Benzalkoniumchlorid

Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer. nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. März 2025Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Benzalkoniumchlorid wird als Antiseptikum, häufig in Kombination mit weiteren antiseptischen Mitteln bei Entzündungen im Rachen- und Mundraum verwendet. Über diese Anwendung hinaus dient es als Konservierungs- und Desinfektionsmittel für halbfeste und flüssige Arzneimittelzubereitungen.
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Was ist Benzalkoniumchlorid?
Benzalkoniumchlorid zählt zur Wirkstoffgruppe der Antiseptika und hat eine seifenähnliche Substanz. Bei dem Wirkstoff handelt es sich um ein großes Molekül in Form einer kationischen Verbindung, das positiv elektrisch geladen ist.
Durch Ausformung und Ladung ist Benzalkoniumchlorid fett- und wasserlöslich. Es ist in der Lage, Zellwände von Bakterien zu durchdringen, sich dort einzulagern und die Krankheitserreger abzutöten.
Pharmakologische Wirkung
Medizinisch wird Benzalkoniumchlorid als antiseptisches Mittel zur Behandlung von Entzündungen im Rachen- und Mundraum verwendet. Durch seine feine seifenähnliche Substanz legt es sich auf die entzündete Mund- und Rachenschleimhaut und wirkt dort den entzündungsverursachenden Bakterien entgegen.
Das Antiseptikum enthält ein großes Molekül, das durch seine kationische Verbindung eine elektrische Ladung verzeichnet, wodurch es fett- und wasserlöslich ist. Als Kation mit elektrischer Ladung weist die Substanz hydrophile und lipophile Eigenschaften auf, die dem antiseptischen Wirkstoff den Einbau in die Zellwände der Bakterien ermöglicht, die für die Entzündungsvorgänge in Mund- und Rachenraum verantwortlich sind. Er lagert sich dort ein, wodurch die Bakterien durchlässig werden und ein weiteres Bakterienwachstum nicht möglich ist. Diese Wachstumshemmung verursacht den Tod der Krankheitserreger.
Durch sein breites Wirkspektrum bekämpft Benzalkoniumchlorid sowohl gramnegative als auch grampositive Bakterien. Pharmazeutisch wird der Wirkstoff außerdem als Konservierungsstoff und Desinfektionsmittel für halbfeste und flüssige Arzneimittel wie Cremes, Sprays und Augen- und Nasentropfen eingesetzt. Das Antiseptikum hemmt das Wachstum von Keimen und tötet diese Krankheitserreger bei der Herstellung von Arzneimittelzubereitungen ab. Als Desinfektionsmittel wirkt es gegen Hefen, Algen, Pilze und Bakterien.
Im geringen Maße verzeichnet Benzalkoniumchlorid eine antivirale Wirkung. Aufgrund seiner oberflächenaktiven Wirkweise wird Benzalkoniumchlorid auch als Desinfektions- und Reinigungsmittel in Krankenhäusern und Arztpraxen eingesetzt. Es eignet sich gleichfalls zur Wäschedesinfektion und als Algizid in Schwimmbädern.
Medizinische Anwendung & Verwendung
Hauptindikation für die Verwendung dieses Antiseptikums sind Entzündungen im Mund- und Rachenraum, die auf Infekte zurückgehen. Typische Begleiterscheinungen sind Schluckbeschwerden, Halsschmerzen und allgemeines Unwohlsein.
Bei topischer (örtlicher) Anwendung ist das Antiseptikum gut verträglich. Auch als Lutschtabletten, Konzentrat oder Sprühlösung verzeichnet es nur selten gefährliche Nebenwirkungen. Lediglich bei der Verwendung von Augentropfen, die Benzalkoniumchlorid als Konservierungsmittel enthalten, ist erhöhte Vorsicht geboten und im Zweifelsfall der Rat eines Augenarztes oder Optikers einzuholen.
Antiseptisch wirkende Konservierungsmittel in Augentropfen werden seit 1978 eingesetzt. Augentropfen, die diesen Wirkstoff enthalten, führen zu einer verringerten Stabilität des Tränenfilms und bei regelmäßiger Anwendung zu Entzündungen der Augenoberfläche, die das sogenannte „Trockene Auge“ verursachen. Die Hornhaut wird angegriffen, was zu erheblichen Schädigungen der tieferen Zellschichten führt. Wird eine auf diesem Wirkstoff basierende Tränenersatzflüssigkeit verwendet und anschließend Augentropfen mit einem anderen Arzneimittelwirkstoff, dringt dieser tiefer und schneller in die Hornhautschichten ein. Die Folge sind unerwünschte Wirkverstärkungen und Nebenwirkungen.
Eine Alternative sind Augentropfen, die keine oder alternative Konservierungsmittel enthalten. Der Augenarzt entscheidet im Einzelfall über die Vor- und Nachteile und wann der zu erwartende Nutzen größer ist als ein eventuell involviertes Risiko. Kontaktlinsenträger sowie Patienten mit Trockenem Auge und Glaukom sollten konservierungsmittelfreien Augentropen den Vorzug geben. Informationen können auch bei der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) eingeholt werden.
Verabreichung & Dosierung
Benzalkoniumchlorid ist ein kationisches Tensid mit antiseptischen und konservierenden Eigenschaften, das in vielen pharmazeutischen und medizinischen Produkten verwendet wird. Bei der Verabreichung und Dosierung ist besondere Vorsicht geboten, da eine unsachgemäße Anwendung zu Haut- und Schleimhautreizungen oder toxischen Reaktionen führen kann.
Die Konzentration von Benzalkoniumchlorid variiert je nach Anwendungsbereich. In Desinfektionsmitteln und Hautantiseptika sind Konzentrationen von 0,01 % bis 0,2 % üblich, während es in Augentropfen oder Nasensprays in deutlich niedrigeren Mengen enthalten ist. Bei topischer Anwendung sollte es nicht in offene Wunden oder auf großflächig geschädigte Haut aufgetragen werden, da es zu Zellschädigungen und verzögerter Wundheilung führen kann.
Bei der Verwendung in Augen- oder Nasenpräparaten kann eine langfristige Anwendung zu Schleimhautreizungen oder allergischen Reaktionen führen. Besonders Patienten mit empfindlichen Augen oder trockenen Augen sollten auf Präparate mit Benzalkoniumchlorid verzichten, da es die Tränenfilmstabilität beeinträchtigen kann.
Beim Verschlucken oder Einatmen kann Benzalkoniumchlorid toxisch wirken, weshalb es nicht innerlich angewendet werden darf. In höheren Konzentrationen kann es Haut- und Atemwegsreizungen verursachen. Falls eine versehentliche Einnahme oder Überdosierung erfolgt, sollte umgehend ärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden.
Risiken & Nebenwirkungen
Benzalkoniumchlorid ist im Allgemeinen ein ungefährliches Antiseptikum beziehungsweise Desinfektionsmittel. Dennoch sind auch in diesem Fall einige Besonderheiten zu berücksichtigen. Das Antiseptikum darf bei bekannter Überempfindlichkeit gegen einen oder mehrere der Inhaltsstoffe nicht verwendet werden.
Für die Anwendung bei Kindern und Jugendlichen gibt es keine besonderen Vorschriften, auch Schwangere und stillende Mütter können das Antiseptikum verwenden. Nebenwirkungen sind nur sehr wenige bekannt. Zudem treten sie selten auf. Zu ihnen gehören allergische Hautreaktionen, Rötungen oder Juckreize.
Die allgemeinen Erfahrungen lauten dahingehend, dass Benzalkoniumchlorid, aufgetragen auf die betroffenen Schleimhäute gut verträglich ist. Eine Kontraindikation sind frische und große Wunden im Mund-Rachenraum.
Ein positiver Aspekt ist, dass dieser Wirkstoff keine Kreuzresistenz mit anderen Antiseptika verursacht. Die mit Benzalkoniumchlorid behandelten Erreger werden nicht resistent gegen andere Substanzen aus der Gruppe der Antiseptika. Aus diesem Grund sind keine Wechselwirkungen mit anderen Substanzen oder Arzneimittelzubereitungen bekannt.
Kontraindikationen
Die Verwendung von Benzalkoniumchlorid ist in bestimmten Fällen kontraindiziert, da es reizende und zytotoxische Eigenschaften besitzt, die bei empfindlichen Personen oder bestimmten Vorerkrankungen problematisch sein können.
Eine der wichtigsten Kontraindikationen betrifft Personen mit einer bekannten Allergie oder Überempfindlichkeit gegenüber Benzalkoniumchlorid oder anderen quartären Ammoniumverbindungen. Kontakt mit diesem Wirkstoff kann in solchen Fällen Hautrötungen, Juckreiz, Brennen oder allergische Dermatitis auslösen.
Bei Patienten mit chronischen Augenproblemen wie trockenem Auge oder Kontaktlinsenträgern wird von der Verwendung benzalkoniumchloridhaltiger Augentropfen abgeraten, da der Wirkstoff den Tränenfilm destabilisieren und die Hornhaut schädigen kann. Langfristige Anwendung kann zu Irritationen oder sogar Hornhautschäden führen.
Benzalkoniumchlorid sollte nicht auf großflächig verletzte Haut oder tiefe Wunden aufgetragen werden, da es toxisch auf Hautzellen wirkt und die Wundheilung verzögern kann. Auch für Menschen mit chronischen Hauterkrankungen wie Ekzemen oder Psoriasis ist es ungeeignet, da es die Haut zusätzlich austrocknen und reizen kann.
Inhalative oder orale Aufnahme sollte unbedingt vermieden werden, da Benzalkoniumchlorid die Atemwege reizen und in hohen Dosen toxische Wirkungen entfalten kann. Daher sollten Personen mit Atemwegserkrankungen wie Asthma auf den Kontakt mit benzalkoniumchloridhaltigen Desinfektionsmitteln oder Sprays verzichten.
Interaktionen mit anderen Medikamenten
Benzalkoniumchlorid kann mit verschiedenen Medikamenten und Wirkstoffen interagieren, insbesondere aufgrund seiner kationischen Eigenschaften und seiner Wirkung auf Zellmembranen.
Bei der Anwendung in Augentropfen kann Benzalkoniumchlorid die Absorption anderer ophthalmologischer Wirkstoffe beeinflussen. Es kann die Permeabilität der Hornhaut verändern und dadurch die Wirkstoffaufnahme erhöhen oder verringern. Besonders bei der gleichzeitigen Anwendung von Beta-Blockern, Kortikosteroiden oder Antiglaukom-Mitteln sollte ein zeitlicher Abstand eingehalten werden, um unerwünschte Wechselwirkungen zu vermeiden.
Da Benzalkoniumchlorid eine antiseptische Wirkung hat, kann es durch Wechselwirkungen mit anionischen Tensiden oder Seifen inaktiviert werden. Dies ist besonders bei der gleichzeitigen Verwendung von Haut- oder Wunddesinfektionsmitteln zu beachten. In Kombination mit Silber-haltigen Wundpräparaten kann es ebenfalls zu einer Wirkungsabschwächung kommen.
Bei der Verwendung von Inhalations- oder Nasensprays mit Benzalkoniumchlorid besteht die Möglichkeit, dass es die Schleimhäute reizt und die Wirkung von bronchodilatatorischen Medikamenten wie Beta-2-Sympathomimetika beeinträchtigt.
Zusätzlich können Weichkontaktlinsen mit Benzalkoniumchlorid interagieren, indem sie den Wirkstoff absorbieren und dadurch zu Augenreizungen oder längeren Expositionszeiten führen. Daher sollten Kontaktlinsenträger vor der Anwendung von benzalkoniumchloridhaltigen Präparaten ihre Linsen entfernen.
Alternative Behandlungsmethoden
Wenn Benzalkoniumchlorid nicht vertragen wird oder kontraindiziert ist, stehen verschiedene alternative Behandlungsmethoden und Wirkstoffe zur Verfügung, die je nach Anwendungsbereich eingesetzt werden können.
In der Augenheilkunde sind benzalkoniumchloridfreie Augentropfen mit alternativen Konservierungsmitteln wie Polyquad® (Polyquaternium-1) oder Purite® (Natriumchlorit-Komplex) eine gute Option. Diese Substanzen sind weniger reizend und für Kontaktlinsenträger sowie Personen mit trockenen Augen besser geeignet. Eine weitere Alternative sind Einzeldosis-Augentropfen ohne Konservierungsstoffe, die besonders schonend für die Augen sind.
Für die Hautdesinfektion können Chlorhexidin, Povidon-Iod oder Ethanol-basierte Desinfektionsmittel verwendet werden. Diese Substanzen haben antiseptische Eigenschaften, ohne die gleichen Reizungen oder allergischen Reaktionen wie Benzalkoniumchlorid zu verursachen. Besonders bei empfindlicher Haut sind alkoholfreie, hautfreundliche Antiseptika eine gute Alternative.
Im Bereich von Nasensprays oder Inhalationslösungen gibt es konservierungsmittelfreie Präparate, die sterile Einmalverpackungen nutzen. Natürliche Alternativen wie Meerwasser-Nasensprays oder Xylit-haltige Lösungen können ebenfalls helfen, ohne die Schleimhäute zu reizen.
Wer Benzalkoniumchlorid in Wunddesinfektion vermeiden möchte, kann auf Silberhaltige Wundauflagen oder Honig-basierte Verbände zurückgreifen, die antibakterielle Eigenschaften besitzen und die Wundheilung unterstützen.
Quellen
- "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
- "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
- "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor