Spinaler Abzess
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 28. Februar 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Ein spinaler Abszess kann verschiedene Ursachen haben. Wird er nicht rechtzeitig operativ und antibiotisch behandelt, kann der Patient eine Querschnittslähmung bekommen oder sogar an einer Blutvergiftung sterben. Ursächlich sind oft Infektionen, die an anderen Stellen im Körper entstehen und sich über den Blutkreislauf ausbreiten.
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Was ist ein spinaler Abszess?
Ein spinaler Abszess ist eine Eiter-Ansammlung im Spinalkanal. Sie kommt mit einer Wahrscheinlichkeit von 1:10.000 Krankenhauseinweisungen vor (Tendenz steigend). Spinale Abszesse können außerhalb der harten Hirnhaut des Rückenmarks (epidural) und außerhalb oder innerhalb des Rückenmarks (extramedullär, intramedullär) lokalisiert sein. Etwa die Hälfte aller statistisch belegten spinalen Abszesse befinden sich epidural im Bereich der Brustwirbelsäule.
Die meisten Patienten sind zwischen 40 und 75 Jahre alt. Die Erkrankung tritt meist in Kombination mit einer Spondylodiszitis auf. Bei ihr handelt es sich um eine Infektion von Wirbelknochen und dazu gehöriger Bandscheibe. Im fortgeschrittenen Stadium ist der spinale Abszess oft von einem Eiter-Sack umhüllt. Seine Ausdehnung im Wirbelkanal ist mit Schmerzen verbunden. Wird der Abszess nicht behandelt, umfasst er schon innerhalb kurzer Zeit einen ganzen Wirbelsäulen-Abschnitt.
Patienten mit geschwächtem Immunsystem (HIV-Infizierte), mit Diabetes mellitus, Niereninsuffizienz und chronisch Kranke haben ein erhöhtes Risiko, einen spinalen Abszess zu bekommen.
Ursachen
Auch Operationen an der Wirbelsäule (Bandscheiben-Operationen), gelegte Epidural-Katheter, die örtliche Betäubung der unteren Körperhälfte zur Durchführung eines chirurgischen Eingriffs (Peridural-Anästhesie) und Lumbal-Punktionen können zum Auftreten von spinalen Abszessen führen. Die Wahrscheinlichkeit, sich über eine konservative Schmerz-Therapie des Ischias oder Hexenschuss mit Kortikoiden eine Wirbelkanal Vereiterung zuzuziehen, liegt zwischen 1:1.000 und 1:100.000.
Auch die - wenn auch sehr selten vorkommende - falsche Platzierung eines Katheters, eine unzureichende Sterilität des Katheters und ein zu lange gelegter Katheter können zu einer solchen Eiter-Ansammlung führen. Dasselbe gilt für die Entzündung von Wirbelkörpern (Osteomyelitis). Mitunter sind sogar Tätowierungen und die Behandlung mit Akupunkturnadeln Risikofaktoren. Die meisten spinalen Abszesse werden durch eine Infektion mit Staphylococcus aureus hervorgerufen.
Seltener kommt es durch E. coli, anaerobe und aerobe Streptokokken, Salmonellen, Pseudomonas aeruginosa, Tuberkel-Bakterien, Pilze und Parasiten zu einem spinalen Abszess. Besorgniserregend ist in letzter Zeit die hohe Anzahl von Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus Erregern, die an der Entstehung der Infektion beteiligt sind. In etwa zehn Prozent der Fälle ist eine Mischinfektion ursächlich.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Erste Symptome des Abszesses sind hohes Fieber und Abgeschlagenheit. Die Patienten haben starke Druckschmerzen auf der Höhe des Abszesses. In fortgeschrittenen Stadien zeigt sich die Rückenmarksschädigung in Form von neurologischen Ausfällen und motorischen Defiziten. Werden sie nicht innerhalb eines Tages behandelt, ist eine Querschnittslähmung (Paraplegie) mit gestörter Blasen und Darmentleerung die unweigerliche Folge.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Die Erkrankung wird meist mithilfe bildgebender Verfahren wie Kernspintomografie (MRT) und Computertomografie (CT) erkannt. Das MRT zeigt die genaue Ausdehnung der Eiteransammlung. Außerdem wird dem Patienten zerebrospinale Flüssigkeit entnommen. Ergibt die Analyse einen erhöhten Anteil an Eiweißen und weißen Blutkörperchen, liegt ein spinaler Abszess vor.
Der Befund wird gestützt durch eine erhöhte Blutsenkungsgeschwindigkeit. Der spinale Abszess verläuft wegen der schnellen Ausbreitung der Bakterien meist subakut und akut. Chronische Verläufe kommen dann vor, wenn er durch eine in seiner direkten Umgebung lokalisierte Infektion (Spondylodiszitis, Osteomyelitis) verursacht wurde. Bei akuten Verläufen muss schnell gehandelt werden, um eine vollständige Lähmung zu verhindern.
Komplikationen
Die Betroffenen leiden in erster Linie an einer starken Abgeschlagenheit und weiterhin auch an Fieber. Es kommt zu Druckschmerzen und damit zu starken Bewegungseinschränkungen. Durch diese Einschränkungen leiden viele Patienten auch an psychischen Beschwerden oder an Depressionen. Weiterhin treten neurologische Ausfälle oder Lähmungen auf.
Werden diese nicht behandelt, kommt es in den meisten Fällen zu einer Querschnittslähmung. Der Patient ist dann auf einen Rollstuhl und in der Regel auch auf die Hilfe anderer Menschen in seinem Alltag angewiesen. Die Behandlung richtet sich sehr stark nach der genauen Ursache und nach den Beschwerden. Falls die Behandlung allerdings schon früh eingeleitet wird, können die meisten Beschwerden gelindert und Komplikationen vermieden werden. Weiterhin sind die Betroffenen auch auf Reha-Maßnahmen angewiesen, um eine vollständige Bewegung wiederherzustellen.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Bei dieser Krankheit ist immer ein Besuch bei einem Arzt notwendig. In der Regel kann es dabei nicht zu einer selbstständigen Heilung kommen, sodass der Betroffene in jedem Falle auf eine ärztliche Untersuchung und Behandlung angewiesen ist. Nur durch eine richtige Behandlung können weitere Beschwerden und Kompilationen verhindert werden. Im schlimmsten Falle verstirbt der Betroffene an einer Blutvergiftung. Ein Arzt ist dann aufzusuchen, wenn der Betroffene an einem starken Fieber und an einer starken Abgeschlagenheit leidet.
In den meisten Fällen kommt es weiterhin auch am Abszess zu starken Schmerzen, die ohne einen besonderen Grund und vor allem auch dauerhaft auftreten. Auch eine Querschnittslähmung kann auf diese Krankheit hindeuten und sollte immer von einem Arzt untersucht und behandelt werde. In der Regel kann diese Krankheit durch einen Allgemeinarzt erkannt und diagnostiziert werden. Ob dabei eine vollständige Heilung möglich ist, kann nicht universell vorausgesagt werden.
Behandlung & Therapie
Befindet sich der Patient in einem fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung oder hat er eine Blutvergiftung, so muss er schnellstens operiert werden. Bei der Laminektomie werden angesammelter Eiter und Granulationsgewebe von hinten entfernt. Ist der Abszess größer, müssen an verschiedenen Stellen des Wirbelkanals Drainagen gelegt werden.
Die entnommene Flüssigkeit wird analysiert, um später die geeigneten Antibiotika verordnen zu können. Die Drainage erfolgt meist als Spül-Saug-Drainage: Die Höhle, in der sich die Eiteransammlung befindet, wird später noch zusätzlich ausgespült. Ergibt die Liquorpunktion beispielsweise, dass der Abszess durch eine Hirnhautentzündung hervorgerufen wurde - die entnommene Flüssigkeit ist dann gelblich-trüb - muss sie ebenfalls behandelt werden. Dasselbe gilt für die anderen Primär-Infektionen, die zum Auftreten eines spinalen Abszesses führen.
Die Kombinations-Therapie mit Antibiotika erfolgt in den ersten Tagen intravenös und in den darauf folgenden Wochen über die Verabreichung von Tabletten. Patienten, die noch keine neurologischen Defizite zeigen, werden mitunter nur Antibiotika gegeben. Kann das Anwachsen des Abszesses damit nicht aufgehalten werden, ist ein operativer Eingriff notwendig. Wird der Betroffene rechtzeitig operiert, hat er gute Heilungschancen, wenn die Primärinfektion ebenfalls schnellstmöglich erkannt und behandelt wird und es in der Folgezeit zu keinen Komplikationen kommt.
Weniger gut ist die Prognose bei Erkrankten, die noch zusätzlich mehrere chronische Krankheiten haben. Die medizinische Nachsorge umfasst regelmäßige Laboruntersuchungen, radiologische Kontrollen und eine physiotherapeutische Reha-Maßnahme.
Vorbeugung
Als vorbeugende Maßnahme wird insbesondere Patienten aus Risikogruppen empfohlen, Infektionen an Haut, Zähnen und Atemwegen umgehend ärztlich behandeln zu lassen oder aber sie schon im Vorfeld zu verhindern (falls möglich).
Nachsorge
Der spinale Abszess erfordert einen operativen Eingriff. In der Nachsorge sind die häufig grundlegend vorhandenen Beeinträchtigungen des Patienten zu berücksichtigen. Zusätzlich zur Operation war in der Akuttherapie eine Antibiose notwendig. Der Darm des Betroffenen kann hier von der Antibiotikum-Einnahme geschädigt worden sein, da die Darmbakterien durch das Antibiotikum mit angegriffen werden.
Hier ist ein Aufbau der Darmflora nach der Einnahme der Antibiotika unerlässlich, teilweise wird mit solchen Maßnahmen schon während der Antibiose begonnen, spätestens direkt in der Nachsorge sollte dieser Aspekt jedoch nicht unberücksichtigt bleiben. Die Operationswunde muss kontrolliert werden, um sicher zu gehen, dass sich keine Entzündung bildet oder etwaige Bakterien des Abszesses selbst im Organismus verblieben sind. Die Nachsorge wird dabei zumeist von einem Facharzt, einem Orthopäden, Chirurgen oder Neurochirurgen begleitet.
Viele Patienten, die einen spinalen Abszess erleiden, haben ein geschwächtes Immunsystem, wie beispielsweise Diabetiker oder Patienten mit Nierenleiden. Wichtig ist zudem in der Nachsorge der Ausschluss einer Thrombose und damit einhergehenden Lungenembolie als Spätfolge. Diese Komplikation kann durch Lähmungserscheinungen beim Patienten entstehen und ist deshalb genau zu beobachten.
Spätfolgen sind für den Patienten je nach Auswirkungen des spinalen Abszesses nicht auszuschließen. Es bedarf hier einer fachärztlichen Betreuung.
Das können Sie selbst tun
Die Möglichkeiten der Selbsthilfe sind zur Heilung eines spinalen Abzesses unzureichend. Daher sollte bei den ersten gesundheitlichen Unregelmäßigkeiten die Zusammenarbeit mit einem Arzt gesucht werden. Bei entstehenden Infektionen kann es zu lebensbedrohlichen Entwicklungen kommen. Daher ist es notwendig, medizinische Versorgung in Anspruch zu nehmen. Es sollte ein gutes Vertrauensverhältnis zum behandelnden Arzt aufgebaut werden, da dies förderlich für den weiteren Verlauf ist.
Regelmäßige Kontrolluntersuchungen zur Vorsorge sind anzuraten, damit bereits bei den ersten Unregelmäßigkeiten entsprechend reagiert werden kann. Jeder Betroffene kann für sich selbst und die Optimierung seiner Gesundheit eine ausgewogene Ernährung, ausreichende Bewegung sowie die Vermeidung von Schadstoffen in Anspruch nehmen. Eine gesunde Lebensführung trägt erheblich für einen positiven Krankheitsverlauf und für die Linderung von vorhandenen Beschwerden bei.
Werden physiotherapeutische Maßnahmen eingeleitet, können die erlernten Übungseinheiten auch außerhalb einer Therapie angewendet werden. Bewegungsabläufe sind zu optimieren und Überlastungen des Körpers sollten grundsätzlich vermieden werden. Bei sportlichen Aktivitäten ist darauf zu achten, dass diese an die Vorgaben des Organismus angepasst werden und Überanstrengung vermieden werden. Hilfreich ist ebenfalls eine ausgewogene Freizeitgestaltung. Mit einer positiven Einstellung dem Leben gegenüber, Humor und einem stabilen sozialen Umfeld lassen sich die Herausforderung der Erkrankung deutlich besser meistern.
Quellen
- Berlit, P.: Basiswissen Neurologie. Springer, Berlin 2007
- Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
- Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013