Anastrozol

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Anastrozol hemmt das östrogenabhängige Wachstum von Brustkrebs. Der Wirkstoff kommt vorrangig bei Frauen nach den Wechseljahren sowie bei Männern im Rahmen der endokrinen Therapie (Antihormontherapie) eines östrogensensitiven Mammakarzinoms zum Einsatz.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Anastrozol?

Anastrozol hemmt das östrogenabhängige Wachstum von Brustkrebs.

Anastrozol gehört als Benzyltriazolderivat zur Wirkstoffgruppe der nicht-steroidalen Aromatasehemmer. Es wird in erster Linie zur adjuvanten (unterstützenden) Therapie von Brustkrebs bei Frauen in und nach den Wechseljahren eingesetzt.

Der Wirkstoff hemmt die Synthese von Östrogen, das einen bedeutenden Wachstumsfaktor für die zumeist hormonsensitiven Zellen eines Mammakarzinoms darstellt. Neben dem Tumorwachstum reduziert Anastrozol das Risiko für eine Metastasierung (Streuung von Tumorzellen im übrigen Körper) sowie das Rezidivrisiko (Wiederauftreten der Erkrankung).

Wenngleich der männliche Organismus lediglich in geringen Mengen über Östrogen verfügt bzw. dieses synthetisiert, können Männer ebenso an einem Mammakarzinom erkranken. Diese werden in aller Regel ebenfalls mit Aromatasehemmer wie Anastrozol behandelt.

Pharmakologische Wirkung

Die Wirkung von Anastrozol beruht auf der Hemmung von Aromatase. Aromatase ist ein Enzym, das die Umwandlung von Androgenen (männlichen Sexualhormone) in Östrogene (weibliche Sexualhormone) katalysiert. Östrogen fördert bei östrogensensitiven Karzinomen wie Brustkrebs das Tumorwachstum und die Metastasierung. Aromatasehemmer wie Anastrozol greifen in diesen Mechanismus ein, indem diese an die Aromatase anbinden. Das Enzym wird inaktiviert und die enzymatische Katalyse unterbunden.

In der Folge sinkt der Östrogenspiegel, den Tumorzellen steht weniger Östrogen zur Verfügung und das Wachstum wird verlangsamt. Bei prämenopausalen Frauen (vor den Wechseljahren) findet die Hormonumwandlung durch Aromatase hauptsächlich in den Ovarien (Eierstöcken) statt. Aromatasen sind daneben in der Leber, in den Nebennieren sowie in Fettgewebszellen anzutreffen. Da Aromatasehemmer allerdings in den Ovarien wirkungslos sind, kann die Östrogensynthese hier nicht durch Anastrozol blockiert werden. Während des Klimakteriums wird die Aromatase-Aktivität in den Eierstöcken sukzessiv eingestellt.

Die Aromatase- und konsekutiv die Östrogenkonzentration sinkt hier erheblich ab, während diese in den übrigen Gewebezellen erhalten bleibt. Entwickeln sich Brustkrebszellen, die ebenfalls Aromatase herstellen, wird zusätzlich tumorförderndes Östrogen im Körper gebildet. In den Tumorzellen, Nebennieren, Fettgewebszellen und in der Leber können die Aromatasen durch Anastrozol blockiert und das Wachstum östrogensensitiver Tumoren entsprechend verlangsamt bzw. gestoppt werden.

Medizinische Anwendung & Verwendung

Anastrozol kommt im Rahmen der adjuvanten, endokrinen Therapie von östrogensensitiven Mammakarzinomen und zur Therapie eines progredienten (fortgeschrittenen) Mammakarzinoms bei postmenopausalen Frauen zum Einsatz.

Hierbei haben Studien (u. a. ATAC-Studie 2008) gezeigt, das bei postmenopausalen Frauen durch den Einsatz von Anastrozol im Anschluss an die Primärtherapie (i. d. R. Operation mit anschließender Strahlen- und/oder Chemotherapie) das Rezidivrisiko um durchschnittlich 24 Prozent gesenkt und die krankheitsfreie Überlebenszeit um etwa 15 Prozent verlängert werden kann.

Darüber hinaus kann durch eine adjuvante Anti-Hormontherapie die Zeitspanne bis zum Auftreten von Fernmetastasen und kontralateralen Tumoren (auf der komplementären Körperseite) verlängert werden. Generell stehen zwei grundlegende Behandlungsstrategien zur Verfügung. Zum einen kann Anastrozol direkt im Anschluss an den operativen Eingriff appliziert werden (Upfront-Therapie). Zum anderen kann Anastrozol erst nach einer postoperativen zwei- bis dreijährigen Therapie mit Tamoxifen (Östrogenrezeptormodulator) zum Einsatz kommen (Switch-Therapie).

Aufgrund noch fehlender Studien zur Vergleichbarkeit beider Strategieansätze wird individuell entschieden, welche Strategie im Rahmen der endokrinen Therapie verfolgt wird. Zudem fehlen Daten noch zur optimalen Behandlungsdauer. In vielen Fällen wird eine verlängerte Therapie über 5 Jahre empfohlen.


Risiken & Nebenwirkungen

Da Aromatasehemmer wie Anastrozol nicht die Wirkung von anderen Hormonen oder Enzymen beeinflussen, sind diese relativ gut verträglich. Als Nebenwirkung einer Anastrozol-Therapie tritt insbesondere eine Abnahme der Knochendichte mit entsprechend erhöhtem Frakturrisiko und begleitenden Gelenkschmerzen auf.

Zur Reduzierung dieser Symptome wird die vermehrte Einnahme von Vitamin D und Calzium empfohlen. Bei Betroffenen mit erhöhtem Osteoporoserisiko sollte regelmäßig die Knochendichte bestimmt werden. Ermüdbarkeit, Atemnot, Erbrechen, Übelkeit, Haarausfall, Hautausschlag sowie trockene Scheidenschleimhäute sind weitere mögliche Nebenwirkungen einer Anastrozol-Therapie. Gelegentlich können Appetitlosigkeit, Scheidenblutungen und erhöhte Cholesterinwerte im Blut beobachtet werden.

Vor den Wechseljahren, bei ausgeprägten Nierenfunktionsstörungen sowie mittelschwerer bis schwerer Lebererkrankung ist eine Therapie mit Anastrozol kontraindiziert. Östrogene heben die Wirkung von Anastrozol auf. Auf die Applikation von östrogenhaltigen Arzneimitteln (u. a. Scheidenzäpfchen) sollte entsprechend verzichtet werden.

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