Propionibacterium acnes

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 7. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Bakterienart Propionibacterium acnes zählt zu den Propionsäurebakterien der Ordnung Actinomycetales und der Abteilung Actinobacteria. Als Kommensale besiedeln die Anaerobier natürlicherweise die menschliche Haut, können in Form von einzelnen Stämmen aber auch zu einem Krankheitserreger werden. In diesem Zusammenhang spielen sie zum Beispiel für die Acnes vulgaris eine Rolle.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Propionibacterium acnes?

Das Propionibacterium acnes bildet in festen Nährmedien mit anaerobem Milieu nach etwa vier Tagen rundliche Kolonien, die seitlich betrachtet erhaben wirken und zusätzlich glatt oder glänzend erscheinen.
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Propionibakterien oder Propionsäurebakterien besitzen ein gram-positives Färbeverhalten und zählen zur Ordnung Actinomycetales der Abteilung Actinobacteria. Sie bilden Propionsäure als Stoffwechselendprodukt auf dem Methylmalonyl-CoA-Stoffwechselweg.

Eine Bakterienart der Gattung Propionibacteria ist das Propionibacterium acnes, von dem etwa 100 verschiedene Stämme existieren. Bei der Bakterienart handelt es sich um anaerobe Bakterien, die früher als Bacillus acnes oder Corynebacterium acnes bekannt waren. Ihre Gestalt entspricht einer kurzwüchsigen Stäbchenform. Ellipsoide Zellformen kommen ebenfalls vor. Einzelzellen besitzen eine Breite von bis zu 0,5 Mikrometern und eine Länge bis zu 0,9 Mikrometern. Angeordnet sind die Zellen in der Regel paarweise gewinkelt. Bei fortschreitender Zellteilungen bilden sie damit V- und Y-förmige Zellketten.

Flagellen zur aktiven Fortbewegung besitzt die Bakterienart nicht. Die Spezies bildet weder Endsporen, noch andere Überdauerungsformen. Unter den 100 Stämmen der Art sind die meisten als Kommensale zu verstehen, die dem Menschen weder nutzen, noch schaden. Einige Stämme befinden sich unter Pathogenitätsverdacht. Nicht für alle Stämme sind die Forschungen bereits abgeschlossen.

Vorkommen, Verbreitung & Eigenschaften

Das Propionibacterium acnes bildet in festen Nährmedien mit anaerobem Milieu nach etwa vier Tagen rundliche Kolonien, die seitlich betrachtet erhaben wirken und zusätzlich glatt oder glänzend erscheinen. Der Durchmesser beträgt bis zu vier Millimeter.

Als anaerobe Bakterien sind sie sauerstofftolerant, brauchen Sauerstoff jedoch nicht zwingend für ihren Stoffwechsel, sondern werden von 02 eher im Wachstum gehemmt. Die Bakterien besitzen das Enzym Katalase und bilden Cytochrome. 37 Grad Celsius entsprechen der optimalen Kultivierungstemperatur, sodass die Besiedelung des Menschen für ihr Wachstum günstig ist. Der ideale pH-Wert im Nährmedium ist neutral. Dabei verläuft das Wachstum sogar unter Idealbedingungen eher langsam.

Propionibacteria acnes betreiben chemoorganotroph heterotrophen Stoffwechsel. Auf diesem Stoffwechselweg werden organische Verbindungen zu Energiequellen und dienen dem Aufbau von zelleigenen Stoffen. Ein Hauptprodukt seiner Gärung ist die Propionsäure, sodass die Gärungsaktivität mitunter als Propionsäuregärung bezeichnet wird. Essigsäure und Kohlenstoffdioxid entstehen dabei als Nebenprodukte. Meist dienen Kohlenhydrate wie Glucose, Fructose oder Mannose und Galactose als Substrat.

Neben Katalase besitzen die Bakterien proteolytische Enzyme zum Abbau von Gelatine und über Nitratreduktase zur Nitratverflüssigung. Einige Stämme betreiben im Blut Hämolyse. Die Bakterien der Spezies besiedeln bevorzugt den Hauttalg des Haarfollikels und kommen zuweilen auch im Verdauungstrakt des Menschen vor.

Bedeutung & Funktion

Auf einem Quadratzentimeter menschlicher Haut sind bis zu 100.000 Propionibacteria acnes vorhanden, ohne Erkrankungen hervorzurufen. Das Propionibacterium acnes gilt in diesem Zusammenhang vorwiegend als Kommensale und besiedelt damit natürlicherweise die Hautflora des Menschen, ohne ihm Nutzen zu bringen oder Schaden zuzufügen. Kommensale schaden ihrem Wirt aus eigenen Interessen nicht und schaffen sich damit einen längerfristigen Lebensraum.

Von den mindestens 100 verschiedenen Stämmen der Art Propionibacterium acnes gelten die meisten Stämme zwar als Kommensale, aber für einzelne Stämme besteht offenbar eine gewisse Pathogenität. Pathogene Bakterien schaden ihrem Wirt und führen zu einer Erkrankung. Die Biostoffverordnung und TRBA ordnet das Propionibacterium acnes wegen seiner, wenn auch geringen, Anzahl an pathogenen Stämmen der Risikogruppe 2 zu. Mikroorganismen dieser Gruppe sind laut der Verordnung „Biostoffe, die eine Krankheit beim Menschen hervorrufen können“.

Auf der menschlichen Haut kann das Bakterium demnach einem harmlosen Bewohner, aber auch einem Erreger entsprechen. Die Verschleppung der Bakterien ins Blut kann umso mehr pathogene Folgen haben, so vor allem für immundefizite Patienten. Unter welchen Bedingungen die einzelnen Stämme auf der Haut pathogen sind und unter welchen Bedingungen sie auf der Haut Kommensalen entsprechen, ist bislang nicht abschließend geklärt.


Krankheiten & Beschwerden

Als Erreger wird die Bakterienart vor allem mit der Acne vulgaris in Zusammenhang gebracht und für einen sekundären Entstehungsfaktor gehalten. Demzufolge können Stämme der Bakterienspezies auf gesunder menschlicher Haut nachweisbar sein, ohne dass Acne vulgaris ausgelöst wird. Andererseits befinden sich auf der Haut von Patienten mit Acne vulgaris allerdings häufig vermehrte Bakterienbesiedelungen mit dem Propionibacterium acnes.

Die pathogenen Stämmen der Art sollen an den Zellen der Talgdrüsen die Cytokin- und Chemokin-Produktion stimulieren. Durch diese Substanzen werden bei der Acne vulgaris entzündliche Prozess begünstigt. Akne entspricht der weltweit häufigsten Hauterkrankung. Dabei können Akne-bedingte Entzündungen mit Rötungen, Schwellungen und Juckreiz einhergehen. Häufig bleiben Narben zurück.

Das Propionibacterium acnes vermehrt sich in den Komedonen unter weitesgehend anaeroben Bedingungen und baut durch das Enzym Lipase Bestandteile des Hauttalgs zur Energiegewinnung ab. So entstehen entzündungsfördernde Stoffe, die mittels Chemotaxis Leukozyten ins Gewebe locken, die nach ihrem Absterben eitergefüllte Pusteln entstehen lassen.

Neben Akne werden mittlerweile auch Erkrankungen wie Keratitis und Sarkoidose mit dem Propionibacterium acnes assoziiert. Fälle von Spondylodiscitis, Infektionen des zentralen Nervensystems, Herzinnenhautinfektionen, Osteomyelitis und Endophthalmitis oder Gelenkinfektion sind bereits im Zusammenhang mit Propionibacterium acnes dokumentiert worden.

Darüber hinaus werden zirkulierende Immunkomplexe gegen Propionibacterium-acnes-Antigene mit dem SAPHO-Syndrom aus dem rheumatischen Formkreis in Zusammenhang gebracht. Die Anlagerung der Immunkomplexe an Knochen und Gelenken soll im Rahmen des SAPHO-Syndroms möglicherweise Immunreaktionen hervorrufen, die die rheumatischen Symptome erklären könnten.

Quellen

  • Bachmann, K.: Biologie für Mediziner. Springer, Berlin 1990
  • Marre, R. et al: Klinische Infektiologie. Infektionskrankheiten erkennen und behandeln. Urban & Fischer, München 2007
  • Schwarzkopf, A.: Multiresistente Erreger im Gesundheitswesen. mhp Verlag, Wiesbaden 2016

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