Diuretika

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 5. September 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Diuretika bezeichnen Wirkstoffe, die die Ausschwemmung von Salzen sowie Wasser durch die Niere aus dem Körper (Mensch und Tier) in deutlicher Weise erhöhen. Sie finden daher in der Therapie zahlreicher Erkrankungen wie Bluthochdruck, Glaukom und Ödemen Anwendung.

Inhaltsverzeichnis

Was sind Diuretika?

Auch pflanzliche Diuretika, wie z.B. Schachtelhalm, fördern das Ausschwemmen von Salzen und Wasser durch die Niere aus dem Körper.

Durch Diuretika werden das Plasmavolumen im Blutkreislauf gesenkt und Stauungssymptome z.B. bei Ansammlung von Flüssigkeit im Gewebe oder bei einem zu großen Blutvolumen, abgebaut.

Einige Diuretika, wie Acetazolamid, tragen dazu bei, dass Urin alkalischer wird und damit im Falle von Überdosierung oder Vergiftung die Ausscheidung von Substanzen, wie Aspirin, befördert wird.

Diuretika werden in drei typische Hauptgruppen unterteilt: Thiazide, Schleifendiuretika und kaliumsparende Diuretika. Jedes entfaltet seinen Effekt durch Einwirkung auf einen anderen Teil der Nieren und erfordert verschiedene Anwendungen sowie Vorsichtsmaßnahmen, ist daher genauestens auf den Gesundheitszustand abzustimmen. In diesem Zusammenhang ist auch die blutdrucksenkende Wirkung einiger Diuretika unabhängig von ihrer harntreibenden Wirkung zu sehen.

Geschichte & Entwicklung

Die Geschichte der Diuretika reicht bis in die Antike zurück, als Heilpflanzen wie Wacholder, Petersilie und Spargel zur Förderung der Harnausscheidung verwendet wurden. Schon die alten Ägypter und Griechen erkannten die harntreibende Wirkung dieser Pflanzen und nutzten sie zur Behandlung von Schwellungen und Flüssigkeitsansammlungen im Körper.

Im 16. und 17. Jahrhundert wurden die Kenntnisse über Diuretika weiter vertieft, vor allem durch die Arbeit von Ärzten und Alchemisten, die pflanzliche Mittel in der Medizin einsetzten. Der englische Arzt William Withering beschrieb im 18. Jahrhundert die Verwendung von Fingerhut (Digitalis) zur Behandlung von Herzinsuffizienz, wobei er auch die harntreibenden Effekte beobachtete.

Mit der Entwicklung der modernen Pharmakologie im 20. Jahrhundert begann eine gezielte Suche nach synthetischen Diuretika. Ein bedeutender Durchbruch erfolgte in den 1930er Jahren mit der Entdeckung des ersten wirksamen Diuretikums, Acetazolamid, das ursprünglich als Medikament gegen Glaukom entwickelt wurde. In den 1950er Jahren wurden Thiaziddiuretika entdeckt, die eine Revolution in der Behandlung von Bluthochdruck und Herzinsuffizienz darstellten.

In den folgenden Jahrzehnten wurden verschiedene Klassen von Diuretika entwickelt, darunter Schleifendiuretika und kaliumsparende Diuretika, die die Möglichkeit boten, gezielt verschiedene Mechanismen der Harnausscheidung zu beeinflussen. Diuretika sind bis heute ein grundlegender Bestandteil der Therapie bei Herz-, Nieren- und Lebererkrankungen.

Anwendung, Wirkung & Gebrauch

Schleifendiuretika erhöhen die Durchblutung der Nieren und schwemmen daher bis zu 20 % des im Wasser gelösten Natriumchlorids aus. Im Normalfall werden über den Urin etwa 0,4 % Natrium ausgeschieden. Schleifendiuretika wie Furosemid hemmen die Fähigkeit des Körpers, Natrium aufzunehmen, wodurch mit dem Urin weniger Wasser ausgeschieden wird und in den Körperzellen verbleibt. Sie werden zur Behandlung von Aszites und Ödemen infolge von Herzinsuffizienz oder Leberzirrhose bzw. Nierenerkrankungen eingesetzt.

Thiazid-Diuretika erhöhen ebenfalls die Ausscheidung von Natrium über den Urin. Die kurzfristig blutdrucksenkende Wirkung beruht auf der Tatsache, dass Thiazide die Zellspannung senken. Langfristig haben Thiazide einen gefäßerweiternden Effekt. Mediziner empfehlen sie daher als erstes Mittel zur Behandlung von Bluthochdruck sowie Herzproblemen im Zusammenhang mit Bluthochdruck. Erst wenn Diuretika allein nicht genügen, kommen in der Regel Medikamente wie Betablocker zum Einsatz.

Der Begriff kaliumsparende Diuretika bezieht sich auf die Reduzierung der Natriumaufnahme in den Tubulusepithelzellen, wodurch der Kaliumspiegel gesichert wird. Sie werden häufig in Kombination mit Thiaziden eingesetzt, um einem Kaliummangel (Hypokaliämie) vorzubeugen.

Weitere Diuretika sind Carboanhydrase-Hemmer, die einer Hypokalzämie oder Hyperkalzämie vorbeugen, osmotische Diuretika wie Glucose, die Wasser im Harn zurückhalten (Einsatz über Infusionen z.B. bei Nierenversagen) sowie Aldosteron-Antagonisten zum intravenösen Einsatz bei Herzinsuffizienz oder Leberzirrhose.

Pflanzliche, natürliche & pharmazeutische Diuretika

In der medikamentösen Verarbeitung sind Diuretika eine chemisch heterogene Gruppe von Verbindungen, die die Produktion verschiedener natürlicherweise im Körper vorkommender Hormone stimulieren oder hemmen, um die Urinproduktion durch die Nieren zu regulieren.

Pflanzliche Diuretika werden teilweise als Aquaretika bezeichnet, hierzu zählen Anwendungen (häufig Tees) aus Schachtelhalm, Petersilie, Sellerie, Brennnessel oder schwarze Johannisbeere. Verschiedene Rezepturen und Anwendungsvorschriften finden sich sowohl in der Hildegard von Bingen-Medizin wie auch in der Pflanzenheilkunde. Traditionelle Kombinationspräparate mit diuretischen Wirkanteilen bestehen auch aus Bärlauch, Mistel und Weißdorn.

Homöopathische Mittel zur Förderung der Ausscheidung sind Urtica urens, Berberis, Calcium Carbonicum oder Digitalis. Kaffee, Tee sowie Alkohol sind ebenfalls diuretisch wirkende Getränke, ihnen wird jedoch keine arzneiliche Wirkung zugeschrieben.

In Deutschland finden sich derzeit mehr als 100 diuretische Präparate mit unterschiedlicher Dosierung, von rezeptfreien Generika bis hin zu verschreibungspflichtigen Diuretika wie Esidrix, Aquaphor, Hygroton oder Dytide H. Oftmals werden Diuretika in Form von Wassertabletten in Diätforen als Tipp zum schnellen Abnehmen empfohlen, wovon aufgrund der komplexen Wirkweise allerdings abgeraten wird.


Risiken & Nebenwirkungen

Diuretika sind im Allgemeinen sicher, können bei dauerhafter Anwendung oder Überdosierung jedoch Nebenwirkungen haben. Die häufigste Nebenwirkung von Diuretika ist in der Regel ein erhöhtes Wasserlassen.

Andere Nebenwirkungen sind eine Verminderung der Blutmenge, Störungen im Elektrolythaushalt wie Kaliummangel oder –überschuss, Hyponatriämie (zu geringer Natriumspiegel), Störungen des Blutwertes (Übersäuerung, Basengehalt) oder eine Überhöhung des Harnsäuregehaltes im Blut. Dies kann zu Komplikationen wie Schwindel, Kopfschmerzen, vermehrtem Durst, Muskelkrämpfen, erhöhten Cholesterinwerte, Ausschlag, Gelenkerkrankungen (Gicht), Impotenz oder Unregelmäßigkeiten bei der Menstruation führen.

Die unterschiedlichen Wirkweisen bergen verschiedene Risiken und Nebenwirkungen. Schleifendiuretika beispielsweise führen zu einer deutlichen Steigerung der Kalzium-Ausscheidung, was zu einer verminderten Knochendichte führen kann.

Anwendung & Sicherheit

Diuretika werden eingesetzt, um die Ausscheidung von Wasser und Salzen über die Nieren zu erhöhen, was vor allem bei Erkrankungen wie Bluthochdruck, Herzinsuffizienz, Nieren- und Lebererkrankungen notwendig ist. Die genaue Anwendung richtet sich nach der Art des Diuretikums: Thiaziddiuretika werden häufig zur Behandlung von Bluthochdruck verwendet, Schleifendiuretika sind wirksam bei akuten Flüssigkeitsansammlungen, etwa bei Lungenödemen, und kaliumsparende Diuretika verhindern einen übermäßigen Kaliumverlust.

Die Dosierung erfolgt individuell nach Krankheitsbild und Nierenfunktion des Patienten. Die Behandlung sollte regelmäßig überwacht werden, um Nebenwirkungen wie Elektrolytstörungen (z. B. Kaliummangel), Dehydration oder Nierenfunktionsstörungen zu verhindern. Besonders gefährlich kann eine falsche Anwendung bei älteren Menschen oder Patienten mit bereits geschädigter Nierenfunktion sein.

Die Sicherheit der Anwendung von Diuretika hängt maßgeblich von der Überwachung durch den Arzt ab, der regelmäßig Blutwerte kontrolliert und den Elektrolyt- sowie Flüssigkeitshaushalt beobachtet. Bei unsachgemäßer Anwendung können ernsthafte Nebenwirkungen wie Herzrhythmusstörungen auftreten.

Die Qualitätskontrolle bei der Herstellung von Diuretika unterliegt strengen pharmazeutischen Vorschriften. Hersteller müssen sicherstellen, dass die Medikamente den Good Manufacturing Practices (GMP) entsprechen, was regelmäßige Überprüfungen und Tests auf Reinheit, Wirksamkeit und Stabilität der Wirkstoffe umfasst. Dies gewährleistet, dass Diuretika sicher und wirksam sind, bevor sie in den Handel gelangen.

Alternativen

Zu Diuretika gibt es verschiedene alternative Medikamente, die je nach Erkrankung und Ziel der Therapie eingesetzt werden können. Bei der Behandlung von Bluthochdruck sind ACE-Hemmer und Angiotensin-II-Rezeptorblocker (ARBs) gängige Alternativen. Diese Medikamente wirken, indem sie die Blutgefäße erweitern und so den Blutdruck senken, ohne die Harnausscheidung zu erhöhen. Sie bieten den Vorteil, dass sie den Elektrolythaushalt weniger beeinflussen als Diuretika, sind aber nicht immer so effektiv bei der Beseitigung von Flüssigkeitsansammlungen.

Betablocker sind eine weitere Option bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Sie verlangsamen die Herzfrequenz und senken den Blutdruck, eignen sich jedoch nicht zur Behandlung von Flüssigkeitsansammlungen, die Diuretika gezielt adressieren.

Bei Herzinsuffizienz können Aldosteronantagonisten wie Spironolacton eingesetzt werden. Diese Medikamente haben eine ähnliche Wirkung wie kaliumsparende Diuretika, regulieren aber zusätzlich das Hormon Aldosteron, was bei der Behandlung von fortgeschrittener Herzinsuffizienz hilfreich ist.

Alternativ können Herzglykoside wie Digitalis verwendet werden, um die Herzleistung zu verbessern. Sie wirken jedoch primär auf die Herzfunktion und weniger auf den Flüssigkeitshaushalt.

Im Vergleich zu Diuretika, die direkt die Flüssigkeitsausscheidung anregen, greifen diese Alternativen auf unterschiedliche Mechanismen zurück. Sie sind oft besser geeignet für Patienten, die Probleme mit Elektrolytstörungen haben, jedoch weniger effektiv bei der Behandlung von Ödemen.

Forschung & Zukunft

Aktuelle Trends in der Forschung zu Diuretika konzentrieren sich auf die Verbesserung der Wirksamkeit und Verträglichkeit sowie die Entwicklung neuer Behandlungsansätze, um Nebenwirkungen zu minimieren. Ein wesentlicher Forschungsansatz besteht darin, Diuretika zu optimieren, um gezielter auf bestimmte Nierensegmente zu wirken, was eine präzisere Regulation des Flüssigkeits- und Elektrolythaushalts ermöglichen soll. Besonders bei Schleifendiuretika wird daran gearbeitet, deren Wirkung besser steuerbar zu machen, um Elektrolytstörungen, insbesondere Kalium- und Magnesiumverlust, zu verhindern.

Ein weiterer Trend ist die Erforschung von kombinierten Diuretika-Therapien, bei denen verschiedene Diuretikaklassen gleichzeitig verwendet werden, um die positiven Effekte zu verstärken und gleichzeitig die Nebenwirkungen zu reduzieren. Dies betrifft vor allem Kombinationen von Schleifen- und Thiaziddiuretika sowie kaliumsparenden Diuretika, die zusammen das Risiko eines Elektrolytverlustes verringern können.

Ein vielversprechender neuer Behandlungsansatz ist die Erforschung von Vaptanen, die gezielt auf das Hormon Vasopressin wirken. Diese Substanzen fördern die Wasserausscheidung, ohne den Elektrolythaushalt zu beeinflussen, was besonders bei Patienten mit Herzinsuffizienz oder Leberzirrhose von Vorteil ist.

Darüber hinaus werden SGLT2-Inhibitoren untersucht, die ursprünglich zur Behandlung von Diabetes entwickelt wurden, aber auch eine diuretische Wirkung haben. Diese Medikamente zeigen Potenzial, Herz- und Nierenfunktion zu verbessern, indem sie die Ausscheidung von Glukose und Wasser über die Nieren erhöhen.

Quellen

  • "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
  • "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
  • "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor

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