Spondylodiszitis
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Eine Spondylodiszitis ist mit einer Inzidenz von 1:250.000 eine seltene entzündliche Infektion der Bandscheibe mit Beteiligung der benachbarten Wirbelkörper. Männer sind mit einem durchschnittlichen Verhältnis von 3:1 häufiger von einer Spondylodiszitis betroffen als Frauen, wobei der Altersgipfel in aller Regel zwischen dem 50. und 70. Lebensjahr liegt.
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Was ist eine Spondylodiszitis?
Als Spondylodiszitis wird eine seltene Entzündung des Bandscheibenraums sowie der angrenzenden Wirbelkörper bezeichnet, die zumeist auf eine bakterielle Infektion zurückzuführen ist.
Die Erkrankung wird dem Spektrum der Osteomyelitiden (Knochen- bzw. Knochenmarkentzündungen) zugeordnet. Oftmals zeichnet sich eine Spondylodiszitis durch eine anfänglich unspezifische Symptomatik aus, weshalb die Erkrankung in vielen Fällen erst nach zwei bis sechs Monaten diagnostiziert wird. Allgemein wird in Abhängigkeit von der zugrundeliegenden Ursache zwischen einer endogenen und exogenen Spondylodiszitis differenziert.
Bei einer endogenen Spondylodiszitis befindet sich der auslösende Infektionsherd in wirbelkörperfernen Strukturen, von denen aus die Erreger über eine hämatogene Streuung (über die Blutbahn) einen bzw. mehrere Wirbelkörper besiedeln, wobei oftmals die ventralen Wirbelsäulensegmente betroffen sind. Dagegen wird eine exogene Spondylodiszitis unter anderem durch wirbelkörpernahe Injektionen oder chirurgische Eingriffe hervorgerufen.
Ursachen
Die häufigsten bakteriellen Erreger stellen hierbei mit 30 bis 80 Prozent Staphylococcus aureus sowie Escherichia coli dar. Darüber hinaus wird eine Spondylodiszitis mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen wie rheumatoide Arthritis oder Spondylitis ankylosans, einer Exposition gegenüber chemischen Noxen, beispielsweise im Rahmen einer enzymatischen Chemonukleolyse, sowie in seltenen Fällen mit einer lumbalen Bandscheibenoperation (zwischen 0,1 bis 3 %) assoziiert.
Die Erreger befallen endo- oder exogen die Bandscheibe und breiten sich auf die angrenzenden Wirbelkörper aus, wo sie destruktive Prozesse am Knochengewebe bedingen. Endogene Spondylodiszitiden werden in vielen Fällen durch Tuberkulose, die sich im weiteren Verlauf auch am Skelett respektive an der Wirbelsäule manifestiert, bedingt (tuberkulöse Spondylodiszitis).
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Die Spondylodiszitis oder Bandscheibenentzündung äußert sich durch sehr unterschiedliche Symptome und Verlaufsformen. Ausschlaggebend für die Symptomatik ist der Ort und die Ursache der Entzündung. So gibt es neben völlig unauffälligen Verläufen auch lebensbedrohliche septische Krankheitsverläufe. Am Anfang sind generell kaum Beschwerden vorhanden, sodass die Spondylodiszitis zunächst meist unentdeckt bleibt.
Dann kann eine Phase folgen, in welcher sich schnell verschlimmernde Schmerzen einstellen. Die Schmerzen treten in der Regel lokal an der betroffenen Stelle auf. Dabei handelt es sich um Druck- oder Klopfschmerzen, die sich bei Belastung noch verstärken. Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule strahlen oft in Hals und Arme aus. Bei Entzündungen im Bereich der Lendenwirbelsäule strahlen die Schmerzen häufig in die Beine aus.
Die Beweglichkeit der Wirbelsäule ist stark eingeschränkt. Bei einer Ausdehnung der Entzündung sind die Schmerzen nicht mehr lokalisiert, sondern betreffen den gesamten Rücken. Die häufigste Form der Spondylodiszitis wird durch eine bakterielle Infektion ausgelöst. Im Rahmen der bakteriellen Spondylodiszitis kommt es neben den typischen Schmerzen noch zu Fieber, Abgeschlagenheit und Gliederschmerzen, also zu Zeichen einer allgemeinen Infektion.
In seltenen Fällen sind bei Spondylodiszitis auch neurologische Ausfälle, Lähmungserscheinungen und starke Reizungen der Nervenwurzeln möglich. Die Nervenwurzelreizungen verschärfen die gesamte Schmerzsituation im Körper. Sie führen dazu, dass die Schmerzen außerhalb der eigentlichen Schmerzquelle in anderen Körperbereichen sogar noch stärker empfunden werden.
Diagnose & Verlauf
Ein Verdacht auf das Vorliegen einer Spondylodiszitis resultiert aus charakteristischen klinischen Symptomen wie Klopf-, Fersenfall- und Stauchungsschmerz bei geringem bis fehlendem Druckschmerz, Schonhaltung sowie Schmerz beim Aufrichten und während der Inklination (Vorbeugen).
Abgesichert wird die Diagnose durch bildgebende Verfahren (Röntgen, CT, MRT), die zudem eine Bewertung der Wirbelsäulenveränderungen sowie der entzündlichen Prozesse erlauben. Darüber hinaus sind, insbesondere bei akuten Verläufen die Entzündungsmarker im Serum (u.a. CRP, Leukozyten) sowie die Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) erhöht. Differenzialdiagnostisch sollte eine Spondylodiszitis unter anderem von erosiven Osteochondrosen, tumorbedingten Destruktionen, Spondylarthritis ankylosans sowie einem Morbus Scheuermann abgegrenzt werden.
Eine Spondylodiszitis kann insbesondere untherapiert schwer ausgeprägte Symptome mit einen vital bedrohlichen Verlauf (etwa 70 Prozent) aufweisen. Untherapiert kann eine Spondylodiszitis zudem zu Immobilität, Pseudarthrosen, Fehlstellungen sowie einem chronischen Schmerzsyndrom führen. Die Prognose ist bei einer Spondylodiszitis abhängig von der Ausprägung der Erkrankung. So sind in vielen Fällen, insbesondere bei progressiver Destruktion der Wirbelkörper, posttherapeutische Beschwerden (u.a. motorisch Defizite, Hypästhesien) zu beobachten.
Komplikationen
Die Spondylodiszitis führt beim Betroffenen in erster Linie zu starken Schmerzen. Diese treten in den meisten Fällen in Form von Druckschmerzen auf. Sie können allerdings auch in Form von Ruheschmerzen auftreten und sich dabei negativ auf den Schlaf des Betroffenen auswirken. Die Patienten leiden dabei an Schlafbeschwerden und damit möglicherweise an Depressionen oder an anderen psychischen Verstimmungen.
Ebenso kann es bei der Spondylodiszitis zu Fieber und zu einer allgemeinen Müdigkeit und Abgeschlagenheit des Patienten kommen. Einige Betroffene verlieren dabei auch an Gewicht und können an nächtlichen Schweißausbrüchen leiden. Die Lebensqualität des Patienten wird durch die Spondylodiszitis ehrlich eingeschränkt und verringert. Die Behandlung dieser Krankheit erfolgt in der Regel ohne Komplikationen. Mit Hilfe von Medikamenten können die Beschwerden sehr gut eingeschränkt und die Infektion gelindert werden.
Schmerzmittel sollten dabei allerdings nicht über einen längeren Zeitraum eingenommen werden, da diese den Magen schädigen können. In schwerwiegenden Fällen kann die Spondylodiszitis auch zu einer Blutvergiftung führen, die zum Tod des Betroffenen führen kann. Bei einer erfolgreichen Behandlung wird die Lebenserwartung des Patienten allerdings nicht negativ eingeschränkt oder verringert.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Bei Einschränkungen der Bewegungsmöglichkeiten, Gliederschmerzen oder Lähmungserscheinungen wird ein Arzt benötigt. Schmerzen, Störungen der Sensibilität, Fieber sowie Abgeschlagenheit sind weitere Beschwerden, die untersucht und behandelt werden müssen. Ein allgemeines Unwohlsein, eine Abnahme der körperlichen sowie geistigen Leistungsfähigkeit sowie eine Reizbarkeit sind Hinweise auf eine Spondylodiszitis. Zur Diagnosestellung muss ein Arzt aufgesucht werden. Im Anschluss wird ein individueller Behandlungsplan erstellt, der sich aufgrund der vorhandenen Beschwerden ergibt.
Sind Schmerzen vorhanden, sollte keinesfalls eigenverantwortlich ein schmerzstillendes Medikament eingenommen werden. Zur Vermeidung von Risiken und Nebenwirkungen ist zuvor die Rücksprache mit einem Mediziner zu suchen. Führt ein leichtes Klopfen oder Drücken an der betroffenen Stelle zu einer deutlichen Zunahme der Beschwerden, sind weitere Untersuchungen zur Klärung der Ursache notwendig. Gangunsicherheiten, eine erhöhte Unfallgefahr sowie die Vermeidung von Bewegungen deuten auf eine Erkrankung hin.
Kommt es zusätzlich zu Verhaltensauffälligkeiten oder emotionalen Unregelmäßigkeiten, sind die Beobachtungen mit einem Arzt zu besprechen. Da die Spondylodiszitis in schweren Fällen zu einer Blutvergiftung führen kann, besteht eine potentielle Lebensgefahr. Ein inneres Hitzeempfinden oder eine Ausbreitung von vorhandenen Auffälligkeiten sollten schnellstmöglich einem Arzt vorgestellt werden. Schweißausbrüche oder Schlafstörungen gehören ebenso zu den üblichen Beschwerden der Erkrankung wie Stimmungsschwankungen oder eine Mattigkeit. Es empfiehlt sich, unverzüglich ein Arzt zu konsultieren.
Behandlung & Therapie
Die therapeutischen Maßnahmen umfassen bei einer Spondylodiszitis in erster Linie eine suffiziente Ruhigstellung (u.a. durch Orthesen und/oder Bettruhe) und Schonung des spezifisch betroffenen Wirbelsäulenabschnittes sowie eine antibiotische, antimykotische bzw. antiparasitäre Therapie.
Grundlage der Behandlung einer bakteriell bedingten Spondylodiszitis ist der Nachweis des spezifisch vorliegenden Erregers, der anhand einer Blutkultur oder (intraoperativen) Biopsie erfolgen kann, sowie das Resistogramm bzw. Antibiogramm. Bei ausgeprägten akuten Spondylodiszitiden kann bereits vor Vorliegen des Resistogramms mit einer antibiotischen Breitbandtherapie begonnen werden, die allerdings die wahrscheinlichsten Erreger (Staphylococcus aureus, Escherichia coli) berücksichtigen sollte.
Hierbei erfolgt die Antibiotika-Applikation in den ersten zwei bis vier Wochen intravenös bzw. parenteral (am Darm vorbei). Liegen normalisierte Entzündungsparameter sowie ein verbesserter Allgemeinzustand des Betroffenen vor, kann in aller Regel auf die orale Einnahme umgestellt werden. Bei Risikogruppen wird eine Verlängerung der Antibiotika-Therapie empfohlen.
Wird die Spondylodiszitis durch eine mykotische oder parasitäre Infektion bedingt, kommt analog eine antimykotische respektive antiparasitäre Therapie zur Anwendung. Parallel sollten vorliegende Schmerzsymptomatiken entsprechend durch Analgetika (Schmerzmittel) behandelt werden.
Können eine Sepsis, neurologische Ausfälle, Instabilitäten und/oder potenzielle Deformitäten in den betroffenen Wirbelsäulenabschnitten festgestellt werden bzw. bleibt der Therapieerfolg der konservativen Maßnahmen aus, kann ein chirurgischer Eingriff zur Ausräumung des die Spondylodiszitis bedingenden Infektionsherds (Débridement) und Stabilisierung des betroffenen Wirbelsäulensegments (Spaninterposition) angezeigt sein.
Vorbeugung
Einer Spondylodiszitis kann durch die adäquate Therapie von Infektionserkrankungen vorgebeugt werden. Diabetes mellitus, Niereninsuffizienz, Adipositas, Tumoren, Tuberkulose, systemische Erkrankungen, Drogenabusus, Herz- und Kreislauferkrankungen sowie HIV gelten als Prädispositionssfaktoren und sollten entsprechend frühzeitig und konsequent therapiert werden, um einer Spondylodiszitis vorzubeugen.
Nachsorge
Da es bei der Spondylodiszitis nicht zu einer selbständigen Heilung kommen kann, sollte der Betroffene in erster Linie schon frühzeitig einen Arzt aufsuchen, um das Auftreten von anderen Beschwerden und Komplikationen zu verhindern. Dabei sind die Maßnahmen einer Nachsorge in vielen Fällen deutlich eingeschränkt oder stehen Betroffenen gar nicht erst zur Verfügung.
In den meisten Fällen ist bei der Spondylodiszitis die Einnahme von verschiedenen Medikamenten notwendig, um die Beschwerden einzuschränken und vollständig zu lindern. Dabei sollte der Betroffene immer auf eine richtige Dosierung und auch auf eine regelmäßige Einnahme achten, um den Beschwerden richtig entgegenzuwirken. Bei Unklarheiten oder Fragen ist dabei immer zuerst ein Arzt zu konsultieren.
Dabei sollte der Arzt auch bei starken Nebenwirkungen aufgesucht werden. Bei der Einnahme von Antibiotika ist zu beachten, dass diese nicht zusammen mit Alkohol eingenommen werden sollten, um die Wirkung nicht zu beeinträchtigen. Weiterhin sind auch nach einer erfolgreichen Behandlung regelmäßige Kontrollen durch einen Arzt sehr wichtig. Die Spondylodiszitis verringert in der Regel nicht die Lebenserwartung des Betroffenen.
Das können Sie selbst tun
Die akute Phase überschreitet oftmals einen Zeitraum von 8 Wochen, unabhängig davon ob eine konservative oder eine operative Behandlung angestrebt wird. In dieser Zeit ist eine absolute Bettruhe einzuhalten. Der Umgang mit einer stabilisierenden Rumpforthese sollte daher baldmöglichst von den Erkrankten selbst übernommen werden, um autonom die Lage im Bett wechseln zu können. Des Weiteren ist der Umgang mit einem Steckbecken und das Essen in Seitenlage zu lernen, denn längeres Sitzen und gebeugte Haltung sind absolut kontraindiziert. Die Lagerungskissen zur Wirbelsäulen-Entlastung müssen in regelmäßigen Abständen in Rückenlage unter die Beine gesteckt werden. Zudem ist die tägliche Kontrolle der Haut auf Druckstellen und entstehende Dekubitalulzera vonseiten der Erkrankten oder der Pflegenden obligat.
Nach der akuten Phase beginnt für die meisten eine dauerhafte Anpassung an die veränderten physiologischen Bewegungsabläufe und Einschränkungen. Dazu ist es vonnöten, eine optimale Schmerzbehandlung mit Medikamenten, Physiotherapie und physikalischen Maßnahmen anzustreben. Gegebenenfalls ist eine Anpassung des Arbeitsplatzes notwendig, indem beispielsweise der Schreibtisch zum Steh-Sitz-Pult umgebaut wird.
Neben einer Gewichtsanpassung sollte auch eine schmerz- und phasenadaptierte Bewegung zum Muskelaufbau in Rücken und Bauch fokussiert werden. Eine rückenschonende Umgestaltung des Alltags bedeutet beispielsweise, dass keine Lasten über 5 kg gehoben, keine Schuhe mit Absätzen getragen und keine Matratze mit erhöhtem Kopfteil gewählt werden sollten.
Quellen
- Breusch, S., Clarius, M., Mau, H., Sabo, D. (Hrsg.): Klinikleitfaden Orthopädie, Unfallchirurgie. Urban & Fischer, München 2013
- Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
- Wülker, N., Kluba, T., Roetman, B., Rudert, M.: Taschenlehrbuch Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme, Stuttgart 2015