Pruritus ani

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Pruritus ani ist die lateinische und zugleich medizinische Bezeichnung für einen teils entzündlichen Juckreiz im Bereich des Darmausgangs. Der Pruritus ani ist ausschließlich ein Symptom und erhielt in der Klassifikation nach ICD-10 die Nummer L29.9.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Pruritus ani?

Nicht jeder Juckreiz im Bereich des Darmausgangs ist ein Pruritus ani. Der Gang zum Arzt ist nach angemessener Beobachtungszeit aber empfehlenswert.
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Sowohl in der Anal- als auch in der Perianalregion kann der Pruritus ani auftreten. Je nach Schweregrad geht er mit starken Rötungen, entzündeten Hautbereichen und einem brennenden Schmerz einher. Unbehandelt nimmt der Pruritus ani zügig die Form eines chronisches Leidens an, dass die Lebensqualität des Betroffenen stark einschränkt.

Aber auch akute Fälle sind aufgrund der zumeist schleppenden Heilung für den Patienten belastend und unangenehm. Obwohl der hartnäckige Juckreiz zu den weit verbreitetesten Anzeichen in der Proktologie, die sich auf Erkrankungen des Enddarms konzentriert, gehört, sind nur etwa ein bis fünf Prozent der Bevölkerung betroffen.

Eine mögliche Befangenheit angesichts der Körperregion lässt jedoch auf eine höhere Dunkelziffer schließen. Ferner wird das dermatologische Symptom oftmals als unbedeutend und gegeben akzeptiert. Der Pruritus ani zeigt sich in der Regel zwischen dem 30. und 60. Lebensjahr, wobei Frauen deutlich weniger betroffen sind.

Ursachen

In den meisten Fällen liegt dem Pruritus ani eine Erkrankung zugrunde. Bei jedem zweiten Betroffenen ist dies ein Hämorrhoidalleiden oder sogenannte Analfisteln oder -abszesse. Darüber hinaus können Risse in der Afterhaut (Fissuren), Anal- oder Darmkrebs sowie Pilz-, Virus- und Bakterieninfektionen den Juckreiz hervorrufen.

Weiterhin besteht die Möglichkeit, dass vom Darm- und Analbereich unabhängige Erkrankungen als Ursache fungieren. Hierzu zählen Diabetes mellitus, Defizite bei der Funktion von Leber und Nieren, Leukämie oder HIV. Selbst für Patienten mit Schuppenflechte oder bei der Einnahme von Antibiotika besteht die Gefahr eines Pruritus ani. In seltenen Fällen hat der Juckreiz psychologische Gründe.

Er tritt dann im Zusammenhang mit einer Depression, Angstzuständen oder Stresssituationen auf. Wahrscheinlicher ist hingegen ein Kausalzusammenhang mit einer allergischen Reaktion. Parfümierte Seifen, Cremes, aromatisiertes Toilettenpapier sowie Feuchttücher lösen immer häufiger ein kontaktallergisches Analekzem aus, das einen Pruritus ani nach sich zieht.

Gleiches gilt für eine mangelnde oder zu intensive Hygiene in diesem Bereich. Des Öfteren werden auch bestimmte Nahrungsmittel als Grund für den Juckreiz genannt. Ein diesbezüglicher medizinischer Nachweis wurde bisher allerdings nicht erbracht.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Von großer Wichtigkeit ist bei einem Pruritus ani der Gang zum Arzt. Ein mögliches Schamgefühl sollte bezwungen werden und der Hausarzt, Dermatologe oder Proktologe aufgesucht werden. Aufgrund der zwischenzeitlich mehr als einhundert bekannten Ursachen und der Gefahr einer bisher nicht diagnostizierten Erkrankung ist eine eingehende Diagnose essenziell.

Die zumeist sehr komplexe Diagnose erfolgt zunächst durch ein klärendes Gespräch, bei dem Gepflogenheiten hinsichtlich der Hygiene und des Stuhlgangs, Tabletteneinnahmen und mögliche Allergien besprochen werden. Es folgen eine Inaugenscheinnahme, ein Abtasten, eventuelle Abstriche, Biopsien oder Blutentnahmen. Auch die Durchführung eines Allergietests, einer Endoskopie des Enddarms oder einer Darmspiegelung sind mitunter sinnvoll.

Vereinzelt lässt sich trotz intensiver Diagnostik keine Ursache feststellen. Ein solch idiopathischer Pruritus ani ist dennoch ernst zu nehmen und ebenso heilbar. Nicht jeder Juckreiz im Bereich des Darmausgangs ist ein Pruritus ani. Der Gang zum Arzt ist nach angemessener Beobachtungszeit aber empfehlenswert. Nur auf diesem Wege lässt sich verhindern, dass der Pruritus ani chronisch verläuft und sich die Beschwerden intensivieren.

Komplikationen

Wenn es hin und wieder mal am After juckt, ist das normal. Bei ständigem Juckreiz durch einen Pruritus in der Analregion kann es zu einer wund gekratzten Analregion und nachfolgend zu weiteren Komplikationen kommen. Dies geschieht vor allem, wenn der Betroffene den Juckreiz nicht unterbinden kann und kratzt. Das könnte zum Beispiel nachts im Schlaf der Fall sein. Um Komplikationen zu vermeiden, sollte der Betroffene bei anhaltendem Juckreiz in der Analregion die Ursachen abklären lassen.

Durch die wund gekratzte Haut am After bilden sich leichter bakterielle Entzündungen. Dabei kann es langfristig zu Vernarbungen und Hautschäden rund um den After kommen. Die Hautschäden können sich beispielsweise als feine und schmerzhafte Analfissuren manifestieren. Die Fissuren vertiefen sich durch Pressen. Der Juckreiz in der Afterregion kann sich zudem chronifizieren. Es handelt sich dann um einen rezidivierenden Pruritus ani.

Ein chronisch gewordener Pruritus ani vervielfacht die Möglichkeit infektiöser und parasitärer Folgeerkrankungen in der Analregion. Durch das feuchtwarme Hautklima, den Kontakt mit Darmkeimen und Fäkal-Auscheidungen sowie durch die wund gekratzten Hautareale können sich leicht Hautpilze ansiedeln. Außerdem können sich Viren in den gereizten Hautfalten des Afters einnisten. Da ein Pruritus ani meist ein Begleitsymptom verschiedener Erkrankungen ist, lassen Komplikationen sich durch eine ursachenbezogene Behandlung verhindern.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Pruritus ani ist eine Erscheinung, die viele unterschiedliche Ursachen haben kann, deren Spektrum von harmlos bis zu einer Krebserkrankung reicht. Aus diesem Grund ist es immer ratsam, der Ursache auf den Grund zu gehen. Dazu sollte ein Arzt konsultiert werden. Es gibt aber Hinweise, deren Auftreten einen umgehenden Arztbesuch notwendig macht. Dazu zählen beispielsweise ertastbare Veränderungen in der Analregion. Sobald Betroffene des Pruritus ani knubbelähnliche Erscheinungen ertasten, sollte sofort ein Arzt konsultiert werden. Auch vermehrtes Bluten kann ein Warnhinweis sein, der nicht ignoriert werden sollte. Außerdem ist zu beachten, ob der Pruritus ani in Kombination mit anderen Symptomatiken auftritt. Ist dies der Fall, ist es immer ratsam, fachmännischen Rat einzuholen, da eine ernstzunehmende Darmerkrankung oder eine Infektion vorliegen könnte.

Auch bei stark erhöhtem Juckreiz, der dazu führt, dass Betroffene im Alltag stark eingeschränkt sind, ist eine Behandlung anzuraten. Insgesamt gilt, dass Pruritus ani im Zuge ärztlicher Behandlung oft komplett geheilt, in der Regel aber auf jede Fall gelindert werden kann.

Behandlung & Therapie

Die Behandlung des Pruritus ani geschieht zweigleisig. Im Vordergrund steht dabei die Bekämpfung der eigentlichen Ursache. Dementsprechend erfolgt zunächst die Heilung der jeweiligen Grunderkrankung, um dem Juckreiz seine Basis zu nehmen. Im Allgemeinen ist anschließend eine zügige Linderung der Beschwerden zu beobachten.

Die durch den Pruritus ani selbst verursachten Beschwerden können zusätzlich behandelt werden. Dies ist vor allem der Fall, wenn die Grunderkrankung schwerwiegend und mit einer zeitnahen Heilung nicht zu rechnen ist. Gewöhnlich erfolgt die Verschreibung von medizinischen Sitzbädern und entzündungshemmenden, teils betäubenden Salben, deren Anwendung vom Arzt überwacht werden sollte.

Eine Selbstmedikation ist bei einem Pruritus ani nicht angebracht, da bestimmte Salben oder Anwendungen den Juckreiz noch weiter verstärken können. Die sehr empfindliche Haut um den Analbereich ist durch einen Pruritus ani deutlich geschwächt. Reizungen jeder Art sind insofern durch den Patienten zu vermeiden. Toilettenpapier ist nicht zu verwenden. Vielmehr sollten Toilettengänge durch das gründliche Abspülen mit klarem Wasser beendet werden.

Betroffene sind außerdem dazu angehalten scharfem Essen (mit einem hohen Anteil an Capsaicin) und parfümierten Seifen fernzubleiben. Auch Wärme und Schweiß fördern die Irritation der Haut. Folglich ist eine luftdurchlässige Kleidung aus einem weichen, ungefärbten Baumwollstoff optimal. Besteht die Möglichkeit, sollte der Bereich sogar für kurze Zeiträume oder über Nacht frei liegen.


Vorbeugung

Das Vorbeugen eines Pruritus ani ist im Prinzip nur möglich, wenn ihm keine Erkrankung zu Grunde liegt. Andernfalls ist lediglich durch bestimmte Maßnahmen sein Auftreten hinauszuzögern beziehungsweise seine Intensität zu verringern. Ratsam ist vor allem eine sorgfältige und zugleich behutsame Reinigung des Bereiches.

Zu verwenden sind pH-neutrale Waschlotionen und unparfümiertes, weiches Toilettenpapier. Auf hautreizende Feuchttücher und starkes Reiben sollte hingegen gänzlich verzichtet werden. Um die Gefahr für Kontakallergien zu senken, darf die gereinigte Unterwäsche keine Waschmittelreste enthalten und auch auf allergieauslösende Stoffe in Bodylotions und Cremes sollte geachtet werden.

Nachsorge

Pruritus Ani, im Analbereich auftretender starker Juckreiz, kann durch verschiedene Grunderkrankungen ausgelöst werden. Nach ausführlicher Untersuchung und erfolgter ärztlicher Diagnose muss zunächst einmal die ursächliche Erkrankung konsequent behandelt werden. Ergänzend kann der Betroffene selbst pflegende Cremes einsetzen, mit denen er die Afterregion mehrmals täglich eincremt.

Wund- und Heilsalben mit Ringelblumen- oder Zaubernusszusatz eignen sich hierfür besonders gut. Können die Beschwerden trotz dieser Behandlung nicht ausreichend gemindert werden, kann der Arzt Cremes verschreiben, die Lidocain oder Procain enthalten und anästhetisch wirken. Schmerzlindernde Ibuprofen- oder Diclofenachaltige Gele sollten hingegen nicht verwendet werden, da sie die empfindliche Afterregion reizen und so den Juckreiz noch verschlimmern können.

Erleichterung bringen dem Patienten auch Sitzbäder mit Zusatz von sulfonierten Schieferölen, die in der Apotheke erhältlich sind. Bei der regelmäßigen Analhygiene empfehlen sich pH-neutrale Pflegeprodukte. Zu viele Waschungen sollten vermieden werden, um die empfindliche Afterregion nicht noch mehr zu reizen.

Häufig findet sich keine medizinische Ursache für den Pruritus Ani. Die idiopathische Erkrankung kann auch psychologische Gründe haben. Mit einer psychotherapeutischen Behandlung kann dem Patienten geholfen werden, sich von seiner Problemregion abzulenken und wieder ein beschwerdefreies Leben zu führen.

Das können Sie selbst tun

Da der Juckreiz verschiedene Ursachen haben kann, sollte die entsprechende Grunderkrankung ärztlich behandelt werden. Hier sichert Therapietreue und eine konsequente Durchführung der verschriebenen Maßnahmen den Erfolg.

Darüber hinaus helfen pflegende Cremes, mit denen der After ein- bis zweimal täglich eingecremt wird. Hierzu können Babycremes, Wund- und Heilsalben mit Ringelblume oder Hamamelis eingesetzt werden. Empfohlen werden auch Gele, die helles sulfoniertes Schieferöl enthalten und sowohl antimikrobiell als auch wundheilungsfördernd wirken. Sollte eine Pflegecreme nicht ausreichen und den Juckreiz nicht dauerhaft lindern können, verschreibt der Arzt eine anästhetisch wirkende Creme, die Lidocain oder Procain enthält. Schmerzlindernde Gele, die Ibuprofen oder Diclofenac enthalten, sind nicht angezeigt, weil sie die entzündete Afterregion unnötig reizen.

Hilfe bringen auch regelmäßige Sitzbäder in sulfonierten Schieferölen. Sie können selbst bei feuchten Wundverhältnissen Entzündungen und damit den Juckreiz lindern. Diese Sitzbäder sind in Apotheken erhältlich. Des weiteren sollte auf eine regelmäßige Analhygiene geachtet werden. Die verwendeten Pflegeprodukte sind am besten pH-neutral. Aber die Hygiene sollte auch nicht übertrieben werden, denn zu viele Waschungen reizen die empfindliche Analregion unnötig.

Wurde keine Ursache für den Pruritus ani gefunden, handelt es sich um einen idiopathische Erkrankung, die meist psychologische Ursachen hat. Hier hilft neben einer Psychotherapie oder psychotherapeutischen Krisenintervention auch ein veränderter Lifestyle, der von der Problemregion ablenkt.

Quellen

  • Brühl, W., Wienert, V., Herold, A.: Aktuelle Proktologie. Uni-Med, Bremen 2011
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Winkler, R., Otto, P., Schiedeck, T.: Proktologie. Thieme, Stuttgart 2011

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