Kraniopharyngeom
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 14. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Das Kraniopharyngeom - auch als Erdheim-Tumor bekannt - ist ein gutartiger Hirntumor. Dieser langsam wachsende Tumor tritt überwiegend bei Kindern und Jugendlichen auf und entsteht als Fehlbildung im Bereich der Hypophyse (Hirnanhangdrüse). Die Diagnose des Kraniopharyngeoms gestaltet sich oftmals schwierig, da die Symptome auf eine Vielzahl anderer Erkrankungen hindeuten können.
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Was ist ein Kraniopharyngeom?
Das Kraniopharyngeom ist ein langsam wachsender Hirntumor. Der Tumor ist gutartig und löst i. d. R. erst sehr spät Beschwerden aus. Das Kraniopharyngeom entsteht im Bereich der Hypophyse, der sog. Hirnanhangdrüse.
Man unterscheidet zwischen zwei Typen, dem adamantinösen und dem papillären Kraniopharyngeom. Das adamantinöse Kraniopharyngeom tritt meist bei Kindern im Alter zwischen 5 und 10 Jahren auf. Der papilläre Typ hingegen tritt ausschließlich bei Erwachsenen auf, wobei hier das Alter i. d. R. bei ca. 60 bis 75 Jahren liegt.
Die Hypophyse ist für die Hormonbildung zuständig. Hormone haben Einfluss auf das Wachstum, den Stoffwechsel, die Entwicklung der Pubertät, die Gewichtsregulation als auch auf die Regulation des Flüssigkeitshaushalts des Körpers. Da das Kraniopharyngeom im Bereich der Hypophyse wächst, kann es im weiteren Verlauf zu Störungen in den o.g. Bereichen kommen. Das Kraniopharyngeom geht oft mit Sehstörungen einher, da sich im Bereich der Hirnanhangdrüse die Sehnerven kreuzen und oftmals in Mitleidenschaft gezogen werden.
Das Kraniopharyngeom ist eine gekammerte, mit Flüssigkeit gefüllte Geschwulst, die von einer festen Kapsel umhüllt ist. Die Flüssigkeit enthält hohe Anteile an Cholesterin. In den festen Bestandteilen befinden sich Kalkeinlagerungen. Das Kraniopharyngeom wächst sehr langsam und bildet keine Metastasen.
Ursachen
In der Hypophyse entsteht während der Entwicklung des Fötus im Mutterleib ein Gang, der im Laufe des Reifungsprozesses wieder verschwindet. Dieser Gang wird auch als Ductus craniopharyngeus bezeichnet. Bleiben bei der Rückbildung des Ganges Restzellen übrig, können daraufhin krankhafte Wucherungen entstehen. Aus diesen Geschwülsten kann ein Kraniopharyngeom entstehen.
Warum sich jedoch die Restzellen des embryonalen Ganges verändern und zu wuchern beginnen, ist bis heute nicht geklärt.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Ein Kraniopharyngeom ruft zunächst keine eindeutigen Symptome oder Beschwerden hervor. Der gutartige Hirntumor verursacht erst mit zunehmender Größe Anzeichen einer Erkrankung. Oft entwickeln sich erst nach Jahren Symptome wie Kopfschmerzen, Sehstörungen und Wachstumsstörungen. Der erhöhte Hirndruck kann außerdem zu Schmerzattacken und neurologischen Ausfallerscheinungen führen.
Typische Anzeichen für einen Gehirntumor sind außerdem ein gesteigerter Durst, Übelkeit und Erbrechen sowie eine erhöhte Ausscheidung von Urin. Die Magen-Darm-Beschwerden treten vor allem morgens und bei nüchternem Magen auf. Durch seine Lokalisierung im Bereich des Sehnervs können sich Sehstörungen und Gesichtsfeldausfälle einstellen.
Die Nähe zur Hirnanhangdrüse und zum Hypothalamus kann hormonelle Ausfälle begünstigen. Dadurch kommt es vor allem bei Kinder und Jugendlichen zu einem deutlich verzögerten Wachstum. Auch die Bildung der sekundären Geschlechtsmerkmale kann infolge eines Kraniopharyngeoms gestört sein. Zudem können die hormonellen Störungen eine Unterfunktion der Nebennieren und Schilddrüsen herbeiführen, woraus wiederum verschiedene körperliche Beschwerden resultieren.
In schweren Fällen kann ein Diabetes insipidus entstehen, der sich durch Müdigkeit, starken Durst und eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit äußerst. Die oft sehr schwerwiegenden Auswirkungen des Hirntumors können die Lebensqualität stark beeinträchtigen und rufen bei vielen Patienten psychische Beschwerden hervor.
Diagnose & Verlauf
Aufgrund der schwierigen Diagnostik kann es eine lange Zeit dauern, bis das Kraniopharyngeom diagnostiziert wurde. Aufgrund der Symptome ist eine Vielzahl von Erkrankungen möglich. In der Regel wird bei Kindern ein verzögertes Wachstum festgestellt, so dass der Kinderarzt der erste Ansprechpartner ist.
Nach Erfassung der Anamnese wird eine Blutanalyse durchgeführt, bei der u. a. der Hormonspiegel gemessen wird. Da oftmals auch Sehstörungen vorhanden sind, übernimmt die weitere Diagnostik der Augenarzt. In Zusammenarbeit mit einem Neurologen werden bildgebende Verfahren wie z. B. Röntgen, CT und Kernspintomographie eingesetzt. Vor allem mithilfe des MRT lassen sich auch kleine Kraniopharyngeome gut nachweisen.
Das Kraniopharyngeom zählt zu den gutartigen Hirntumoren. Da es jedoch auch in angrenzende Bereiche im Gehirn einwachsen kann, können im Laufe der Zeit schwerwiegende Symptome auftreten, welche nicht nur die Lebensqualität der Betroffenen vermindern, sondern auch ein Risiko für die Gesundheit darstellen.
Der Verlauf beim Kraniopharyngeom ist zweigeteilt zu sehen, da sich in 30 Prozent aller Fälle der Tumor nach einer Operation wieder erneut bildet. Nur wer mehr als fünf Jahre rezidivfrei bleibt, kann als vollständig geheilt betrachtet werden. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass das Kraniopharyngeom vollständig entfernt wurde. In vielen Fällen - wenn der Tumor in den Hypothalamus einwächst - kann es zu intellektuellen Spätfolgen kommen.
Komplikationen
Kinder leiden durch das Kraniopharyngeom an Wachstumsstörungen und auch an einem erhöhten Durst. Aufgrunddessen kommt es auch zu einem häufigen Wasserlassen und damit nicht selten zu Depressionen oder zu anderen Beschwerden. Das Kraniopharyngeom kann sich ohne Behandlung auch in andere Regionen des Körpers ausbreiten.
Die Behandlung dieser Beschwerde erfolgt mittels einer Entfernung des Tumors. Dabei treten in der Regel keine besonderen Komplikationen auf. Allerdings sind die Betroffenen auch auf eine Strahlentherapie angewiesen, damit der Tumor vollständig entfernt wird. In vielen Fällen kommt es dabei zu einem positiven Krankheitsverlauf und die Lebenserwartung des Patienten wird durch das Kraniopharyngeom nicht beeinflusst.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Wenn ungewöhnliche Sehstörungen und andere Anzeichen eines Hirntumors bemerkt werden, ist ärztlicher Rat gefragt. Ein Arzt sollte außerdem aufgesucht werden, wenn starke Kopfschmerzen oder ein Gesichtsfeldausfall auf einer oder beiden Seiten auftreten. Eine Erblindung deutet darauf hin, dass der Tumor bereits weit fortgeschritten ist – der Betroffene muss umgehend den Hausarzt aufsuchen. Weitere Warnzeichen, die einer sofortigen Abklärung bedürfen, sind Persönlichkeitsveränderungen, Schwindel oder Probleme bei der Konzentration und Merkfähigkeit.
Eltern, die bei ihrem Kind Wachstumsstörungen oder ein Ausbleiben der Pubertät bemerken, sollten den Kinderarzt einschalten. Die eigentliche Behandlung erfolgt im Krankenhaus. Nach dem Eingriff muss der Betroffene die angeordneten Kontrolluntersuchungen beim Arzt in Anspruch nehmen und den Mediziner über etwaige Beschwerden und Auffälligkeiten informieren. Bei dem Verdacht auf ein Kraniopharyngeom muss also in jedem Fall ärztlicher Rat eingeholt werden. Die richtige Anlaufstelle ist der Hausarzt oder ein Neurologe. Je nach Art und Ausprägung der Symptome müssen außerdem verschiedene Fachärzte hinzugezogen werden.
Behandlung & Therapie
Die erste Wahl bei der Behandlung eines Kraniopharyngeoms ist eine Operation. Ziel ist es, den Hirntumor komplett zu entfernen, ohne dass dabei die benachbarten Hirnregionen in Mitleidenschaft gezogen werden.
In circa 80 Prozent aller Fälle ist es jedoch nicht möglich, den gutartigen Hirntumor komplett zu entfernen. In der Regel hat sich das Kraniopharyngeom schon so weit ausgebreitet, so dass auch Regionen wie die Sehnerven und der Hypothalamus betroffen sind. Vor allem im Bereich des Hypothalamus gestaltet sich die Entfernung des Kraniopharyngeoms als äußerst schwierig. Tumorgewebe und gesunde Gehirnstrukturen können nur schwer voneinander unterschieden werden.
Das Kraniopharyngeom hat eine hohe Rezidivrate, dass heißt, innerhalb der ersten fünf Jahre ist das Risiko hoch, dass das Kraniopharyngeom erneut auftritt, was eine erneute Operation unumgänglich macht. Ist bei einem Rezidiv das Kraniopharyngeom eine große, nicht gekammerte Zyste, kann u. U. auch eine Punktion ausreichend sein.
Konnte das Kraniopharyngeom nicht vollständig entfernt werden bzw. es wurde nur eine Punktion durchgeführt, kann im Anschluss eine Strahlentherapie durchgeführt werden. Die Strahlenbehandlung erfolgt in einem Zeitraum von mehreren Wochen und soll ein Rezidivwachstum verhindern.
Des Weiteren wird eine medikamentöse Therapie bei einem Kraniopharyngeom eingeleitet. Da in der Hypophyse Hormone gebildet werden, ist es meist notwendig eine Hormonersatztherapie einzuleiten. Wurde die Schilddrüse beeinträchtigt, kann mithilfe von Levothyroxin eine Unterfunktion behandelt werden. Des Weiteren werden Testosteron- als auch Östrogen- und Gestagenpräparate eingesetzt, um Unterfunktionen der Geschlechtsorgane zu behandeln.
Da ein Kraniopharyngeom auch andere Symptome hervorrufen kann, wird die medikamentöse Therapie im Einzelfall auf den Betroffenen abgestimmt.
Aussicht & Prognose
Die Prognose für Patienten mit einem Kraniopharyngeom ist nur dann relativ gut, wenn dieser Hirntumor frühzeitig entdeckt wird. Kann er bei der Operation vollständig entfernt werden, verbessert das die langfristigen Chancen auf ein Überleben. Doch die Rückfallquote ist hoch. Sie lässt ahnen, dass eine realistische Prognose beim Kraniopharyngeom schwierig ist.
Die Aussichten sind nur bei kleinen, sehr kompakten und somit leicht entfernbaren Kraniopharyngeomen gut. Für das Gros der Betroffenen mit Kraniopharyngeomen gilt, dass über 80 Prozent der Betroffenen eine lebenslange Hormonersatzpräparaten benötigen. Nach erfolgreicher Operation des Kraniopharyngeoms steht oft eine Bestrahlungstherapie an. Die Prognose für 70 bis 80 Prozent der so behandelten Patienten besagt, dass sie die nächsten zehn Jahre überleben.
Durch die Bestrahlungstherapie können behandlungsbedürftige Hormonausfälle entstehen. Durch die Operation und die vollständige Entfernung eines Kraniopharyngeoms können bereits entstandene Ausfälle der Sehfähigkeit oder der Gedächtnisleistungen nicht mehr gebessert werden. Sie stellen bleibende Schäden dar.
Bei den übergewichtigen Patienten mit einem Kraniopharyngeom ist die Prognose nicht so gut. Etwa 30 Prozent der Betroffenen mit Kraniopharyngeomen sind übergewichtig oder adipös. Für diese Menschen sind die Risiken von gewichtsbedingten Folgeerkrankungen wie Diabetes mellitus oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöht. Unter einer lebenslangen medizinischen Nachsorge können Menschen mit einem erfolgreich operierten und bestrahlten Kraniopharyngeom rückfallfrei weiterleben.
Vorbeugung
Bis heute sind keine wirksamen Maßnahmen bekannt, um ein Kraniopharyngeom zu verhindern. Da die genaue Ursache unbekannt ist, können nur allg. Verhaltensmaßnahmen ergriffen werden, um das allg. Krankheits- und Krebsrisiko zu senken. Neben einer gesunden Ernährung sollte regelmäßig Sport betrieben werden.
Des Weiteren sollte auf Nikotin, Alkohol und Drogen verzichtet werden. Insbesondere bei Kindern sollte darauf geachtet werden, dass keine unnötigen Röntgenuntersuchungen durchgeführt werden. Denn Strahlungen haben zur Folge, dass man später an Krebs erkranken kann, was auch ein gutartiges Kraniopharyngeom nicht ausschließt.
Nachsorge
Meistens stehen dem Betroffenen bei einem Kraniopharyngeom nur wenige bis gar keine besonderen Möglichkeiten der Nachsorge zur Verfügung. In diesem Fall ist eine frühzeitige Diagnose sehr wichtig, um weitere Komplikationen oder eine Verschlechterung der Beschwerden zu verhindern. Es kann dabei in der Regel nicht zu einer selbstständigen Heilung des Kraniopharyngeoms kommen, sodass der Betroffene schon bei den ersten Symptomen und Anzeichen der Krankheit einen Arzt aufsuchen sollte.
In der Regel ist beim Kraniopharyngeom ein operativer Eingriff notwendig, um den Tumor zu entfernen. Nach einem solchen Eingriff sollte sich der Betroffene auf jeden Fall ausruhen und seinen Körper schonen. Dabei ist von Anstrengungen oder von anderen stressigen Tätigkeiten abzuraten, um den Körper nicht unnötig zu belasten.
In vielen Fällen ist die Einnahme von verschiedenen Medikamenten notwendig, wobei der Betroffene immer auf eine regelmäßige Einnahme und auf eine richtige Dosierung achten sollte. Auch die Unterstützung des Patienten durch Freunde oder die Familie ist bei dieser Krankheit sehr wichtig und kann die Entstehung einer Depressionen oder anderen psychische Verstimmungen verhindern. Eventuell ist durch diese Erkrankung die Lebenserwartung des Betroffenen verringert.
Das können Sie selbst tun
Die Patienten mit Kraniopharyngeom leiden unter diversen diffusen Symptomen, die ihre Lebensqualität einschränken und zu Verunsicherung über den Gesundheitszustand führen. Typisch für ein Kraniopharyngeom sind zum Beispiel Kopfschmerzen und ein verstärktes Durstgefühl. Das dadurch bedingte häufige Wasserlassen schränkt die Patienten mitunter in ihrem Lebensalltag und der Ausübung außerhäuslicher Aktivitäten ein. Die wichtigste Selbsthilfemaßnahme besteht beim Kraniopharyngeom darin, sich trotz der unspezifischen Symptome rasch an einen Arzt zu wenden.
Sobald die Diagnose feststeht, leitet das behandelnde Ärzteteam die Therapie ein. Üblicherweise begibt sich der Patient in ein Krankenhaus und unterzieht sich einer Operation mit dem Ziel, den Hirntumor möglichst komplett zu entfernen. Während dieser Zeit ist die Leistungsfähigkeit der kindlichen Patienten stark eingeschränkt. Auch der Besuch einer Schule ist währenddessen unmöglich, sodass die Betroffenen in ihrer Schullaufbahn meist zeitlich zurückfallen. Fernunterricht und die Unterstützung durch Lehrer und Klassenkameraden verhindert dies teilweise.
Nach einer erfolgreichen Entfernung fördern die Patienten die eigene Gesundheit, indem sie zu den notwendigen ärztlichen Nachkontrollen gehen. Denn ein Kraniopharyngeom zeichnet sich durch eine hohe Rezidivrate aus, wobei schnelles Handeln erforderlich ist. Die Patienten verzichten nach der Operation im eigenen Interesse auf stark beanspruchende Sportarten.
Quellen
- Grehl, H., Reinhardt, F.: Checkliste Neurologie. Thieme, Stuttgart 2012
- Pfeifer, B., Preiß, J., Unger, C. (Hrsg.): Onkologie integrativ. Urban & Fischer, München 2006
- Preiß, J. et al.(Hrsg.): Taschenbuch Onkologie. Zuckschwerdt, München 2014