Nierenvenenthrombose
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 18. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Bei der Nierenvenenthrombose bildet sich ein Blutgerinnsel in einer Vene der Niere. Sie gehört zu den Gefäßerkrankungen und ist meist die Folge einer Krebserkrankung.
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Was ist Nierenvenenthrombose?
Die Nierenvenenthrombose ist eine Gefäßerkrankung. Es bildet sich ein Thrombus in der Nierenvene (Vena renalis). Aufgrund dieses Gefäßverschlusses kommt es zu einem Blutstau innerhalb der Niere. In den meisten Fällen äußert sich die Thrombose der Nierenvene nur sehr diskret. Teilweise verläuft die Erkrankung komplett asymptomatisch.Eine lebensbedrohende Komplikation der Nierenvenenthrombose ist die Lungenembolie. Hier wandert das Blutgerinnsel aus der Nierenvene über das rechte Herz in die Lunge und verstopft dort eine Lungenarterie. Trotz dieses Risikos werden Patienten mit einer Nierenvenenthrombose in der Regel nicht operiert. Die Behandlung erfolgt medikamentös mit Gerinnungshemmer.
Ursachen
Zweithäufigste Ursache der Nierenvenenthrombose ist das nephrotische Syndrom. Das nephrotische Syndrom ist ein Symptomenkomplex aus Proteinurie, Hypoproteinämie, Hyperlipoproteinämie und Ödemen. Das Syndrom entsteht meist auf Basis einer Glomerulonephritis.
Weitere Ursachen für die Thrombose der Nierenvene sind Dehydration (zum Beispiel durch starken Durchfall oder Erbrechen), Stoffwechselstörungen wie die Homocystinurie, Autoimmunerkrankungen oder Thrombophilie.
Eine Nierenvenenthrombose kann auch durch ein stumpfes Trauma entstehen. Stumpfe Traumata entstehen meist bei Unfällen. Aber auch Schlägereien, Misshandlungen oder Einklemmungen können ein stumpfes Trauma und damit auch eine Nierenvenenthrombose bedingen. Einige Nierenvenenthrombosen entstehen auch ohne eine bekannte Ursache. Diese Form wird auch als idiopathische Nierenvenenthrombose bezeichnet. Generell gilt: Nach einer vorangegangenen Nierentransplantation ist das Risiko eine Nierenvenenthrombose zu erleiden deutlich erhöht.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Die Nierenvenenthrombose verläuft häufig asymptomatisch oder sehr diskret. Häufigstes Symptom sind Schmerzen im Flankenbereich. 73 Prozent aller Patienten mit einer Thrombose der Nierenvene leiden unter Flankenschmerzen. In 36 Prozent der Fälle zeigt sich ein blutiger Urin (Makrohämaturie). Die Urinmenge sinkt auf weniger als 200 Milliliter pro Quadratmeter Körperoberfläche.
In der medizinischen Fachsprache wird dieser Zustand Oligurie genannt. Mit dem Urin werden auch vermehrt Eiweiße ausgeschieden (Proteinurie). Aufgrund des Eiweißverlustes entstehen Wasseransammlungen im Gewebe. Diese Ödeme zeigen sich häufig rund um die Augen. Zu diesen Beschwerden gesellen sich unspezifische Symptome wie Müdigkeit, Übelkeit, Fieber oder Appetitlosigkeit.
Bei 50 Prozent aller Patienten findet sich zudem ein Zittern der Hände (Asterixis). Wenn sich der Thrombus spontan auflöst, verändern sich die Symptome. Ein Teil der Symptome geht zurück. Wenn irreversible Gefäßschäden entstanden sind, kann ein Teil der Symptome jedoch auch nach Auflösung des Gerinnsels bestehen bleiben.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Häufig wird die Diagnose Nierenvenenthrombose nur dann gestellt, wenn sich bei Patienten mit einem nephrotischen Syndrom plötzlich die Nierenwerte verschlechtern oder wenn es zu einem Nierenversagen kommt. Im Labor kann eine Einschränkung der Nierenfunktion festgestellt werden. Die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) ist erniedrigt. Die Kreatinin-Konzentration im Blut ist hingegen erhöht.
Es verbleiben vermehrt harnpflichtige Substanzen im Blut. In Einzelfällen kann es zu einem Mangel an Protein-S oder Antithrombin im Blut kommen. Im Urin finden sich rote Blutkörperchen (Erythrozyten) und Eiweiße. Um das Ausmaß der Eiweißausscheidung beurteilen zu können, wird der sogenannte Albumin-Kreatinin-Quotient im Urin bestimmt. Dabei wird die Konzentration der Albuminbluteiweiße im Urin gemessen und auf die Kreatinin-Konzentration im Harn bezogen.
Liegt der Albumin-Kreatinin-Quotient über 30 Milligramm pro Liter, liegt eine Nierenerkrankung vor. Diese Form der pathologischen Eiweißausscheidung wird auch als Albuminurie bezeichnet. Die Diagnose wird durch bildgebende Verfahren wie Dopplerultraschall, Computertomografie, Kernspintomografie sowie durch Arterio- und Venografien gesichert.
Ältere Studien berichten, dass 8 bis 27 Prozent aller Nierenvenenthrombosen rezidivieren. Neuere Untersuchungen widerlegen diese Ergebnisse aber. Demnach treten wiederholte Thrombosen eher selten auf. Patienten, die die Nierenvenenthrombose auf dem Boden des nephrotischen Syndroms entwickeln, haben keine verringerte Lebenserwartung. Bei Patienten mit einer Krebserkrankung ist die Lebenserwartung hingegen vermindert. Patienten, die mit Warfarin statt mit Marcumar behandelt werden, haben eine bessere Prognose.
Komplikationen
Üblicherweise deckt eine Nierenvenenthrombose einen breiten Bereich von Symptomen ab. In einigen Fällen liegen die Symptome unterhalb der Wahrnehmungsschwelle, so dass in der Regel auch keine Behandlung erfolgt. Falls sich die Thrombose mit deutlichen spezifischen Symptomen wie Schmerzen in der betroffenen Flanke und blutiger Urin zeigt, kann der weitere Verlauf unbehandelt zu Nierenversagen führen. Es sind allerdings auch Fälle bekannt, in denen sich die Blutgerinnsel spontan aufgelöst haben und sich die Symptome quasi von selbst verbessert haben.
Inwieweit sich die Symptome nach einer Spontanauflösung des Thrombus oder nach einer erfolgreichen Intervention zurückbilden, hängt davon ab, ob die Niere bereits irreversibel geschädigt wurde. Eine Behandlung des Thrombus besteht meist im Versuch, das Blutgerinnsel durch Gaben von Heparin aufzulösen. In schwerwiegenden Fällen, in denen der Thrombus genau lokalisiert werden kann, kommt auch eine chirurgische Entfernung des Gerinnsels in Betracht.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Eine Nierenvenenthrombose entwickelt sich langsam und ruft erst in den späten Stadien eindeutige Symptome hervor. Ein Arzt muss konsultiert werden, wenn Schmerzen in den Hüften und im Rückenbereich hinter den unteren Rippen auftreten. Sollten begleitend dazu Fieber, Übelkeit und Erbrechen sowie Blut im Urin bemerkt werden, ist ärztlicher Rat gefragt. Beim Verdacht auf eine Lungenembolie, die sich durch plötzliche Brustschmerzen und Atemnot äußert, muss der Notarzt gerufen werden.
Menschen, die an Krebs, insbesondere Karzinomen der Nierenzellen und nephrotischen Syndromen erkrankt sind, zählen zu den Risikopatienten. Auch nach operativen Eingriffen sowie Thromboembolien besteht ein erhöhtes Risiko, weshalb die Patienten in diesen Fällen sofort den Arzt informieren müssen.
Säuglinge, die an Sepsis, Zystennieren oder Dehydration leiden, müssen dem Kinderarzt vorgestellt werden, wenn Anzeichen einer Nierenvenenthrombose auftreten. Eine Nierenvenenthrombose wird vom Allgemeinarzt oder einem Nephrologen behandelt. Die einzelnen Symptome können von Urologen, Gynäkologen, Gastroenterologen und Fachärzten für venöse Erkrankungen untersucht und therapiert werden.
Behandlung & Therapie
Eine operative Entfernung des Blutgerinnsels ist möglich. Aufgrund der möglichen Komplikationen wird dieses chirurgische Verfahren allerdings nur sehr selten durchgeführt. Normalerweise erfolgt die Therapie durch Antikoagulantien. Antikoagulantien sind Arzneimittel, die die Blutgerinnung hemmen. Sie heißen deshalb auch Gerinnungshemmer. Bei der Nierenvenenthrombose werden die Gerinnungshemmer Heparin und Marcumar eingesetzt.
Heparine sind Vielfachzucker, die die Gerinnungskaskade im Blut hemmen. Im Blut zirkuliert der Proteaseinhibitor Antithrombin III. Dieser kann aktivierte Gerinnungsfaktoren wie Thrombin oder den Faktor Xa hemmen. Beide Faktoren sorgen für eine Gerinnung des Blutes. Heparin bindet sich an das Antithrombin III. Dadurch bindet sich dieses deutlich schneller an die Gerinnungsfaktoren und inaktiviert diese. Deshalb wird Heparin zur Therapie von Thrombosen eingesetzt. Auch Marcumar wirkt blutgerinnungshemmend.
Es reduziert die Menge der Gerinnungsfaktoren II, VII, IX und X. Mithilfe von Heparin und Marcumar soll sich der Thrombus in der Nierenvene auflösen. Die Behandlung muss mindestens ein halbes Jahr fortgesetzt werden. Um weitere Thrombosen zu verhindern, kann eine lebenslange Behandlung mit den gerinnungshemmenden Medikamenten erforderlich sein.
Aussicht & Prognose
Die Prognose der Nierenvenenthrombose muss nach den individuellen ursächlichen Befunden gestellt werden. Es handelt sich jedoch um eine ernste Erkrankung, die bei einem ungünstigen Krankheitsverlauf grundsätzlich tödlich enden kann. Es ist ein medizinischer Notfall, bei dem schnellstmögliche Handlungsbedarf besteht, um das Überleben des Betroffenen zu sichern.
Das Risiko der Nierenvenenthrombose ist bei Menschen mit einer Nierentransplantation deutlich erhöht. Gelingt die Transplantation ohne weitere Komplikationen, ist eine Genesung möglich. Der Betroffene ist dennoch aufgrund der vorliegenden gesundheitlichen Thematik lebenslang an eine medizinische Kontrolle gebunden.
Ist die Thrombose durch eine Gewalteinwirkung entstanden, bestehen im weiteren Verlauf gute Aussichten auf eine Heilung. Voraussetzung dafür ist, dass keine weiteren äußeren Einwirkungen in dieser Körperregion stattfinden. Die Prognose ist verschlechtert bei Patienten, bei denen eine Krebserkrankung diagnostiziert wurde.
Ist diese ursächlich für die Entwicklung der Thrombose verantwortlich, muss die Gesamtsituation näher betrachtet werden. Kann der Krebs erfolgreich behandelt werden, verbessern sich die weiteren Aussichten und eine Linderung der Beschwerden ist zu erwarten. In einem fortgeschrittenen Stadium ist jedoch mit einer Verkürzung der Lebenszeit zu rechnen.
Bei vorliegendem starken Durchfall und einer Dehydration liegt ebenfalls ein medizinischer Notfall vor. Kann dieser erfolgreich behandelt werden, ist eine Heilung möglich.
Vorbeugung
Die Nierenvenenthrombose kann nur durch eine frühzeitige Therapie der Grunderkrankung verhindert werden.
Nachsorge
Aufgrund der recht hohen Rezidivrate von bis zu 27 Prozent sind Nachsorgeuntersuchungen sicherlich angebracht. Dieses Wiederaufkommen von Nierenvenenthrombosen ist meist durch tieferliegende Thrombosen in den Beinvenen, die sich auch in den Nierenvenen zeigen können. Andere Nachsorgemaßnahmen richten sich nach Symptomatik und Ursache der Nierenvenenthromose.
Lagen ihr etwa Dehydration oder Mangelerscheinungen zugrunde, müssen diese während oder nach einer Behandlung dringend ausgeglichen werden. Eine gute Wasserzufuhr sowie eine vitaminreiche Ernährung steigern die Blut- und Gefäßgesundheit und können entsprechend beschädigtes Gewebe restaurieren. Auch wird so die Chance, dass die Thrombose wieder auftritt, verringert. Die Nachsorge in dieser Form ist vor allem bei älteren Patienten sinnvoll. Bei jüngeren Patienten hat die Nierenvenenthrombose meist andere Gründe.
Die Behandlung durch Blutgerinnungshemmer zieht ebenfalls eine Nachsorge nach sich. Mittels bildgebender Verfahren und Blutuntersuchungen kann der Erfolg der Therapie evaluiert werden. Werden operative Maßnahmen notwendig, muss eine entsprechende Nachsorge stattfinden. Meist ist dies bei Zystennieren oder Krebserkrankungen notwendig.
Die Nachsorge erfolgt, je nach Verfassung des Patienten, auch stationär. Bei Krebserkrankungen bei Kindern, wobei hier vor allem das Nephroblastom oftmals ursächlich ist, sind teilweise immer wieder durchgeführte Kontrolluntersuchungen sinnvoll. Wurde die Nierenvenenthrombose therapiert und die zugrundeliegende Ursache beseitigt, sind häufig keine Nachsorgemaßnahmen mehr notwendig.
Das können Sie selbst tun
Bei der Nierenvenenthrombose hat der Patient wenige Möglichkeiten einer Selbsthilfe. In den meisten Fällen liegen andere Grunderkrankungen vor, die behandelt und therapiert werden müssen, damit eine Verbesserung der Gesundheit eintritt. Obgleich dem Patienten kaum Maßnahmen für eine körperliche Veränderung der Situation bleiben, kann er viel für seine Vitalität und sein Wohlbefinden tun.
Mit einer gesunden und ausgewogenen Ernährung unterstützt er sein Immunsystem. Damit stehen dem Organismus mehr Abwehrkräfte im Kampf um eine Heilung zur Verfügung. Eine ausreichende Bewegung und die kontinuierliche Zufuhr von Sauerstoff helfen ebenfalls, um die einen Kräfte zu mobilisieren. Übergewicht oder eine starke Zunahme des Eigengewichts sind nicht zu empfehlen. Das körpereigene Gewicht sollte sich innerhalb der Empfehlungen des BMI befinden. Der Genuss von Schadstoffen wie Nikotin, Alkohol oder anderen Drogen ist zu unterlassen. Diese lösen eine Schwächung des Patienten aus und führen zu einer Zunahme der Beschwerden.
Mit einer optimistischen Grundeinstellung kann der Betroffene viel für sich tun. Die Gestaltung von Freizeitaktivitäten sollte trotz aller Widrigkeiten stattfinden. Dadurch nimmt die Lebensmotivation zu und Glücksgefühle werden produziert. Für eine Hilfe und Unterstützung kann Rat in Selbsthilfegruppen oder Internetforen bei anderen Erkrankten eingeholt werden. Der gegenseitige Austausch kann den Umgang mit den Beschwerden im Alltag verbessern.
Quellen
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
- Keller, C.K., Geberth, S.K.: Praxis der Nephrologie. Springer, Berlin 2010
- Marshall, M., Loew, D.: Venenerkrankungen. Springer, Berlin 2003