Autoimmunhepatitis

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 18. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Bei Autoimmunhepatitis handelt es sich um eine seltene Erkrankung der Leber. Im weiteren Verlauf entwickelt der Organismus Antikörper, welche die eigene Leber schädigen. Unbehandelt kann es zum Tod des Patienten kommen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Autoimmunhepatitis?

Bei einer Autoimmunhepatitis akzeptiert der Körper das Lebergewebe nicht mehr als eigene Zellen.
© Sebastian Kaulitzki – stock.adobe.com

Autoimmunhepatitis wird nicht durch Viren verursacht. Stattdessen kommt es zu einer Fehlregulation, die dazu führt, dass der Körper bestimmte Zellen nicht mehr als körpereigenes Gewebe ansieht. Aus dem Prozess resultiert eine Leberentzündung mit chronischem Verlauf. Ungefähr 80 Prozent der Patienten sind Frauen.

Besonders häufig treten Krankheitsfälle im mittleren Alter auf. Aber auch die Entstehung bei Kindern kann nicht ausgeschlossen werden. Während Autoimmunhepatitis früher zu den häufig erscheinenden Krankheiten gehörte, liegen die Krankheitsfälle heutzutage bei 0,2 bis 1,0 bei 100.000 Einwohnern. Neben spezifischen Symptomen existieren zudem welche, die eher weniger typisch sind für Lebererkrankungen.

Ursachen

Die genauen Ursachen des Autoimmunhepatitis sind bis heute nicht vollständig erforscht. Letztendlich akzeptiert der Körper das Lebergewebe nicht mehr als eigene Zellen. Wie bei jedem Auftreten von Fremdkörpern produziert er Antikörper, um die vermeintlichen Schädlinge zu bekämpfen.

Auf diese Weise möchte der Organismus sich normalerweise vor Eindringlingen und Erregern schützen. Die Zerstörung des gesunden Gewebes führt jedoch zu einer chronischen Entzündung, die langfristig mit einem Funktionsverlust des Organs einher geht.

Warum die Fehlregulierung des Immunsystems entsteht, ist jedoch noch nicht bekannt. Wissenschaftler gehen davon aus, dass einige Patienten genetische Vorbelastungen vorweisen können. Neben dieser grundlegenden Veranlagung sollen Faktoren existieren, die dafür verantwortlich sind, dass die Krankheit ausbricht.

Zu diesen gehören zum Beispiel Schwangerschaften, Infektionen oder Giftbelastungen. Weiterhin im Verdacht stehen bestimmte Medikamente, Toxine und Infektionen durch Viren oder Bakterien.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die Symptome des Autoimmunhepatitis gelten größten Teils als uncharakteristisch. Es kommt zu Erscheinungen wie Müdigkeit, Leistungsminderung, Übelkeit oder einer leichten Verfärbung der Haut, die einen Gelbton annimmt. Einige Patienten klagen über Schmerzen im rechten Oberbauch oder Temperaturerhöhungen. Häufig können diese jedoch keinen physischen Erscheinungen zugeordnet werden, weshalb eine Autoimmunhepatitis nicht selten erst relativ spät diagnostiziert wird.

Bei manchen Patienten treten allgemein keinerlei Beschwerden oder Symptome auf. Stattdessen macht sich die Erkrankung erst in ihrem Verlauf bemerkbar. Ungefähr 30 bis 50 Prozent der Betroffenen weisen zudem weitere Krankheiten auf, die im Kontext der Fehlregulierung des Immunsystems stehen. So werden weitere Organe durch den Körper angegriffen, es treten Dickdarmentzündungen, Schilddrüsenentzündungen oder rheumatoide Arthritis auf.

In einigen Fällen entwickelt sich aus dem Autoimmunhepatitis zügig ein Leberversagen. Die spätere Behandlung muss sich somit nicht nur um die primäre Autoimmunhepatitis kümmern, sondern auch um die Erkrankungen, die sich aus diesem entwickelt haben.

Diagnose & Verlauf

Der Zeitpunkt, an dem die Diagnose erstellt wird, ist für den weiteren Verlauf der Erkrankung verantwortlich. Unbehandelt kann das Auftreten einer Leberzirrhose nicht ausgeschlossen werden. Für die Erstellung der Diagnose werden vor allem Laboruntersuchungen des Bluts durchgeführt. In diesem finden sich Hinweise auf eine mögliche Infektion durch Viren sowie das Niveau der Antikörper.

Sobald der Verdacht auf Autoimmunhepatitis besteht, wird dieser durch die Entnahme einer Gewebeprobe der Leber verifiziert oder falsifiziert. Der Einsatz findet unter einer örtlichen Betäubung statt. Anschließend kann das Gewebe im Labor untersucht werden. Wird die Erkrankung frühzeitig entdeckt und behandelt, so existieren verschiedene Therapieansätze, auf welche der Körper in der Regel gut reagiert. Unbehandelt sind die Heilungschancen jedoch gering.

Komplikationen

Eine Autoimmunhepatitis kann progressiv die Leber zerstören, was in ein Leberversagen (Leberinsuffizienz) enden kann. Das Leberversagen ist zunächst durch eine verminderte Syntheseleistung gekennzeichnet. Dadurch werden weniger Gerinnungsproteine hergestellt, so dass die Blutungszeit verlängert wird.

Dadurch kann es zu Blutungen vor allem im Magen-Darm-Trakt kommen. Außerdem kommt es zur Ausbildung von Ödemen und einer Wasseransammlung im Bauchbereich, die Aszites. Daneben wird die Zuckerproduktion gestört, so dass der Körper unterzuckert wird, was bis in ein Koma enden kann. Dazu kann die Leber Gifte, die sich im Körper ansammeln nicht mehr richtig entgiften, hierbei ist vor allem das Nervengift Ammoniak zu erwähnen.

Das Ammoniak kann die Blut-Hirn-Schranke überqueren und zu einer hepatischen Enzephalopathie führen, welche ebenfalls in ein Koma enden kann und im schlimmsten Falle zum Tode des Patienten. Zudem kann sich die Autoimmunhepatitis in eine Vernarbung des Lebergewebes entwickeln, der Leberzirrhose, die ähnliche Komplikationen vorweist. Durch die Leberzirrhose werden Kollateralkreisläufe ausgebildet, der Betroffene entwickelt Hämorrhoiden und Krampfadern an Magen und Ösophagus.

Zudem wird vermehrt Blut in der Milz abgebaut, so dass sich diese vergrößert und für entsprechende Schmerzen sorgt. Infolge des hepatorenalen oder hepatopulmonalen Syndroms kann die Niere beziehungsweise Lunge aufgrund der Leberzirrhose versagen. Die Wahrscheinlichkeit im Verlaufe einen Leberkrebs zu entwickeln, ist ebenfalls erhöht.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Bei einer Autoimmunhepatitis ist es nahezu unerlässlich, regelmäßig Kontrolluntersuchungen durchführen zu lassen und den Zustand der Leber genauen ärztlichen Begutachtungen zu unterziehen. Durch die Autoimmunhepatitis wird die Leber geschädigt. Deswegen mus festgestellt werden, inwieweit eingesetzte Medikamente wirksam sind und ob es erforderlich ist, andere bzw. zusätzliche Behandlungsmaßnahmen einzuleiten.

Treten zwischen den Kontrollterminen Beschwerden auf, sollten die Betroffenen keine Scheu haben und den Arzt vor der nächsten Routineuntersuchung kontaktieren. Zu diesen spezifischen Beschwerden zählen zum Beispiel Oberbauchschmerzen, kolikartige Schmerzen, dunkler Urin verbunden mit hellem Stuhlgang sowie Auswirkungen einer Gelbsucht in Form von Verfärbung der Haut und/ oder des Auges.

Schwere Verläufe und Auswirkungen der Autoimmunerkrankung machen häufigere Arztbesuche in kleineren Abständen erforderlich. Die Kontrolluntersuchungen sollten von den Patienten in jedem Fall genau eingehalten werden, da es bei der Erkrankung auch zu Schubphasen kommen kann, die dann rechtzeitig erkannt werden.

Behandlung & Therapie

Die Therapie besteht entweder aus einer Behandlung mit Cortison oder der Gabe von Immunsuppressiva. Bei einigen Patienten kommt eine Kombination der Medikamente zum Einsatz. Eine sanftere Methode zur Behandlung der Beschwerden, zum Beispiel durch alternative Heilverfahren, ist nicht möglich. Immunsuppressiva sorgen dafür, dass das Immunsystem unterdrückt wird.

Eine erhöhte Dosis von Immunsuppressive erlaubt in der Regel eine Reduktion des Cortisons. Normalerweise werden die Medikamente zu Beginn sehr hoch angesetzt und anschließend regelmäßig reduziert, bis der Patient seine individuell passende Dosis erreicht hat. Vor allem bei Frauen mit Kinderwunsch wird zunächst oft eine alleinige Behandlung mit Cortison angestrebt. Cortison weist jedoch eine relativ hohe Anzahl an Nebenwirkungen auf. So kann es zu Akne, Vollmondgesicht, Magengeschwüren, Osteoporose und Bluthochdruck kommen.

Viele der Nebenwirkungen entwickeln sich vor allem aufgrund der langen Anwendungsdauer. Die Therapie mit Cortison sollte bei einer bestehenden Autoimmunhepatitis mindestens zwei Jahre anhalten. Erst nach diesem Zeitpunkt ist es zu empfehlen, unter ärztlicher Aufsicht die Reduktion oder das Absetzen der Medikamente zu versuchen. Regelmäßige medizinische Kontrollen sind hier unausweichlich. Die optimale medikamentöse Behandlung kann dafür sorgen, dass die Autoimmunhepatitis still gelegt wird und nicht mehr aktiv ist.

Auf diese Weise ist es Patienten möglich, mit der Erkrankung eine normale Lebenserwartung zu erreichen. Ist aufgrund der Autoimmunhepatitis bereits eine Leberzirrhose entstanden, kommt jedoch häufig nur noch eine Transplantation mit einem Spenderorgan in Frage. Eine Transplantation kann unter Umständen zu weiteren Komplikationen führen und die Prognose verschlechtern. Deswegen ist bei Erkennung der Diagnose ein schnelles Handeln gefragt.

Aussicht & Prognose

Zu den Faktoren, die das Risiko eines ungünstigen Verlaufs der Autoimmunhepatitis deutlich erhöhen, gehören eine späte Diagnostik, eine hinausgeschobene Behandlung und die hohe Entzündungsaktivität. Leider sieht die Prognose für einen kindlichen oder jugendlichen Organismus gewöhnlich düsterer aus, was an höherer Aktivität des jungen Immunsystems liegt.

Der Kampf lohnt sich aber. Noch vor wenigen Jahrzehnten starben ca. 90 Prozent der Betroffenen innerhalb von 10 Jahren. Die Einführung der Immunsuppressiva in den klinischen Alltag hat die Statistik ins Gegenteil umgeschlagen: nun machen die Überlebenden die 90 Prozent aus. Die Autoimmunhepatitis lässt sich mithilfe biochemischer und histologischer Kontrollen überwachen. Der Bildung von Brückennekrosen soll widerstanden werden, da ihr Übergriff auf Lebervenen höchst riskant ist.

Wird die Leberzirrhose vermieden, ist der Patient auch gegen die Entwicklung eines Leberzellkarzinoms geschützt. Dank der immunsuppressiven Therapie kommt es deutlich seltener zur Leberzirrhose und bei der Hälfte der Betroffenen verbessert sich der Krankheitsverlauf. Die Lebertransplantation lässt sich mit der medikamentösen Therapie vergleichen – sie garantiert in über 90 Prozent der Fälle eine mindestens fünfjährige gute Prognose.

Leider erlaubt die Autoimmunhepatitis nur eine sekundäre Prophylaxe durch die Antikörper- und Immunglobulinkontrolle. Die Patienten sollten sich physisch und emotionell schonen, eine leichte Diät einhalten und die Medikamenteneinnahme auf das Nötigste reduzieren.


Vorbeugung

Weil die exakten Ursachen, die zur Entstehung des Autoimmunhepatitis führen, noch nicht bekannt sind, ist eine präventive Behandlung nicht möglich. Ein gesunder Lebensstil mit viel Bewegung, einer bewussten Ernährung und der Einschränkung von Nikotin und Alkohol kann sich unter Umständen als nützlich erweisen, einen Autoimmunhepatitis aber auch nicht verhindern.

Nachsorge

Eine ursächliche Ausheilung der Autoimmunhepatitis ist ausgeschlossen. Die Nachsorge kann daher nicht darauf zielen, eine erneute Erkrankung zu verhindern. Stattdessen geht es darum, den Alltag beschwerdefrei zu gestalten und Komplikationen zu verhindern. Patienten nehmen regelmäßig an Nachkontrollen teil. Per Blutuntersuchung lässt sich die Erkrankung diagnostizieren.

Um die Ausdehnung und Struktur der Leber im Auge zu behalten, schließt sich nicht selten eine Ultraschalluntersuchung an. Patienten tragen Verantwortung dafür, dass sich ihr Zustand nicht verschlechtert. Die verschriebenen Immunsuppressiva sind regelmäßig einzunehmen. Darüber hinaus ergeben sich im Alltag Möglichkeiten, die Leber zu schonen.

Betroffene sollten Alkohol meiden und Übergewicht nachhaltig abbauen. Zudem ist eine ausreichende körperliche Bewegung notwendig. Gegen bestimmte Formen der Hepatitis kann man sich impfen lassen. Diese präventive Maßnahme steht für die Autoimmunerkrankung allerdings nicht zur Verfügung. Der Erfolg der langwierigen Behandlung hängt vom Startzeitpunkt ab.

Je früher Patienten eine Therapie aufnehmen, desto beschwerdefreier gelingt das Leben. Kommt es zu Komplikationen, wird automatisch die Lebensdauer stark reduziert. Zu den negativen Folgen zählen der Umbau der Leber sowie Einschränkungen bei der Entgiftungsfunktion. Mit dem konsequenten Fortschreiten der Beschwerden, wird eine stationäre Unterbringung erforderlich.

Das können Sie selbst tun

Bei einer Autoimmunhepatitis ist neben einer medizinischen Behandlung eine gesunde Lebensführung von großer Bedeutung. Denn diese kann sowohl das Befinden verbessern als auch drohende Mangelerscheinungen vermeiden. Betroffene sollten sich ausgewogen und gesund ernähren sowie sich regelmäßig sportlich betätigen. Darüber hinaus ist es wichtig, ein vorliegendes Übergewicht zu verringern und einem Untergewicht vorzubeugen. Eine vegane Lebensweise hilft ebenso bei einer Autoimmunhepatitis, die Transaminasen (Leberwerte) zu verbessern.

Wer an einer autoimmunen Hepatitis leidet, sollte zudem auf leberschädliche Substanzen – insbesondere Alkohol – verzichten. Demgegenüber legen Studien aus den vergangenen Jahren die Vermutung nahe, dass Kaffee die Leber schützt. Denn wie Forschungsergebnisse darlegen, trägt Kaffee dazu bei, bei einer chronisch kranken Leber Leberkrebs zu verhindern. Während der Einnahme eines Kortisonpräparats, wie des Prednisolons, sollten Betroffene Vitamin D und Kalzium zu sich nehmen. Diese verhindern einen durch Kortison bedingten Knochenabbau.

Um die Leber zu schützen und eine Regeneration zu erreichen, werden auch pflanzliche Präparate, darunter Mariendistel, Süßholz, Artischocke, Schizandrin C (DDB) bzw. homöopathische Wirkstoffe, wie Leber-Organextrakte eingesetzt. Darüber hinaus stärken ergänzend Aminosäuren und Vitalstoffe das betroffene Organ.

Bei einer Autoimmunhepatitis kann ebenfalls das Heilfasten positiv wirken. Dieses darf allerdings nicht erfolgen, wenn bereits eine Leberzirrhose vorliegt. Grundsätzlich gilt: Ergänzende Therapien, ob naturheilkundlich oder homöopathisch, sollten stets mit dem behandelnden Arzt abgesprochen werden und unter Aufsicht erfolgen.

Quellen

  • Baenkler, H.-W., et al.: Kurzlehrbuch Innere Medizin. Thieme Verlag, Stuttgart 2010
  • Murphy, K., Travers, P., Walport, M.: Janeway – Immunologie. Spektrum, Heidelberg, 2010
  • Steffen, H.-M. et al.: Internistische Differenzialdiagnostik. Schattauer, Stuttgart 2008

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