sollte das Kind in eine Fachklinik für Magen-Darm-Erkrankungen gebracht werden.

Behandlung & Therapie

Der Ernährungsaufbau sollte schrittweise mit eiweiß- und kohlehydratreicher Kost erfolgen, die laktosearm ist. Dafür muss auf Kuhmilchproteine sowie Gluten und fructosehaltige Getränke für mindestens sechs bis acht Wochen verzichtet werden. Die Chance, dass sich die Symptomatik bereits damit bessert, ist relativ hoch.

Wenn die Nahrungsmenge nicht erhöht werden kann, sollten die ausgewählten Nahrungsmittel eine hohe Kaloriendichte aufweisen. Fertignahrung kann beigefüttert werden. Im Zusammenhang mit einer Re-Alimentation kann die vor der Erkrankung vertragene laktose- und kuhmilchproteinhaltige Milchfertignahrung verabreicht werden. Dies ist in unseren Regionen möglich, weil die eutrophen Kinder äußerst selten nach einer Gastroenteritis an einer Lactose- oder Kuhmilchunverträglichkeit erkranken.

Die Ernährung mit spezieller Zusatz- oder Ersatznahrung kann in bilanzierter beziehungsweise unbilanzierter Form als Sondennahrung oral, per Sonde oder mittels PEG (perkutane endoskopische Gastrostomie) verabreicht werden. In schweren Fällen muss eine Supplementierung mit Kalium, Magnesium und Phosphat vorgenommen werden. Ein Circulus vitiosus aus Malabsorption, Malnutrition sowie Gedeihungsstörungen kann in Entwicklungsländern entstehen.


Vorbeugung

Die größte Chance, nicht an einem Postenteritis-Syndrom zu erkranken, besteht in einer möglichst langen Stillzeit.

Nachsorge

Ist das Kind nach durchgeführter Therapie symptomfrei, ist keine weitere Nachsorge erforderlich. Die Darmflora hat sich dann in der Regel wieder vollständig von ihrer Entgleisung erholt. Der Ernährungsaufbau mit dem Zufüttern von Brei und Babynahrung kann nun behutsam fortgeführt werden.

Treten trotzdem wieder Durchfälle auf, sollte erneut die Zusammensetzung der Beikost unter die Lupe genommen werden. Ein erneuter Test auf potentielle Allergene wie Lactose, Fructose oder Gluten ist an dieser Stelle ratsam. Sofern diese Maßnahme zu einem symptomfreien Ergebnis führt, sollte eine Eliminationsdiät durchgeführt werden. Dabei werden einzelne Lebensmittel nach und nach zum Speiseplan hinzugefügt.

Dies ermöglicht eine genaue Identifikation des Durchfallauslösers. So sind mit der Zeit auch sehr spezielle Unverträglichkeiten zu diagnostizieren. Bei Unklarheiten und Fragen hilft ein ausgebildeter Ernährungsberater weiter. Dieser kann Tipps zum schonenden Ernährungsaufbau geben oder sogar einen Speiseplan für das Kind entwickeln.

Dies ist besonders ratsam, wenn in Folge des Postenteritis-Syndroms Anzeichen einer Mangelernährung auftreten. Meist können kleinere Unterversorgungen über die Ernährung ausgeglichen werden. Unter Umständen ist jedoch auch die gezielte Anwendung von Nahrungsergänzungsmitteln indiziert. Hierbei sollte eine regelmäßige Kontrolle der entsprechenden Blutwerte erfolgen.

Das können Sie selbst tun

Die Erkrankung tritt in erster Linie bei Kindern auf. Angehörige, Erziehungsberechtigte oder Aufsichtspersonen sollten darauf achten, dass das Kind eine ausreichende und gesunde Ernährung erhält. Das Gewicht ist in regelmäßigen Abständen zu dokumentieren und mit den Vorgaben des Normalgewicht von Kindern in dem Alter abzugleichen. Bei einem starken Untergewicht oder Anzeichen eines Nährstoffmangels, sollte eine ärztliche Untersuchung stattfinden.

In Zusammenarbeit mit dem Mediziner ist zu besprechen, welcher Nährstoff vermehrt aufgenommen werden muss. Zudem kommt es zu Schluckstörungen. Aus diesem Grund ist die Konsistenz der Lebensmittel zu optimieren. Bei einem Untergewicht sind Tätigkeiten, die mit einem starken Verlust an Kalorien verbunden sind, zu vermeiden. Die Ausübung sportlicher Tätigkeiten sollten den Möglichkeiten des Organismus angepasst werden und keine zusätzlichen Ressourcen in Anspruch nehmen. Die Zufuhr der Lebensmittel ist an den Bedürfnissen des Körpers auszurichten und sollte optimiert werden. Eine vitaminreiche Kost ist für den Genesungsprozess notwendig.

Bei einer Kurzatmigkeit drohen Angstzustände oder panische Verhaltensweisen. Dem Betroffenen ist bereits vorbereitend eine ausreichende Information über ein angemessenes Verhalten in einer Notsituation zu vermitteln.

Da sich häufig eine Intoleranz gegenüber Zucker zeigt, sollte die Aufnahme der Nahrungsmittel vollständig zuckerfrei sein. In vielen Fällen ist eine Umstrukturierung des Ernährungsplanes notwendig, damit dem Organismus keinerlei zuckerhaltige Produkte zugeführt werden.

Quellen

  • Eppinger, M., Müller, M., et al.: Pädiatrie. Für Studium und Praxis. 2013/14. Medizinische Verlags- und Informationsdienste, Breisach 2013
  • Gortner, L., Meyer, S., Sitzmann, F.C.: Duale Reihe Pädiatrie. Thieme, Stuttgart 2012
  • Kurz, R. et al.: Checkliste Pädiatrie. Thieme, Stuttgart 2015

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