Staphylococcus epidermidis
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 2. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
Sie sind hier: Startseite Krankheitserreger Staphylococcus epidermidis
Staphylococcus epidermidis ist ein grampositives Bakterium, das als Saprophage die menschliche Haut und Schleimhäute besiedelt. Das Bakterium ist für Menschen mit intaktem Immunsystem nicht pathogen. Es kann sich jedoch auf polymeren Kunststoffoberflächen von implantierten Gegenständen, wie Katheter und künstliche Herzklappen, festsetzen, einen Biofilm bilden und schwerste nosokomiale Infektionen verursachen.
Inhaltsverzeichnis |
Was ist Staphylococcus epidermidis?
Das grampositive und plasmakoagulase-negative Bakterium Staphylococcus epidermidis ernährt sich als Saprophage von abgestorbenen Hautzellen und anderen Abbauprodukten von Haut und Schleimhäuten. Dass das Bakterium plasmakoagulase-negativ ist, bedeutet, dass es bei Eindringen in den Körper keine Substanz produzieren kann, die Prothrombin aktiviert, so dass sich das Bakterium nicht – wie einige verwandte Arten - mit einem Schutzschild aus körpereigenen Proteinen umgeben kann.
Für Menschen mit intaktem Immunsystem ist Staphylococcus epidermidis daher nicht pathogen. Das Bakterium hat allerdings die unangenehme Eigenschaft, sich leicht an implantierten Gegenständen mit polymerer Kunststoffoberfläche festsetzen zu können. Es bildet dann einen mehrschichtigen, gut anhaftenden, Biofilm, der mit einer membranähnlichen Glykocalyx aus Exopolysacchariden geschützt ist. Wenn sich die Bakterien an Endoprothesen, künstlichen Herzklappen und Kathetern festsetzen, können sie schwerwiegende nosokomiale Entzündungen auslösen.
Staphylococcus epidermidis kann daher als fakultativ pathogen bezeichnet werden. Häufig sind derartige Infektionen nur schwer zu behandeln, wenn es sich um einen multiresistenten Stamm des Bakteriums handelt, der gegen die meisten Antibiotika unempfindlich ist.
Vorkommen, Verbreitung & Eigenschaften
Seine fakultative Pathogenität besteht in seiner Fähigkeit, invasiv eingebrachte Materialien mit polymerer Oberfläche zu besiedeln und sich durch eine membranähnliche Struktur zu schützen, so dass das Bakterium weder vom Immunsystem noch von Antibiotika erreicht werden kann. Auch gibt es in Kliniken Stämme, die resistent gegen Penicillin und Methicillin sind sowie gegen einige weitere Antibiotika. Sie werden deshalb zu den gefährlichen multiresistenten Keimen gerechnet, die nur schwer bekämpft werden können.
Bedeutung & Funktion
Das Bakterium Staphylococcus epidermidis ernähren sich von sich abschilfernden Hornzellen und anderen Abbauprodukten des Körpers. Die Bakterien dominieren daher die Zusammensetzung der Standortflora der Haut. Die Standortflora repräsentiert normalerweise ein stabiles, dynamisches Gleichgewicht, das aus einem komplexen Zusammenspiel verschiedener Mikroorganismen resultier. So ist Staphylococcus epidermidis beispielsweise auch zu wirksamen Abwehrreaktionen gegen konkurrierende Bakterien wie Staphylococcus aureus fähig. Das Bakterium mit hoher und gefürchteter Pathogenität kann das Immunsystem über die Zerstörung von Phagozyten angreifen und lebensbedrohliche Infektionen verursachen.
Staphylococcus epidermidis kann ein Enzym synthetisieren, das den schützenden Biofilm des Staphylococcus aureus zerstört und das Bakterium daran hindert, einen neuen Schutzfilm aufzubauen. Staphylococcus epidermidis versteht es, auch das körpereigene Immunsystem über eine entsprechende Stimulierung in den komplexen Abwehrprozess mit einzubeziehen.
Diese Effekte wurden von japanischen Forschern 2010 für den Bereich der Nasenschleimhaut nachgewiesen. In der Nasenschleimhaut übt Staphylococcus epidermidis normalerweise eine besonders dominierende „Vorherrschaft“ aus. Das Bakterium übt in diesem Fall eine aktive, immununterstützende, wichtige Infektabwehr aus, obwohl es als fakultativ pathogen eingestuft wird.
Die effektive Abwehr des Bakteriums Staphylococcus aureus, durch bestimmte Stämme des Staphylococcus epidermidis, ist mit großer Wahrscheinlichkeit der Grund, warum manche Menschen gegen eine gefährliche Infektion durch Staphylococcus aureus immun zu sein scheinen.
Krankheiten & Beschwerden
Die Besetzung der Gegenstände kann eine sogenannte Fremdkörperinfektion auslösen, mit zum Teil schwerwiegendem Verlauf. Etwa 70 bis 80 Prozent aller Fremdköperinfektionen gehen auf das Konto des Bakteriums Staphylococcus epidermidis. Besonders in Kliniken ist eine derartige Infektion gefürchtet, da sie meistens von Bakterienstämmen mit Multiresistenzen gegen Penicillin, Methicillin und anderen Antibiotika verursacht werden und typische nosokomiale Infekte verkörpern.
Falls Lebensmittel mit dem Bakterium kontaminiert sind und gute Vermehrungsbedingungen für dieses bieten, kann der Verzehr Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Krämpfe auslösen. Es handelt sich dabei aber nicht um eine Infektion im klassischen Sinn, denn Staphylococcus kann im Verdauungstrakt normalerweise nicht überleben. Es handelt sich somit im Grunde um eine Lebensmittelvergiftung, da die Krankheitssymptome von den Toxinen verursacht werden, die das Bakterium in dem Lebensmittel bereits vor dem Verzehr produziert hat. In der Regel klingen die Symptome relativ zügig wieder ab, wenn die kontaminierten Lebensmittel durch die beschleunigte Verdauungspassage den Körper wieder verlassen haben.
Bei Personen mit geschwächtem oder künstlich supprimiertem (unterdrücktem) Immunsystem kann Staphylococcus epidermidis Wundinfektionen, Furunkel, Nasennebenhöhlenentzündungen und andere entzündliche Erkrankungen verursachen.
Das größte Problem bei einer auftretenden Infektion mit Staphylococcus epidermidis ist der Umstand, dass sich das Bakterium in „Schlupfwinkel“ zurückzieht, wo es vom Immunsystem nicht bemerkt und deshalb auch nicht bekämpft wird. Sobald die Voraussetzungen für eine erneute Infektion für das Bakterium günstig sind, setzt sich das Bakterium erneut fest und erzeugt neue – häufig chronische – Entzündungsherde, die aufgrund der Multiresistenz nur schwer zu bekämpfen sind.
Quellen
- Bachmann, K.: Biologie für Mediziner. Springer, Berlin 1990
- Marre, R. et al: Klinische Infektiologie. Infektionskrankheiten erkennen und behandeln. Urban & Fischer, München 2007
- Schwarzkopf, A.: Multiresistente Erreger im Gesundheitswesen. mhp Verlag, Wiesbaden 2016