Proteus mirabilis

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 26. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Als Proteus mirabilis ist eine Bakterienart der Ordnung Enterobacteriales und der Familie Proteobacteria bekannt, die fakultativ anaerob lebt und im menschlichen Darm als Proteinzersetzer vorkommt. Als Erreger können Bakterien dieser Spezies vor allem Patienten mit einem geschwächten Immunsystem angreifen. Sie sind dann häufig an chronischen Harnwegsinfektionen mit der anschließenden Bildung von Nierensteinen beteiligt.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Proteus mirabilis?

Bakterien der Spezies Proteus mirabilis bilden in Gelmedien keine umschriebenen Kolonien, sondern breiten sich, anders als andere Bakterien, flächig aus. Dieses Phänomen ist auch als Schwärm-Phänomen bekannt.
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Enterobakterien werden auch Enterobacteriaceae genannt und bilden die bislang einzige Familie der Ordnung Enterobacteriales. Proteobacteria bilden eine eigene Familie in dieser Bakterienordnung. Innerhalb dieser Familie entspricht die Gattung Proteus einer gramnegativen Bakteriengattung, die, angelehnt an den wandelbaren Meeresgott Proteus, vor allem äußerlich extrem wandelbar ist.

Eine Spezies dieser Familie ist die Bakterienart Proteus mirabilis. Die einzelnen Stämme dieser Art zählen zu den Stäbchenbakterien und sind peritrich stark begeißelt. Zu ihren Charakteristika zählt ihre gute Beweglichkeit. Sporen bilden sie nicht.

Die Spezies Proteus mirabilis wurde 1885 entdeckt. Der Erlanger Pathologe Gustav Hauser gilt als Erstbeschreiber. Das Bakterium ist an sich ein Nutzbakterium, tritt aber zugleich als nosokomialer Erreger in Erscheinung und kann damit pathologische Infektionen hervorrufen, die unter die Krankenhausinfektionen gefasst werden.

Nützlich ist das Bakterium vor allem innerhalb der Darmflora, wo es als Zersetzer in Erscheinung tritt. Als Erreger kann es die Harnwege besiedeln. Der Nachweis als Erreger gilt für dieses Bakterium eher als selten.

Vorkommen, Verbreitung & Eigenschaften

Bakterien der Spezies Proteus mirabilis bilden in Gelmedien keine umschriebenen Kolonien, sondern breiten sich, anders als andere Bakterien, flächig aus. Dieses Phänomen ist auch als Schwärm-Phänomen bekannt. Die einzelnen Schwärme bilden oft eine deutliche Abgrenzung zu anderen Kolonien.

Proteus mirabilis sind fakultativ anaerob. Damit können sie sowohl in sauerstoffreichem, als auch sauerstoffarmem Milieu wachsen. Ihr Stoffwechsel ist nicht auf Sauerstoff, aber ebenso wenig auf die Abwesenheit von O2 angewiesen. Die Bakterien bilden das Enzym Urease, sodass sie Harnstoff spalten können. Bei der Spaltung bildet sich als Nebenprodukt Ammoniak, sodass der pH-Wert des Nährmediums steigt und die Wachstumsbedingungen verbessert werden.

Abgesehen davon besitzen Bakterien der Art Proteus mirabilis Phenylalanin-Desaminase. Lactose können die Bakterien nicht verstoffwechseln. Indol produzieren sie nicht, was sie vom Proteus vulgaris unterscheidet.

Die Ausbreitung der Spezies erfolgt rasch, wobei das Temperaturoptimum bei 34 bis 37 Grad Celsius liegt. Der Mensch ist aufgrund dieser Temperaturansprüche ein ideales Nährmedium für die Bakterienart. Die Vertreter der Spezies kommen bevorzug als harmlose Saprobionten im menschlichen Darm vor und werden für gesunde Personen in der Regel nicht zu einem Erreger. Als Erreger werden die Bakterien eher selten von Mensch zu Mensch übertragen, sondern stammen eher aus der körpereigenen Bakteriengesellschaft im Darm.

Bedeutung & Funktion

Saprobionten wie Bakterien der Art Proteus mirabilis zersetzen organische Stoffe. Sie sorgen so für geschlossene Stoffkreisläufe innerhalb eines Ökosystem und schließen anfallendes organisches Material auf, um die dabei auftretenden Moleküle für den persönlichen Energie- und Baustoffwechsel zu nutzen. Die Vertreter des Proteus mirabilis betreiben im engeren Sinn Saprophilie. Sie sind also an Fäulnisprozessen im menschlichen Darm beteiligt und tragen unter anaeroben Bedingungen zur Zersetzung organischen Materials bei, so vor allem zur Proteinzersetzung.

Die Zersetzung von Eiweißen ist ein Teil der Fäulnis. Eiweißzersetzende Enzyme werden auch als proteolytische Enzyme bezeichnet und zersetzen Proteine (Eiweiße) in kleine organische Moleküle. Im Darm treten die Bakterien Proteus mirabilis als solche Proteinzersetzer in Erscheinung und entsprechen sozusagen einem Fäulnisbakterium, das Eiweißmoleküle zu kleineren Molekülen abbaut, die es über die Zellwand und Membran dem eigenen Stoffwechsel zuführt.

Fäulnisprozesse im Darm entsprechen anoxidativen Spaltungen organischer Substanzen, insbesondere von Proteinen. Mit der Zersetzung der Proteine geht die Bildung von Substanzen wie Cadaverin, Neurin und Methan einher. Da die Bakterien im menschlichen Darm keinen Schaden anrichten und ihren Stoffwechsel dort zum Beispiel nicht auf Kosten des Menschen, sondern mit Profit für den Menschen betreiben, werden sie vom Immunsystem als natürliche Darmbewohner toleriert. Der Mensch zieht aus den Bakterien sogar Nutzen, da sie einen geschlossenen Stoffkreislauf herstellen.


Krankheiten & Beschwerden

Bakterien der Art Proteus mirabilis können in der klinischen Praxis pathologische Bedeutung erlangen und als Erreger auftreten. Die wichtigste dahingehende Bedeutung kommt Proteus mirabilis in Zusammenhang mit Harnwegsinfektionen zu. Unter allen Harnwegsinfektionen gehen bis zu zehn Prozent auf diesen Erreger zurück. Wesentlich seltener ist die Bakterienart an einer Entzündung weiterer Organe beteiligt.

Bakterien der Spezies Proteus mirabilis werden damit als fakultativ pathogene Krankheitserreger klassifiziert, die nicht notwendigerweise Krankheiten verursachen, jedoch potenziell durchaus dazu in der Lage sind. In der Regel kommt es nur an immungeschwächten Personen zu tatsächlichen Infektionen durch das Bakterium. Wundinfektion oder Pneumonie und Sepsis (Blutvergiftung) verursacht das Bakterium allerdings sogar an schwachen Menschen nur in absoluten Ausnahmefällen.

Wenn eine chronische Harnwegsinfektion durch Proteus mirabilis vorliegt, kann sich aufgrund des bakteriellen Stoffwechsels der Urin-pH-Wert erhöhen. In äußerst seltenen Fällen kommt es bei immundefiziten Patienten durch die Aufnahme hoher Keimmengen über die Nahrung zu Gastroenteritis. Im diesem Fall sind Harnsteine eine verbreitete Folgeerkrankung.

Indol-positive Stämme des Proteus mirabilis sind selten, haben jedoch eine Multiresistenz entwickelt. Die Behandlung erfolgt nach einer Resistenzprüfung und kann mit Antibiotika wie Cotrimoxazol, Cephalosporin oder Fluorchinolon erfolgen. Gegenüber Tetracyclinen, Colistin, Tigecyclin und Nitrofurantoin sind die Bakterien natürlicherweise resistent.

Quellen

  • Kayser, F. H. et al.: Medizinische Mikrobiologie. Thieme, Stuttgart 2010
  • Studt, H. H.: Allgemeine und spezielle Infektionslehre. Lehrbuch für Pflegeberufe. Kohlhammer, Stuttgart 2003
  • Weiß, A., Barth, H., Schmidt, H.: Bakterielle Toxine. Behr's Verlag, Hamburg 2018

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