Mukormykose

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 28. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Mukormykose wurde früher auch als Zykomykose bezeichnet. Nach der Candidose und der Aspergillose ist sie die dritthäufigste Pilzinfektion. Die Erkrankung tritt überwiegend bei Menschen mit einem Immundefizit auf.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Mukormykose?

Mögliche Verfahren zur Materialgewinnung sind Haut- oder Weichteilbiopsien, Endoskopien von Nase und Nasennebenhöhlen, Bronchoskopie mit Lavage oder CT-gesteuerte Biopsien.
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Die Mukormykose ist eine Pilzinfektion mit einem fulminanten Verlauf. Verursacher sind Pilze aus der Familie der Zygomyceten. Normalerweise gehören die Zygomyceten zu den Saprophyten.

Saprophyten ernähren sich ausschließlich von toten organischen Stoffen. Bei einer Immundefizienz können die eigentlich harmlosen Saprophyten aber zu Parasiten werden und den Körper schwer schädigen. Besonders gefürchtet ist die rhinozerebrale Form der Erkrankung. Dabei gelangen die Pilze über die Nasennebenhöhlen in das Gehirn und verursachen dort schwerste Schäden.

Ursachen

Die Erreger der Mukormykose sind Fadenpilze, die filamentös wachsen. Da sie in der Regel harmlos sind, unter bestimmten Umständen aber schwere Schäden anrichten können, gehören sie zu den fakultativ pathogenen Pilzen. Häufigste Erreger der Mukormykose sind Pilze der Gattungen Mucor, Rhizomucor, Rhizopus, Lichtheimia und Cunninghamella. Die Pilze sind weltweit (ubiquitär) verbreitet und finden sich vor allem im Erdreich.

Normalerweise ist der Mensch immun gegen diese Pilze. Bei einem geschwächten Immunsystem können sie sich allerdings im Atemtrakt, im Gastrointestinaltrakt oder auf der Haut ausbreiten. Dabei dringen die Erreger recht schnell in Gewebe und Blutgefäße ein. Prädisponiert sind insbesondere Patienten mit einer diabetischen Ketoazidose, Patienten nach einer Stammzelltransplantation oder Organtransplantation sowie Patienten, die eine Kortikoidtherapie erhalten oder Personen, die schwere Verbrennungen haben. Auch Patienten mit T-Zelldefekten oder einer fortgeschrittenen HIV-Infektion sind besonders anfällig für eine Mukormykose.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Bei der Mukormykose lassen sich fünf Formen unterscheiden. Alle sind lebensbedrohend:

Die fadenförmigen Ausläufer der Pilze durchbrechen die Haut und wachsen bis in das Gewebe und die Knochen, sodass auch Gesichtsweichteile, die Augenhöhle, die Hirnhäute und das Frontalhirn betroffen sein können. Durch die Schädigung der Arterien und Venen kommt es zusätzlich vermehrt zu Thrombosen und Infarkten. Bewusstseinsveränderungen, zentrale Lähmungen und Sehstörungen weisen auf eine Beteiligung des Zentralnervensystems hin.

  • Bei der pulmonalen Mukormykose ist vor allem die Lunge von den Pilzen befallen. Auch hier kommt es zu Thrombosen und Infarkten. Diese gehen häufig mit Fieber, Atemnot und Brustschmerzen einher. Betroffen sind insbesondere Krebspatienten mit akuter Leukämie. Die Infektion kann aus einer rhinoorbitozerebralen Mukormykose entstehen. In der Regel entwickelt sie sich aber nach Einatmung der Pilzsporen direkt in der Lunge.
  • Bei Kindern mit akuter Leukämie findet sich vor allem die disseminierte Mukormykose. Sie beginnt in der Lunge und breitet sich dann über den Blutweg in die anderen Organe und das Zentralnervensystem aus. Die disseminierte Mukormykose endet fast immer tödlich.
  • Seltener wird die primärgastrointestinale Mukormykose diagnostiziert. Sie ist durch Geschwüre im Magen-Darm-Trakt gekennzeichnet und tritt überwiegend bei unreifen Neugeborenen auf. Bei den Geschwüren besteht die Gefahr der Perforation. Durch Eindringen der Erreger in die Blutgefäße kann es auch hier zu Infarkten kommen.
  • Die Mukormykose der Haut zeigt sich bei Patienten mit schweren Verbrennungen oder bei Leukämiepatienten. Typisch für diese Verlaufsform sind schwarze Nekrosen der Haut.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Die klinischen und die röntgenologischen Befunde ähneln denen anderer Pilzinfektionen. Die Diagnose kann deshalb nur mithilfe von kulturellen, mikroskopischen oder histopathologischen Erregernachweisen gestellt werden. Diagnosematerial kann durch Biopsien oder chirurgische Eingriffe gewonnen werden.

Mögliche Verfahren zur Materialgewinnung sind Haut- oder Weichteilbiopsien, Endoskopien von Nase und Nasennebenhöhlen, Bronchoskopie mit Lavage oder CT-gesteuerte Biopsien. Bei der rhinozerebralen Mukormykose zeigt sich in der bildgebenden Diagnostik zudem eine Schleimhautverdickung im Bereich der Nasennebenhöhlen. Die pulmonale Mukormykose zeigt unspezifische und umfassende Läsionen der Lunge im Röntgenbild. Eventuell sind fleckige Infiltrationen, Einschmelzungen oder Rippenfellergüsse sichtbar.

Bei Befall der Augenhöhle erscheint dort eine pathologische Raumforderung. Neben dem Erregernachweis ist immer auch eine detaillierte Bildgebung mittels Computer- und Magnetresonanztomographie erforderlich. Nur so kann die ganze Ausdehnung der Infektion erfasst werden.

Komplikationen

Durch die Mukormykose können beim Patienten verschiedene Beschwerden auftreten. In der Regel muss diese Krankheit auf jeden Fall von einem Arzt behandelt werden, da sie lebensgefährlich sein kann und im schlimmsten Fall zum Tode des Patienten führt. Die Betroffenen leiden dabei vor allem an starken Schwellungen im Gesicht und auch in der Augenhöhle.

Es kommt zu Nasenbluten und auch zu Bewusstseinsveränderungen. Das gewöhnliche Denken und Handeln ist für den Betroffenen nur noch erschwert möglich und die meisten Patienten leiden an starken Sehstörungen. Ohne Behandlung kommt es dann zu Fieber und zu einer Atemnot, die zu einem Bewusstseinsverlust führen kann. Auch Brustschmerzen können auftreten.

Im Darm oder im Magen bilden sich Geschwüre aus, die ebenfalls zum Tode des Betroffenen führen können. Die Lebensqualität nimmt durch die Mukormykose deutlich ab und der Alltag wird für den Patienten erheblich erschwert. Die Behandlung der Mukormykose findet mit Hilfe von Medikamenten oder durch eine Chemotherapie statt. Ob es dabei zu einem positiven Krankheitsverlauf kommt, kann nicht vorausgesagt werden. In vielen Fällen wird die Lebenserwartung durch die Mukormykose deutlich verringert.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Eine Mukormykose sollte frühzeitig ärztlich abgeklärt werden. Spätestens, wenn typische Symptome wie Hautveränderungen am Gaumen und Infektionen im Bereich von Nase und Rachen bemerkt werden, muss ein Mediziner aufgesucht werden. Andernfalls kann es zu einer weiteren Ausdehnung der Nekrose kommen. Anzeichen wie Krampfanfälle, Aphasie oder Hemiplegie deuten auf eine fortgeschrittene Erkrankung hin, die umgehend abgeklärt werden muss. Menschen mit chronischen Infektionskrankheiten, wiederkehrenden Infekten oder einem generell geschwächten Immunsystem sind besonders anfällig für die Entstehung einer Mukormykose und sollten bei einer merklichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes eilends zum Arzt gehen.

Selbiges gilt für ältere und kranke Menschen, Schwangere und Kinder. Neben dem Hausarzt bieten sich HNO-Ärzte und Fachärzte für Infektionskrankheiten an. Kinder sollten immer zunächst dem zuständigen Kinderarzt vorgestellt werden. Wenn sich nach der Behandlung erneut gesundheitliche Probleme einstellen, muss aufgrund der Gefahr eines Rezidivs der verantwortliche Arzt informiert werden. Auch während der Behandlung einer Mukormykose ist eine ständige ärztliche Überwachung angezeigt.

Behandlung & Therapie

Die Therapie der Mukormykose erfolgt multimodal. Grundpfeiler ist immer eine antimykotische Chemotherapie. Zudem wird versucht, den zugrunde liegenden immunologischen oder metabolischen Defekt zu beseitigen. Dieser bildet den Nährboden für die Pilze. Wird die Grunderkrankung nicht beseitigt, werden sich die Pilze nach der Chemotherapie wieder ausbreiten. Die Behandlung wird mit antimykotischen Medikamenten wie Amphotericin B ergänzt.

Die Dauer der Therapie ist abhängig von dem Ausmaß der Mukormykose. Je nach Lebensalter, Erreger und Grunderkrankung liegt die Sterblichkeit zwischen 50 und 70 Prozent. Nur bei einer konsequenten Therapie haben die Patienten überhaupt eine Überlebenschance. Die Prognose verschlechtern disseminierte Infektionen, Krebserkrankung als Grunderkrankung und Erkrankungen, die mit einem Mangel an Granulozyten einhergehen. Ist das Zentralnervensystem erreicht, endet die Erkrankung fast immer tödlich.


Aussicht & Prognose

Grundsätzlich lässt sich ein ungünstiger Ausgang bei einer Mukormykose annehmen. Nach statistischen Erhebungen versterben 50 bis 70 Prozent der Erkrankten. Dabei ist das Risiko für ein vorzeitiges Ableben unterschiedlich verteilt. Es erhöht sich bei weiteren Grunderkrankungen und einem hohen Alter. Haben sich Beschwerden auf das zentrale Nervensystem ausgeweitet, ist der Tod meist unausweichlich. Im Allgemeinen gelten Personen mit einem geschwächten Immunsystem und einer Stoffwechselerkrankung als vergleichsweise anfällig für eine Mukormykose. Bei ihnen verläuft die Erkrankung vergleichsweise heftig und führt in der Regel zu lebensbedrohlichen Komplikationen.

Die bisher zur Verfügung stehenden Therapieansätze sind meist unzureichend. Gerade diese Tatsache bedingt die hohe Sterblichkeitsrate. Ohnehin kann nur eine konsequente Therapie zu einer Genesung beitragen. Eine Behandlungsaufnahme im Frühstadium verspricht bessere Aussichten. In der Praxis erweist es sich nicht selten als problematisch, dass eine exakte Diagnose nicht möglich ist. In vielen Fällen wird daher eine Behandlung auf einen bloßen Verdacht hin aufgenommen. Erst das Ableben erlaubt dann eine Bestimmung der Krankheit. Die Wissenschaft hat in jüngster Vergangenheit molekularbiologische Verfahren für eine Diagnose entwickelt. Daraus kann man Verbesserungen erwarten.

Vorbeugung

Bisher existiert keine effektive und spezifische Prophylaxe für eine Mukormykose. Mukormykosen bei Kindern oder Jugendlichen mit Diabetes mellitus lassen sich durch eine optimale Einstellung des Blutzuckers vermeiden. Ein dauerhaft erhöhter Blutzuckerspiegel beeinträchtigt das Immunsystem und begünstigt so Pilzinfektionen.

Nachsorge

Bei einer Mukormykose stehen dem Betroffenen in den meisten Fällen nur sehr wenige Maßnahmen und Möglichkeiten einer direkten Nachsorge zur Verfügung. Der Betroffene sollte aus diesem Grund schon möglichst früh einen Arzt aufsuchen, um das erneute Auftreten von Beschwerden und Komplikationen zu verhindern. Es kann bei der Mukormykose in der Regel auch nicht zu einer selbstständigen Heilung kommen.

Die meisten Betroffenen sind auf die Hilfe und Pflege durch die eigene Familie angewiesen. Dadurch können in vielen Fällen auch Depressionen und andere psychische Beschwerden oder Verstimmungen verhindert werden. Weiterhin ist nicht selten die Einnahme von verschiedenen Medikamenten notwendig, um die Beschwerden dieser Erkrankung vollständig einzuschränken.

Die Betroffenen sollten immer auf eine regelmäßige Einnahme und auch auf eine richtige Dosierung achten, um die Symptome dauerhaft und vor allem richtig zu lindern. In der Regel sollte sich der Betroffene auch gegen Infektionen besonders gut schützen. Dabei sollten auch Impfungen durchgeführt werden, damit es nicht zu verschiedenen Erkrankungen kommen kann.

In einigen Fällen verringert die Mukormykose auch die Lebenserwartung des Patienten. Allerdings ist der weitere Verlauf stark vom Zeitpunkt der Diagnose abhängig, sodass eine allgemeine Voraussage dabei meist nicht getroffen werden kann.

Das können Sie selbst tun

Eine Mukormykose muss immer von einem Arzt untersucht und behandelt werden. Die ärztliche Therapie kann durch eine Umstellung der Lebensgewohnheiten und verschiedene Selbsthilfe-Maßnahmen unterstützt werden.

Während einer Strahlen- oder Chemotherapie muss der Betroffene sich schonen. Eine spezielle Diät reduziert die typischen Magen-Darm-Beschwerden und fördert den Rückgang der Metastasen. Begleitend dazu müssen etwaige Allergien abgeklärt und eingenommene Medikamente geprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Patienten die regelmäßig auf Kopfschmerztabletten oder andere Arzneimittel zurückgreifen, sollten den Arzt darüber informieren. Eine optimal eingestellte Medikation senkt das Risiko für Komplikationen und kann zudem die Genesung fördern. Sollten sich durch die Mukormykose bereits Thrombosen, Sehstörungen, Lähmungen oder andere Probleme eingestellt haben, müssen diese gesondert behandelt werden. Der Arzt wird den Patienten hierzu an einen Facharzt verweisen.

Die wichtigste Selbsthilfe-Maßnahme besteht darin, Buch über Beschwerden und Symptome zu führen, denn dadurch kann das Stadium der Mukormykose genau bestimmt und die Behandlung optimal gewählt werden. Zudem können ernste Komplikationen frühzeitig erkannt und behandelt werden, bevor sich ein lebensbedrohlicher Zustand einstellt. Da es sich bei der Pilzinfektion um eine langwierige Erkrankung handelt, ist auch über die initiale Behandlung hinaus eine engmaschige ärztliche Überwachung angezeigt.

Quellen

  • Darai, G., Handermann, M., Sonntag, H.-G., Zöller, L. (Hrsg.): Lexikon der Infektionskrankheiten des Menschen. Springer, Berlin 2012
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Hahn, H., et al.: Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. Springer, Berlin 2012

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