Lebervenenverschlusskrankheit

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 19. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Bei der Lebervenenverschlusskrankheit, auch sinusoidales Obstruktionssyndrom genannt, staut sich das Blut in den Lebervenen. Symptome der Erkrankung sind Schmerzen im rechten Oberbauch, Bauchwassersucht und eine Gelbfärbung der Haut.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Lebervenenverschlusskrankheit?

Durch einen Verschluss kommt es innerhalb der Leber zu einem Blutstau.
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Bei der Lebervenenverschlusskrankheit kommt es innerhalb der Leber zur Schädigung kleinster Blutgefäße, der sogenannten Lebersinusoide. Aufgrund dieser Störung kann das Blut innerhalb dieser kleinen venösen Gefäße nicht mehr richtig zirkulieren. Die Folge ist eine venöse Abflussstörung. Je nach Stauungsgrad können die Zentralvenen beteiligt sein. Der Blutstau in der Leber führt zu einer Zerstörung von Lebergewebe und damit auch zu einer gestörten Leberfunktion.

Ursachen

In den meisten Fällen tritt die Lebervenenverschlusskrankheit nach der Behandlung mit Chemotherapeutika auf. Vermutlich wird die Erkrankung durch die Kombination hoher Dosen verschiedener zytostatischer Medikamente verursacht. Insbesondere eine Therapie mit den Zytostatika Busulfan, Cyclophosphamid, Aktinomycin D und Thioguanin erhöht das Risiko an der Lebervenenverschlusskrankheit zu erkranken. Auch die Kombination von Zytostatika und Ganzkörperbestrahlung bei Krebserkrankungen stellt einen Risikofaktor dar.

In vielen Fällen tritt die Erkrankung in Zusammenhang mit der Vorbereitung auf eine Transplantation mit hämatopoetischen Stammzellen auf. Solche Transplantationen werden zur Behandlung von Leukämien durchgeführt. Die Erkrankung kann auch durch den Konsum bestimmter Tees verursacht werden. In Verdacht stehen hier vor allem Teemischungen mit Pflanzen, die einen hohen Anteil an Pyrrolizidinalkaloiden haben.

Pyrrolizidinalkaloide sind in schwankenden Mengen beispielsweise in Borretsch, Wasserdost, Huflattich oder Beinwell enthalten. Ist die Ernte von anderen Teepflanzen oder von Getreide mit solchen Pflanzen kontaminiert, so kann es zu Epidemien von der Leberverschlusskrankheit kommen. Diese sind aber vor allem in westlichen Ländern äußerst selten und eher in Entwicklungsländern zu finden.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Durch den Verschluss der kleinen und eventuell auch der großen Lebervenen kommt es innerhalb der Leber zu einem Blutstau. Folglich schwillt die Leber an. Man spricht hier von einer Hepatomegalie. Die Schwellung verursacht eine Dehnung der Leberkapsel, dadurch spüren die Betroffenen einen leichten bis mittelschweren Druck im rechten Oberbauch.

Innerhalb der Leber verlaufen kleinste Gallenkanälchen. Diese schließen sich noch innerhalb der Leber zu größeren Gallengängen zusammen und münden schließlich in zwei große Gallengänge, welche sich außerhalb der Leber zu einem großen Gallengang vereinigen. Durch den Blutstau in der Leber werden die Gallenkanälchen und die Gallengänge komprimiert, sodass es zusätzlich zum Blutstau auch noch zu einer Gallenstauung, einer sogenannten intrahepatischen Cholestase, kommt.

Die Galle enthält den gelblichen Farbstoff Bilirubin, ein Abbauprodukt des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin. Aufgrund der Gallenstauung treten Teile dieses Gallenfarbstoffs in den Blutkreislauf über. Ab einer bestimmten Konzentration von Bilirubin im Blut färbt sich die Haut gelb. Die Gelbfärbung der Haut infolge der erhöhten Bilirubinkonzentration im Blut wird auch als Ikterus bezeichnet. Der Ikterus zeigt sich besonders früh in der Lederhaut der Augen. Je länger die Gallestauung besteht, desto gelber erscheint die Haut.

Die Lebervenenverschlusskrankheit macht sich auch durch eine Gewichtszunahme bemerkbar. Durch die Stauung des Blutabflusses tritt aus den gestauten Blutgefäßen Flüssigkeit in den Bauchraum aus. Diese Flüssigkeit sammelt sich in der Bauchhöhle. Die Patienten nehmen zu und ihr Bauchumfang vergrößert sich. Eventuell kommt es zu Blähungen und einer auffälligen Vorwölbung des Bauches.

Infolge dieser Bauchwassersucht (Aszites) kann als Komplikation das hepatorenale Syndrom auftreten. Der genaue Krankheitsmechanismus ist dabei noch ungeklärt. Fest steht jedoch, dass sich die Nierengefäße zusammenziehen Dadurch kann die Niere ihre Filterfunktion nicht mehr aufrechterhalten. Die Folge ist eine Niereninsuffizienz mit Nierenversagen.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Erste Hinweise auf eine Lebervenenverschlusskrankheit liefern die lebertypischen Symptome wie Ikterus, Bauchwassersucht, Schmerzen im rechten Oberbauch und Gewichtszunahme. Die Symptome können jedoch unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Tritt dieser Symptomenkomplex in Zusammenhang mit einer Chemotherapie oder einer Bestrahlungstherapie oder bei der Vorbereitung auf eine Stammzelltransplantation auf, so ist die Diagnose Lebervenenverschlusskrankheit sehr wahrscheinlich.

Trotzdem ist der Ausschluss anderer Ursachen notwendig. Dafür wird zunächst eine Ultraschalluntersuchung der Leber und der anderen Bauchorgane durchgeführt. Die Diagnose kann auch durch andere bildgebende Verfahren wie die Computertomographie oder die Magnetresonanztomographie gestellt werden. Bei der Doppler-Sonographie zeigt sich eine Abschwächung des Blutflusses in den Lebervenen. Zugleich ist eine Umkehr des sogenannten Portalvenenflusses sichtbar. Dabei fließt das Blut in der Pfortader nicht mehr in Richtung Leber, sondern in Richtung Körperkreislauf.

Normalerweise nimmt die Pfortader das Blut aus den unpaaren Bauchorganen auf und führt es der Leber zur Reinigung und zur Verstoffwechselung zu. In vielen Fällen ist zudem zur Diagnosestellung eine Leberbiopsie erforderlich. Bei der Untersuchung der Gewebeprobe zeigen sich Untergänge von Zellverbänden. Auch der Blutstau in den Lebervenen ist so nachweisbar. Wird die Leberbiopsie über die Jugularvene durchgeführt, kann auch gleichzeitig der Lebervenenverschlussdruck gemessen werden. Liegt dieser Druck über 10mmHG, so weist dies deutlich auf die Lebervenenverschlusskrankheit hin.

Komplikationen

Die Lebervenenverschlusskrankheit stellt eine schwerwiegende Krankheit dar und muss daher auf jeden Fall durch einen Arzt behandelt werden. Anderweitig kann es dabei im schlimmsten Falle auch zum Tode des Betroffenen kommen, wenn keine Behandlung dieser Erkrankung eingeleitet wird. Die Betroffenen leiden dabei in der Regel an einem Druck im Bauch.

Dabei treten auch starke Schmerzen auf, die sich auch in andere Regionen des Körpers ausbreiten können. Auch ein Gallenstau tritt in der Regel durch die Lebervenenverschlusskrankheit auf und verringert deutlich die Lebensqualität des Patienten. In den meisten Fällen nehmen die Patienten durch die Krankheit auch an Gewicht zu, wobei diese Zunahme unerklärlich ist.

Auch Blähungen und Durchfall können durch diese Krankheit auftreten und den Alltag erschweren. Weiterhin führt die Lebervenenverschlusskrankheit ohne Behandlung auch zu einer Niereninsuffizienz, welche zum Tode führen kann. Die Betroffenen sind dann auf eine Spenderniere oder auf eine Dialyse angewiesen.

In der Regel kann die Lebervenenverschlusskrankheit nicht behandelt werden. Die Betroffenen versterben in den meisten Fällen. Nur die Beschwerden können eingeschränkt werden. In vielen Fällen sind auch die Angehörigen von psychischen Beschwerden betroffen und benötigen eine psychologische Behandlung.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Wenn eine Schwellung der Leber bemerkt wird, sollte ein Arzt konsultiert werden. Anzeichen einer Hepatomegalie deuten auf die Lebervenenverschlusskrankheit hin, die in jedem Fall ärztlich abgeklärt und behandelt werden muss. Auch Schmerzen und Druckgefühle im rechten Oberbauch, Anzeichen einer Gallenstauung sowie eine Gelbfärbung der Haut sind Warnzeichen, die auf eine ernste Erkrankung der Leber hindeuten. Wer diese Symptome bemerkt, sucht am besten umgehend einen Mediziner auf.

Ein Arztbesuch ist spätestens dann notwendig, wenn Verdauungsbeschwerden hinzukommen oder die Lebensqualität infolge der genannten Beschwerden stark abnimmt. Die Lebervenenverschlusskrankheit tritt vorwiegend nach Strahlen- oder Chemotherapien auf. Auch Menschen, bei denen kürzlich eine Transplantation mit hämatopoetischen Stammzellen durchgeführt wurde, gehören zu den Risikogruppen und sollten die beschriebenen Symptome umgehend einem Arzt vorstellen. Neben dem Hausarzt kann der Hepatologe oder ein Internist konsultiert werden. Bei einem medizinischen Notfall müssen die Ersthelfer den Rettungsdienst alarmieren. Anschließend ist in jedem Fall eine Behandlung und Nachkontrolle im Krankenhaus notwendig.

Behandlung & Therapie

Für die Lebervenenverschlusskrankheit ist derzeit keine wirkungsvolle medikamentöse Behandlung verfügbar. In schweren Fällen ist die Prognose eher ungünstig. So versterben dann bis zu 90 Prozent der Patienten.


Aussicht & Prognose

Unbehandelt kommt es bei der Lebervenenverschlusskrankheit zu einem tödlichen Krankheitsverlauf. Der Stau des Blutes im menschlichen Organismus führt zu einer Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Organe. Letztlich kommt es zu einem Ausfall der Organtätigkeit und damit zu einem vorzeitigen Ableben des Betroffenen. Je später eine Diagnosestellung und damit eine Behandlung erfolgt, desto ungünstiger ist der weitere Krankheitsverlauf. Nur mit einer schnellen und umfassenden medizinischen Versorgung erhöhen sich die Überlebenschancen des Betroffenen.

Gegenwärtig liegt die Sterberate bei über 90 Prozent der Patienten. Erschwert wird eine medizinische Versorgung, da es für die Lebervenenverschlusskrankheit bisher keine ausreichende Therapiemöglichkeit gibt. Daher ist für eine gute Prognosestellung die rechtzeitige Vermeidung von lebertoxischen Medikamenten notwendig. Für eine Genesung sind bereits die Vorsorgemaßnahmen ein wichtiges Element. Die zur Verfügung stehenden Behandlungsmethoden dienen der Reduzierung der Symptome und sind zudem mit verschiedenen Risiken und Nebenwirkungen verbunden.

Da sich eine Vielzahl von Komplikationen während einer Behandlung entwickelt, sind häufig Folgeerkrankungen feststellbar. Der Patient muss zur Verbesserung seiner eigenen Gesundheit selbst umfassend aktiv werden und die Aufnahme von Schadstoffen unterlassen. Umgebungen, die mit Nikotin oder anderen toxischen Gasen gefüllt sind, sowie das Rauchen oder der Konsum von Alkohol verschlechtern die Prognose erheblich. Sie verkürzen die zu erwartende Lebenszeit elementar.

Vorbeugung

Die beste Vorbeugung ist die Vermeidung von lebertoxischen Medikamentenkombinationen vor Stammzelltransplantationen. Auch bei der Kombination verschiedener Zytostatika oder der Kombination von Zytostatika und Strahlenbehandlung ist Vorsicht geboten. Um einen Blutstau in der Leber zu verhindern, kann präventiv Heparin eingesetzt werden. Als medikamentöse Prophylaxe wird zudem häufig Ursodesoxycholsäure verabreicht.

Nachsorge

In den meisten Fällen erweist sich eine Nachsorge bei der Lebervenenverschlusskrankheit als relativ schwierig oder steht dem Betroffenen gar nicht erst zur Verfügung. Dabei muss schon sehr früh ein Arzt aufgesucht werden, damit es nicht zu weiteren Kompilationen oder zu anderen Beschwerden kommt. Daher sollten Betroffene bei der Lebervenenverschlusskrankheit idealerweise schon bei den ersten Anzeichen und Symptomen der Krankheit einen Arzt aufsuchen.

In der Regel kann sich keine Selbstheilung einstellen. Eine direkte Behandlung ist dabei meist nicht möglich. Die Betroffenen sind in erster Linie auf die Einnahme von verschiedenen Medikamenten angewiesen, die die Symptome lindern können. Eine rein kausale Behandlung steht dem Betroffenen bei der Lebervenenverschlusskrankheit allerdings nicht zur Verfügung. Die Patienten sind in ihrem Alltag auf die Hilfe und auf die Unterstützung durch die Familie und durch Freunde angewiesen.

Dabei wirkt sich vor allem die Unterstützung der engsten Verwandten positiv auf den Verlauf der Krankheit aus, wobei auch Depressionen oder andere psychische Verstimmungen dadurch verhindert werden können. Es sind auch alle Anweisungen des Arztes bezüglich der Einnahme von Medikamenten zu beachten, um die Beschwerden gut zu lindern. Allerdings verringert die Lebervenenverschlusskrankheit in der Regel immer drastisch die Lebenserwartung des Betroffenen.

Das können Sie selbst tun

Patienten mit der Lebervenenverschlusskrankheit leiden an einer ernsthaften Erkrankung sowie einem hohen Sterberisiko. Die Möglichkeiten einer Selbsthilfe sind bei der Lebervenenverschlusskrankheit relativ eingeschränkt und tragen lediglich dazu bei, den generellen gesundheitlichen Zustand zu verbessern.

Wichtig ist daher zunächst, dass sich die Patienten mit Lebervenenverschlusskrankheit regelmäßigen medizinischen Untersuchungen unterziehen, um Veränderungen der körperlichen Verfassung zu registrieren. Problematisch bei der Lebervenenverschlusskrankheit ist grundsätzlich, dass bisher keine geeignete medikamentöse Therapie existiert.

Deshalb beschränkt sich die Einflussnahme der Patienten darauf, durch eine möglichst gesunde Lebensweise den Organismus einschließlich der Abwehrkräfte zu unterstützen. So empfiehlt es sich für Personen mit Lebervenenverschlusskrankheit, einen medizinischen Ernährungsberater zu kontaktieren und gemeinsam einen auf die Erkrankung abgestimmten Ernährungsplan aufzustellen. Dabei ist es zentral, die Aufnahme lebertoxischer Substanzen etwa über die Nahrung zu minimieren. Ähnliches gilt auch für Medikamente, die teilweise eine Gefahr für die Gesundheit der Leber darstellen. Aus diesem Grund sind Arzneimittel stets unter Berücksichtigung der Lebervenenverschlusskrankheit zu verschreiben.

Für Patienten mit Lebervenenverschlusskrankheit ist es selbstverständlich essentiell, auf Alkohol zu verzichten, um die Leber nicht weiter zu belasten und den Verlauf der Erkrankung möglichst positiv zu beeinflussen. Außerdem stellen die erkrankten Personen nach Möglichkeit auch das Rauchen ein.

Quellen

  • Arasteh, K., et. al.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Baenkler, H.-W., et al.: Kurzlehrbuch Innere Medizin. Thieme Verlag, Stuttgart 2010
  • Greten, H., Rinninger, F., Greten, T. (Hrsg.): Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2010

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