Acriflaviniumchlorid

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 21. Mai 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Entwickelt wurde das Präparat Acriflaviniumchlorid von der I.G. Farben während der 1920er Jahre. Zunächst wurde der Wirkstoff für die Behandlung von Wundinfektionen im Mund und Rachen eingesetzt. Aufgrund der Wirkungsweise steht allerdings zu befürchten, dass Acriflaviniumchlorid Krebs auslösen könnte. Der Wirkstoff wird deshalb in der Humanmedizin nicht mehr verwendet, jedoch in der Veterinärmedizin bei der Behandlung von Zierfischen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Acriflaviniumchlorid?

Der Wirkstoff wird in der Humanmedizin nicht mehr verwendet, da er Krebs auslösen könnte, jedoch in der Veterinärmedizin bei der Behandlung von Zierfischen wird er weiter eingesetzt.

Bei Acriflaviniumchlorid handelt es sich um einen Wirkstoff, der aus einem Stoffgemisch besteht, das bereits 1929 vom Chemieunternehmen I.G. Farben zum Patent angemeldet wurde. Es handelt sich um ein Antiseptikum, das für die Behandlung von Infektionen im Mund- und Rachenraum sowie gegen die Schlafkrankheit verwendet wurde.

Seit eine Studie der Internationalen Agentur für Krebsforschung ergeben hat, dass Acriflaviniumchlorid möglicherweise die Entstehung von Krebs fördern kann, wird das Präparat in der Humanmedizin nicht mehr eingesetzt.

Weit verbreitet ist Acriflaviniumchlorid aber bei Aquarienbesitzern, die das Mittel zur Desinfektion von Aquarien ebenso verwenden wie zur Behandlung von verschiedenen Krankheiten bei Fischen. Grundsätzlich wird Acriflaviniumchlorid in die Wirkungsgruppe der Antiseptika eingeordnet, wobei es im engeren Sinne als Desinfektionsmittel zum Einsatz kommt.

Pharmakologische Wirkung

Die Ausbreitung von Viren und Bakterien wird durch Acriflaviniumchlorid unterbunden, indem sich der Wirkstoff in der DNA des Erregers zwischen zwei Basenpaaren einlagert. Bei der nächsten Zellteilung kommt es zu einer sogenannten Rastermutation, die das Erbgut der Erreger verändert.

Ähnlich wie bei Antibiotika kann es deshalb zu Resistenzen verschiedener Viren- und Bakterienstämme kommen, weil durch die Einlagerung des Wirkstoffes eine Mutation ausgelöst wird, die sich weiter fortsetzen kann. Wirksam ist Acriflaviniumchlorid vor allem bei grampositiven Bakterien. Diese Bakterienstämme verfärben sich bei der mikroskopischen Untersuchung auf eine von Hans Christian Gram definierte Art, wodurch die Diagnostik des Erregers bei verschiedenen Infektionskrankheiten erleichtert wird.

Bei grampositiven Bakterien handelt es sich zumeist um Actinobakterien oder Firmicutes, die in der Natur eine wichtige Rolle für den Abbau von Schadstoffen spielen, jedoch häufig als Krankheitserreger auftreten. Weil Acriflaviniumchlorid nicht nur die Bakterien und Viren angreift, sondern den Wirkungsmechanismus auch in den Körperzellen des Menschen entfaltet, kann es auch hier zu Mutationen einzelner Zellen führen. Das gilt vor allem bei wiederholter Anwendung.

Medizinische Anwendung & Verwendung

Eine wichtige Rolle spielt der Wirkstoff Acriflaviniumchlorid in der Tiermedizin bei der Behandlung von Zierfischen. Behandelt werden hier eine Vielzahl von Krankheiten wie bakterielle Infekte, Pilzinfektionen, Flossenfäule, oder kleineren Entzündungen.

Hier wird das Präparat äußerlich angewendet, indem es einfach dem Aquarienwasser zugegeben wird. Neben ausgewachsenen Fischen kann auch Fischlaich, der von einer Infektion befallen ist, mit Acriflaviniumchlorid behandelt werden. Wirksame Hilfe verspricht das Präparat auch gegen diverse schädliche Parasiten, darunter Kiemen- und Hautwürmer. Acriflaviniumchlorid schwächt bereits ausgebrochene Infektionen ab und kann dem Ausbrechen von Infektionen vorbeugen. Deshalb wird das Präparat auch zum Desinfizieren von Aquarien verwendet.

Aquarienbesitzer sollten darauf achten, dass sie die Filter reinigen, bevor sie dem Wasser Acriflaviniumchlorid beimengen. In der Teichwirtschaft spielt Acriflaviniumchlorid als wirkungsvolles Präparat ebenfalls eine wichtige Rolle. Hier gehört es zum Standardmittel, welches in Quarantäneteiche gegeben wird, auch wenn die Fische an anderen Krankheiten leiden. Denn diese können das Entstehen von Infektionen an geschwächten Fischen fördern. Durch den Einsatz von Acriflaviniumchlorid hat der Teichwirt die Gewähr, dass zumindest ein Teil des Fischbestandes gerettet werden kann.


Verabreichung & Dosierung

Bei der Verabreichung und Dosierung von Acriflaviniumchlorid, einem antiseptischen und antiprotozoischen Mittel, sind mehrere wichtige Aspekte zu beachten. Acriflaviniumchlorid wird häufig zur Behandlung von oberflächlichen Hautinfektionen, Wunden und Schleimhautentzündungen eingesetzt. Die genaue Dosierung und Applikationsmethode hängen von der Art der Infektion und der betroffenen Körperregion ab.

Acriflaviniumchlorid wird in verschiedenen Darreichungsformen wie Lösungen, Salben oder Pasten verwendet. Bei der Anwendung auf der Haut sollte die betroffene Stelle gründlich gereinigt und getrocknet werden. Eine dünne Schicht der Acriflaviniumchlorid-Salbe oder -Lösung wird dann direkt auf die infizierte Stelle aufgetragen, normalerweise ein- bis zweimal täglich. Bei der Verwendung von Lösungen kann ein steriler Tupfer oder eine Gaze verwendet werden, um das Präparat aufzutragen.

Bei Schleimhautentzündungen, insbesondere im Mund- oder Rachenraum, kann eine verdünnte Lösung zum Spülen oder Gurgeln verwendet werden. Die genaue Verdünnung und Häufigkeit der Anwendung sollten gemäß den Anweisungen des Arztes oder der Packungsbeilage erfolgen.

Es ist wichtig, die Behandlung nicht vorzeitig abzubrechen, auch wenn die Symptome nachlassen, um sicherzustellen, dass die Infektion vollständig beseitigt wird. Übermäßige oder zu häufige Anwendung sollte vermieden werden, um Hautreizungen oder Überempfindlichkeitsreaktionen zu vermeiden.

Patienten sollten darauf hingewiesen werden, Acriflaviniumchlorid nicht auf tiefen Wunden, großen Hautflächen oder in Augennähe anzuwenden, da dies zu Reizungen führen kann. Bei Anzeichen einer allergischen Reaktion, wie Hautausschlag, Juckreiz oder Schwellung, sollte die Anwendung sofort abgebrochen und ein Arzt konsultiert werden.

Bei der Lagerung von Acriflaviniumchlorid ist darauf zu achten, dass das Produkt vor Licht geschützt und bei Raumtemperatur aufbewahrt wird, um die Wirksamkeit zu erhalten.

Risiken & Nebenwirkungen

Zu den häufigsten Nachteilen, die Acriflaviniumchlorid mit sich bringt, gehört eine gelbliche Verfärbung des Wassers. Zudem können Wasserpflanzen geschädigt oder abgetötet werden. Weil der Wirkstoff auch in die Zellen des kranken Fisches eindringt, kann die Acriflaviniumchlorid-Gabe bei einigen Fischarten wie Guppies zu Unfruchtbarkeit führen.

Aus diesem Grund darf das Präparat in Deutschland nicht mehr in der Humanmedizin verwendet werden, weil es zu den Auslösefaktoren für diverse Arten von Krebs zählt. Die mutagene Wirkung des Acriflaviniumchlorid hat außerdem zur Folge, dass mittlerweile zahlreiche Krankheitserreger eine teilweise oder komplette Resistenz entwickelt haben. Langfristig gesehen kann das Präparat also gegen komplette Bakterien- und Virenstämme unwirksam werden, wie es bei Antibiotika bereits der Fall ist.

Kontraindikationen

Bei der Verwendung von Acriflaviniumchlorid gibt es mehrere typische Kontraindikationen, die beachtet werden müssen, um unerwünschte Nebenwirkungen und Komplikationen zu vermeiden. Eine der wichtigsten Kontraindikationen betrifft Patienten mit einer bekannten Überempfindlichkeit oder Allergie gegen Acriflaviniumchlorid oder verwandte Substanzen. Bei solchen Patienten kann die Anwendung zu schweren allergischen Reaktionen wie Hautausschlag, Juckreiz, Schwellung oder sogar anaphylaktischem Schock führen.

Acriflaviniumchlorid sollte nicht auf großen, offenen Wunden oder ausgedehnten Hautflächen angewendet werden, da die systemische Absorption zu toxischen Effekten führen kann. Dies gilt insbesondere für Patienten mit geschädigter Hautbarriere oder schweren Hauterkrankungen. Ebenso sollte das Präparat nicht in die Augen gelangen, da dies zu schweren Reizungen und möglichen Augenschäden führen kann. Patienten sollten angeleitet werden, die Anwendung im Augenbereich strikt zu vermeiden.

Eine weitere Kontraindikation betrifft die Anwendung bei tiefen oder punktierten Wunden sowie bei schweren Verbrennungen. In solchen Fällen ist eine medizinische Versorgung erforderlich, und die Verwendung von Acriflaviniumchlorid könnte unzureichend sein oder sogar die Wundheilung behindern.

Bei schwangeren oder stillenden Frauen sollte Acriflaviniumchlorid nur nach sorgfältiger Abwägung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses und unter ärztlicher Aufsicht verwendet werden, da die Sicherheit in diesen Populationen nicht vollständig etabliert ist.

Patienten mit bestimmten Vorerkrankungen, wie beispielsweise chronischen Hauterkrankungen oder Immunschwäche, sollten vor der Anwendung von Acriflaviniumchlorid ihren Arzt konsultieren, um mögliche Risiken und alternative Behandlungsmöglichkeiten zu besprechen.

Die Anwendung bei Neugeborenen und Säuglingen ist ebenfalls kontraindiziert, da deren Haut empfindlicher ist und das Risiko einer systemischen Absorption höher sein kann.

Interaktionen mit anderen Medikamenten

Bei der Verwendung von Acriflaviniumchlorid sind Interaktionen mit anderen Medikamenten selten, aber einige potenzielle Wechselwirkungen sollten berücksichtigt werden. Acriflaviniumchlorid ist ein topisches Antiseptikum, das hauptsächlich auf der Haut und den Schleimhäuten angewendet wird. Daher sind systemische Interaktionen weniger wahrscheinlich als bei oral eingenommenen Medikamenten.

Eine wichtige Wechselwirkung kann mit anderen topisch angewendeten Medikamenten auftreten. Wenn Acriflaviniumchlorid gleichzeitig mit anderen topischen Präparaten verwendet wird, kann dies die Wirksamkeit beider Produkte beeinträchtigen. Zum Beispiel können Antibiotika-Salben oder andere antiseptische Lösungen durch die gleichzeitige Anwendung von Acriflaviniumchlorid in ihrer Wirkung abgeschwächt werden. Es wird empfohlen, die Anwendung von mehreren topischen Produkten zu vermeiden oder zeitlich zu trennen, um Wechselwirkungen zu minimieren.

Acriflaviniumchlorid kann in seltenen Fällen auch mit bestimmten chemischen Verbindungen interagieren, die in kosmetischen oder Hautpflegeprodukten enthalten sind. Produkte, die Alkohol, Jod oder starke Oxidationsmittel enthalten, sollten nicht gleichzeitig mit Acriflaviniumchlorid verwendet werden, da diese die antiseptische Wirkung beeinträchtigen oder Hautirritationen verstärken können.

Ein weiteres potenzielles Risiko besteht bei der Verwendung von Acriflaviniumchlorid in Kombination mit anderen Medikamenten, die photosensibilisierende Eigenschaften haben. Da Acriflaviniumchlorid selbst eine gewisse photosensibilisierende Wirkung haben kann, könnte die gleichzeitige Anwendung von solchen Medikamenten das Risiko von Hautreaktionen bei Sonneneinstrahlung erhöhen.

Bei Patienten, die immunmodulierende oder immunsuppressive Therapien erhalten, sollte Vorsicht geboten sein. Obwohl direkte Interaktionen nicht gut dokumentiert sind, kann die veränderte Immunantwort die Wirksamkeit oder Verträglichkeit von Acriflaviniumchlorid beeinflussen.

Insgesamt sollten Patienten ihren Arzt oder Apotheker über alle aktuellen Medikamente und Hautpflegeprodukte informieren, bevor sie Acriflaviniumchlorid verwenden, um mögliche Wechselwirkungen zu vermeiden und die Sicherheit und Wirksamkeit der Behandlung zu gewährleisten.

Alternative Behandlungsmethoden

Wenn Acriflaviniumchlorid nicht vertragen wird, stehen mehrere alternative Behandlungsmethoden und Wirkstoffe zur Verfügung, um Haut- und Schleimhautinfektionen zu behandeln. Eine häufige Alternative sind andere antiseptische Mittel wie Chlorhexidin. Chlorhexidin ist ein weit verbreitetes Antiseptikum, das in verschiedenen Formen wie Lösungen, Gelen und Sprays erhältlich ist und zur Desinfektion von Wunden und Haut eingesetzt wird.

Ein weiterer Ersatz sind Povidon-Iod-Lösungen, die ebenfalls antiseptische Eigenschaften haben. Povidon-Iod wird häufig zur Desinfektion von Haut und Schleimhäuten vor chirurgischen Eingriffen sowie zur Behandlung von kleineren Wunden und Infektionen verwendet. Es ist besonders wirksam gegen eine breite Palette von Mikroorganismen, einschließlich Bakterien, Viren und Pilzen.

Silberhaltige Produkte, wie Silber-Sulfadiazin-Creme, sind eine weitere Option, insbesondere bei der Behandlung von Verbrennungen und infizierten Wunden. Silber wirkt antimikrobiell und fördert die Wundheilung, indem es die Vermehrung von Bakterien hemmt.

Für Patienten mit empfindlicher Haut oder Allergien gegen herkömmliche Antiseptika können natürliche Alternativen wie Honig, insbesondere medizinischer Manuka-Honig, verwendet werden. Honig hat antimikrobielle Eigenschaften und fördert die Wundheilung durch seine feuchtigkeitsspendenden und entzündungshemmenden Effekte.

Zusätzlich zu topischen Antiseptika können orale Antibiotika erforderlich sein, wenn die Infektion schwerwiegend ist oder sich systemisch ausbreitet. Beispiele hierfür sind Amoxicillin, Cephalexin oder Doxycyclin, die je nach Erreger und Patientenverträglichkeit ausgewählt werden.

In Fällen, in denen topische Behandlungen nicht ausreichen, kann die Photodynamische Therapie (PDT) eine alternative Methode sein. PDT verwendet Licht in Kombination mit einem photosensibilisierenden Wirkstoff, um infiziertes Gewebe gezielt zu zerstören.

Patienten sollten in jedem Fall einen Arzt konsultieren, um die beste alternative Behandlungsmethode zu bestimmen, basierend auf dem spezifischen Infektionstyp, den individuellen Gesundheitsbedingungen und möglichen Allergien.

Quellen

  • "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
  • "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
  • "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor

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