Beckenbruch
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 2. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Als Beckenbruch, medizinisch Beckenfraktur, wird eine durch externe Gewalteinwirkung zugeführte Verletzung des knöchernen Beckenringapparates bezeichnet. Beckenbrüche sind in der Regel im Rahmen adäquater Behandlungsmaßnahmen gut therapierbar und weisen eine gute Prognose auf.
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Was ist ein Beckenbruch?
Ein Beckenbruch liegt dann vor, wenn Teile des Knochenapparates des Beckens geschädigt sind. Zum menschlichen Beckenapparat gehören die Schaufeln des Darmbeins, das Schambein (vorderer Teil) und Sitzbein (unterer Teil) sowie das Kreuzbein, das das Becken im hinteren Teil abschließt und die Wirbelsäule stützt.
Diese Elemente des Knochenapparates bilden einen zusammenhängenden Beckenring, der die inneren Organe schützt. Bei einem Beckenbruch ist dieser schützende Beckenring durch einen Bruch geschädigt, wobei zwischen instabilen und stabilen Beckenbrüchen differenziert wird.
Während bei einem häufiger vorkommenden stabilen Beckenbruch der Beckenring trotz eines Bruches, meistens des Scham- oder Beckenbeines, erhalten bleibt, ist bei einem instabilen Bruch der Ringverbund durchbrochen. Bei einem instabilen Beckenbruch können darüber hinaus auch innere Organe beeinträchtigt sein.
Ursachen
Stabile Beckenbrüche sind in den meisten Fällen auf einen Sturz (bspw. durch Glatteis) zurückzuführen. Insbesondere ältere Menschen, die bereits an altersbedingter Osteoporose (Entkalkung der Knochen, Knochenschwund) leiden, sind durch die Instabilität ihres Knochenapparates gefährdet.
Oftmals treten deshalb bei älteren Betroffenen zusätzliche Verletzungen (i.d.R. Oberschenkelhalsbruch) in Kombination mit einem Beckenbruch auf. Instabile Beckenbrüche sind in den meisten Fällen durch schwere extern zugefügte Traumata wie beispielsweise Autounfälle oder Stürze aus großer Höhe bedingt und betreffen nicht selten mehrere Knochen des Beckenringes (Polytrauma).
In vielen Fällen werden dabei auch die inneren Organe wie Blase, Darmbereich, Gefäße oder Nerven verletzt, wobei Beckenbrüche mit Beteiligung der Blase besonders gefährlich sind.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Ein typisches Symptom, das auf einen Beckenbruch hinweisen kann, sind starke Schmerzen in der Beckenregion, mitunter ist auch eine Schwellung an der Bruchstelle zu sehen oder blaue Flecken. Ein instabiler Bruch verursacht in der Regel größere Schmerzen als ein stabiler. Deshalb wird ein stabiler Bruch manchmal am Anfang gar nicht als Bruch wahrgenommen.
Durch den Bruch entsteht ein instabiles Gefühl im ganzen Becken, das möglicherweise einen Beckenschiefstand und einen Unterschied in der Beinlänge nach sich ziehen kann. Wenn auch innere Organe bei dem Bruch verletzt werden, die das Becken normalerweise schützen soll, können genitale oder anale Blutungen auftreten, besonders bei einer Verletzung von Blase, Darm oder den inneren Geschlechtsorganen. Wenn durch den Bruch Nerven verletzt oder beeinträchtigt werden, kann es auch zu Empfindungsstörungen oder Problemen mit der Motorik kommen.
Meistens treten bei einem Beckenbruch auch Bewegungseinschränkungen in den Beinen auf. In schlimmeren Fällen können Betroffene, wenn innere Organe bei dem Bruch verletzt wurden, blass im Gesicht werden, einen beschleunigten Puls aufweisen, unter innerer Unruhe leiden oder vielleicht sogar das Bewusstsein verlieren. Wenn diese Beschwerden im Zusammenhang mit einem Sturz auftreten, sollte umgehend ein Arzt gerufen werden.
Diagnose & Verlauf
Ein Beckenbruch wird anhand der charakteristischen Symptome wie Schmerzen, Schwellungen sowie einer gegebenenfalls fehlenden Stabilität des Beckenringes, Verfärbungen oder Fehlstellungen und Blockaden im Bereich des Hüftgelenks im Rahmen einer körperlichen Untersuchung diagnostiziert.
In einigen Fällen können bei einem Beckenbruch die Beckenknochen leicht gegeneinander verschoben werden. Differentialdiagnostisch können stabile Beckenbrüche durch die weniger ausgeprägten Schmerzen von instabilen unterschieden werden. Blutiger Urin kann auf eine Beteiligung von Blase, Harnröhre und/oder Harnleiter hinweisen.
Abgesichert wird die Diagnose durch eine Röntgenuntersuchung, durch welche Aussagen über Lokalisierung und Verlauf des Beckenbruches ermöglicht werden, sowie durch bildgebende Verfahren (Sonographie, Computertomographie), mit deren Hilfe eine Verletzung der inneren Organe festgestellt werden kann.
Verlauf und Prognose hängen vom Ausmaß des Beckenbruches sowie einer vorliegenden Beteiligung der inneren Organe ab. In der Regel sind Beckenbrüche bei entsprechenden Therapiemaßnahmen gut heilbar.
Komplikationen
In Folge eines Beckenbruchs können verschiedene Komplikationen auftreten. Der Bruch kann etwa die Venen verletzen oder Schädigungen an Blase, Harnröhre, Scheide oder After verursachen. Auch Nervenschädigungen und vorübergehende Lähmungen sind eine häufige Folge einer Fraktur des Beckens. Zu den häufigsten und zugleich gefährlichsten Komplikationen zählen Blutungen, welche durch entzündungshemmende Medikamente oftmals noch verstärkt werden.
Außerdem können Zwerchfellrupturen, Muskelverletzungen und venöse Thrombosen auftreten. Handelt es sich um eine Hüftpfannenfraktur, kommen dazu oftmals noch weitere Probleme wie zum Beispiel eine posttraumatische Arthrose oder eine heterotrope Ossifikation. Besonders intensive Traumata können zu einem Absterben des Fernurkopfes führen. In der Folge eines Bruches kann es außerdem zu einem Muskelschwund, Gewichtszunahme und anderen Folgeproblemen kommen, welche sich durch eine adäquate Therapie allerdings unterbinden lassen.
Bei der Behandlung eines Beckenbruchs treten hauptsächlich Komplikationen wie Wundheilstörungen, Blutungen und Infektionen auf. Selten führt eine Fraktur des Beckens zu Inkontinenz und einer Beeinträchtigung der sexuellen Funktionen. Durch konstante Rücksprache mit dem Arzt und eine Beobachtung der körpereigenen Warnsignale, können Komplikationen in der Folge eines Beckenbruchs fast immer vermieden werden.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Bei einem Beckenbruch muss unverzüglich ein Arzt aufgesucht werden. In akuten Notfällen oder direkt nach einem Unfall oder nach einer Verletzung kann hierbei auch das Krankenhaus aufgesucht oder auch direkt der Notarzt gerufen werden. Damit können weitere und irreversibel Folgeschäden vermieden werden. Wird kein Arzt aufgesucht, so kann es zu Beschwerden beim Zusammenwachsen der Knochen kommen.
Ein Arzt muss daher vor allem dann aufgesucht werden, wenn ein Knochenbruch deutlich ersichtlich ist und wenn die betroffenen Bereiche am Körper stark angeschwollen sind. Nicht selten leiden die Patienten dabei an heftigen Schmerzen und auch an Blutergüssen. Weiterhin stellt auch ein blutiger Urin ein eindeutiges Zeichen für einen Beckenbruch dar und sollte daher von einem Arzt untersucht werden.
Die Patienten sind dabei in ihrer Bewegung deutlich eingeschränkt, sodass sie sich idealerweise auch nicht selbst bewegen sollten, um weitere Schäden zu vermeiden. Auch bei einem Bewusstseinsverlust des Betroffenen ist auf jeden Fall ein Doktor aufzusuchen. Durch eine schnelle und frühzeitige Behandlung können verschiedenen Komplikationen vermieden werden.
Behandlung & Therapie
Stabile Beckenbrüche heilen in der Regel ohne Komplikationen oder einen operativen Eingriff aus. Allerdings sind einige Tage Bettruhe mit anschließender frühzeitiger Mobilisierung unter Anleitung einer physiotherapeutischen Fachkraft angezeigt.
Instabile Beckenbrüche müssen in der Mehrzahl der Fälle zunächst von außen durch einen Stabilisator (Fixateur externe) oder eine Beckenzange fixiert werden, um den Beckenring zu stabilisieren und die inneren Blutungen zum Stillstand zu bringen. Nach Stillstand der Blutungen kann der Beckenring im Rahmen eines operativen Eingriffs geöffnet und die durch den Beckenbruch bedingten losen Bruchenden durch Schrauben bzw. Platten fixiert werden.
Das gewählte Operationsverfahren ist hierbei im starken Maße vom Vorliegen weiterer Verletzungen abhängig. Im Anschluss an den operativen Eingriff ist in Abhängigkeit von der gewählten operativen Methode eine zweimonatige Bettruhe angezeigt, wobei möglichst frühzeitig passive Mobilisierungsmaßnahmen mit einem Physiotherapeuten begonnen werden sollten.
In seltenen Fällen müssen auftretende Komplikationen wie Nachblutungen, Wundheilstörungen, Infektionen zusätzlich behandelt werden. Daneben können bei Beteiligung der Nerven langfristige Folgen wie Inkontinenz oder eine Beeinträchtigung der sexuellen Funktionen bei männlichen Betroffenen bei einem Beckenbruch vorliegen, die entsprechend therapiert werden sollten. Von einem Beckenbruch Betroffene sind in der Regel nach erfolgreichem Therapieabschluss in der Lage, normale physische Belastungen auszuhalten sowie alltägliche Bewegungen auszuführen.
Aussicht & Prognose
Bei einem Beckenbruch hängen die Heilungsaussichten sehr vom Umfang der Verletzung ab. Bei einem stabilen Beckenbruch stehen die Chancen gut, dass er ohne Komplikationen heilt und keine Folgeschäden zurückbleiben. Auch ein instabiler Beckenbruch kann gut ausheilen, wenn er richtig behandelt wird.
Probleme mit der Wundheilung, Nachblutungen und Infektionen kommen kaum vor. Gelegentlich können Nerven zur Versorgung von Blase und Darm beeinträchtigt werden, was zu Inkontinenzbeschwerden führen kann, bei Männern kann auch die sexuelle Funktionsfähigkeit dadurch eingeschränkt sein.
Die Prognose hängt aber neben dem Grad der Verletzung auch davon ab, wie alt ein Patient ist, wie sein Gesundheitszustand ist und an welcher Stelle sich der Bruch befindet. Die Heilungsdauer bei einem stabilen Beckenbruch beträgt in etwa zwischen 4 und 8 Wochen. Schmerzen können aber auch nach dieser Zeit immer noch auftreten.
Zur Förderung der Heilung sollte in den ersten Wochen unbedingt Bettruhe eingehalten werden. Bei einem vollständigen Beckenbruch kommen Patienten nicht um eine Operation herum, besonders dann nicht, wenn auch das Hüftgelenk betroffen ist. Auch nach der Operation ist Bettruhe erforderlich, bei einem komplizierten Beckenbruch kann es sogar mehrere Monate dauern, bis die Beine wieder belastet werden dürfen.
Vorbeugung
Einem Beckenbruch kann durch entsprechende Vorsichtmaßnahmen, die vor Stürzen schützen, vorgebeugt werden. Ältere Menschen, die durch altersbedingte Osteoporose besonders gefährdet sind und bei denen bereits Beeinträchtigungen des Bewegungsapparates vorliegen, sollten für einen sicheren Gang auf Gehhilfen wie Rollatoren und festes Schuhwerk zurückgreifen, um sich vor Beckenbrüchen zu schützen.
Das können Sie selbst tun
Ein Beckenbruch musst meist operativ behandelt werden. Lediglich bei einer stabilen Beckenverletzung vom Typ A kann der Bruch durch Bettruhe und Mobilitätsübungen selbständig behandelt werden. Gemeinsam mit einem Physiotherapeuten lässt sich auch gänzlich ohne chirurgische Eingriffe eine Abheilung des Bruchs erzielen. Eine Typ B- oder Typ C-Beckenverletzung muss unter Aufsicht eines Arztes auskuriert werden.
Begleitend dazu kann die Abheilung durch einige Selbstmaßnahmen und Hausmittel beschleunigt werden. In den ersten Tagen nach der Verletzung sollte auf Genussmittel wie Nikotin und Alkohol verzichtet werden. Durch Schonung lässt sich eine schnelle Abheilung des Bruchs erzielen. Nach einigen Tagen bis Wochen kann der Knochenaufbau durch leichten Sport und Yoga gefördert werden. Vor allem die umliegenden Gelenke sollten schnellstmöglich wieder im Alltag eingesetzt werden, um einen weiteren Knochen- und Muskelabbau zu vermeiden.
Ein bewährtes Naturheilmittel bei Knochenbrüchen ist Schwarzwurz. Die Pflanze festigt den verletzten Knochen und kann entweder als Kompresse oder Paste angewandt werden. Generell empfiehlt sich bei Knochenbrüchen eine mineralstoffreiche Ernährung. Geeignet sind unter anderem Milch und Milchprodukte sowie ungesalzenes Trockenobst, Feigen, Knoblauch, Zwiebeln oder Bananen. Magnesium und Kalium können dem Körper etwa durch Haferflocken, Spargel, Hülsenfrüchte oder Pflaumen zugeführt werden.
Quellen
- Breusch, S., Clarius, M., Mau, H., Sabo, D. (Hrsg.): Klinikleitfaden Orthopädie, Unfallchirurgie. Urban & Fischer, München 2013
- Niethard, F., Pfeil, J., Biberthaler, P.: Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme, Stuttgart 2014
- Wülker, N., Kluba, T., Roetman, B., Rudert, M.: Taschenlehrbuch Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme, Stuttgart 2015