Posteriores reversibles Enzephalopathie-Syndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Ein posteriores reversibles Enzephalopathie-Syndrom (PRES) stellt sich als Kombination von plötzlich einsetzenden Kopfschmerzen, Bewusstseinseintrübungen, epileptischen Anfällen und Sehstörungen dar. Die Ursachen können sehr vielfältig sein. Während die Erkrankung unbehandelt in Einzelfällen sogar zum Tode führen kann, bildet sie sich jedoch bei rasch einsetzender Therapie meist vollständig zurück.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das posteriores reversibles Enzephalopathie-Syndrom?

Bereits die Zusammenstellung der Symptome lässt ein posteriores reversibles Enzephalopathie-Syndrom vermuten. Die Diagnose kann durch bildgebende Verfahren wie MRT, CT, diffusionsgewichtete Bildgebung (DWI) oder Flair-Technik bestätigt werden.
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Das posteriore reversible Enzephalopathie-Syndrom ist ein plötzlich einsetzender Symptomenkomplex aus akuten Kopfschmerzen, Sehstörungen und epileptischen Anfällen. Trotz völlig unterschiedlicher Ursachen werden ähnliche Prozesse, die zu seiner Entstehung führen, vermutet. Diagnostisch wird immer ein vasogenes Hirnödem festgestellt.

Das vasogene Hirnödem bildet sich durch eine Störung der Blut-Hirn-Schranke aus, wobei Flüssigkeit aus dem Zellplasma in den Interzellularraum des Hirnmarks gelangt. Meist ist das Syndrom mit einem stark ansteigenden arteriellen Bluthochdruck vergesellschaftet. Es wurden jedoch auch schon Fälle von posteriorem reversiblem Enzephalopathie-Syndrom ohne Blutdruckanstieg beobachtet.

Des Weiteren besteht auch kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Höhe des Blutdrucks und der Stärke der Symptome. Bisher ist der vollständige Entstehungsprozess dieses Syndroms nicht 100-prozentig geklärt. Insbesondere die Rolle der Hypertension wird noch nicht eindeutig verstanden. Früher wurde der Bluthochdruck als Ursache des posterioren reversiblen Enzephalopathie-Syndroms betrachtet.

Heute wird die Möglichkeit diskutiert, dass er eine Reaktion auf das vasogene Hirnödem darstellt. Wie bereits im Namen angedeutet, ist das posteriore reversible Enzephalopathie-Syndrom eine reversible Störung der Hirnfunktion, die in der Regel bei rascher Behandlung wieder vollständig ausheilt. Allerdings gibt es auch Fälle, wo sich strukturelle Veränderungen im Hirn durch Hirnblutung oder andere pathologische Prozesse herausbilden. Vereinzelt kommt es sogar zu Todesfällen.

Ursachen

Ein posteriores reversibles Enzephalopathie-Syndrom kann durch mehrere Ursachen ausgelöst werden. Diskutiert wird dann aber ein gemeinsamer Prozess, der zum Zusammenbruch der Blut-Hirn-Schranke führt. Das Syndrom stellt eigentlich eine Komplikation dar, die bei verschiedenen Erkrankungen, medikamentösen Behandlungen, sonstigen medizinischen Behandlungen oder Alkohol- sowie Drogenmissbrauch auftreten kann.

Mittlerweile wurde festgestellt, dass das gemeinsame Merkmal des Syndroms ein vasogenes Hirnödem ist. Vermutlich wird das vasogene Hirnödem durch eine Fehlfunktion des Endothels hervorgerufen. Die Folge dieser Fehlfunktion ist eine Störung der Blut-Hirn-Schranke mit Flüssigkeitsübertritt aus dem Zellplasma in den interzellulären Zwischenraum im Markbereich des Gehirns.

Diese Störung kann in der Folge solcher Erkrankungen wie dem akuten und chronischen Nierenversagen, dem hämolytischen und urämischen Syndrom, verschiedenen Blutkrankheiten, Eklampsie oder verschiedenen Autoimmunerkrankungen des Bindegewebes der Gefäße sowie der Haut auftreten. Bei Medikamenten spielen Chemotherapeutika und Immunsuppressiva eine besondere Rolle bei der Entstehung des Syndroms.

Auch nach Hormonbehandlungen mit Östrogenpräparaten kann es zu dieser Komplikation kommen. Das Gleiche gilt für Drogen wie LSD oder Kokain. Auch nach Bluttransfusionen oder Kontrastmittelexpositionen kann sich in seltenen Fällen der Symptomkomplex des posterioren reversiblen Enzephalopathie-Syndroms ausbilden.

Welche Rolle der hohe arterielle Bluthochdruck (Hypertension) spielt, ist noch nicht klar. Früher wurde er als Ursache des posterioren reversiblen Enzephalopathie-Syndroms angesehen. Heutige Vermutungen gehen jedoch vielmehr davon aus, dass es sich um eine Reaktion auf das vasogene Hirnödem handelt.

Durch den Flüssigkeitsübertritt in den interzellulären Zwischenraum ist die Durchblutung des Gehirns gefährdet. In der Folge reagiert der Organismus mit einem starken Anstieg des arteriellen Blutdrucks, um die normale Hirndurchblutung zu gewährleisten. Dieser Blutdruckanstieg erhöht das Risiko einer Hirnblutung und eines Schlaganfalls.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Das posteriore reversible Enzephalopathie-Syndrom ist durch den Symptomkomplex von akuten Kopfschmerzen, epileptischen Anfällen, Sehstörungen, Verwirrtheitszustände und Bewusstseinseintrübungen gekennzeichnet. Selten treten die Symptome gleichzeitig auf. Innerhalb der ersten 24 Stunden der Erkrankung kommt es häufig zu mehreren epileptischen Anfällen.

Die Epilepsie kann während dieses Zeitraums auch zu einem Dauerzustand werden, der bis zum Koma führen kann. Nach Ablauf der 24 Stunden treten in der Regel keine epileptischen Anfälle mehr auf. In den meisten Fällen wird außerdem eine Hypertension (arterielle Hypertonie) beobachtet. Das trifft allerdings nicht für alle Krankheitsfälle zu. Sehr selten können sich neurologische Störungen mit Lähmungserscheinungen herausbilden.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Bereits die Zusammenstellung der Symptome lässt ein posteriores reversibles Enzephalopathie-Syndrom vermuten. Die Diagnose kann durch bildgebende Verfahren wie MRT, CT, diffusionsgewichtete Bildgebung (DWI) oder Flair-Technik bestätigt werden. Im Rahmen dieser Untersuchungen wird ein vasogenes Hirnödem entdeckt.

Komplikationen

Bei diesem Syndrom leiden die Betroffenen an einer Reihe verschiedener Beschwerden. In den meisten Fällen kommt es dabei zu sehr starken Kopfschmerzen, die sich auch in andere Regionen des Körpers ausbreiten können. Auch Bewusstseinsstörungen oder epileptische Anfälle können bei diesem Syndrom auftreten und sich sehr negativ auf die Lebensqualität des Patienten auswirken. Die epileptischen Anfälle können dabei im schlimmsten Falle zum Tod führen.

Der weitere Verlauf der Krankheit hängt allerdings stark vom Zeitpunkt der Diagnose ab. Die Betroffenen sind bei dieser Erkrankung sehr verwirrt und können Dinge und Taten nicht mehr richtig zuordnen. Auch ein Koma kann dabei auftreten. In vielen Fällen leiden die Patienten krankheitsbedingt an Lähmungserscheinungen, die allerdings nur kurzzeitig auftreten.

Sollten die Beschwerden der Krankheit allerdings öfter auftreten, so kann es zu irreversiblen Schäden an den Nerven des Patienten kommen. In der Regel erfolgt die Behandlung ohne Komplikationen und richtet sich immer nach der Grunderkrankung. Diese wird in der Regel mit Hilfe von Medikamenten behandelt. Falls die Behandlung schon früh eingeleitet wird, kommt es in den meisten Fällen zu einem positiven Krankheitsverlauf.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Wenn Sehbeschwerden, Kopfschmerzen oder epileptische Anfälle auftreten, liegt wahrscheinlich ein ernstes Leiden zugrunde. Ein Arzt sollte konsultiert werden, wenn die Beschwerden plötzlich auftreten und schnell stärker werden. Sollten sich Bewusstseinsstörungen einstellen, muss der Rettungsdienst gerufen werden. Das posteriore reversible Leukencephalopathie-Syndrom tritt vorwiegend bei Menschen auf, die bereits an einer ernsten neurologischen Erkrankung leiden. Auch Tumorpatienten sowie Menschen mit einem ungesunden Lebensstil gehören zu den Risikogruppen. Sie sollten einen Arzt einschalten, wenn die genannten Symptome akut auftreten und länger als einige Minuten bestehen bleiben.

Das Syndrom kann zunächst von dem Hausarzt oder einem Notarzt abgeklärt werden. Das posteriore reversible Leukencephalopathie-Syndrom wird anschließend von einem Neurologen behandelt. Je nach Symptombild können außerdem Kardiologen, Augenärzte und Internisten in die Behandlung des Syndroms involviert werden. Bei einem schweren Verlauf mit subkortikalem Hirnödem benötigt der Patient physiotherapeutische Unterstützung. Gegebenenfalls muss auch der Lebensstil umgestellt werden, wofür Ernährungsmediziner, Therapeuten und eine Reihe von anderen Experten zuständig sind.

Behandlung & Therapie

Da das posteriore reversible Enzephalopathie-Syndrom plötzlich und oft heftig einsetzt, muss die Therapie sehr rasch beginnen. Nur so können Langzeitschäden oder gar ein tödlicher Verlauf vermieden werden. In der Regel bilden sich die Symptome nach einer Therapie vollständig zurück. Allerdings richtet sich die Behandlung nach der zugrunde liegenden Krankheit oder Störung.

Bei Vorliegen einer schweren Hypertension sollte diese so schnell wie möglich behandelt werden, um keinen Schlaganfall oder Hirnblutung zu riskieren. So sollte der diastolische Blutdruck auf circa 100 bis 105 mm Hg gesenkt werden. Der mittlere arterielle Druck darf jedoch nicht mehr als 25 Prozent zum Ausgangswert gesenkt werden, um die normale Hirndurchblutung zu gewährleisten.

Das kann durch intravenöse Verabreichung bestimmter blutdrucksenkender Medikamente erreicht werden. Im Verdacht stehende toxische Substanzen und Medikamente müssen schnell abgesetzt werden. Bei chronischen Erkrankungen muss über eine Medikamentenumstellung nachgedacht werden.


Vorbeugung

Zur Vorbeugung vor einem posterioren reversiblen Enzephalopathie-Syndrom muss die zugrunde liegende Ursache ausgeschaltet werden. Eine gesunde Lebensweise mit ausgewogener Ernährung, viel Bewegung sowie Verzicht auf Genussmittel und Drogen kann bereits das Risiko für verschiedene auslösende Grundkrankheiten senken.

Nachsorge

Nach der Behandlung des posterioren reversiblen Enzephalopathie-Syndroms auf der Intensivstation beginnt die umfassende Nachsorge. Diese soll unter anderem die Normalisierung des Blutdrucks überwachen. Gleichzeitig geht es darum, die ursprünglichen Auslöser der Erkrankung gezielt zu behandeln. Das Risiko von epileptischen Anfällen lässt sich in diesem Rahmen ebenfalls im gewissen Rahmen kontrollieren.

Für Patienten ist die genaue Befolgung der ärztlichen Empfehlungen unabdingbar. Abhängig vom individuellen Fall müssen sie regelmäßig Magnesium einnehmen. Ein Großteil der erkrankten Personen kann wieder vollständig gesund werden, sodass keine Beschwerden mehr auftreten. Um die Besserung des Zustands sicherzustellen, können die Betroffenen in regelmäßigen Abständen eine ärztliche Untersuchung durchführen lassen.

Falls Komplikationen auftreten sollten, ist ein schnelles Handeln nötig. Darum ist eine gewisse Selbstbeobachtung nötig. Die Familie der Patienten sollte sich über die Symptome wie Gefäßverschlüsse informieren und im Notfall schnell einen Arzt rufen. So können möglicherweise langfristige Folgen wie neurologische Störungen vermieden werden.

Eine gesunde Lebensweise zur Senkung des Blutdrucks ist keine Garantie, hilft aber, das Risiko einer erneuten Erkrankung zu senken. Mit diesem Hintergrundwissen können die Betroffenen die eigene Gesundheit stärken und durch mehr Bewegung und gesunde Ernährung ihren Zustand verbessern.

Das können Sie selbst tun

Das posteriore reversible Enzephalopathie-Syndrom erfordert ein schnelles Handeln, darum sollten gefährdete Personen aufmerksam beobachtet werden. Um Unfälle aufgrund von plötzlichen Anfällen, Sehstörungen oder Bewusstseinsschwächen zu vermeiden, ist eine regelmäßige Kontrolluntersuchung nötig.

Die direkte Behandlung erfolgt durch blutdrucksenkende Arzneimittel, die intravenös verabreicht werden. Bei chronisch erkrankten Personen ist eine Umstellung der bisher eingenommenen Medikamente nötig, um das Risiko von Anfällen zu senken. Grundsätzlich geht es darum, die eigentliche Ursache für die Attacke auszuschalten. Das gelingt durch eine ausgewogene und nährstoffreiche Ernährungsweise, durch genug Bewegung und durch den Verzicht auf Alkohol, Zigaretten und andere Genussmittel. Auch ein niedriger Stresspegel wirkt sich positiv auf das gesamte Befinden aus und senkt damit die Gefahr von lebensbedrohlichen Anfällen.

Allerdings hängt ein hoher Blutdruck nicht ursächlich mit der Erkrankung zusammen. Die Patienten sollten sich genau informieren und ihren Arzt um Rat bitten. Die medizinischen Empfehlungen beziehen sich dabei nicht nur auf akute Fälle, sondern auch auf alltägliche Dinge. Bei einer vernünftigen Lebensweise und dem frühzeitigen Untersuchungstermin ist eine zielgerichtete Behandlung mit Medikamenten möglich. Die regelmäßige Einnahme nach ärztlicher Vorschrift unterstützt den positiven Therapieverlauf.

Quellen

  • Arasteh, K., et. al.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Masuhr K., Masuhr, F., Neumann, M.: Duale Reihe Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013

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