Sättigungsgefühl

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 8. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Einer der Gründe, warum heute viele Menschen Probleme haben, ihr Gewicht zu halten oder zu reduzieren, liegt in einem gestörten Sättigungsgefühl. Das kann verschiedene Ursachen haben.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Sättigungsgefühl?

Einer der Gründe, warum heute viele Menschen Probleme haben, ihr Gewicht zu halten oder zu reduzieren, liegt in einem gestörten Sättigungsgefühl.

Ein Sättigungsgefühl ist ein Körpersignal, das sich beim Essen einstellt und dem Essenden anzeigt, dass er keine weitere Nahrung mehr aufnehmen kann. Es wird vom Gehirn gesteuert und ist ein vielschichtiger Vorgang, dessen Details noch nicht vollständig erforscht sind. Das Zusammenspiel von Hunger und Sättigung ist dafür zuständig, den Körper mit ausreichend Nahrung und Nährstoffen zu versorgen.

Dabei wird unterschieden zwischen einem Sättigungsgefühl und einer Sattheit, die sich erst eine Weile nach einer Mahlzeit einstellt. Bei Störungen des Sättigungsgefühls funktionieren die Regulierungsmechanismen des Körpers zwischen Hunger, Appetit und Sättigung nicht oder nicht mehr richtig.

Funktion & Aufgabe

Die Aufgabe des Sättigungsgefühls ist es, dem Körper anzuzeigen, wann er genügend Nahrung und Nährstoffe aufgenommen hat. Das Sättigungsgefühl ist quasi der Kontrahent des Hungergefühls, das dem Körper anzeigt, wann Nahrung benötigt wird. Durch das Zusammenspiel von Hunger und Sättigung wird die Nahrungsaufnahme reguliert.

Die Steuerung erfolgt über den Hypothalamus im Zwischenhirn. In diesem Bereich des Gehirns werden bei der Nahrungsaufnahme alle inneren und äußeren Reize bei der Nahrungsaufnahme ausgewertet und Botenstoffe ausgeschüttet, die dem Körper ein Sättigungsgefühl mitteilen. Sättigung ist dabei nicht gleichbedeutend mit Sattsein, das Sattsein stellt sich erst eine Weile nach einer Mahlzeit ein und beschreibt den Zustand nach einer Mahlzeit bis zum Einsetzen des nächsten Hungergefühls.

Im Hypothalamus gibt es ein Hungerzentrum und ein Sättigungszentrum, die zu unterschiedlichen Zeiten aktiv sind. Beide sind ein Teil des orexischen Netzwerks, dem die Steuerung der Nahrungsaufnahme obliegt. Erste Sättigungssignale beim Essen werden vom Magen gesendet, wenn die aufgenommene Nahrung die Wände des Magens dehnt. Dieses Reizsignal wird vom Hypothalamus empfangen.

Das Sättigungssignal geht jedoch nicht allein vom gefüllten Magen aus, sondern Chemorezeptoren senden parallel Signale, in welchem Umfang Nährstoffe aufgenommen wurden. Diese Rezeptoren befinden sich im Darm und in der Leber.

Beide Signale zusammen haben Auswirkungen auf das Sättigungsgefühl und die aufgenommene Nahrungsmenge. Wenn beispielsweise nur eine große Menge kalorienarmer Flüssigkeit getrunken wird, dehnt sich zwar der Magen aus und meldet ein Signal, aber die Chemorezeptoren reagieren nicht und es entsteht kein Sättigungsgefühl. Umgekehrt funktioniert es ähnlich. Wenn eine kleine Nahrungsmenge mit hoher Nährstoffdichte aufgenommen wurde, reagieren zwar die Chemorezeptoren, weil genügend Nährstoffe aufgenommen wurde, aber der Magen nicht, weil die Wände nicht genug gedehnt wurden.

Weitere Sättigungssignale werden von Hormonen, die im Darm beim Verdauungsvorgang gebildet werden, teils über das Blut, teils über Nervenbahnen ans Gehirn mitgeteilt, u. a. Insulin und Leptin. Sobald vielfältige Sättigungssignale an den Hypothalamus gesendet werden, reagiert er darauf mit der Ausschüttung von appetithemmenden Substanzen wie Serotonin.

Wie viele Faktoren beim Sättigungsgefühl zusammenwirken, ist noch nicht erforscht. Neben physiologischen Einflüssen spielen vermutlich auch psychologische eine Rolle.


Krankheiten & Beschwerden

Bei verschiedenen Essstörungen wie Übergewicht (Adipositas), Ess-Brechsucht (Bulimie) und Heißhungerattacken (Binge Eating) funktioniert das Zusammenspiel aus Hunger, Appetit und Sättigung nicht oder nicht mehr vollständig.

Auch wenn die Ursachen nicht ganz erforscht sind, konnte nachgewiesen werden, dass bei Menschen, die häufig große Portionen zu sich nehmen, die Magenwände länger brauchen, bis sie auf die Dehnung reagieren. Dadurch neigen sie dazu, zu viel zu essen. Hastig Essende essen wiederum so schnell, dass die Mahlzeit schon vorbei ist, bevor überhaupt ein Sättigungsgefühl gemeldet wird.

Bei übergewichtigen Menschen ist nicht ganz klar, ob bei ihnen keine richtigen Sättigungssignale mehr gesendet werden oder ob sie sie nicht richtig wahrnehmen können. Forscher vermuten, dass häufige Diäten den Stoffwechsel irritieren und damit auch die Regulierung von Hunger und Sättigung. Der Körper befürchtet aufgrund von Diäterfahrungen, dass er für zukünftige "Hungerperioden" wie Diäten Reserven anlegen muss und sendet kein Sättigungsgefühl mehr.

Auch psychische Probleme können das Gleichgewicht von Appetit, Hunger und Sättigung beeinflussen und erheblich stören, z. B. Angst, Wut, Trauer oder Anspannung. Bei Menschen mit Heißhungeranfällen, wie sie bei Bulimie, Binge-Eating, aber auch bei manchen Übergewichtigen vorkommen, geht die Kontrolle über Hunger und Sättigung komplett verloren. Sie beenden das Essen oft erst durch den Brechreiz.

Psychologen sehen eine der Ursachen in einem zu strikt reglementierten Essverhalten, sowohl bei Diäten als auch bei einem permanent kopfgesteuerten Essen. Menschen, die kopfgesteuert essen, vermeiden "ungesunde" Nahrungsmittel und hören schon vor dem Einsetzen der Sättigung mit dem Essen auf, um Kalorien einzusparen. Dadurch bleibt der Körper ständig unterhalb der benötigten Kalorienmenge und wehrt sich, nach Ansicht der Psychologen, irgendwann in Form von Heißhungerattacken, wenn die Kontrolle des Willens z. B. durch Stress geschwächt ist. Der Jo-Jo-Effekt nach einer Gewichtsabnahme durch Diäten ist ein Beispiel dafür.

Quellen

  • Arasteh, K., et. al.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • I care Krankheitslehre. Thieme, Stuttgart 2015

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