Blastulation

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 24. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Körperprozesse Blastulation

Als Blastulation wird die Entstehung einer flüssigkeitsgefüllten Zellkugel, der Blastozyste oder Blastula (lat. Keimblase) während der Embryonalentwicklung bezeichnet. Die Einnistung der Blastozyste in die Gebärmutterschleimhaut markiert den eigentlichen Beginn einer Schwangerschaft.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Blastulation?

Als Blastulation wird die Entstehung einer flüssigkeitsgefüllten Zellkugel, der Blastozyste während der Embryonalentwicklung bezeichnet.

Nach der Befruchtung der weiblichen Eizelle beginnt die embryonale Zellteilung. Die Eizelle teilt sich symmetrisch, wodurch sich die Anzahl der Zellen stetig verdoppelt, bis 128 Zellen erreicht sind. Die durch die Zellteilung entstehende Zellkugel wird Morula (lat. für Maulbeere) genannt.

In den letzten Stadien der Zellteilung beginnt sich die Morula mit Gewebeflüssigkeit zu füllen und entwickelt sich dadurch zur Blastozyste . Morphologisch ist die Blastozyste eine flüssigkeitsgefüllte Zellkugel. Die äußere Schicht der Blastozyste, der sogenannte Trophoblast, wird durch einen einschichtigen Zellverband gebildet, der unmittelbar der Zona pellucida (lat. Eihaut) anliegt. Die Zellen des Trophoblasten sind durch starke Verbindungsproteine, die Tight Junctions, verbunden. Aus dem Trophoblasten bilden sich später auch die Strukturen der Plazenta aus.

Innerhalb der einschichtigen Zellkugel befindet sich eine Zellansammlung, der Embryoblast. Aus diesem kleinen Zellhaufen werden sich im nächsten Schritt viele wichtige Strukturen des Embryos bilden. Der in der Blastozyste befindliche flüssigkeitsgefüllte Hohlraum heißt Blastocoel.

Wie die Eizelle, ist die Blastozyste von der schützenden Zona pellucida umgeben. Bevor sich die Blastocyste einnisten kann, “schlüpft” sie aus dieser Eihaut. Die fertig entwickelte Blastozyste beginnt, sich während der Nidation in der Gebärmutterschleimhaut einzunisten und so die eigentliche Schwangerschaft auszulösen.

Während der Einnistung differenzieren sich einige Zellen des Trophoblasten (der äußeren Blastozystenhülle) zu vielkernigen Synzytiotrophoblasten. Diese fusionierten Zellen produzieren das Hormon humanes Choriongonadotropin (hCG). Das Auftreten dieses Stoffes im Blut markiert hormonell den Beginn der Schwangerschaft.

Funktion & Aufgabe

Die flüssigkeitsgefüllte Zellkugel ist bei allen tierischen Lebewesen Ausgangspunkt der Embryonalentwicklung. Im Laufe der Entwicklung streckt sich diese Kugel und bildet nach innen die inneren Organe und nach außen die Extremitäten und Sinnesorgane aus. Daher ist die Bildung der Blastozyste ein wichtiger Schritt in der Entwicklung des neuen Lebewesens. Der flüssigkeitsgefüllte Hohlraum des Blastocoel macht die Einstülpung von Zellschichten möglich.

In der nächsten Stufe der Embryogenese, der Gastrulation (gr. Magen), wird sich das als Embryoblast bezeichnete Gewebe der Blastozyste vermehren und die dann Gastrula genante Blastozyste von innen bis auf einen kleineren Hohlraum ausfüllen.

Bei diesem Schritt werden dann alle Körperachsen festgelegt und jeder Zelle ihr zukünftiges Zellschicksal (engl. cell fate) zugeteilt. Diese Zuteilung erfolgt durch asymetrische Verteilung von Zellbestandteilen und asymetrischer DNA Expression.

Eine weitere Aufgabe der Blastula ist die Anlage der Embryonalhülle bzw. der Plazenta in der der Embryo geschützt und von Flüssigkeit umgeben heranreift. Die Plazenta verwächst mit der Gebärmutter, wird jedoch nicht von dieser gebildet und nach der Geburt wieder abgestoßen (Nachgeburt). Zellbiologisch entsteht die Plazenta aus der einzelligen Blastozytenhülle, dem Trophoblasten.

Die Bildung der Blastozyste ist wie alle frühen Embryonalstadien essenziell für die Entstehung und Aufrechterhaltung einer Schwangerschaft. Fehlgebildete Blastozysten werden während der Menstruation herausgespült ohne das Anzeichen einer Schwangerschaft aufgetreten wären. Bei Nidationsproblemen (Einnistungsproblemen) werden auch intakte Blastozysten wieder durch die Menstruation entfernt.

Eine technische Bedeutung kommt der Blastozyste in der Medizin und Biologie als Quelle für Stammzellen zu. Der Embryoblast besteht aus pluripotenten Stammzellen, die sich durch die Gabe von entsprechenden Transkriptionsfaktoren in jede beliebige Zell- und Gewebeart differenzieren lassen.

Pluripotente Stammzellen können sich jedoch nicht selbstständig zu einem kompletten Embryo entwickeln. Bei der Gewinnung von Stammzellen wird die Blastozyste vollständig entnommen und zerstört, was Anlass zu ethischen Bedenken gegeben hat. Daher unterliegt die Entnahme dieser Zellen beim Menschen in jedem Land einer strengen gesetzlichen Regulierung.


Krankheiten & Beschwerden

Die Bildung der Blastozyste ist ein essenzieller Schritt in der Embryonalentwicklung und jede Fehlbildung führt normalerweise zu einem vollständigen Abbruch der Embryogenese und Entfernung der Blastozyste im Rahmen der folgenden Menstruation.

Nur die sich einnistende Blastozyste sekretiert in zunehmendem Maße humanes Chroriongonadotropin (hCG), dessen ansteigende Konzentration im Blut den Beginn der Schwangerschaft markiert und das Auftreten neuer Menstruationsblutungen unterdrückt.

Da der Erfolg der Blastulation kritisch ist, ist dieses Stadium sehr sensitiv für äußere Störfaktoren wie Umweltgifte, Alkohol, Hitze, Infektionskrankheiten, körperliche Belastungen und Ähnliches. Das Auftreten solcher Faktoren kann die Reifung der Blastozyste verzögern oder abbrechen.

Ein weiterer kritischer Prozess ist die Einnistung der Blastozyste. Auch dieser Prozess kann durch obige Faktoren unterbunden werden. In Fällen weiblicher Infertilität besitzt jedoch oft die Gebärmutter nicht die nötige Aufnahmefähigkeit, was die Einnistung verhindert. Die Ursachen dafür sind vielfältig und bedürfen einer hormonellen Behandlung. In selteneren Fällen ist die Blastozyste selbst nicht in der Lage ausreichend hCG zu produzieren und dadurch die weitere Embryonalentwicklung aufrechtzuerhalten. Auch in diesen Fällen können hormonelle Therapien helfen.

Das Blastozystenstadium ist auch für die moderne in-vitro-Fertilisation von Interesse, da die Implantation befruchteter Eizellen bei Frauen mit Fertilitätsproblemen geringe Erfolgsaussichten hat. Dank moderner Techniken können die befruchteten Eizellen heute im Reagenzglas bis zum Blastozystenstadium herangezogen und dann implantiert werden. Kombiniert mit einer entsprechenden Hormontherapie sind die Erfolgsaussichten dieser Methode deutlich höher.

Quellen

  • Beckermann, M.J.: Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Schwabe, Basel 2004
  • Feige, A., Rempen, A., Würfel, W., Jawny, J., Rohde, A. (Hrsg.): Frauenheilkunde – Fortpflanzungsmedizin, Geburtsmedizin, Onkologie, Psychosomatik. Urban & Fischer, München 2005
  • Kaufmann, M., Costa, S.-D., Scharl, A. (Hrsg.): Die Gynäkologie. Springer, Berlin 2013

Das könnte Sie auch interessieren