Streptomycin

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Streptomycin ist ein Aminoglycosid-Antibiotikum mit breitem Wirkungsspektrum gegen gramnegative und grampositive Bakterien. Synthetisiert wird das Antibiotikum von im Boden lebenden aeroben Bakterien der Gattung Streptomyces, die eine große Familie bilden und zu den Aktinobakterien gehören. Wegen seiner unerwünschten Nebenwirkungen und Gefahr der Resistenzbildung wird Streptomycin hauptsächlich zur Bekämpfung von Tuberkulose und Endokarditis eingesetzt, falls die Entzündung von Streptokokken oder Enterokokken verursacht wurde.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Streptomycin?

Streptomycin ist ein Aminoglycosid-Antibiotikum mit breitem Wirkungsspektrum gegen gramnegative und grampositive Bakterien.

Streptomycin ist ein Aminoglycosid-Antibiotikum, das von zahlreichen Bakterien aus der Familie der Streptomyceten synthetisiert wird. Die aerob lebenden Streptomyceten gehören zu der großen Gruppe der Aktinobakterien. Sie produzieren auch Duftstoffe, die dem frischen Waldboden seinen charakteristischen Geruch verleihen. Die chemische Summenformel des Streptomycins lautet C21H39N7O12.

Das Antibiotikum entfaltet ein breites Wirkungsspektrum gegen gramnegative und grampositive Bakterien wie beispielsweise gegen den Erreger der Tuberkulose und gegen durch Enterokokken und Streptokokken verursachte Infektionen und Entzündungen.

Streptomycin wurde erstmals 1943 isoliert und war das erste wirksame Antibiotikum gegen Tuberkulose. Der Wirkmechanismus des Antibiotikums besteht darin, dass es in den Vorgang der Proteinsynthese eingreift. Durch eine Störung des Andockens der Transport-RNA (tRNA) an den Ribosomen, synthetisiert das Bakterium fehlerhafte Aminosäurensequenzen, die für ein weiteres Wachstum unbrauchbar sind.

Aufgrund festgestellter Resistenzbildung und schädlichen Nebenwirkungen bei längerer Einnahme wird Streptomycin hauptsächlich gegen den Erreger der Tuberkulose und Brucellose eingesetzt sowie gegen Streptokokken oder Enterokokken. Auch als Kombinationspräparat, zusammen mit anderen Antibiotika wie Penicillin, findet Streptomycin Verwendung.

Pharmakologische Wirkung

Das Antibiotikum Streptomycin besteht aus den drei Zuckern Streptidin, N-Methylglucosamin und Streptose, die glycosidisch miteinander verknüpft sind. Es hat die Eigenschaft, bei vielen gramnegativen Arten von Bakterien, bei Kokken und Mykobakterien, an ein bestimmtes Protein in den Ribosomen andocken zu können. Es handelt sich dabei um ein Protein, an dem normalerweise die tRNA andockt, die mit den für den Aufbau des Proteins erforderlichen Aminosäuren beladen ist. Dieser Vorgang wird durch das Streptomycin gestört, so dass entweder keine Proteine mehr synthetisiert werden können oder solche mit einer „falschen“ Aminosäurensequenz. In der Konsequenz können dann funktionslose Nonsense-Proteine entstehen, die ein weiteres Wachstum der Bakterie verhindern.

Die Bakterien, gegen die Streptomycin wirksam ist, gehören zu den Prokaryoten, bei denen die Erbsubstanz im Cytoplasma schwimmt und leichter zugänglich ist als bei den Eukaryoten, bei denen sich die Erbsubstanz (DNA) im Zellkern befindet, der durch eine eigene Membran vom Cytoplasma abgetrennt ist. Da sich Streptomycin ausschließlich im Extrazellularraum aufhält, ist es nur wirksam gegen Keime, die sich ebenfalls im Extrazellularraum befinden. Das erklärt auch die selektive Wirkung des Antibiotikums. Der Abbau des Streptomycins erfolgt renal, also über die Nieren, allerdings reichern sich Abbausubstanzen im Körper an, besonders im Innenohr in der Cochlea und in den Vestibularorganen sowie in den Nieren, was die Ototoxizität und die Nephrotoxizität erklärt.

Medizinische Anwendung & Verwendung

Streptomycin stellte sich nach seiner Einführung in den 1950er Jahren als segensreich für die Bekämpfung der Tuberkulose heraus. Allerdings entwickelten die Keime häufig relativ kurzfristig Resistenzen, die die Wirkung des Antibiotikums drastisch reduzierte. Nebenwirkungen, die auf eine Innenohr- und Nierentoxizität schließen ließen, taten ihr Übriges.

Mit der Entwicklung alternativer Antibiotika wurde Streptomycin in der medizinischen Anwendung stark reduziert und reglementiert. Dennoch spielt das Antibiotikum im Einsatz gegen bestimmte Krankheitserreger nach wie vor eine wichtige Rolle und wird meist in Kombination mit anderen Antibiotika verabreicht.

Eines der wichtigsten Einsatzgebiete sind Entzündungen der Herzinnenhaut, die durch Streptokokken und Enterokokken verursacht werden. In der Regel wird Streptomycin in Kombination mit Penicillin verabreicht. Ein weiteres wichtiges Einsatzgebiet ist die Bekämpfung der Erreger der Gattung Brucella. Es handelt sich um eine Reihe von Infektionskrankheiten wie Schweinebrucellose oder Mittelmeerfieber und andere. Zur Behandlung der Brucellose kommt Streptomycin meist in Kombination mit Tetracyclinen zum Einsatz. Auch in der Bekämpfung der Tuberkulose spielt Streptomycin immer noch eine wichtige Rolle.

Grundsätzlich ist Streptomycin oral verabreichbar oder in Form intramuskulärer Injektionen. Die orale Verabreichung wird aufgrund der geringen Resorption nur für Infektionen im Magen-Darm-Trakt wirksam, wo es sich lokal entfalten kann. Bei notwendiger systemischer Wirkung wird Streptomycin intramuskulär injiziert, um eine schnelle Resorption zu gewährleisten. Das Antibiotikum verteilt sich zwar schnell in den Körperflüssigkeiten, kann aber nicht die Blut-Hirn-Schranke überwinden.


Risiken & Nebenwirkungen

Bei der Anwendung von Streptomycin bestehen einige Risiken, und es sind je nach Therapiedauer leichte bis erhebliche Nebenwirkungen zu erwarten. Die Risiken bei einer Monotherapie mit Streptomycin bestehen vor allem in einer relativ raschen Resistenzbildung der Keime, die die Wirkung des Antibiotikums sogar umkehren kann, da die Bakterien dann Streptomycin unter Energiegewinn verstoffwechseln und auch als Kohlenstoffquelle nutzen können.

Ein weiterer Risikokomplex ist mit den folgenden aufgeführten möglichen Nebenwirkungen verknüpft, die zu irreversiblen Schäden im Innenohr und an den Nieren führen können. Nebenwirkungen, die besonders bei Langzeiteinnahme des Streptomycins häufig beobachtet werden, sind außer Kopf- und Augenschmerzen, Übelkeit und Augenzittern (Nystagmus), eine sich einstellende Innenohrschwerhörigkeit und Schwindelgefühle, die durch einen geschädigten Gleichgewichtssinn (Vestibularsystem) verursacht werden. Die Hörschnecke im Innenohr (Cochlea) steht mit den Vestibularorganen, den Bogengängen (rotatorische Beschleunigungen) und den Otolithenorganen (translatorische Beschleunigungen) über das endolymphatische System innerhalb des häutigen Labyrinths in Verbindung.

Ein weiteres Risiko besteht im Auftreten von Nierenfunktionsstörungen.

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