Salicylsäure

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 21. August 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Salicylsäure ist eine aromatische Verbindung mit antimikrobieller, schmerzstillender, entzündungshemmender, fiebersenkender und gerinnungshemmender Wirkung. Die Verbindung kommt natürlicherweise in zahlreichen Pflanzenarten vor, kann heute aber auch synthetisch hergestellt werden. Bekannt ist die Salicylsäure v. a. als Ausgangssubstanz für die Herstellung von Aspirin.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Salicylsäure?

Die wohl bekannteste pharmazeutische Anwendung der Salicylsäure ist das Aspirin.

Salicylsäure ist ein natürlicher Pflanzenwirkstoff, der in zahlreichen Pflanzen vorkommt und eine bedeutende Rolle in der Medizin und Kosmetik spielt. Chemisch gesehen ist Salicylsäure als ortho-Hydroxybenzoesäure bekannt, was sich auf ihre Struktur bezieht: Sie besteht aus einem Benzolring, an den sowohl eine Carboxygruppe (-COOH) als auch eine Hydroxygruppe (-OH) gebunden sind. Diese spezifische Anordnung verleiht der Salicylsäure ihre charakteristischen chemischen Eigenschaften und biologischen Wirkungen.

Der Name „Salicylsäure“ leitet sich vom lateinischen Wort "Salix" für Weide ab, da der Wirkstoff ursprünglich aus der Weidenrinde isoliert wurde. Darüber hinaus ist die Verbindung auch unter dem Namen „Spirsäure“ bekannt, da sie aus der Pflanze Spierstaude (Filipendula ulmaria) gewonnen wird. Diese Pflanze, die früher als „Spiraea“ bekannt war, inspirierte den Namen des weltweit bekannten Medikaments „Aspirin“. Der Name „Aspirin“ setzt sich zusammen aus „A“ für Acetyl und „spirin“ für die Spirsäure, die als Ausgangssubstanz für die Synthese von Acetylsalicylsäure dient.

Salicylsäure ist heute weit verbreitet und wird nicht nur als entzündungshemmendes und schmerzlinderndes Mittel eingesetzt, sondern auch in der Hautpflege, insbesondere zur Behandlung von Akne und Schuppenflechte. Ihre keratolytischen Eigenschaften machen sie zu einem effektiven Mittel zur Entfernung von abgestorbenen Hautzellen und zur Verbesserung des Hautbildes.

Medizinische Anwendung, Wirkung & Gebrauch

Pflanzen bilden Salicylsäure für ihr eigenes Abwehrsystem als antimikrobiellen und immunregulatorischen Wirkstoff. Im menschlichen Organismus wirkt die Salicylsäure nicht nur antimikrobiell, sondern auch schmerzstillend, entzündungshemmend, fiebersenkend und gerinnungshemmend.

Schmerzen und Entzündungen verringert sie durch einen Eingriff in den Gewebestoffwechsel: Bei lokaler Gewebeschädigung setzen Zellen Arachidonsäure frei. Diese wird enzymatisch in Prostaglandine umgewandelt - das sind Signalmoleküle, die Fieber, Entzündungsreaktionen und Schmerzen hervorrufen. Salicylsäure blockiert das Enzym für die Umwandlung von Arachidonsäure und damit auch die weitere Reaktionskette. Für die Entdeckung dieses Blockademechanismus erhielt der britische Pharmakologe John Robert Vane 1982 den Medizinnobelpreis.

Auch in die Blutgerinnung greift Salicylsäure über genau diesen Wirkmechanismus ein: Vereinfacht dargestellt müssen sich bei der Blutgerinnung Blutgefäße zusammenziehen und Blutplättchen miteinander verkleben. Auch diese Vorgänge werden wiederum von Prostaglandinen sowie von Thromboxanen gesteuert. Salicylsäure blockiert auch hier die Synthese der Signalmoleküle, sodass die Thrombozytenaggregation nur unzureichend abläuft.

Pflanzliche, natürliche & pharmazeutische Salicylsäure

Die positiven Wirkungen der Salicylsäure auf den Menschen entdeckten schon die alten Griechen und die Ureinwohner Nordamerikas: In beiden Kulturen braute man aus der Rinde von Weiden einen schmerzstillenden Tee. Noch heute werden Weidenextrakte in der Homöopathie verwendet, am häufigsten bei Rheumatismus, Erschöpfungszuständen, Ohrenklingeln und Taubheit.

Daneben gibt es verschiedene chemische Verabreichungsformen in der Schulmedizin: Die wohl bekannteste pharmazeutische Anwendung der Salicylsäure ist das Aspirin. Um Aspirin herzustellen, verestert man Salicylsäure mit Essigsäurenanhydrid zu Acetylsalicylsäure (ASS). ASS-haltige Präparate werden u. a. gegen Schmerzen, zur Fiebersenkung, als Antirheumatikum und zur Thromboseprophylaxe eingesetzt. Auch zahlreiche andere Schmerzmittel (Analgetika) enthalten Salicylsäure bzw. Acetylsalicylsäure.

Mit Bismut kann Salicylsäure zu Bismutsalzen reagieren - diese lindern gastrointestinale Beschwerden wie Durchfall oder Sodbrennen. Ein weiteres Anwendungsfeld ist die Dermatologie: In der Aknetherapie kommt Salicylsäure als 5%-ige Lösung zum Einsatz, die Bakterien und übermäßige Verhornung bekämpft. Als höher dosierte Lösung kann sie auch Warzen und Hühneraugen auflösen. Studien deuten darauf hin, dass Salicylsäure auch diversen Krebsarten vorbeugt.

Diese Wirkung ist aber noch unzureichend erforscht. Nicht nur in Medikamenten, auch in der Kosmetikindustrie findet Salicylsäure Verwendung: Als Farb- und Riechstoffe werden Salicylsäureester z. B. Badezusätzen, Cremes, Salben und Parfums zugesetzt. Außerdem sind sie als UV-Filter in Sonnencremes enthalten. Früher war Salicylsäure auch oft als Konservierungsmittel in Lebensmitteln enthalten. Dies ist aber heutzutage verboten.


Verabreichung & Dosierung

Bei der Verabreichung und Dosierung von Salicylsäure, die häufig in der Dermatologie zur Behandlung von Hauterkrankungen wie Akne, Warzen und Schuppenflechte verwendet wird, gibt es mehrere wichtige Aspekte zu beachten. Salicylsäure ist in verschiedenen Konzentrationen erhältlich, die je nach Anwendungsgebiet variieren. Niedrig dosierte Produkte (bis zu 2%) werden oft zur Aknebehandlung eingesetzt, während höhere Konzentrationen (bis zu 40%) bei der Entfernung von Warzen oder Hornhaut verwendet werden.

Die Anwendung sollte immer gemäß den Anweisungen des Arztes oder den Angaben auf der Verpackung erfolgen. Salicylsäure sollte nur auf die betroffenen Hautbereiche aufgetragen und der Kontakt mit gesunder Haut vermieden werden, um Irritationen zu verhindern. Bei der Behandlung von Akne oder Schuppenflechte kann die Salicylsäure in Form von Cremes, Gelen oder Lotionen verwendet werden, während bei Warzen oft Pflaster oder hochkonzentrierte Lösungen zum Einsatz kommen.

Besondere Vorsicht ist bei empfindlicher Haut geboten, da Salicylsäure Reizungen oder Trockenheit verursachen kann. In solchen Fällen kann eine niedrigere Konzentration oder eine weniger häufige Anwendung notwendig sein. Bei großflächiger Anwendung, insbesondere bei höheren Konzentrationen, besteht das Risiko einer systemischen Resorption, was zu Nebenwirkungen wie Salicylatvergiftung führen kann, insbesondere bei Kindern.

Salicylsäure sollte nicht bei offenen Wunden, gereizter oder entzündeter Haut angewendet werden. Während der Schwangerschaft und Stillzeit sollte die Verwendung von Salicylsäure nur nach Rücksprache mit einem Arzt erfolgen, um mögliche Risiken für das Kind zu minimieren.

Risiken & Nebenwirkungen

In höheren Dosen wirkt Salicylsäure toxisch. Sie reizt Haut und Schleimhäute bis hin zu Blutungen. Außerdem kann sie allergische Reaktionen, Übersäuerung, Atembeschwerden und Nierenschäden hervorrufen.

Auch Innenohrschäden werden beobachtet. Die gerinnungshemmende Wirkung von Salicylsäure, die man sich bei der Thromboseprophylaxe zu Nutzen macht, kann bei Blutungen (z. B. nach Unfällen) lebensgefährlich werden. Vor Operationen dürfen wegen der Blutungsgefahr für mehrere Tage keine ASS-haltigen Medikamente eingenommen werden. Acetylsalicylsäure gilt als die verträglichere Verabreichungsform von Salicylsäure, aber auch sie lässt häufig Nebenwirkungen auftreten.

Besonders typisch sind gastrointestinale Beschwerden nach chronischer oraler Einnahme von Aspirin oder verwandten Mitteln. Die Magenschleimhaut bildet Prostaglandine, um die Magensäuresekretion zu regulieren. Wenn ASS die Prostaglandin-Synthese hemmt, entsteht zu viel Magensäure. Die Säure greift die Schleimhaut an und führt zu Entzündungen, Geschwüren und Blutungen.

Im Extremfall kann der Blutverlust bei einer starken Magenblutung sogar zum hypovolämischen Schock und zum Tod führen. Bei einer dauerhaften ASS-Therapie können orale Säureblocker derartigen Magenproblemen vorbeugen.

Kontraindikationen

Typische Kontraindikationen bei der Verwendung von Salicylsäure betreffen vor allem Patienten mit bestimmten Hauterkrankungen, Allergien und gesundheitlichen Bedingungen. Eine der Hauptkontraindikationen ist das Vorhandensein einer Salicylat-Allergie. Personen, die auf Salicylate empfindlich reagieren, sollten Salicylsäure-haltige Produkte vermeiden, da dies zu allergischen Reaktionen wie Hautausschlägen, Juckreiz oder sogar schwerwiegenderen Reaktionen wie Atemnot führen kann.

Salicylsäure sollte nicht auf offenen Wunden, entzündeter oder stark gereizter Haut angewendet werden, da dies zu verstärkten Irritationen, Brennen und einer Verschlechterung der Hautläsionen führen kann. Auch bei Patienten mit Rosazea oder perioraler Dermatitis wird von der Anwendung abgeraten, da Salicylsäure die Symptome verschlimmern kann.

Eine weitere wichtige Kontraindikation betrifft Kinder, insbesondere solche unter drei Jahren. Bei Kleinkindern besteht das Risiko einer systemischen Resorption und einer möglichen Salicylatvergiftung, insbesondere wenn Salicylsäure großflächig oder in hohen Konzentrationen angewendet wird. Daher sollte die Verwendung bei Kindern nur unter strenger ärztlicher Aufsicht erfolgen.

Auch während der Schwangerschaft und Stillzeit ist Vorsicht geboten. Obwohl Salicylsäure in niedrigen Konzentrationen allgemein als sicher gilt, sollte ihre Anwendung in diesen Lebensphasen nur nach Rücksprache mit einem Arzt erfolgen, um mögliche Risiken für das ungeborene Kind oder den Säugling zu vermeiden.

Interaktionen mit anderen Medikamenten

Bei der Verwendung von Salicylsäure können mehrere wichtige Interaktionen mit anderen Medikamenten auftreten. Salicylsäure, insbesondere wenn sie in hohen Konzentrationen oder über große Hautflächen angewendet wird, kann systemisch resorbiert werden und so Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln verursachen.

Eine der bekanntesten Interaktionen betrifft Antikoagulanzien wie Warfarin. Salicylsäure kann die Blutungsneigung erhöhen, indem sie die Wirkung dieser Blutverdünner verstärkt. Dies erhöht das Risiko für Blutungen, insbesondere bei Patienten, die bereits ein erhöhtes Blutungsrisiko haben.

Weiterhin kann Salicylsäure die Resorption von topisch angewendeten Kortikosteroiden beeinflussen. Bei gleichzeitiger Anwendung kann es zu einer verstärkten Aufnahme der Kortikosteroide kommen, was das Risiko für systemische Nebenwirkungen erhöht, insbesondere bei hochdosierten oder langzeitig angewendeten Präparaten.

Salicylsäure kann auch die Haut durchlässiger machen, was die Absorption anderer topischer Medikamente verstärken kann. Dies kann zu einer erhöhten systemischen Exposition gegenüber diesen Wirkstoffen führen, was insbesondere bei Medikamenten mit engem therapeutischen Fenster problematisch sein kann.

Darüber hinaus sollten Patienten, die systemische Salicylate (wie Aspirin) einnehmen, vorsichtig sein, da die zusätzliche Anwendung von Salicylsäure zu einer erhöhten Gesamtbelastung mit Salicylaten führen kann. Dies könnte das Risiko für eine Salicylatvergiftung erhöhen, besonders bei empfindlichen Personen oder solchen mit eingeschränkter Nierenfunktion.

Daher sollte die gleichzeitige Anwendung von Salicylsäure und anderen Medikamenten stets ärztlich überwacht werden, um potenzielle Wechselwirkungen zu minimieren.

Alternative Behandlungsmethoden

Wenn Salicylsäure nicht vertragen wird, gibt es verschiedene alternative Behandlungsmethoden und Wirkstoffe, die zur Behandlung von Hauterkrankungen wie Akne, Warzen oder Schuppenflechte eingesetzt werden können. Ein häufig verwendeter Wirkstoff ist Benzoylperoxid, insbesondere bei der Behandlung von Akne. Benzoylperoxid wirkt antibakteriell und keratolytisch, wodurch es die Poren freihält und Entzündungen reduziert.

Eine weitere Alternative ist Azelainsäure, die sowohl bei Akne als auch bei Rosazea eingesetzt wird. Azelainsäure hat entzündungshemmende und antimikrobielle Eigenschaften und ist besonders geeignet für Patienten mit empfindlicher Haut, die Salicylsäure nicht vertragen.

Für die Behandlung von Warzen können auch Kryotherapie (Vereisung) oder chemische Wirkstoffe wie Trichloressigsäure verwendet werden. Diese Methoden zielen darauf ab, das Warzengewebe zu zerstören, ohne die reizenden Eigenschaften von Salicylsäure.

Bei Schuppenflechte können alternative topische Behandlungen wie Vitamin-D-Analoga (z. B. Calcipotriol) oder Kortikosteroide verwendet werden, die Entzündungen und übermäßige Hautzellproduktion reduzieren.

Auch natürliche oder sanftere Alternativen wie Teebaumöl, das antimikrobielle und entzündungshemmende Eigenschaften hat, können bei leichter Akne oder Hautirritationen eine Option sein. Für Patienten, die auf chemische Exfolianten verzichten möchten, können milde Peelings mit Milchsäure oder Mandelsäure in Betracht gezogen werden, die weniger irritierend sind.

Lebensstiländerungen, wie eine ausgewogene Ernährung und regelmäßige Hautpflege, können ebenfalls helfen, Hautprobleme zu lindern, wenn Salicylsäure nicht verwendet werden kann.

Quellen

  • "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
  • "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
  • "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor

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