Akrodynie
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 18. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Morbus Feer oder Akrodynie ist eine Quecksilbervergiftung, die sich in dermatologischen, motorischen und psychisch-vegetativen Symptomen bemerkbar macht. Unbehandelte Akrodynien können mit einer tödlichen Sepsis enden. Mittlerweile stehen als Behandlungsmöglichkeit zuverlässige Antidots zur Verfügung.
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Was ist Akrodynie?
Die Akryodynie ist auch als Morbus Feer' oder Feer-Krankheit bekannt. Erstmals beschrieben wurde die Erscheinung vom Züricher Pädiater Emil F. Feer. Manchmal ist bei der Erkrankung auch von der Rosakrankheit oder der toxallergischen Stammhirnenzephalitis die Rede. Diese Bezeichnungen beschreiben das Phänomen in seinen Ursachen und Leitsymptomen treffend. Die Akrodynie ist demzufolge die Nachwirkung einer Vergiftungserscheinung und betrifft sowohl die Haut, als auch das Gehirn.
Es kommt zu einer Stammhirn-Enzephalie mit bleibenden Hirnschäden. Die Haut ist von Ekzemen betroffen und bildet rötliche Verfärbungen aus. Insgesamt treten neben psychisch-vegetativen und dermatologischen Symptomen eine Reihe von motorischen und unspezifischen Begleitsymptomen auf. Akrodynien kommen mittlerweile nur noch selten vor. Im vergangenen Jahrtausend traten sie gehäuft auf und betrafen damals insbesondere Kinder. Daher war im Rahmen des Morbus Feer oft von kindlicher Akrodynie die Rede.
Ursachen
In der Regel geht der Akrodynie eine Quecksilbervergiftung voraus. Speziell auf eine chronische Vergiftung mit Quecksilber reagiert der Organismus mit toxisch-allergischen Reaktionen. Als Quelle der Quecksilbervergiftung kommen unterschiedliche Gegenstände, Medikamente und Salben infrage. Neben quecksilberhaltigen Thermometern, Energiesparlampen und Batterien können zum Beispiel Amalgam-Zahnfüllungen die Vergiftung hervorrufen.
Mittlerweile ist der Einsatz von Quecksilber wegen der Giftigkeit allerdings auf den wissenschaftlichen Bereich beschränkt. Vergiftungsquellen gibt es daher heutzutage nicht mehr so viele wie in der Vergangenheit. Das hat das Vorkommen von Akrodynien eher selten werden lassen. Ähnliche Symptome wie bei Quecksilbervergiftungen können sich auch im Rahmen von anderen Schwermetallvergiftungen zeigen. Arsen, Gold, Chrom und Kupfer rufen in erhöhter Konzentration also ebenso toxisch-allergische Erscheinungen hervor, obgleich sie in geringer Konzentration teilweise vom Organismus benötigt werden.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Das Leitsymptom einer Akrodynie ist die Stammhirn-Enzephalie. Bei dieser Erscheinung wird das Myelin des Stammhirns degeneriert. Das sympathische und parasympathische Nervensystem nimmt bei diesem Prozess Schaden. In einer Folge dessen treten psychisch vegetative Symptome wie Reizbarkeit, Appetitmangel, Depressionen und Schlafstörungen auf.
Auch Lichtscheuheit, Schweißausbrüche und hoher Blutdruck sowie schneller Herzschlag sind symptomatisch. Ebenso oft kommen Frieren, Tremor, Fieber und Krämpfe, aber auch Empfindungsstörungen im Bereich der Füße und Hände vor. Meist schuppt sich zusätzlich die Haut. In den Handinnenflächen und auf den Fußsohlen verfärbt sie sich häufig rötlich.
Diese dermatologischen Symptome werden in der Regel von Juckreiz, Schwellungen und Ekzemen begleitet. Die Muskeln der Betroffenen weisen oft verminderte Spannung auf, die sich zum Teil auf Bewegungsstörungen oder sogar Lähmungen zuspitzt. Auch unspezifische Begleitsymptome wie Zahnausfall, Haarausfall und Zahnfleischentzündungen können auftreten.
Diagnose & Verlauf
Bei einer Akrodynie hat der Arzt differentialdiagnotisch vor allem eine Meningitis und Vitamin-B-Mangel auszuschließen. Da eine Akrodynie aus einer Quecksilbervergiftung resultiert, wird im Serum, Urin oder Speichel des Patienten ein Test auf Quecksilber durchgeführt. Erhöhte Quecksilberwerte sichern die Diagnose der Feer-Krankheit. Falls ein Urintest bevorzugt wird, ist auch von einem DMPS-Test die Rede.
Hierbei wird der Quecksilbergehalt einmal vor und einmal nach der oralen Gabe von Dimercapto-1-propansulfonsäure bestimmt. Für eine erkannte Akrodynie gilt mittlerweile eine günstige Prognose. Unerkannt Akrodynien verlaufen allerdings in etwa fünf Prozent der Fälle tödlich. Meist tritt der Tod als Folge von Schlafmangel oder im Rahmen einer Lungenentzündung ein. Auch septische Todesfälle können für unbehandelte Akrodynien vorkommen.
Komplikationen
Falls die Akrodynie nicht rechtzeitig behandelt wird, kann diese zum Tode führen. Eine Vergiftung mit Quecksilber stellt einen sehr gefährlichen Zustand für den menschlichen Körper dar und sollte immer durch einen Arzt behandelt werden. In der Regel treten bei der Akrodynie verschiedene Komplikationen auf.
Dazu gehören Depressionen und Schlafstörungen, welche auch zu einer aggressiven Haltung führen können. Die Patienten klagen über Appetitlosigkeit und hohe Blutdruck. Darüber hinaus kommt es zu Panikattacken, Schweißausbrüchen und Fieber. Die Lebensqualität wird durch die Akrodynie stark verringert.
Am Körper kommt es in der Regel zu Schwellungen und geröteten Stellen, welche ebenso mit Juckreiz verbunden sind. Bei einer schweren Akrodynie kann es zu Problemen mit den Zähnen oder den Haaren kommen. Diese Fallen in einigen Fällen aus. Die Akrodynie kann relativ gut behandelt werden, allerdings muss die Behandlung zügig erfolgen.
Je länger der Patient mit dem Besuch beim Arzt wartet, desto stärker werden die Folgeschäden. In den meisten Fällen verschwinden die Symptome schon nach wenigen Tagen und es kommt zu keinen weiteren Beschwerden. Nachdem das komplette Gift aus dem Körper entzogen wurde, treten alle Symptome zurück.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Eine Akrodynie muss auf jeden Fall von einem Arzt untersucht und behandelt werden. Sollte es zu einem akuten Notfall kommen, sollte auf jeden Fall ein Krankenwagen gerufen oder direkt das Krankenhaus aufgesucht werden. Die Akrodynie kann unbehandelt im schlimmsten Fall zum Tod des Patienten führen. Die Betroffenen leiden dabei an verschiedenen Beschwerden. In der Regel kommt es zu Fieber und zu Krämpfen.
Auch Empfindungsstörungen und Depressionen können auftreten, die meisten Patienten leiden auch an Schlafstörungen. Sollten diese Beschwerden plötzlich aufkommen, so muss ein Arzt aufgesucht werden. Im weiteren Verlauf treten an verschiedenen Regionen des Körpers Lähmungen auf und Zähne oder Haare können ausfallen. Bei diesen akuten Symptomen ist eine dringende Behandlung notwendig. Auch Juckreize oder eine schuppige Haut können einen Hinweis auf die Akrodynie geben. Die Behandlung kann entweder durch den Hausarzt oder direkt im Krankenhaus erfolgen. In der Regel muss auch die Grunderkrankung oder die Ursache der Akrodynie auf jeden Fall behandelt und ausgeschlossen werden.
Behandlung & Therapie
Akrodynien sind heute gut behandelbar. Verschiedene Methoden stehen dazu zur Verfügung. Neben der Gabe von British-Anti-Lewisit gehört die Behandlung mit Penicillamin zu den wichtigsten Therapiemöglichkeiten. Das British-Anti-Lewisit wird als BAL abgekürzt und zuweilen auch als Dimercaptopropanol oder Dithioglycerol bezeichnet.
Dabei handelt es sich um ein Antidot gegen Vergiftungen. Antidots sind Gegenmittel gegen verschiedene Toxine und Medikamente. Therapeutische Wirkung zeigt die Gabe von BAL bei der Vergiftung mit verschiedenen Metallen. Neben Quecksilbervergiftungen werden daher zum Beispiel auch Vergiftungen mit Gold, Cadmium, Chrom, Wismut oder Kupfer über BAL behandelt.
Erste Verwendung fand diese Behandlungsform in Zusammenhang mit Arsen. Behandelt wurden damals insbesondere Arsenvergiftungen im Rahmen des Kampfstoffes Lewisit. Wie auch BAL ist Penicillamin ein Arzneistoff gegen verschiedene Schwermetallvergiftungen. Penicillamin ist allerdings kein echtes Antidot, sondern eine Alpha-Aminosäure, die lediglich die Ausscheidung ankurbelt.
Die Aminosäure bindet sich mit Schwermetallen und formt so schwer lösliche Gebilde. Die giftigen Substanzen können gebunden leichter über die Nieren ausgeschieden werden. Je nachdem, welche Symptome die Akrodynie zeigt, müssen neben den ursächlichen Therapien eventuell auch symptomatische Therapien angewandt werden. Ataxien lassen sich gegebenenfalls zum Beispiel über physio- und ergotherapeutische Maßnahmen lindern.
Aussicht & Prognose
Durch die Akrodynie kann es zu verschiedenen Symptomen und Beschwerden kommen. Ohne Behandlung und bei einer hohen Menge an Quecksilber kann es dabei auch zum Tode des Patienten kommen. In den meisten Fällen nimmt vor allem das Nervensystem Schaden durch die Vergiftung. Es kommt zu Lähmungen und anderen Sensibilitätsstörungen. Der Herzschlag erhöht sich und es kann dabei zu Herzbeschwerden oder zu einem Herzinfarkt kommen. Teils leiden die Patienten an Schlafstörungen, Depressionen und an Schweißausbrüchen.
Der Alltag wird durch eine allgemeine Reizbarkeit und durch Fieber erschwert und die Lebensqualität drastisch verringert. Weiterhin kommt es zur Ausbildung von Juckreiz und Schwellungen am gesamten Körper. Der Betroffene kann ebenfalls an Haarausfall und Zahnausfall leiden, wobei diese Beschwerden zu einer erschwerten Nahrungszufuhr führen. Oft tritt auch ein Appetitmangel auf, welcher zu einer Unterernährung führt.
Ohne Behandlung der Akrodynie kommt es in der Regel zum Tode des Patienten. Die Behandlung findet dabei mit Hilfe von Medikamenten statt und kann die Beschwerden lindern. Weiterhin ist unbedingt die Aufnahme des Quecksilbers zu unterbinden. Falls die Behandlung frühzeitig eingeleitet wird, kommt es in den meisten Fällen nicht zu einer Verringerung der Lebenserwartung.
Vorbeugung
Um einer Akrodynie vorzubeugen, sind vor allem Kinder strengstens vor quecksilberhaltigen Zubereitungen und Produkten zu schützen. Da die Toxizität von Quecksilber heute bekannt ist, wird der Stoff außerhalb des wissenschaftlichen Bereichs aber ohnehin nicht mehr angewandt. Das hat die Notwendigkeit von Vorbeugemaßnahmen mittlerweile etwas entschärft. Im Kontakt mit älteren Produkten, Salben oder Medikamenten ist allerdings noch immer Vorsicht geboten.
Nachsorge
Bei einer Akrodynie stehen dem Betroffenen in der Regel keine besonderen Möglichkeiten der Nachsorge zur Verfügung. Der Patient ist in erster Linie auf eine ärztliche Behandlung angewiesen. Wird diese nicht rechtzeitig eingeleitet, so kann es im schlimmsten Fall zu einer Blutvergiftung und damit zum Tod des Betroffenen kommen.
Die Akrodynie wird dabei in der Regel mit Hilfe von Medikamenten behandelt. Der Betroffene muss dabei immer auf eine regelmäßige Einnahme der Medikamente achten, um weitere Beschwerden zu vermeiden. Auch Eltern sollten bei ihren Kindern darauf achten, dass die Kinder die Medikamente immer richtig einnehmen. Hierbei sind auch mögliche Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln zu beachten.
Weiterhin sollte der Betroffene bei der Akrodynie natürlich die Quelle der Vergiftung meiden und andere Menschen vor dieser warnen. In schweren Fällen sind auch operative Eingriffe notwendig. Nach einem solchen Eingriff sollte sich der Betroffene immer ausruhen und seinen Körper dabei möglichst schonen.
Auch anstrengende Tätigkeiten oder Bewegungen sind dabei zu vermeiden. In einigen Fällen sind auch Maßnahmen der Physiotherapie notwendig, um die Beschwerden der Akrodynie vollständig zu lindern. Dabei kann der Betroffene viele der Übungen auch im eigenen Zuhause durchführen.
Das können Sie selbst tun
Akrodynie (Morbus Feer) ist eine schwere Quecksilbervergiftung und kann ohne professionelle Behandlung, insbesondere bei Kindern, Senioren und Personen, deren Gesundheit bereits vorgeschädigt ist, tödlich enden. Betroffene sollten deshalb bei Verdacht auf Quecksilbervergiftung nicht zögern und unverzüglich einen Arzt oder ein Krankenhaus aufsuchen. Keinesfalls sollte eine Eigenbehandlung versucht werden.
Anders als die Grunderkrankung selbst, können aber einige der Begleiterscheinungen durchaus auch mit simplen Mitteln gemildert werden. Besonders häufig sind dermatologische Symptome wie Ekzeme, Juckreiz und Schwellungen zu beobachten. Nässender und juckender Hautausschlag bessert sich häufig nach Verwendung von medizinischer Zinksalbe aus der [[]]Apotheke oder dem Drogeriemarkt. Die Salbe wird dick auf die betroffenen Stellen aufgetragen und mit einem Pflaster oder einem Verband abgedeckt.
Im Gesicht und am Hals kann auf die Abdeckung verzichtet werden. Bei Hautveränderungen, die vor allem stark jucken, helfen auch Antihistaminika in Creme-, Tabletten- oder Tropfenform, die rezeptfrei in der Apotheke erhältlich sind. Patienten, die den Juckreiz nicht kontrollieren können, sollten Baumwollhandschuhe tragen, womit zumindest vermieden wird, dass die bereits angegriffene Haut durch die Fingernägel verunreinigt und verletzt wird und so noch Sekundärentzündungen hinzutreten.
Die ebenfalls häufig auftretenden Zahn- und Zahnfleischprobleme sollten mit einem Zahnarzt besprochen werden. Hilfreich ist insbesondere im Fall von Zahnfleischentzündungen eine gesteigerte Mundhygiene.
Quellen
- Herold, G.: Innere Medizin. Eigenverlag, Köln 2014
- Madler, C., Jauch, K.-W., Werdan, K., Siegrist, J., Pajonk, F.-G. (Hrsg.): Akutmedizin – Die ersten 24 Stunden. Urban & Fischer, München 2009
- Ziegenfuß, T.: Notfallmedizin. Springer, Berlin 2011