Zentralkanal

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 14. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Der Zentralkanal oder Canalis centralis ist eine röhrenförmige Struktur, die sich durch das Rückenmark zieht und bis ins verlängerte Mark (Medulla oblongata) reicht. Fehler in der embryonalen Entwicklung können Neuralrohrdefekte zufolge haben; ein Beispiel dafür ist die Anenzephalie. Darüber hinaus können sich aus dem Ependym des Zentralkanals Tumore bilden.

Inhaltsverzeichnis

Was ist der Zentralkanal?

Das Innere des Zentralkanals ist mit einer Flüssigkeit gefüllt, die als Liquor cerebrospinalis bekannt ist. Die Substanz kommt auch in den inneren und äußeren Liquorräumen des Gehirns vor und besteht hauptsächliche aus Wasser.
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Beim Zentralkanal (Canalis centralis) handelt es sich um eine anatomische Struktur, die zum Rückenmark gehört und sich bis ins verlängerte Rückenmark (Medulla oblongata) erstreckt. Dort ist der Zentralkanal als hervorstehende Röhre gut sichtbar. Er gehört zum inneren Liquorraum, dem auch die Hirnventrikel angehören.

Der Zentralkanal befindet sich in der grauen Substanz des Rückenmarks. Ihren Namen verdankt sie ihrer gräulichen Färbung, welche die graue Substanz von der weißen Substanz abgrenzt. Letztere enthält vor allem isolierte Nervenfasern, während die graue Substanz hauptsächlich aus Nervenzellkörpern besteht. Diese Gewebebezeichnungen gelten sowohl für das Rückenmark als auch für das Gehirn. Gemeinsam bilden diese beiden anatomischen Strukturen das zentrale Nervensystem; die Medulla oblongata, die den obersten Teil des Zentralkanals beinhaltet, gehört dabei zum Gehirn und stellt den Übergang vom Rückenmark zum Hirnstamm dar.

Anatomie & Aufbau

Das Innere des Zentralkanals ist mit einer Flüssigkeit gefüllt, die als Liquor cerebrospinalis bekannt ist. Die Substanz kommt auch in den inneren und äußeren Liquorräumen des Gehirns vor und besteht hauptsächliche aus Wasser. Zellen und Eiweiße finden sich im Liquor cerebrospinalis nur wenige.

Zu den Proteinen, die im Liquor vorkommen, gehören Albumin (Humanalbumin) und Beta-Trace-Protein. Bei den meisten Zellen im Liquor cerebrospinalis handelt es sich um weiße Blutkörperchen oder Leukozyten, die zum Immunsystem des Menschen gehören und auch im Blut anzutreffen sind. Für die Produktion der Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit sind Gliazellen verantwortlich, die sich in Knäueln zu den Plexus chorioidei zusammenschließen.

Am Kopf besteht eine Verbindung zwischen Zentralkanal und den Hirnventrikel, die zu den inneren Liquorräumen des Gehirns zählen. Bei einigen Menschen geht der Zentralkanal am unteren Ende in den Ventriculus terminalis über, doch diese Verdickung des Kanals ist ohne funktionelle Bedeutung und bildet sich in der embryonalen Entwicklung in der Regel wieder zurück. Der Ventriculus terminalis stellt lediglich ein evolutionäres Überbleibsel (Rudiment) dar.

Funktion & Aufgaben

Über die Wände des Zentralkanals zieht sich im Inneren eine einlagige Schicht aus Ependym, das aus Gliazellen besteht. Die Biologie zählt sie zur Unterform der Neurogliazellen. Außen am Zentralkanal befindet sich die Substantia gelatinosa centralis, in der sich zahlreiche Gliazellen befinden.

An der Außenseite ihrer Membran tragen die Ependymzellen zwei funktionell bedeutsame Strukturen: die Mikrovilli und die Kinozilien. Die Mikrovilli sind Ausstülpungen aus der Zelle und erreichen eine Länge von 1–4 µm sowie eine Breite von durchschnittlich 0,08 µm. Sie dienen der Oberflächenvergrößerung der Ependymzellen. Auch bei den Kinozilien handelt es sich um Ausstülpungen aus der Zelle – sie sind jedoch etwas größer und können 10 µm lang und 0,25 µm breit werden. Mithilfe der Kinozilien können die Gliazellen den Liquor cerebrospinalis bewegen und somit aktiv zu seinem Transport beitragen. Im Ependym kommen darüber hinaus Glykoproteine vor, die für die Funktion des Langzeitgedächtnisses bedeutsam sind.

Der Zentralkanal entsteht aus dem hohlen Innenraum (Lumen) des Neuralrohrs, das sich während der embryonalen Entwicklung eines Menschen innerhalb der ersten vier Wochen bildet. Anschließend schließen sich die beiden Öffnungen des Neuralrohrs am oberen und unteren Ende, wobei Störungen zur Entwicklung von Neuralrohrdefekten führen können.

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Krankheiten

Neuralrohrdefekte sind pathologische Zustände, die sich während der embryonalen Entwicklung bilden, wenn das Neuralrohr sich nicht korrekt verschließt. Eine schwere Form der Neuralrohrdefekte ist die Anenzephalie; selbst bei lebend geborenen Kindern beträgt die Überlebensdauer in der Regel nur wenige Stunden, auch wenn eine intensivmedizinische Betreuung sichergestellt ist.

Der Grund dafür liegt in den fehlenden Hirnanteilen, die sich im Rahmen der Anenzephalie nicht entwickeln. Anenzephalie ist deshalb eine Indikation für einen Schwangerschaftsabbruch, die Mutter des Kindes kann sich jedoch auch dafür entscheiden, das Kind auszutragen. Oft ist eine psychologische Betreuung der Mutter sinnvoll, um den Prozess emotional zu verarbeiten. Körperlich stellt die Anenzephalie des ungeborenen Kindes für gewöhnlich keine Gefahr für die schwangere Frau dar.

Darüber hinaus können sich aus dem Ependym Tumore entwickeln, die als Ependymome bekannt sind. Die Neubildungen entstehen durch unkontrolliertes Zellwachstum in der Gewebeschicht und erscheinen häufig als längliche Gebilde, die der Gestalt eines Bleistifts ähneln. Das Ependymom ist von einer Kapsel umgeben. Welche Behandlungsoptionen möglich sind, hängt vom Einzelfall ab; grundsätzlich kommen vor allem operative Eingriffe und Strahlentherapie zur Bekämpfung des Tumors in Betracht.

Auch die Entzündung des Ependyms ist möglich. Eine solche Ependymitis kann infolge einer Infektionskrankheit auftreten; zu den möglichen Ursachen gehören die Syphilis, eine sexuell übertragbare Krankheit mit eventuellen neurologischen Störungen, sowie die Toxoplasmose. Letztere ist eine Infektionskrankheit, die auf den Parasitenbefall mit Toxoplasma gondii zurückgeht. Die Erkrankung betrifft vor allem Katzen, kann von diesen jedoch auch auf den Menschen übergehen. Bei einer gesunden Person manifestieren sich bei der Mehrzahl der betroffenen keine sichtbaren oder spürbaren Symptome. Insbesondere bei gleichzeitig vorliegender Immunschwäche können jedoch auch andere Entzündungen auftreten, zum Beispiel in der Hirnhaut oder in der Lunge.

Quellen

  • Baenkler, H.-W., et al.: Kurzlehrbuch Innere Medizin. Thieme Verlag, Stuttgart 2010
  • Frotscher, M., et al.: Taschenatlas Anatomie, Band 3: Nervensystem und Sinnesorgane. Thieme, Stuttgart 2018
  • Mumenthaler, M., Mattle, H.: Neurologie. Thieme, Stuttgart 2012

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