Sympathische Ophthalmie
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Die sympathische Ophthalmie ist eine Autoimmunerkrankung der Augenhaut, die nach Augenverletzungen auftritt. Die charakteristische Uveitis kann beidseitige Erblindung zur Folge haben. Die Behandlung konzentriert sich auf die Entzündungskontrolle durch Steroide.
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Was ist eine sympathische Ophthalmie?
Bei Autoimmunerkrankungen greift das Immunsystem körpereigene Strukturen an. Im Rahmen der meisten Autoimmunerkrankungen lässt sich ein Nachweis über sogenannte Autoantikörper erbringen, der als diagnosesichernd gilt. Autoimmunerkrankungen können sich grundsätzlich gegen sämtliche Körpergewebe richten. Als eine Autoimmunerkrankung des Augenhautgewebes versteht die Wissenschaft die sympathische Ophthalmie.
Bei dieser Erkrankung handelt es sich um eine Uveitis, die sich durch Entzündungen der mittleren Augenhaut Uvea charakterisiert. Die Uvea besteht aus der Aderhaut (Choroidea), der Iris und dem Strahlenkörper (Corpus ciliare). In Einzelfällen ist außerdem der Glaskörper an den entzündlichen Prozessen der Uveitis beteiligt. Die sympathische Ophthalmie tritt auf beiden Seiten als diffus granulomatöse Panuveitis in Erscheinung und tritt nach Traumata oder wiederholten OPs am Auge auf.
Ophthalmie war in den Riegen der adligen Luxemburger als Erberkrankung bekannt und ließ Johann von Böhmen beispielsweise auf beiden Augen die Sehkraft verlieren. Für die sympathische Ophthalmie geben wissenschaftliche Quellen eine Prävalenz von eins bis neun Fällen auf eine Million Personen an. Damit zählt die Erkrankung zu den eher seltenen Krankheiten und ist bis heute nicht abschließend erforscht.
Ursachen
Die genaue Natur der Selbst-Antigene gilt bisher als umstritten. Verschiedene Risikofaktoren für die Erkrankung wurden in der Vergangenheit dokumentiert. Zu den dokumentierten Risikofaktoren zählen neben bakteriellen Infektionen spezifische HLA-Antigenen wie DR4, B40 oder A11. Damit bestehen Hinweise auf eine Beteiligung von genetischen Faktoren, wie sie auch die familiäre Häufung unter den adeligen Luxemburgern erklären könnten.
In rund der Hälfte aller Fälle geht der Autoimmunerkrankung eine Verletzung voraus. Seltener handelt es sich um eine vorgeschichtliche Kontusion im Sinne einer Quetschung. Das höchste Risiko liegt nach Verletzungen des Ziliarkörpers vor. Allerdings wurde auch nach chirurgischen Eingriffen von den entzündlichen Prozessen berichtet. Nach Eingriffen im Bereich des hinteren Segments scheint ein höheres Risiko zu bestehen als nach Operationen im vorderen Segment.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Patienten mit einer sympathischen Ophthalmie klagen über Schmerzen im Bereich des entzündeten Auges. Außerdem reagieren sie mit Lichtscheu auf geringe Lichteinwirkungen. Zur Akkomodation im Sinne der funktionellen Nah- und Ferneinstellung sind sie nicht mehr in der Lage. Zusätzlich liegt häufig eine subjektive Sehstörung im Sinne einer verzerrten Umweltwahrnehmung vor, die mit einer leichten bis signifikanten Minderung der Sehkraft einhergehen kann.
Die granulierende Uveitis im vorderen Segment wird von Veränderungen des hinteren Segments begleitet. Solche Veränderungen können zum Beispiel moderate bis schwere Entzündungen im Bereich des Glaskörpers sein, allerdings auch anderen Entzündungen entsprechen. Zusätzlich sind die Veränderungen oft mit gelblich-weißen Läsionen im Bereich des Pigmentepithels oder Dalen-Fuchs-Knötchens vergesellschaftet.
Die Entzündungen führen im Verlauf oft zu schwerer Netzhautablösung oder Wassereinlagerungen innerhalb der Aderhaut, die einen Sehverlust zur Folge haben. Auch außerhalb der Augen treten Beschwerden auf. Bei diesen Begleitsymptomen handelt es sich oft um Kopfschmerzen oder Schwerhörigkeit. Schwerere Begleitsymptome sind die Meningitis im Sinne einer Hirnhautentzündung oder die Pleozytose des Hirnwassers, bei der sich die Zellzahl im Nervenwasser erhöht.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Die Diagnose einer sympathischen Ophthalmie stellt der Arzt auf Basis der Vorgeschichte und der klinischen Symptomen. Als bildgebende Verfahren können neben der Fluorescein- und Indocyaningrün-Angiographie die B-Scan-Ultrasonographie oder die optische Kohärenz-Tomographie zum Einsatz kommen, um die Verdachtsdiagnose abzusichern. Durch Laboruntersuchungen schließt der Arzt ursächliche Infektionen aus.
Differentialdiagnosen können bei nachgewiesenem Augentrauma in der Vorgeschichte die Endophthalmitis und andere Formen der Uveitis sein. Lässt sich kein Augentrauma in der Vorgeschichte der Patienten ausmachen, sind andere Krankheiten mit granulöser Uveitis wahrscheinlicher. In dieser Hinsicht kommen vor allem Sarkoidose oder das Vogt-Koyanagi-Harada-Syndrom und das Uvea-Effusions-Syndrom in Frage. Die Prognose ist für Patienten mit sympathischer Ophthalmie eher ungünstig. Im späteren Verlauf kann es zur beidseitigen Erblindung kommen.
Komplikationen
Die sympathische Ophthalmie stellt eine seltene Komplikation nach einer Augenverletzung oder einer Augenoperation dar. Aufgrund der Freilegung der Uvea nach einer Augenperforation bilden sich im Rahmen dieser Erkrankung Antikörper gegen die mittlere Augenhaut (Uvea). Fatalerweise greifen die Antikörper auch die Uvea des gesunden Auges an, was zu chronischen Entzündungsprozessen in beiden Augen führt.
Wenn die sympathische Ophthalmie unbehandelt bleibt, kann es daher zur beidseitigen Erblindung kommen. Neben einer schweren Uveitis können als Komplikationen auch Papillenödeme und sekundäre Glaukome vorkommen. Das Papillenödem, auch Stauungspapille genannt, ist durch eine Vorwölbung des Sehnervenkopfes gekennzeichnet. Die Stauungspapille führt zu Sehstörungen und Kopfschmerzen.
Das sekundäre Glaukom ist wiederum die Folge der Erhöhung des Augeninnendruckes und kann neben der schweren Augenhautentzündung ebenfalls zur Erblindung führen. Um das Risiko zu senken, dass die sympathische Ophthalmie vom verletzten Auge auf das gesunde Auge übergreift, wird manchmal das schwer verletzte Auge innerhalb der ersten zwei Wochen nach dem Unfall entfernt. Das sollte jedoch nur geschehen, wenn keine Chance mehr besteht, das Sehvermögen des beeinträchtigten Auges wiederherzustellen.
In den meisten Fällen erfolgt jedoch eine langfristige Behandlung mit Immunsuppressiva, um die Aktivität des Immunsystems hinsichtlich der Autoimmunreaktionen gegen die Uvea zu dämpfen und damit die Erblindung der Augen abzuwenden. Allerdings ist die Therapie mit Immunsuppressiva wie den Kortikoiden durch die Schwächung des Immunsystems mit Nebenwirkungen verbunden.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Bei anhaltenden oder zunehmenden Beeinträchtigungen des Sehvermögens sollte unverzüglich ein Arzt aufgesucht werden. Schmerzen im Bereich des Auges, eine Überempfindlichkeit gegenüber Lichteinflüssen sowie bei einer Schwierigkeit des scharfen Sehens wird die Unterstützung eines Arztes benötigt. Treten visuelle Probleme bereits bei schlechteren Lichtverhältnissen auf, gilt dies als ungewöhnlich und muss untersucht sowie behandelt werden. Können die Umrisse von Gegenständen in der Ferne oder in der näheren Umgebung des Betroffenen nur mit besonderer Anstrengung deutlich gesehen werden, sind die Beschwerden einem Arzt vorzustellen.
Es gilt als besorgniserregend, wenn Menschen oder Gegenstände nur unscharf wahrgenommen werden können. Das allgemeine Unfall– und Verletzungsrisiko ist in diesen Situationen erhöht. Damit es zu keinen Folgeerscheinungen oder lebensbedrohlichen Situationen kommt, sollte ein Arzt konsultiert werden. Bei Kopfschmerzen, einem Druckgefühl im Bereich des Auges sowie einer Schwerhörigkeit liegt eine gesundheitliche Beeinträchtigung vor, die diagnostiziert werden sollte.
Kommt es zu Gangunsicherheiten, Auffälligkeiten das Verhalten sowie Wandlungen der Persönlichkeit, sind diese Besonderheiten als Warnsignale zu verstehen. In vielen Fällen deuten sie auf eine vorliegende Erkrankung hin. Es besteht Handlungsbedarf, da dem Betroffenen irreparable Schäden drohen. Bei einer erhöhten Körpertemperatur, einem allgemeinen Krankheitsrisiko, Angstzuständen, Abgeschlagenheit oder einer diffusen Erschöpfung sind die Beschwerden mit einem Arzt zu besprechen.
Behandlung & Therapie
Im Akut-Fall ist der sympathischen Ophthalmie mit dem sofortigen Verschluss aller Wunden zu begegnen. Die Patienten erhalten über mindestens drei Monate Steroide in höchster Dosierung. In Abhängigkeit vom Einzelfall wird die Steroiddosis Stück für Stück reduziert, bis sich alle Symptome auflösen. Anschließend erfolgt über sechs bis zwölf Monate eine Erhaltungstherapie.
Falls sich die charakteristische Entzündung über Steroide nicht kontrollieren lässt, kommen versuchsweise Immunmodulatoren wie Cyclophosphamid oder Cyclosporin zum Einsatz. Chirurgische Behandlungen wie die Entfernung des betroffenen Auges wurden in der Vergangenheit mit eher minderem Erfolg durchgeführt. Nichtsdestotrotz wird eine chirurgische Intervention bis heute in Einzelfällen diskutiert.
In der Regel liegt bei einer Entscheidung für die chirurgische Intervention Blindheit im auslösenden Auge vor. Sehende Augen entfernen Ärzte selten, da die Prognose des betroffenen Auges im Einzelfall wesentlich günstiger ausfallen kann. Ohne jede Behandlung bleibt Visus-Prognose extrem ungünstig.
Der Autoimmunprozess greift in diesen Fällen meist auf das andere Auge über und kann so beidseitige Erblindung verursachen. Rezidive und Komplikationen liegen im Bereich des Möglichen. Daher sind auf lange Sicht regelmäßige Kontrolluntersuchungen der Patienten ist einer der wichtigsten Therapieschritte.
Vorbeugung
Der sympathischen Ophthalmie lässt sich bislang nur insofern vorbeugen, als dass Traumata des Auges vermieden werden sollten. Da sich Augenverletzungen und Augenoperationen nur bis zu einem gewissen Grad verhindern lassen, stehen zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine sicheren Vorbeugemaßnahmen zur Verfügung.
Die sympathische Ophthalmie ist eine erblich bedingte Augenkrankheit, bei der sich im verletzten oder operierten Auge eine Entzündung ausbreitet. Grund für diesen Prozess sind ausgeschüttete Antikörper, durch den autoimmunen Vorgang entstehen die Entzündungsherde. Augenärztliche Therapien und eine konsequente Nachsorge sind notwendig, um den Patienten vor einer völligen Erblindung zu bewahren.
Nachsorge
Bei der sympathischen Ophthalmie befällt die Entzündung in einem Zeitraum von wenigen Wochen bis zu mehreren Jahren auch das andere Auge. Die Nachsorge zielt auf den Erhalt der (noch) vorhandenen Sehkraft ab. Einem kompletten Verlust des Augenlichts muss entgegengewirkt werden. In der Augenheilkunde gibt es dafür zwei Verfahren: Das operative Entfernen des entzündeten Auges oder die medikamentöse Behandlung, falls beide Augen betroffen sind.
Bei einer Operation wird ein Ausbreiten auf das sehfähige Auge unterbunden. Nach der chirurgischen Therapie setzt die bekannte postoperative Nachsorge ein. Sie wird nach der Entlassung aus der Klinik vom Augenarzt fortgeführt. Er kontrolliert den Heilungserfolg, zudem berät er den Betroffenen im Umgang mit nur einem intakten Auge.
Wurden dem Patienten im Rahmen einer medizinischen Behandlung Immunsuppressiva verabreicht, überprüft der Augenarzt Verträglichkeit und Heilungsfortschritte. Die Nachsorge hängt vom Zustand nach der Therapie ab. Die Sehkraft bleibt auch nach abgeschlossener Therapie meistens eingeschränkt. Beim Facharzt erhält der Betroffene in der neuen Situation professionelle Beratung.
Das können Sie selbst tun
Die sympathische Ophthalmie erfordert eine medizinische Behandlung. Selbsthilfemaßnahmen, welche die Patienten alleine durchführen können, existieren nicht. Wichtig ist vor allem, dass sie bei Augenverletzungen sofort einen Arzt aufsuchen. Ansonsten besteht das Risiko, dass der Autoimmunprozess von einem Auge auf das andere übergeht.
Um sich vor einer beidseitigen Erblindung zu schützen, sollte auch im Anschluss an eine Behandlung eine engmaschige Kontrolle beim Augenarzt stattfinden. So lassen sich Rezidive rechtzeitig erkennen und therapieren. Im Alltag sollten die Betroffenen das Verletzungsrisiko der Augen minimieren. Abhängig von der Umgebung gehört zu den geeigneten Hilfsmaßnahmen beispielsweise das Tragen von Schutzbrillen, um Traumata auszuschließen.
Des Weiteren müssen die Patienten im Anschluss an eine ärztliche Behandlung der Augenerkrankung die verschriebenen Kortikosteroide zu sich nehmen und dabei strikt die ärztliche Empfehlung einhalten. Möglicherweise verordnet der Arzt auch andere Medikamente, die regelmäßig einzunehmen sind. Vor allem bei den Immunsuppressiva muss eine langfristige Verabreichung sichergestellt sein. Deshalb sollten die Patienten die Medikamenteneinnahme in den alltäglichen Ablauf integrieren.
Im Rahmen der Selbsthilfe ist eine gelegentliche Entlastung der Augen ratsam. Zu viel Bildschirmarbeit oder der Aufenthalt in einer stark verstaubten Umgebung kann zu neuen Beschwerden führen.
Quellen
- Burk, A. et al.: Checkliste Augenheilkunde. Thieme, Stuttgart 2011
- Grehn, F.: Augenheilkunde. Springer, Berlin 2012
- Lang, G. K.: Augenheilkunde. Thieme, Stuttgart 2014