Parenterale Ernährung
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 9. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Die parenterale Ernährung ist eine künstliche, venöse Nahrungszufuhr, wenn der menschliche Verdauungstrakt infolge eines Unfalls oder einer Krankheit nicht mehr normal funktioniert. Für die parenterale Ernährungstherapie stehen heute gebrauchsfertige Lösungen per Infusion zur Verfügung, die alle lebenswichtigen Inhaltsstoffe, also beispielsweise Eiweiß, Fett, Zucker, Vitamine, Mineralien oder Spurenelemente in ausreichender Menge enthalten.
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Was ist die Parenterale Ernährung?
Der Begriff parenteral stammt aus der lateinischen Sprache und bedeutet unter Umgehung des Magen-Darm-Traktes. Die normale Zufuhr von Ernährung über den Mund zur Speiseröhre in den Magen und in den Darm wird also durch die parenterale Ernährung umgangen.
Der Patient ist nicht mehr in der Lage, selbstständig Nahrung aufzunehmen und seinem Verdauungsapparat zuzuführen. Dafür kann es viele Gründe in Form von angeborenen oder erworbenen Erkrankungen oder Unfallereignissen geben. Diese Form der künstlichen Ernährung kann bei dauerhaft darauf angewiesen Patienten, nach einer Einweisung durch Fachpersonal, auch zu Hause stattfinden.
Die überwiegende Mehrheit der so versorgten Patienten befindet sich jedoch stationär in der Klinik. Je nach Befund kann die parenterale Ernährung nur vorübergehend, in nicht wenigen Fällen aber auch dauerhaft erforderlich sein, um das Überleben des Patienten zu sichern. Die parenterale Ernährung unterliegt nach Maßgabe der zuständigen ärztlichen Fachgesellschaften bestimmten Qualitätsrichtlinien, die durch Zertifikate sichergestellt werden. Im Vordergrund steht dabei die Patientensicherheit bei der Versorgung mit Nahrungsmitteln, die unter Umgehung des Magen-Darm-Traktes durch eine dritte Person, meistens Pflegepersonal, verabreicht werden.
Funktion, Wirkung & Ziele
Im Normalfall werden bei gesunden Menschen die Nahrungsbausteine über den Verdauungstrakt, beginnend bei der Mundhöhle, weiter im Magen und hauptsächlich im Darm in das Blut aufgenommen. Bei Patienten, die der parenterale Ernährung bedürfen, ist dieser Mechanismus teilweise oder ganz gestört. Hauptindikationen, die eine parenterale Ernährung Therapie erforderlich machen, sind ausgedehnte Tumorerkrankungen im Endstadium, akutes Organversagen, schwere Infektionskrankheiten, angeborene Fehlbildungen der Organe, Stoffwechselentgleisungen, Polytraumata, Verbrennungen, Sepsis oder Darmverschluss.
Auch Patienten nach einer Chemotherapie sind aufgrund der Schleimhautschädigung des Magen-Darm-Traktes manchmal vorübergehend auf eine künstliche Ernährung direkt über eine Vene angewiesen. Die parenterale Ernährungstherapie verfolgt klar definierte Ziele, die streng am Patientenwohl orientiert sind. So steht die Wiederherstellung oder Erhaltung der Gesundheit an erster Stelle, aber auch die Sicherstellung der Grundbedürfnisse in Form von Nahrungsaufnahme. Weiterhin die Aufrechterhaltung der Mobilität, die Möglichkeit der Teilnahme am gesellschaftlichen Leben, Erhaltung und Aufbau der eigenen Körpersubstanz, Deckung des individuellen Energiebedarfs sowie die Therapie einer Fehl- oder Mangelernährung, beispielsweise bei Vorliegen einer Magersucht oder einer Bulimie.
Tumorerkrankungen oder Magersucht führen in fortgeschrittenen Stadien nicht selten zu lebensbedrohlichen Situationen durch die Mangelernährung. In solchen Fällen kann auf richterliche Anordnung die parenterale Ernährung auch ohne besondere Einwilligung des Patienten erfolgen. Die parenterale Ernährung ist stets individuell auf die Bedürfnisse des einzelnen Krankheitsfalls abgestellt. Zunächst wird anhand des Körpergewichtes eines Patienten berechnet, wie hoch die externe Energiezufuhr überhaupt sein muss.
Ziel ist es, eine ausgewogene Ernährung in Form von künstlicher Nahrungszufuhr unter Umgehung des Magen-Darm-Traktes sicherzustellen. Viele pharmazeutische Hersteller bieten Infusionslösungen für die parenterale Ernährung mit genau definierten Zusammensetzungen der Nährstoffe an. Diese können einzeln eingesetzt oder auch mit anderen Lösungen kombiniert oder gemischt werden. Entscheidend für die beste parenterale Ernährung ist immer der allgemeine, aktuelle Zustand des Patienten inklusive seines Alters, seiner Größe und seines Gewichtes.
Es geht jedoch nicht nur um die Versorgung mit Nährstoffen, sondern auch um die Versorgung mit ausreichend Flüssigkeit. Denn Patienten mit einer Schluckstörung, beispielsweise bei Demenz oder bei multipler Sklerose, sind nicht in der Lage, selbstständig zu trinken.
Risiken, Nebenwirkungen & Gefahren
Beim Anlegen von Infusionspumpen sollte stets keimfrei gearbeitet und die Richtlinien der Desinfektion mit Nachsorge beachtet werden. Im häuslichen Bereich sollten Haustiere während der Zubereitung ausgesperrt bleiben, Arbeitsplätze flächendesinfiziert, Schmuck abgelegt und Hände gründlich gereinigt werden. Pflegehilfsmittel, die zur Schaffung von aseptischen Bedingungen erforderlich sind, werden im Rahmen einer parenterale Ernährungstherapie von den gesetzlichen Krankenkassen in voller Höhe übernommen.
Gerade zu Beginn einer parenterale Ernährung kann es bei Patienten durch die venöse Einschleusung kleinster Nahrungsbestandteile zu Nebenwirkungen kommen. Diese äußern sich beispielsweise in Hautveränderungen, Schüttelfrost, Krämpfe, Kopfschmerzen, Unwohlsein, Atemnot oder erhöhter Körpertemperatur. In diesen Fällen ist die Infusion sofort zu unterbrechen und der Arzt zu informieren. Infusionslösungen zur parenteralen Ernährung müssen zu Hause sachgerecht, also kühl und trocken und nicht über 25°, gelagert werden.
Abgelaufene Infusionslösungen dürfen auf keinen Fall mehr verwendet werden. Eine Anschwellung von Hals und Arm auf der kathetertragenden Körperseite deutet oft auf entzündliche Prozesse an der Einstichstelle hin. Der venöse Zugang muss dann fachmännisch gereinigt oder ganz erneuert werden.
Quellen
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
- Leuwer, M., et al.: Checkliste Intensivmedizin. Thieme, Stuttgart 2013
- Wilhelm, W. (Hrsg.): Praxis der Intensivmedizin. Springer, Berlin 2013