Aliskiren
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 5. Mai 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Mit Aliskiren steht zur Therapie arterieller Hypertonie ein Arzneimittel zur Verfügung, das als Renininhibitor (Reninhemmer) fungiert. Es wird unter verschiedenen Handelsnamen als Mono- sowie als Kombinationspräparat verkauft und ist verschreibungspflichtig. Das Medikament wurde 2007 im März in den USA, im Juni in der Schweiz und im August in Deutschland zugelassen.
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Was ist Aliskiren?
Bei Aliskiren handelt es sich um ein Medikament zur Regulation von Bluthochdruck. Es hemmt das Enzym Renin, wodurch es in das den Blutdruck regulierende Renin-Angiotensin-Aldosteron-System eingreift. Unter den bekannten Renininhibitoren ist Aliskiren das einzige bisher zugelassene Medikament. Zwei weitere Präparate - Zankiren und Remikiren - warten noch auf ihre Zulassung.
Einstige erste Reninhemmer waren Antikörper, die sich direkt gegen das Enzym Renin richteten. Was im Tierversuch den Blutdruck senkte, wurde nicht weiterentwickelt, zumal sich diese ersten Reninhemmer nur per Injektion verabreichen ließen. Über weitere Zwischenschritte kam es schließlich zur Marktreife von Aliskiren, das die Erwartungen gut erfüllte.
Pharmakologische Wirkung
Bei seinem Eingreifen in das Renin-Angiotension-Aldosteron-System bindet Aliskiren das Enzym Renin und stößt so nachfolgende biochemische Vorgänge an.
Renin als Protease, ein Proteine spaltendes Enzym, wandelt nämlich Angiotensinogen in Angiotensin I um, welches wiederum von einem Angiotensin-Converting-Enzym in Angiotensin II umgewandelt wird. Daraufhin kann dieses selbstständig eine Vasokonstriktion auslösen und ein zusätzliches Ausschütten von Aldosteron veranlassen. So entsteht in den renalen Sammelrohren eine höhere Rückresorption von Natriumionen und Wasser, was den Blutdruck steigen lässt.
Aliskiren bindet das Renin und unterbindet so wirksam dessen komplexe Funktion. Die geschilderten Abläufe bleiben aus und der Blutdruck kann sinken.
Aliskiren wird einmal täglich oral eingenommen. Da es über eine Reninfreisetzung den Blutdruck beeinflusst, dauert es nach Behandlungsbeginn ungefähr ein bis zwei Wochen bis zum ersten messbaren Therapieerfolg. Fast immer wird Aliskiren in Kombination mit weiteren Antihypertensiva gegeben. Dabei kann es sich beispielsweise um zur Bluthochdruckbehandlung verordnete Diuretika handeln.
Medizinische Anwendung & Verwendung
Zur Therapie von Bluthochdruck steht mit dem Renininhibitor Aliskiren ein neuartiger und effektiver Wirkstoff zur Verfügung. Der Produzent Novartis spricht gar von „einer neuen Dimension in der Hypertonie-Behandlung“.
Da der Renininhibitor Aliskiren sehr zeitig ins Renin-Angiotensin-Aldosteron-System eingreift, unterbindet er die Produktion des Angiotensin II völlig. Hiermit unterscheidet sich das Medikament von anderen bisher oft eingesetzten wie den ACE-Hemmern. Diese hemmen nur das das Angiotensin I zu Angiotensin II umwandelnde ACE (Angiotensin-Converting-Enzym), jedoch nicht das Enzym Chymase. Dadurch wird das Renin-Angiotensin-System nur unvollständig gehemmt.
Außerdem bremsen Renininhibitoren wie Aliskiren nicht den Abbau von Bradykinin, einem Entzündungsmediator. Beim Einsatz von ACE-Hemmern sorgt das dann bestehende Bradykinin für den bekannten Kininhusten, die typische Nebenwirkung einer ACE-Hemmer-Medikation. Dennoch ist offen, ob das noch neue Medikament Aliskiren den konventionelleren ACE-Hemmern therapeutisch überlegen ist.
Bei der Einnahme von Aliskiren ist zu beachten, dass ein erhöhter Fettgehalt in der Nahrung die Aufnahme des Wirkstoffs negativ beeinträchtigt. Daher lässt sich Aliskiren nicht immer so leicht in seinem individuellen Wirkungsgrad steuern. Hinzu kommt die allgemein schlechte Resorption der Renininhibitoren, die bei oraler Medikation häufig unter 2 % beträgt.
Aufgrund fehlender Langzeitresultate wird von der Gabe von Aliskiren an Kinder und Jugendliche abgeraten. Ebenso verzichten sollen Schwangere und Stillende.
Verabreichung & Dosierung
Aliskiren ist ein direkter Renin-Inhibitor, der hauptsächlich zur Behandlung von Bluthochdruck eingesetzt wird. Bei der Verabreichung und Dosierung von Aliskiren sind einige wichtige Aspekte zu beachten:
Dosierung: Die empfohlene Anfangsdosis beträgt in der Regel 150 mg einmal täglich. Je nach Bedarf kann die Dosis auf 300 mg erhöht werden. Die Einnahme erfolgt oral, vorzugsweise zur gleichen Tageszeit.
Nahrungsaufnahme: Aliskiren sollte unabhängig von den Mahlzeiten eingenommen werden. Eine fettreiche Mahlzeit kann die Bioverfügbarkeit reduzieren, daher ist es ratsam, das Medikament mit einer leichten Mahlzeit oder auf nüchternen Magen einzunehmen.
Kontraindikationen: Aliskiren sollte nicht bei Patienten mit schwerer Nierenfunktionsstörung, bei Diabetikern, die mit ARBs oder ACE-Hemmern behandelt werden, oder bei Patienten mit bekannter Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff eingenommen werden.
Vorsichtsmaßnahmen: Regelmäßige Überwachung des Blutdrucks ist notwendig, um die Wirksamkeit der Therapie zu bewerten. Eine regelmäßige Kontrolle des Kaliumspiegels ist besonders wichtig, da Aliskiren eine Hyperkaliämie verursachen kann, insbesondere bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion oder in Kombination mit anderen Medikamenten, die den Kaliumspiegel erhöhen.
Nebenwirkungen: Die häufigsten Nebenwirkungen sind Durchfall, Kopfschmerzen und Schwindel. In seltenen Fällen kann es zu Angioödemen oder schweren allergischen Reaktionen kommen, die sofortige medizinische Hilfe erfordern.
Zusammengefasst erfordert die Verabreichung von Aliskiren eine sorgfältige Überwachung und Anpassung der Dosis, um die optimale Wirksamkeit und Sicherheit zu gewährleisten.
Risiken & Nebenwirkungen
Die Therapie mit Aliskiren kann unerwünschte Nebenwirkungen hervorrufen:
- Übelkeit, Erbrechen und Durchfall
- Infektionen der oberen Atemwege
- Husten
- Müdigkeit
- Kopfschmerzen
- Rückenschmerzen
- Allergien
Bei zahlreichen chronischen oder akuten Erkrankungen und mit entsprechender Medikamenteneinnahme ist ein ausführliches beratendes Arzt-Patienten-Gespräch unerlässlich, bevor die Therapie mit Aliskiren beginnt.
Kontraindiziert ist die Gabe von Aliskiren bei folgenden Erkrankungen:
- Angioödeme
- Diabetes mellitus
- beeinträchtigte Nierenfunktion
Ebenfalls kontraindiziert ist Aliskiren bei einer Medikation mit:
Ein verantwortungsbewusster Arzt wird daher im Vorfeld einer geplanten Therapie mit Aliskiren und gegebenenfalls während des Behandlungszeitraumes regelmäßig Blutdruck, Elektrolytwerte, Laborwerte und Nierenfunktionen kontrollieren.
Kontraindikationen
Aliskiren, ein direkter Renin-Inhibitor zur Behandlung von Bluthochdruck, weist spezifische Kontraindikationen auf, die bei der Anwendung berücksichtigt werden sollten:
Schwere Nierenfunktionsstörung: Patienten mit schwerer Nierenfunktionsstörung (Kreatinin-Clearance <30 ml/min) sollten Aliskiren vermeiden. Es besteht ein erhöhtes Risiko für unerwünschte Nebenwirkungen wie Hyperkaliämie.
Diabetes mellitus: Diabetiker, die bereits Angiotensin-II-Rezeptorblocker (ARBs) oder Angiotensin-Converting-Enzyme-Hemmer (ACE-Hemmer) einnehmen, dürfen Aliskiren nicht verwenden. Die Kombination erhöht das Risiko schwerwiegender Nebenwirkungen wie Hyperkaliämie, Nierenversagen und Hypotonie.
Überempfindlichkeit: Patienten mit bekannter Überempfindlichkeit gegen Aliskiren oder einen seiner Bestandteile sollten das Medikament nicht einnehmen, da es zu schweren allergischen Reaktionen wie Angioödemen kommen kann.
Angioödem in der Vorgeschichte: Patienten, die in der Vergangenheit Angioödeme aufgrund von Aliskiren oder ähnlichen Medikamenten entwickelt haben, sollten dieses Medikament nicht erneut verwenden.
Kombination mit bestimmten Medikamenten: Die gleichzeitige Anwendung von Aliskiren mit anderen Medikamenten, die den Kaliumspiegel erhöhen (wie kaliumsparenden Diuretika), sollte vermieden werden, da dies das Risiko einer Hyperkaliämie erhöht.
Schwangerschaft: Aliskiren sollte in der Schwangerschaft nicht angewendet werden, da es das Risiko von Fehlbildungen und fötalen Schäden erhöht.
Diese Kontraindikationen sollten sorgfältig beachtet werden, um die Sicherheit der Patienten zu gewährleisten.
Interaktionen mit anderen Medikamenten
Bei der Verwendung von Aliskiren sind potenzielle Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten zu beachten, um das Risiko von Nebenwirkungen und unerwünschten Effekten zu minimieren:
Angiotensin-Rezeptorblocker (ARBs) und ACE-Hemmer: Die gleichzeitige Anwendung von Aliskiren mit ARBs oder ACE-Hemmern wird bei Patienten mit Diabetes mellitus oder eingeschränkter Nierenfunktion nicht empfohlen. Diese Kombination kann das Risiko für Hyperkaliämie, Hypotonie und Nierenversagen erhöhen.
Kaliumsparende Diuretika und kaliumhaltige Präparate: Die Kombination von Aliskiren mit kaliumsparenden Diuretika (z. B. Spironolacton) oder kaliumhaltigen Nahrungsergänzungsmitteln kann den Kaliumspiegel im Blut erhöhen und das Risiko einer Hyperkaliämie verstärken.
NSAIDs (Nicht-steroidale Antirheumatika): NSAIDs wie Ibuprofen oder Naproxen können die blutdrucksenkende Wirkung von Aliskiren beeinträchtigen. Zudem erhöht die Kombination von Aliskiren und NSAIDs bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion das Risiko von Nierenschäden.
Ciclosporin und Itraconazol: Diese Medikamente, die starke Hemmer des Enzyms CYP3A4 sind, können die Konzentration von Aliskiren im Blut erhöhen. Die gleichzeitige Anwendung wird daher nicht empfohlen.
Frucht- und Fruchtsäfte: Grapefruit- und andere Fruchtsäfte können die Absorption von Aliskiren beeinflussen, was zu einer verminderten Wirksamkeit führen kann.
Eine sorgfältige Überprüfung aller Medikamente, die der Patient einnimmt, ist daher unerlässlich, um unerwünschte Wechselwirkungen zu vermeiden und die Wirksamkeit von Aliskiren zu gewährleisten.
Alternative Behandlungsmethoden
Wenn Aliskiren nicht vertragen wird oder kontraindiziert ist, stehen verschiedene alternative Behandlungsmethoden und Wirkstoffe zur Verfügung, um Bluthochdruck effektiv zu behandeln:
Angiotensin-II-Rezeptorblocker (ARBs): Diese Medikamente, wie Losartan oder Valsartan, blockieren die Wirkung von Angiotensin II und verhindern so die Verengung der Blutgefäße. Sie sind besonders hilfreich, wenn ACE-Hemmer nicht vertragen werden.
ACE-Hemmer: Medikamente wie Enalapril und Ramipril verhindern die Umwandlung von Angiotensin I in Angiotensin II, was eine Blutdrucksenkung bewirkt. Sie sind eine bewährte Therapieoption, können jedoch Husten als Nebenwirkung verursachen.
Kalziumkanalblocker: Medikamente wie Amlodipin und Nifedipin entspannen die glatte Muskulatur der Blutgefäße, wodurch der Blutdruck sinkt. Sie sind besonders bei Patienten mit bestimmten Begleiterkrankungen wie Angina pectoris nützlich.
Thiaziddiuretika: Diese Medikamente, darunter Hydrochlorothiazid und Chlorthalidon, helfen, überschüssiges Natrium und Wasser aus dem Körper zu entfernen, was zu einer Senkung des Blutdrucks führt.
Beta-Blocker: Medikamente wie Atenolol und Metoprolol verlangsamen die Herzfrequenz und senken den Blutdruck, werden jedoch eher bei spezifischen Begleiterkrankungen wie Herzinsuffizienz eingesetzt.
Zusätzlich zu diesen pharmakologischen Optionen können Lebensstiländerungen wie eine salzarme Diät, regelmäßige Bewegung und Stressmanagement ebenfalls effektiv zur Blutdruckkontrolle beitragen.
Quellen
- "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
- "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
- "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor