Arthroskopie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 20. Juni 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Es gibt eine Reihe von Erkrankungen der Gelenke, die es erforderlich machen, sie von innen genaustens zu begutachten. Die moderne Arthroskopie oder Gelenkspiegelung ermöglicht genau dies, ohne dass es großer Operationen bedarf, wie es vor ihrer Erfindung noch notwendig war.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Arthroskopie?

Schematische Darstellung einer Arthroskopie des Schultergelenks. Klicken, um zu vergrößern.

Bei der Arthroskopie handelt es sich um eine sogenannte minimal invasive Operation. Gemeint ist damit eine medizinische Maßnahme, bei der in den lebenden Körper eingedrungen wird, allerdings nicht in dem Ausmaße, wie es bei einer gewöhnlichen Operation der Fall ist.

Vielmehr wird durch eine nur wenige Millimeter große Einschnittöffnung ein spezielles Instrument in den Körper eingeführt. Ziel der Arthroskopie ist, wie es ihr aus dem Griechischen stammender Name schon andeutet, den genauen Zustand eines Gelenkes von innen zu betrachten.

"Arthros" bedeutet aus dem Griechischen übersetzt "Gelenk"; "skopien" lässt sich mit "Schauen" oder "Begutachten" übersetzen. Das Betrachten oder eben Begutachten des Gelenkes erfolgt bei der Arthroskopie mittels eines Endoskops.

Hierbei handelt es sich um ein medizinisches Instrument, das rein optisch einem Schlauch ähnelt. Das Besondere an diesem "Schlauch" ist, dass am oberen Ende eine hochauflösende Kamera installiert ist, die die optischen Daten an einen Monitor sendet, an den der behandelnde Arzt der Verlauf der Arthroskopie verfolgen kann und den Zustand des Gelenkes beurteilen kann.

Ferner sind weitere Instrumente angebracht, wie beispielsweise Häkchen sowie Schneidewerkzeug, um das Gelenk noch während der Arthroskopie therapeutisch behandeln zu können, soweit dies erforderlich sein sollte. Die Geschichte der Arthroskopie geht auf den Schweizer Chirurgen Eugen Bircher zurück, der diese Vorgehensweise Anfang des 20. Jahrhunderts als Erster praktiziert und bis in die heutige Zeit etabliert hat.

Geschichte & Entwicklung

Die Arthroskopie, eine minimal-invasive chirurgische Technik zur Untersuchung und Behandlung von Gelenken, hat ihren Ursprung im frühen 20. Jahrhundert. Der dänische Chirurg Severin Nordentoft präsentierte 1912 erstmals die Idee der Gelenkspiegelung auf einem Kongress. Die erste tatsächliche Durchführung gelang jedoch dem japanischen Chirurgen Kenji Takagi im Jahr 1918, als er mit einem modifizierten Zystoskop das Knie eines Patienten untersuchte.

In den 1930er Jahren entwickelte der japanische Chirurg Masaki Watanabe die Methode weiter und konstruierte verschiedene Arthroskope, die bessere Sichtverhältnisse und eine präzisere Untersuchung ermöglichten. Watanabes Modelle legten den Grundstein für die moderne Arthroskopie, die in den 1950er und 1960er Jahren zunehmend Verbreitung fand.

Die Entwicklung der Faseroptik in den 1970er Jahren revolutionierte die Arthroskopie, indem sie eine deutlich verbesserte Beleuchtung und Bildqualität ermöglichte. Dies führte zu einem raschen Anstieg der Anwendung der Arthroskopie in der orthopädischen Chirurgie, insbesondere bei Knie- und Schultergelenken.

In den folgenden Jahrzehnten wurde die Technik weiter verfeinert, und es wurden spezialisierte Instrumente entwickelt, die eine Vielzahl von diagnostischen und therapeutischen Eingriffen ermöglichen. Die fortlaufende technologische Entwicklung, einschließlich hochauflösender Kameras und verbesserter Instrumente, hat die Arthroskopie zu einem unverzichtbaren Werkzeug in der modernen Orthopädie gemacht, das durch seine minimal-invasive Natur eine schnellere Genesung und geringere postoperative Schmerzen für Patienten ermöglicht.

Einsatz & Indikation

Eine Arthroskopie wird durchgeführt, um Gelenkbeschwerden zu diagnostizieren und zu behandeln, die auf andere Weise nicht ausreichend abgeklärt oder therapiert werden können. Sie wird häufig bei anhaltenden Gelenkschmerzen, Schwellungen oder Bewegungseinschränkungen eingesetzt, wenn nicht-invasive Methoden wie Röntgen, MRT oder CT keine eindeutigen Ergebnisse liefern.

Die häufigsten Gelenke, die mittels Arthroskopie untersucht und behandelt werden, sind Knie-, Schulter-, Ellenbogen-, Handgelenk- und Sprunggelenk. Indikationen für eine Arthroskopie können Verletzungen des Gelenkknorpels, Meniskusschäden, Kreuzbandverletzungen, Entzündungen der Gelenkschleimhaut (Synovitis), freie Gelenkkörper (wie Knorpel- oder Knochensplitter) sowie degenerative Gelenkerkrankungen wie Arthrose sein.

Ein arthroskopischer Eingriff kann notwendig werden, wenn konservative Behandlungsmethoden wie Physiotherapie, Medikamente oder Injektionen keine ausreichende Linderung bringen. Durch die Arthroskopie können Chirurgen nicht nur die genaue Ursache der Beschwerden feststellen, sondern auch gleichzeitig therapeutische Maßnahmen ergreifen. Dazu gehören das Glätten oder Entfernen beschädigter Gewebeteile, die Reparatur oder Rekonstruktion von Bändern und Sehnen sowie die Entfernung entzündeter Schleimhaut.

Durch die minimal-invasive Natur der Arthroskopie sind die postoperativen Erholungszeiten in der Regel kürzer und die Komplikationsrisiken geringer als bei offenen chirurgischen Eingriffen, was sie zu einer bevorzugten Methode bei vielen Gelenkerkrankungen macht.

Vorteile & Nutzen

Die Arthroskopie bietet gegenüber traditionellen offenen chirurgischen Verfahren und anderen diagnostischen Methoden mehrere signifikante Vorteile. Einer der Hauptvorteile ist die minimal-invasive Natur des Verfahrens. Durch kleine Schnitte wird ein Arthroskop in das Gelenk eingeführt, was zu einer geringeren Gewebeschädigung führt. Dies reduziert postoperative Schmerzen und die Notwendigkeit für starke Schmerzmittel.

Ein weiterer Vorteil ist die schnellere Genesung. Patienten, die sich einer Arthroskopie unterziehen, können oft früher zu ihren normalen Aktivitäten zurückkehren als nach einer offenen Gelenkoperation. Dies liegt daran, dass die geringere Gewebeschädigung weniger Heilungszeit benötigt und das Risiko von Komplikationen wie Infektionen und Narbenbildung verringert wird.

Arthroskopie ermöglicht zudem eine präzisere Diagnose und Behandlung. Mit Hilfe hochauflösender Kameras können Chirurgen das Innere des Gelenks in Echtzeit betrachten und spezifische Probleme identifizieren, die auf bildgebenden Verfahren wie Röntgen oder MRT möglicherweise nicht sichtbar sind. Dies führt zu einer genaueren Diagnose und ermöglicht es den Chirurgen, gezielte therapeutische Maßnahmen direkt durchzuführen.

Zusätzlich bietet die Arthroskopie den Vorteil einer kürzeren Krankenhausaufenthaltsdauer. Viele arthroskopische Eingriffe können ambulant durchgeführt werden, was bedeutet, dass Patienten am selben Tag nach Hause gehen können. Dies verringert die Gesamtkosten der Behandlung und minimiert die Belastung für das Gesundheitssystem.

Insgesamt bietet die Arthroskopie eine Kombination aus geringerer Invasivität, schnellerer Erholung, präziser Diagnose und Behandlung sowie geringeren Kosten, was sie zu einer bevorzugten Methode in der modernen orthopädischen Chirurgie macht.

Funktion, Wirkung & Ziele

Ehe die Arthroskopie beginnen kann, muss das zu untersuchende Gelenk mit einer Flüssigkeit, seltener mit einem Gas aufgefüllt werden. Während Bircher damals noch Stickstoff nutze, gilt heute als goldener Standard die Natriumchloridlösung oder die Ringerlösung.

Seltener, beispielsweise bei zu befürchtenden allergischen Reaktionen des Patienten, wird auf Kohlenstoffdioxid ausgewichen. Die gewählte Lösung wird dann durch eine Spritze in das Gelenk eingespritzt. Anschließend wird die Blutzufuhr des Körperbereichs, in dem sich das Gelenk befindet, mittels Manschetten unterbrochen. Soweit der Patient dies wünscht, kann die Arthroskopie unter Vollnarkose erfolgen; andernfalls, was auch eher dem Standard entspricht, wird lediglich die betroffene Stelle betäubt.

Soweit die Betäubung zu wirken beginnt, erfolgt die eigentliche Operation, indem eine etwa fünf Millimeter kleine Einschnittstelle geschnitten wird. Über diese Einschnittstelle wird das Endoskop eingeführt. Hinsichtlich des Zwecks, wozu die Arthroskopie überhaupt dienen soll, werden die diagnostische und die therapeutische Arthroskopie unterschieden. Bei der diagnostischen Arthroskopie beschränkt sich der Arzt darauf, den Zustand des Gelenks zu begutachten und seine Funktionsfähigkeit zu prüfen.

Hierzu bedient er sich beispielsweise der am Endoskop angebrachten Häkchen, um die Reißstabilität der Kreuzbänder zu prüfen. Die therapeutische Arthroskopie geht weiter und führt chirurgische Maßnahmen durch. Um am Beispiel des Knies zu bleiben, können mittels der am Endoskop angebrachten Instrumente Verhornungen abgetragen werden oder beim Kreuzbandriss die Bänder durch neue ersetzt werden.

Nach erfolgreicher Arthroskopie ist es für den Patienten unverzichtbar, an einer Krankengymnastik teilzunehmen. Dadurch soll - gerade bei der therapeutischen Arthroskopie – die Funktionsfähigkeit der Gelenke und eventuell neu eingesetzten Bänder nach der Arthroskopie ärztlich überprüft und geübt werden.


Durchführung & Ablauf

Eine Arthroskopie beginnt mit der Vorbereitung des Patienten, die in der Regel eine gründliche medizinische Untersuchung und gegebenenfalls bildgebende Verfahren umfasst, um die genaue Lokalisation und das Ausmaß der Gelenkprobleme zu bestimmen. Am Tag des Eingriffs erhält der Patient eine Anästhesie, die entweder lokal, regional oder allgemein sein kann, abhängig von der Komplexität der Operation und den Vorlieben des Patienten sowie des Chirurgen.

Nach der Anästhesie werden kleine Einschnitte, etwa 5-10 Millimeter lang, um das betroffene Gelenk herum gemacht. Durch einen dieser Einschnitte wird das Arthroskop eingeführt, ein dünnes, röhrenförmiges Instrument mit einer Kamera und Lichtquelle. Die Kamera überträgt hochauflösende Bilder des Inneren des Gelenks auf einen Monitor, sodass der Chirurg eine detaillierte Ansicht des Gelenks hat.

Über zusätzliche kleine Schnitte können spezielle chirurgische Instrumente eingeführt werden, um diagnostische oder therapeutische Maßnahmen durchzuführen. Dies kann das Entfernen oder Reparieren von beschädigtem Gewebe, das Glätten von Knorpel oder die Entfernung von freien Gelenkkörpern umfassen. Die gesamte Prozedur dauert in der Regel zwischen 30 Minuten und zwei Stunden, abhängig von der Komplexität des Eingriffs.

Nach Abschluss der Arthroskopie werden die Instrumente entfernt, die Einschnitte mit wenigen Stichen oder Steri-Strips verschlossen und ein steriler Verband angelegt. Der Patient wird in einen Aufwachraum gebracht und überwacht, bis die Anästhesie nachlässt. Nach einer kurzen Erholungsphase, die oft noch am selben Tag endet, kann der Patient in der Regel nach Hause gehen, mit detaillierten postoperativen Anweisungen zur Pflege des Gelenks und zur Rehabilitation.

Risiken & Gefahren

An der Arthroskopie wird aber auch Kritik ausgeübt. Beispielsweise wird vor allem der diagnostischen Arthroskopie vorgeworfen, obsolet zu sein.

Spätestens seit der Einführung der Computertomografie ist sie überflüssig geworden. Ferner wurden, wie bei allen anderen Operationen auch, Beobachtungen gemacht, dass das Risiko, an einer Thrombose zu erleiden, durch eine Arthroskopie erhöht wird. Auch Wundheilstörungen wurden als Folge einer Arthroskopie registriert.

Trotz der Kritik handelt es sich insbesondere bei der therapeutischen Arthroskopie um eine besonders schonende Maßnahme, bestehende Erkrankungen zu behandeln. Denn dieselben Kritikpunkte, die der Arthroskopie vorgeworfen werden, gelten auch bei klassischen Operationen - und zwar in noch höheren Maßen.

Alternativen

Wenn eine Arthroskopie nicht möglich ist, gibt es mehrere alternative Verfahren zur Diagnose und Behandlung von Gelenkerkrankungen. Eine häufig genutzte diagnostische Methode ist die Magnetresonanztomographie (MRT). Die MRT liefert detaillierte Bilder von Weichteilen, Knorpel, Bändern und anderen Strukturen im Gelenk, ohne invasive Eingriffe. Sie ist besonders nützlich, um Entzündungen, Risse oder Degenerationen zu erkennen und bietet eine genaue Darstellung der Gelenkstrukturen.

Eine weitere bildgebende Alternative ist die Computertomographie (CT). Die CT kann in Kombination mit Kontrastmitteln detaillierte Bilder von Gelenken und Knochenstrukturen liefern. Sie ist hilfreich bei der Beurteilung von komplexen Frakturen und knöchernen Anomalien.

Ultraschall ist ebenfalls eine nicht-invasive Methode, die verwendet werden kann, um Weichteilverletzungen, Sehnenrisse oder Flüssigkeitsansammlungen in Gelenken zu erkennen. Ultraschall ist besonders vorteilhaft für die Echtzeit-Beurteilung von dynamischen Prozessen im Gelenk.

Für therapeutische Zwecke gibt es konservative Behandlungsmethoden wie Physiotherapie, die durch gezielte Übungen und Techniken zur Verbesserung der Gelenkfunktion und Schmerzlinderung beitragen kann. Medikamente, insbesondere entzündungshemmende Mittel und Schmerzmittel, können ebenfalls zur Linderung von Gelenkschmerzen und Entzündungen eingesetzt werden.

Injektionen von Kortikosteroiden oder Hyaluronsäure in das betroffene Gelenk können Entzündungen reduzieren und die Gelenkfunktion verbessern. Diese Injektionen bieten oft temporäre Linderung und können die Notwendigkeit eines operativen Eingriffs hinauszögern oder vermeiden.

Wenn eine umfangreiche Reparatur erforderlich ist, kann eine offene Gelenkoperation (Arthrotomie) in Betracht gezogen werden. Diese Methode ermöglicht direkte Eingriffe am Gelenk, ist jedoch invasiver und erfordert eine längere Erholungszeit im Vergleich zur Arthroskopie.

Diese alternativen Verfahren bieten verschiedene Möglichkeiten, je nach den spezifischen Bedürfnissen und der Gesundheitslage des Patienten, um Gelenkerkrankungen effektiv zu diagnostizieren und zu behandeln.

Quellen

  • Breusch, S., Clarius, M., Mau, H., Sabo, D. (Hrsg.): Klinikleitfaden Orthopädie, Unfallchirurgie. Urban & Fischer, München 2013
  • Grifka, J., Krämer, J.: Orthopädie, Unfallchirurgie. Springer, Heidelberg 2013
  • Niethard, F., Pfeil, J., Biberthaler, P.: Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme, Stuttgart 2014

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