Methicillin
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 11. April 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Methicillin ist ein Antibiotikum aus der Wirkstoffgruppe der Penicilline. Es ist nur gegen grampositive Bakterien wie Staphylococcus aureus wirksam und besitzt damit ein sehr schmales Wirkungsspektrum. Heute dient es nicht mehr als Medikament, sondern wird nur noch als Indikatorsubstanz bei der MRSA-Resistenzuntersuchung verwendet.
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Was ist Methicillin?
Methicillin gilt als erstes Penicillin, bei welchem eine Resistenzfestigkeit gegen die Penicillinase von Bakterien festgestellt wurde. Das charakteristische Merkmal von Methicillin ist ein Betalactamring, der gegen äußere Zerstörung sterisch abgeschirmt ist. Das Enzym Penicillinase baut diesen Betalactamring der Penicilline ab und macht sie dadurch unwirksam.
Methicillin besitzt jedoch eine Seitenkette, die den Zutritt des Enzyms zum Betalactamring behindert. Daher weckte Methicillin viele Hoffnungen, ein wirksames Penicillin gegen grampositive Bakterien zu sein. Im Jahre 1959 wurde es durch das Pharmaunternehmen "Beecham" entwickelt. Anfangs konnten Infektionen mit dem Bakterium Staphylococcus aureus wirksam bekämpft werden. Es entwickelten sich jedoch immer mehr Resistenzen.
Methicillin musste parenteral (nicht über das Verdauungssystem) appliziert werden, da es säureempfindlich ist und daher im Magen zerstört würde. Später wurde Methicillin durch die ebenfalls penicillinasefesten Penicilline Oxacillin oder Flucloxacillin ersetzt, weil diese säurefest sind und daher auch oral verabreicht werden können. Gleichzeitig führen sie auch zu weniger Nebenwirkungen als Methicillin.
Auch die Überzeugung, dass Methicillin nicht zu Resistenzen in den Bakterienstämmen führen kann, wurde widerlegt. Heute steht der Begriff MRSA (methicillinresistenter Staphylococcus aureus) für den gefährlichen multiresistenten Krankenhauskeim.
Pharmakologische Wirkung
Die Mureinschicht wird mithilfe des bakteriellen Enzyms Transpeptidase aufgebaut. Das Enzym Transpeptidase sorgt für die Verbindung von N-Acetylmuraminsäure mit N-Acetylglucosamin zu Murein. Allerdings ist die Transpeptidase empfindlich gegen alle Betalactamantibiotika. Die Betalactamantibiotika hemmen das Enzym durch Bildung einer festen Bindung. Im Rahmen dieser Reaktion öffnet sich der Betalactamring und kann in dieser Form Aminosäuren im aktiven Zentrum des Enzyms binden, sodass die Transpeptidase ihre Wirksamkeit verliert. Durch fortwährende Mutationen ist die Transpeptidase jedoch immer stabiler gegen die Einwirkung der Betalactamantibiotika geworden. So haben sich bereits frühzeitig Resistenzen gegen Betalactampenicilline wie Methicillin entwickelt.
Medizinische Anwendung & Verwendung
Ab Ende der fünfziger Jahre wurde Methicillin als Antibiotikum gegen grampositive Bakterien eingesetzt. Es fand besonders Anwendung bei der Bekämpfung von Infektionen mit Staphylococcus aureus. Normalerweise ist dieses Bakterium harmlos. Es findet sich überall auf der Haut und den Schleimhäuten von Mensch und Tier. Bei immungeschwächten Personen kann es jedoch zu schwerwiegenden Infektionen kommen.
Durch Methicillin konnte die Ausbreitung dieser Keime gestoppt werden. Da Methicillin jedoch säureempfindlich ist, musste es durch Infusionen zugeführt werden. Im Laufe der Zeit wurde Methicillin letztlich durch die säureresistenten Betalactamantibiotika Oxacillin, Flucloxacillin und Dicloxacillin ersetzt. Sie wirken auf gleiche Weise wie Methicillin, rufen jedoch weniger Nebenwirkungen hervor.
Heute wird Methicillin nur noch im Rahmen der MRSA-Residenztestung neben Oxacillin und anderen Antibiotika als Indikatorsubstanz verwendet. Ursprünglich wurde Methicillin für diesen Test als Leitantibiotikum eingesetzt. Daraus resultiert auch die Bezeichnung MRSA für die multiresistenten Krankenhauskeime. Neben der Bezeichnung MRSA hat sich heute auch ORSA (oxacillinresistenter Staphylococcus aureus) für die Krankenhauskeime etabliert, da heute als Indikatorsubstanz häufig Oxacillin verwendet wird.
Die eigentliche medizinische Bedeutung von Methicillin beruht darauf, dass es als erstes penicillinasefestes Penicillin Anwendung fand. Es war ein Schmalbandantibiotikum gegen grampositive Keime.
Risiken & Nebenwirkungen
Da der Einsatz von Methicillin schon sehr frühzeitig begann, wurden die ersten Resistenzen gegen Antibiotika mit Methicillin in Zusammenhang gebracht. Es zeigte sich jedoch, dass diese Keime auch Resistenzen gegen andere Betalactamantibiotika entwickelten, da deren Wirkungsweise vergleichbar ist.
Methicillin wurde besonders in Krankenhäusern, anderen medizinischen Einrichtungen oder Pflegeheimen eingesetzt, weil dort die meisten Infektionen mit Staphylococcus aureus, aufgrund vieler hier behandelter immungeschwächter Patienten, auftraten. In der Folge bildeten die Keime zunächst Resistenzen gegen Betalactamantibiotika und später teilweise auch gegen andere Antibiotika aus.
Das Auftreten multiresistenter Keime in Krankenhäusern, anderen medizinischen Einrichtungen und Pflegeheimen stellt heute das Gesundheitswesen vor große Herausforderungen. So hat die massenhafte undifferenzierte Behandlung mit Antibiotika und speziell auch mit Methicillin zu Krankheiten geführt, die es früher nicht gab. Zudem ist es heute zunehmend schwieriger, Infektionen mit Staphylococcus aureus bei immungeschwächten Personen einzudämmen, da sich immer mehr Resistenzen gegen bestimmte Antibiotika herausbilden.