Herzneurose (Herzphobie)

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Eine Herzneurose oder Herzphobie ist eine recht häufig auftretende Erscheinung. Die Betroffenen leiden an Herzbeschwerden, die jedoch nicht auf eine organische Erkrankung des Herzen zurückzuführen sind.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Herzneurose?

Das Hauptsymptom einer Herzneurose ist eine Dauerangst vor einem Herzinfarkt. Diese Angst kann sich in Panikattacken bis hin zu einer Todesangst äußern.
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Herzneurosen haben meist psychosomatische Ursachen und treten über einen längeren Zeitraum auf. Statistiken besagen, dass etwa bei jedem dritten Patienten mit Herzbeschwerden keine organischen Ursachen gefunden werden und die Beschwerden auf eine Herzneurose zurückzuführen sind.

Bei einer Herzphobie klagen die Betroffenen häufig über einen längern Zeitraum hinweg über Herzbeschwerden. Eine Herzneurose geht einher mit einer großen Angst der Betroffenen vor einer schweren Herzerkrankung, bis hin zum Herzinfarkt. Für die auftretenden Symptome lassen sich jedoch keine ausreichenden organischen Ursachen finden.

Eine Herzneurose ist somit eine psychosomatische Störung, welche genauer definiert auch als somatoforme autonome Funktionsstörung bezeichnet wird. Herzneurosen kommen sehr häufig vor. Etwa bei einem drittel der Patienten mit Herzbeschwerden lassen sich diese nicht auf körperliche Ursachen zurückführen und fallen somit in den Bereich der Herzneurosen.

Hauptsächlich sind Männer im Alter von 40 bis 60 Jahren von einer Herzneurose betroffen.

Ursachen

Eine Herzneurose (Herzphobie) lässt sich normalerweise nicht auf organische Ursachen zurückführen. In der Regel entstehen die Herzbeschwerden durch unbewusste Ängste der Patienten. Eine Herzneurose ist meist ein psychologischer Abwehrmechanismus. Die eigentlichen Ängste werden auf ein anderes Ziel, das Herz, übertragen.

So wird der Betroffene von seinen tatsächlichen Ängsten abgelenkt. Belastende und angstauslösende Ereignisse können der Verlust eines nahestehenden Menschen oder die Angst vor Verlust des Arbeitsplatzes sein. Häufig gibt es im sozialen Umfeld von Patienten mit einer Herzneurose Menschen mit einer Herzerkrankung, sodass der Betroffenen unbewusst seine Ängste auf das Herz projiziert.

In manchen Fällen kann sich eine Herzneurose auch entwickeln, wenn eine eigentlich harmlose Diagnose falsch verstanden wird und von dem Betroffenen als schwerwiegend und ernsthaft eingestuft wird. Auch andere psychische Erkrankungen, wie Angststörungen oder Depressionen, können eine Herzneurose auslösen.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Das Hauptsymptom einer Herzneurose ist eine Dauerangst vor einem Herzinfarkt. Diese Angst kann sich in Panikattacken bis hin zu einer Todesangst äußern. Während der Panikattacken kommt es zu einem erhöhten Puls und zu einem Blutdruckanstieg. Meistens treten während der Panikattacken auch Symptome wie Herzrasen, Herzstolpern und Schmerzen in der Herzregion auf.

Auch Schwitzen, Atemnot, Zittern und Schwindel kommt häufig vor. Oft wechseln sich die Symptome ab. Nebenher leiden die Betroffenen häufig auch unter nervösen Magen-/Darm-Beschwerden und Schlafstörungen. In der Regel werden bei Untersuchungen keine organischen Ursachen gefunden, trotzdem ist die Lebensqualität durch die Angst stark eingeschränkt.

Die Betroffenen leben innerlich unter einer Daueranspannung, weil sie ständig befürchten, dass sie ein Herzproblem haben und ihnen etwas Schlimmes passiert. Um das zu verhindern, begeben sie sich in eine Schonhaltung und beobachten sich ständig selbst, was das Problem noch verstärkt, da es ein psychisches Problem ist. Weil sie sich oft von ihrem Umfeld missverstanden fühlen, ziehen sich die Betroffenen häufig zurück und entwickeln die Überzeugung, dass niemand ihnen helfen kann. Der soziale Rückzug ist und die daraus resultierende Einsamkeit verstärkt aber wieder die exzessive Selbstbeobachtung und die Angstzustände.

Diagnose & Verlauf

Um eine Herzneurose sicher zu diagnostizieren, müssen alle möglichen organischen Ursachen ausgeschlossen werden. Dazu sind, neben einer allgemeinen körperlichen Untersuchung, auch kardiologische Untersuchungen notwendig. Dazu gehören EKG und Belastungs-EKG, sowie eine Echokardiographie (Ultraschalluntersuchung des Herzens).

Darüber hinaus wird der Blutdruck gemessen und eine Blutuntersuchung vorgenommen. Oftmals erfolgt auch eine Röntgenuntersuchung. Häufig wird eine Herzneurose erst nach zahlreichen Arztbesuchen diagnostiziert. Bei einer frühzeitig diagnostizierten und behandelten Herzneurose verbessert sich der Zustand der Patienten meist nach ein bis zwei Jahren. Sofern weitere psychische Erkrankungen vorliegen kann sich die Behandlungsdauer deutlich verlängern. Eine unbehandelte Herzneurose kann chronisch werden.

Komplikationen

Durch die Herzneurose kann es sowohl zu psychischen als auch zu physischen Beschwerden kommen, die den Alltag und die Lebensqualität des Patienten einschränken können. In den meisten Fällen kommt es zu starken Angstzuständen und zu Panikattacken. Die Betroffenen leiden auch an Depressionen und an anderen Verstimmungen und nehmen daher nicht aktiv am Leben mehr teil.

Auch die Belastbarkeit des Patienten sinkt enorm und es kommt zu Schmerzen am Herzen und in der Brust. Nicht selten werden die Schmerzen auch von Atembeschwerden und einer Hyperventilation begleitet. Die Betroffenen verspüren ein beklemmendes Gefühl in der Brust und haben Todesangst. Nicht selten verlieren die Betroffenen durch die Herzneurose auch das Bewusstsein und können sich damit bei einem Sturz verletzen.

Im schlimmsten Falle kann die Krankheit zum Tode des Patienten führen, wenn diese zu spät oder gar nicht behandelt wird. Bei der Behandlung selbst kommt es nicht zu weiteren Komplikationen. Allerdings kann sich diese als schwerwiegend erweisen, wenn sie vor allem psychischer Natur sind. Bei einer erfolgreichen Behandlung wird die Lebenserwartung des Patienten durch die Herzneurose nicht beeinflusst.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Wenn Symptome wie Brust- und Herzschmerzen, Atemnot und Beklemmung bemerkt werden, liegt in manchen Fällen eine ausgeprägte Herzneurose vor. Ein Arztbesuch ist angezeigt, wenn die Beschwerden ganz plötzlich auftreten und nicht von selbst abklingen. Auch langsam zunehmende Symptome sollten ärztlich abgeklärt werden. Falls Hyperventilation, Herzschmerzen oder Bruststechen hinzukommen, sollt der Patient umgehend den Arzt aufsuchen. Selbiges gilt bei Schwindel und Panikattacken.

Personen, die an Depressionen oder Angststörungen leiden, sind besonders anfällig für die Entstehung einer Herzneurose. Ebenso psychisch vorbelastete Menschen, die Herzpatienten im Bekanntenkreis haben, denn bei diesen Personengruppen besteht ein erhöhtes Risiko, dass die Ängste unbewusst auf das Herz projiziert werden. Im besten Fall wird die ursächliche psychische Erkrankung behandelt, bevor sich eine Herzneurose entwickelt. Haben sich bereits Symptome eingestellt, muss der Hausarzt konsultiert werden. Dieser kann den Kontakt mit einem Psychologen herstellen und den Betroffenen außerdem an einen Kardiologen verweisen. Der Arzt oder Therapeut muss umgehend über neue Symptome und Beschwerden informiert werden.

Behandlung & Therapie

Bei der Behandlung einer Herzneurose kommt es vor allem auf ein behutsames und einfühlsames Vorgehen des Arztes an. Dem Patienten muss deutlich gemacht werden, dass keine organischen Ursachen vorliegen und die Beschwerden harmlos sind. Gleichzeit muss der Patient das Gefühl erhalten, ernst genommen zu werden. Keinesfalls darf vermittelt werden, dass die Beschwerden auf Einbildung oder Phantasie zurückzuführen sind.

Dies ist auch tatsächlich nicht der Fall, denn Symptome wie Herzrasen sind tatsächlich vorhanden. Eine Herzneurose kann durch eine Psychotherapie behandelt werden. In vielen Fällen werden auch Medikamente eingesetzt. Dabei können Betablocker, Antidepressiva oder Benzodiapine verordnet werden. Mit Betablockern können Beschwerden wie Herzrasen behandelt werden, auch wenn die Herzbeschwerden sich nicht auf eine direkte Erkrankung des Herzens zurückführen lassen.

Antidepressiva und Benzodiapine werden eingesetzt, wenn zusätzliche psychische Erkrankungen wie Angststörungen oder Depressionen vorliegen. Auch autogenes Training und Sport können hilfreich sein. Diese Maßnahmen sind besonders empfehlenswert, wenn die Betroffenen ein Vermeidungsverhalten entwickelt haben. So lernen sie, dass maßvolle Bewegung und Belastung des eigenen Körpers nicht schädlich oder gefährlich bei einer Herzneurose ist.


Aussicht & Prognose

Die Prognose ist bei einer Herzneurose nur dann positiv, wenn der Betroffene diese als ein psychisches Problem erkennt. Daher beinhalten die Begriffe Herzphobie und Herzneurose bereits den psychischen Aspekt.

Problematisch ist jedoch, dass die Symptome einer Herzneurose klinisch und körperlich zu sein scheinen. Es kommt in bestimmten Situationen zu Herzrasen, Herzstolpern, Schweißausbrüchen, Panikattacken und ähnlichen Symptomen. Diese können sehr beängstigend sein. Sie führen den Betroffenen oft von einem Arzt zum anderen. Oftmals können zwar die Beschwerden des Herzens bestätigt, nicht aber eine Ursache dafür gefunden werden.

Da die Betroffenen meistens nur körperlichen Beschwerden beschreiben, wird die Herzneurose oft nicht gleich als Angststörung erkannt. Zunächst werden im medizinischen Betrieb alle differentialdiagnostischen Mittel ausgeschöpft. Immerhin könnte auch eine organische Ursache vorliegen.

Die Herzneurose gehört zu den Panikerkrankungen. Sie kann wegen ihrer beängstigenden Symptome sehr lange falsch eingeschätzt werden. Zudem gibt es oft lange Wartezeiten für eine psychotherapeutische Betreuung. Je früher der Therapiebeginn einsetzt, desto besser sind die Aussichten auf Heilung. Ohne eine Langzeitbehandlung kann eine Herzneurose meistens nicht erfolgreich bewältigt werden.

Wichtig ist, dass der Betroffene wieder Vertrauen in seinen Körper entwickeln kann. Schlechter ist die Prognose, wenn der Patient eine ängstliche Grundhaltung hat oder wegen der Herzphobie als suizidal einzustufen ist.

Vorbeugung

Einer Herzneurose kann man nicht vorbeugen. Eine Besserung der Beschwerden kann jedoch schneller erzielt werden, wenn möglichst frühzeitig nach dem Auftreten der ersten Herzbeschwerden die Möglichkeit von psychosomatischen Ursachen in Betracht gezogen werden. Auch sollten die Betroffenen der Diagnose des behandelnden Arztes Vertrauen schenken und sich bewusst machen, dass die Beschwerden tatsächlich harmlos sind und keine organischen Ursachen haben. So können die Symptome der Herzneurose schneller und erfolgreicher therapiert werden.

Nachsorge

Dem Betroffenen stehen bei einer Herzneurose in den meisten Fällen nur sehr wenige Möglichkeiten oder Maßnahmen einer Nachsorge zur Verfügung. Bei dieser Krankheit muss der Betroffene in erster Linie schnellstmöglich einen Arzt aufsuchen, damit es zu keinen weiteren Komplikationen oder Beschwerden kommt. Je früher dabei ein Mediziner kontaktiert wird, desto besser ist in der Regel auch der weitere Verlauf dieser Erkrankung.

Daher ist eine frühzeitige Diagnose sehr empfehlenswert und der Betroffene sollte schon bei den ersten Symptomen oder Anzeichen der Krankheit einen Mediziner aufsuchen. In den meisten Fällen wird eine Herzneurose durch die Einnahme von verschiedenen Medikamenten behandelt. Dabei sollte der Betroffene immer auf eine regelmäßige Einnahme und auch auf eine richtige Dosierung achten.

Bei Wechselwirkungen oder bei Nebenwirkungen sollte dabei immer zuerst ein Arzt konsultiert werden, damit es zu keinen weiteren Komplikationen kommt. Ebenso sollte bei einer Herzneurose eine psychologische Behandlung durchgeführt werden. Dabei ist auch die Hilfe und die Unterstützung der eigenen Familie sehr wichtig und auch notwendig, um weitere Depressionen oder andere psychische Verstimmungen zu verhindern. In den meisten Fällen kommt es durch die Herzneurose nicht zu einer verringerten Lebenserwartung des Betroffenen.

Das können Sie selbst tun

Bei einer Herzneurose geht das Vertrauen in die eigene körperliche Leistungsfähigkeit verloren. Anstrengungen werden vermieden, um das Herz zu schonen, worunter Kondition und Muskelkraft leiden.

Regelmäßige Bewegung und leichte sportliche Aktivitäten helfen, diesen Teufelskreis zu durchbrechen: Für den Anfang bieten sich Spaziergänge an, bei zunehmendem Selbstvertrauen wirken sich Ausdauersportarten wie Radfahren, Joggen oder Schwimmen positiv auf das Herz-Kreislauf-System aus. Das Training sollte dabei sehr behutsam begonnen und nur langsam gesteigert werden. Ein vertrauter Trainingspartner gibt Sicherheit, falls während der Aktivität Herzbeschwerden auftreten.

Eine Herzphobie ist häufig mit einer ständigen psychischen Anspannung verbunden, die sich auf körperlicher Ebene durch Muskelverspannungen bemerkbar macht. Diese können ihrerseits stechende Schmerzen in der Brust auslösen. Verschiedene Entspannungstechniken helfen, die Muskeln zu lockern und das seelische Gleichgewicht wieder herzustellen. Bei einer Herzneurose erweisen sich insbesondere Yoga, spezielle Atemübungen und progressive Muskelentspannung als wirkungsvoll. Verbergen sich Überforderung oder ungelöste Probleme hinter der Herzphobie, kann das Erlernen von Stressbewältigungs-Techniken dazu beitragen, die Herausforderungen des Alltags besser zu meistern.

Führt die Selbstbehandlung zu keiner Besserung, sollte die Hilfe eines Verhaltenstherapeuten in Anspruch genommen werden. Dieser kann auch helfen, wenn es wider besseren Wissens nicht gelingt, gelegentliche Veränderungen des Herzschlags als normal und ungefährlich wahrzunehmen.

Quellen

  • Erdmann, E.: Klinische Kardiologie. Springer, Heidelberg 2011
  • Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013
  • Roskamm, H., et al.: Herzkrankheiten. Springer, Heidelberg 2004

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