Megavitamintherapie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Bei der Megavitamintherapie werden Vitamine stark überdosiert verabreicht, um Krankheiten zu heilen. Die Megavitamintherapie zählt zur alternativmedizinischen orthomolekularen Medizin und ist nachweislich wirkungslos.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Megavitamintherapie?

Die Megavitamintherapie ist ein Therapieverfahren aus dem Bereich der orthomolekularen Medizin. Bei der Megavitamintherapie wird versucht, Krankheiten durch die Gabe von sehr hoch dosierten Vitaminen zu heilen. Die Dosis der verabreichten Vitamine kann dabei durchaus das tausendfache der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Tagesdosis betragen.

Die Grundannahme der orthomolekularen Medizin besteht darin, dass ein biochemisches Ungleichgewicht im Körper der Grund für Erkrankungen ist, und dass dieses Ungleichgewicht durch die Gabe von Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen behoben werden kann. Gleichzeitig geht die orthomolekulare Medizin davon aus, dass mit der heute üblichen Ernährung keine ausreichende Versorgung mit Vitaminen und Mineralstoffen zu erreichen sei, weshalb ein Großteil der Bevölkerung an Mangelzuständen leide.

Die Substitution dieser Vitamine und Mineralstoffe ist somit nach der orthomolekularen Medizin notwendig. Des Weiteren werden im Rahmen dieser alternativmedizinischen Therapierichtung auch Spurenelemente, essentielle Fettsäuren, Aminosäuren und weitere sogenannten "Vitalstoffe" verabreicht. Wissenschaftliche Nachweise für die Wirksamkeit der orthomolekularen Medizin im Allgemeinen und für die Wirksamkeit der Megavitamintherapie im Speziellen existieren nicht.

Funktion, Wirkung & Ziele

Um das Konzept der Megavitamintherapie zu verstehen, ist es zunächst notwendig, die allgemeinen Gedanken der orthomolekularen Medizin zu verstehen. Ausgehend von der Grundannahme, dass aufgrund der Lagerung, der Verwahrung, des Transports und der Bearbeitung der heute üblichen Lebensmittel auch über eine ausgewogene Ernährung keine ausreichende Versorgung mit Vitaminen und anderen "Vitalstoffen" zu erreichen sei, schließt die orthomolekulare Medizin auf einen Mangel dieser Stoffe beim Großteil der Bevölkerung.

Weiterhin geht die orthomolekulare Medizin davon aus, dass ein biochemisches Ungleichgewicht zu Erkrankungen führt und das dieses biochemische Ungleichgewicht durch die Substitution der angeblich fehlenden Vitamine und Vitalstoffe zu beheben sei. Bei der Megavitamintherapie als speziellem Therapieverfahren der orthomolekularen Medizin werden Vitamine in erheblich erhöhten Dosierungen verabreicht. Die verabreichten Dosen betragen dabei häufig das 100- bis 1000fache des physiologischen Bedarfs. Ursprünglich stammen sowohl der Begriff orthomolekularen Medizin, als auch der Begriff der Megavitamintherapie aus der sogenannten "orthomolekularen Psychiatrie".

Die orthomolekulare Psychiatrie hat zum Ziel, psychische Leiden zu heilen und psychische Gesundheit zu halten, indem "optimale molekulare Bedingungen für psychische Gesundheit geschaffen werden". Dies soll vor allem über eine "optimale Konzentration normal im Körper vorkommender Substanzen", zum Beispiel Vitaminen, geschehen. Das Entstehen der orthomolekularen Psychiatrie kann auf die Heilung der im Rahmen der Pellagra auftretenden Schizophrenie durch Gabe von Niacin (Vitamin B3) zurückgeführt werden. Die Pellagra ist eine Erkrankung, die durch den Mangel an Nicotinsäure ausgelöst wird. Neben der Schizophrenie treten Durchfall (Diarrhoe), entzündliche Erkrankungen der Haut (Dermatitis) und weitere psychische Symptome, wie eine Demenz im Rahmen eines organischen Psychosyndroms auf.

Bei dieser Mangelerkrankung ist die Substitution des fehlenden Vitamins notwendig und führt zur Heilung. Hieraus wurde jedoch abgeleitet, dass die Gabe von Vitaminen möglicherweise auch andere Formen der Schizophrenie heilen könnte. Im Rahmen dieser Annahme wurde die Megavitamintherapie entwickelt. Zunächst wurden hohe Dosen Nicain bei an Schizophrenie erkrankten Patienten eingesetzt. Die Versuche blieben jedoch erfolglos. Dennoch wurde der Gedanke weiterentwickelt, woraus die orthomolekulare Psychiatrie entstand. Aus dieser Gegebenheit resultieren orthomolekulare Medizin und die Megavitamintherapie.

Im weiteren Verlauf wurde die Megavitamintherapie auch bei anderen psychischen Erkrankungen und später auch bei physischen Erkrankungen eingesetzt, ohne jedoch eine nachweisbare Wirkung zu entfalten. Heute wird die Megavitamintherapie im Rahmen der wissenschaftlichen Psychiatrie nicht mehr eingesetzt. Gleiches gilt für die anderen Therapien der orthomolekularen Psychiatrie. Der Megavitamintherapie werden heute in entsprechenden Kreisen Wirksamkeiten gegen alle denkbaren Erkrankungen, von der Depression über den Autismus bis hin zu Krebserkrankungen, nachgesagt.

Das ursprüngliche Konzept der Megavitamintherapie, Vitaminen in extrem hohen Dosen zu verabreichen, wurde auch auf andere "Vitalstoffe" ausgedehnt, die heute ebenfalls in "Megadosen", die weit über dem Bedarf liegen, verabreicht werden. Aus wissenschaftlicher Sicht ist darauf hinzuweisen, dass die Megavitamintherapie keine nachweisbare Wirkung gegen Erkrankungen hat. Die Gabe von Vitaminen kann Mangelzustände und damit einhergehende Erkrankungen beheben, wobei keine den Bedarf weit übersteigenden Dosen verabreicht werden sollten. Die Megavitamintherapie wird dennoch auch heute noch als alternativmedizinisches Verfahren betrieben und angepriesen.


Risiken, Nebenwirkungen & Gefahren

Die Megavitamintherapie kann nicht als "harmlos" betrachtet werden, da neben der Wirkungslosigkeit auch schädliche Auswirkungen der Megavitamintherapie auf die Gesundheit in wissenschaftlichen Studien belegt worden sind. Die Vitamine werden bei der Megavitamintherapie bewusst überdosiert.

Vor allem die fettlöslichen Vitamine, wie Vitamin A, Vitamin K und Vitamin D, wirken bei einer Überdosierung, die bei der Megavitamintherapie praktiziert wird, potentiell schädlich, da sie sich im Gewebe anreichern. Nicht benötigte wasserlösliche Vitamine hingegen werden ausgeschieden. Es gibt widersprüchliche Forschungsergebnisse zur Schädlichkeit des wasserlöslichen Vitamin F. So wurde durch in einer Metastudie eine erhöhte Sterblichkeit nach Überdosierung von Vitamin F nachgewiesen; von anderen Wissenschaftlern wird dem jedoch widersprochen. Das bekannte Vitamin C kann in hohen Dosierungen zu Durchfällen und Koliken führen.

Bei bestehender Niereninsuffizienz kann eine Überdosierung von Vitamin C zudem zum Entstehen von Nierensteinen führen. Die starke Überdosierung von Vitamin B6 kann in seltenen Fällen zu neurotoxischen und photosensitiven Effekten führen. Insgesamt wurde nachgewiesen, dass die Megavitamintherapie, also die Gabe stark überdosierter Vitamine und "Vitalstoffe" die Lebenserwartung verkürzen und zu Gesunheitsschäden führen kann. Des Weiteren beruht das Konzept der orhtomolekularen Medizin und somit auch der Megavitamintherapie nicht auf wissenschaftlichen Fakten. Eine Wirkung ist nicht gegeben, Nebenwirkungen sind dennoch möglich und teilweise gefährlich.

Quellen

  • Bässler, K.-H.: Vitamin-Lexikon. Urban & Fischer, München 2002
  • Deutsche Gesellschaft für Ernährung (Hg.) Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr. Neuer Umschau Verlag GmbH, Neustadt an der Weinstraße 2015
  • Pietrzik, K., Golly, I., Loew, D.: Handbuch Vitamine. Urban & Fischer bei Elsevier, München 2008

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