Proteus
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 9. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Proteus ist die Bezeichnung für eine Bakterienart. Die Mikroorganismen kommen im Darm von Mensch und Tier vor und können Krankheiten auslösen.
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Was sind Proteus-Bakterien?
Unter dem Namen Proteus wird eine gramnegative Bakteriengattung zusammengefasst. Die Bezeichnung Proteus geht auf den altgriechischen Meeresgott Proteus zurück. Diesen beschrieb der Dichter Homer in seiner Odyssee als äußerlich überaus wandlungsfähig. Proteus-Bakterien entstammen der Familie der Enterobakterien (Enterobacteriaceae). Sie sind rund um ihre Zelle mit Geißeln ausgestattet und vielgestaltig. Der Begriff Proteus stammt von dem deutschen Pathologen und Bakteriologen Gustav Hauser (1856-1935), der durch die Entdeckung der Bakterienart Proteus mirabilis Bekanntheit erlangte.
Proteus mirabilis gilt als medizinisch bedeutendste Proteusart. Zu den weiteren Angehörigen dieser Gattung zählen Proteus penneri, Proteus vulgaris, Proteus hauseri und Proteus myxofaciens. Dabei unterscheidet sich Proteus myxofaciens in seiner Genetik deutlich von den restlichen Gattungsarten. Als Krankheitserreger spielt diese Spezies als einzige ihrer Gattung keine Rolle.
Obwohl auch Proteus morganii, Proteus rettgerti und Proteus inconstans den Namen Proteus tragen, werden sie aufgrund neuer DNA-Analysen nicht mehr der Gattung Proteus zugerechnet. Stattdessen gehören sie nun zu den Gattungen Providencia und Morganella.
Vorkommen, Verbreitung & Eigenschaften
Die Zellen der Proteus-Bakterien weisen die Form von Stäbchen auf. Sie haben einen Durchmesser zwischen 0,4 und 0,8 µm. Die Länge der Mikroorganismen gilt als variabel. Aufgrund ihrer peritrichen Begeißelung sind die Proteus-Bakterien zudem überaus beweglich. Für ihren Stoffwechsel benötigen die Keime keinen Sauerstoff. Der Energiestoffwechsel der Bakterien ist oxidativ und fermentativ. Die Energie gewinnen die zum Teil parasitischen Mikroorganismen aus chemischen Reaktionen von Substanzen aus ihrer Umgebung. Als Energiequelle dient ihnen zumeist Zucker. Außerdem sind die Angehörigen der Gattung Proteus Katalase-positiv und Oxidase-negativ. Weiterhin verfügen sie über die Eigenschaft, Nitrat zu Nitrit zu reduzieren.
Es besteht eine größere Ähnlichkeit zwischen der Proteusgattung und den Bakteriengattungen Morganella und Providencia. So wird von sämtlichen drei Spezies Phenylalanin-Desaminase hergestellt. Außerdem sind alle drei Gattungen nicht in der Lage, Malonat zu verstoffwechseln oder Arginin-Decarboxylase herzustellen. Darüber hinaus können sie bei der L-Arabinose-Verstoffwechselung, D-Sorbitol und Dulcitol keine Säure bilden.
Weitere charakteristische Eigenschaften der Gattung Proteus sind die Bildung von Schwefelwasserstoff aus Aminosäuren die Schwefel enthalten, das Verflüssigen von Gelatine sowie das Spalten von Maisölfetten und Harnstoff.
Ebenfalls typisch für die Proteus-Bakterien ist ihr Schwarmverhalten. So bilden sich auf Gelnährböden sogenannte Schwarmzellen, bei denen es sich um dicht begeißelte Zellen handelt. Auf der Geloberfläche bewegen sie sich auf einer dünnen flüssigen Schicht, die durch Synärese gebildet wird. Ist die Bakterienkolonie zu Beginn noch recht eng, kann sie sich im weiteren Verlauf rasch über die Oberfläche des Gels ausbreiten. Da sich die Schwarmbewegungen mit der örtlichen Vermehrung abwechseln, wird die Geloberfläche letzlich von einer umfangreichen Proteus-Kolonie überzogen.
Aufgrund ihres Schwarmverhaltens sind die Proteus-Bakterien meist problemlos nachweisbar. Darüber hinaus erfolgt bei ihnen unter der Bildung von Säure der Abbau von Glukose. Im Falle einer serologischen Untersuchung kann zwischen mehreren Antigenen differenziert werden, wodurch sich die Bakterien in Serotypen unterteilen lassen.
Krankheiten & Beschwerden
Zu den häufigsten Erkrankungen, die von Proteus-Bakterien verursacht werden, zählen Harnwegsinfekte wie eine Blasenentzündung. Deutlich seltener sind dagegen Infektionen an anderen Organen zu verzeichnen, wie eine Bauchfellentzündung (Peritonitis), Infekte der Gallenwege, eine Magen-Darm-Grippe (Gastroenteritis), eine Entzündung der Vorsteherdrüse (Prostatitis), eine Nierenbeckenentzündung, ein Empyem (abgekapselte Eiteransammlung) oder eine Hirnhautentzündung (Meningitis). Mitunter sind auch schwere Verläufe wie eine Blutvergiftung (Sepsis) im Bereich des Möglichen.
Die Behandlung von Erkrankungen, die durch Proteus-Bakterien hervorgerufen werden, erfolgt in der Regel durch die Gabe von Antibiotika. So lassen sich die meisten Proteus-Arten durch Breitspektrum-Cephalosporine, die der zweiten und dritten Generation entstammen, sowie durch Chinolone erfolgreich behandeln. Handelt es sich um eine unkomplizierte Harnwegsinfektion, gilt auch Cotrimoxazol als hilfreich. In den meisten Fällen ruft die Spezies Proteus mirabilis die Infektionskrankheiten hervor. Gegen dieses Bakterium sind Cefazolin und Ampicillin erfolgversprechend.
Als nicht wirksam gegen Proteus vulgaris gelten Cephalosporine der ersten und zweiten Generation sowie Aminopenicilline, da das Bakterium gegen diese Antibiotika resistent ist. Dagegen entfalten andere Antibiotika, wie zum Beispiel Carbapaneme oder Cefotaxim sowie Beta-Lactamase-Inhibitoren eine positive Wirkung.
Sämtliche Proteus-Arten sind auf natürliche Weise gegen antibiotische Wirkstoffe wie Tetracycline, Nitrofurantoin, Colistin und Tigecyclin resistent. Die Resistenz der Proteus-Bakterien schwankt allerdings zeitlich sowie von Region zu Region, sodass das Erstellen eines Antibiogramms sinnvoll sein kann.
Quellen
- Alberts, B. et al: Molekularbiologie der Zelle. Wiley-VCH, Weinheim 2003
- Darai, G., Handermann, M. et al: Lexikon der Infektionskrankheiten des Menschen. Springer, Berlin 2011
- Wiedenmann, M.: Hygiene im Rettungsdienst. Urban & Fischer, München 2011