Mykobakterien

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 18. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Mykobakterien sind eine Gattung innerhalb der Familie der Mycobacteriaceae und der Ordnung der Actinomycetales. Zu ihnen gehören Krankheitserreger wie das Mycobacterium tuberculosis, das beim Menschen die Tuberkulose hervorrufen kann.

Inhaltsverzeichnis

Was sind Mykobakterien?

Wichtigster Erreger der Tuberkulose ist das Mycobacterium tuberculosis. Die meisten Infektionen werden vom Immunsystem schon in den Atemwegen abgewehrt.
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Mykobakterien sind grampositive aerobe Bakterien. Sie sind säurefest, stäbchenartig und können sich nicht eigenständig bewegen. Aerob bedeutet, dass die Bakterien auf Sauerstoff angewiesen sind. Zur Energiegewinnung benötigen sie zudem organische Stoffe.

Ein markantes Merkmal der Mykobakterien ist ihre Zellwand. Ein Großteil der Zellwand ist als Antigenkomponente wirksam. Dadurch rufen Mykobakterien in den befallenen Organismen eine Reaktion des Immunsystems hervor. Dies führt zu einer Allergie Typ IV. Es handelt sich dabei um die Allergie vom Spättyp. Die bekannteste spätallergische Reaktion auf ein Mykobakterium ist die Tuberkulinreaktion, die auch im Rahmen der Tuberkulosediagnostik in Form des Tuberkulin-Tests genutzt wird. Typisch ist zudem der hohe Lipidgehalt der Zellwand. Gemeinsam mit den Mykolsäuren sorgt sie für eine hohe Säurefestigkeit des Bakteriums.

Aufgrund des spezifischen Zellwandaufbaus sind Mykobakterien sehr widerstandsfähig. Sie können auch außerhalb ihres Wirtes unter günstigen Bedingungen für mehrere Monate infektiös bleiben. Mit wenigen Ausnahmen sind sie gegen die meisten Antibiotika resistent. Auch die meisten Laugen und Säuren können Mykobakterien nichts anhaben. Die Säurefestigkeit kann mithilfe der Ziehl-Neelsen-Färbung nachgewiesen werden. Eine ähnliche Säurefestigkeit weisen nur Bakterienarten wie Nocardia oder das Corynebacterium auf.

Vorkommen, Verbreitung & Eigenschaften

Zur Gruppe der Mykobakterien gehören rund 100 Arten. Die meisten dieser Bakterien sind apathogen. Das bedeutet, dass sie beim Menschen nicht krankheitserregend wirken. Sie kommen frei in der Umwelt vor und werden den nichttuberkulösen Mykobakterien zugeordnet. Diese Bakterien ernähren sich durch die Zersetzung von toten organischen Stoffen. Sie können in Staub, Meerwasser, Süßwasser, im Erdreich und im Grundwasser nachgewiesen werden. Ein Beispiel für solche Mykobakterien sind die Mykobakterien des Mycobacterium terrae-Komplexes und das Mycobacterium fortuitum. Im Trinkwasser finden sich die Arten Mycobacterium gordnoae oder Mycobacterium chelonae. Die meisten pathogenen Mykobakterien gehören dem obligat pathogenen Mycobacterium tuberculosis-Komplex an. Sie leben innerhalb von Fresszellen (Makrophagen) und zählen somit zu den Parasiten.

Die Mykobakterien, die die Tuberkulose verursachen können, sind weltweit verbreitet. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist ein Drittel der Weltbevölkerung mit den Bakterien infiziert. Sekündlich tritt ein neuer Fall von Tuberkulose auf. Jedoch führt nur ein geringer Teil der Infektionen auch wirklich zu einem Ausbruch der Erkrankung. In Deutschland gibt es jährlich rund 4000 Tuberkulosefälle. Die Dunkelziffer ist jedoch recht hoch. Vor allem in Bremen, Berlin und Hamburg ist die Erkrankung in Deutschland verbreitet.

Die Tuberkulose überträgt sich am häufigsten über die Einatmung infektiöser Aerosole. Dieser Übertragungsweg wird auch als Tröpfcheninfektion bezeichnet. Für eine Infektion mit den Mykobakterien reicht die Einatmung von wenigen sehr kleinen Mikrotröpfchen, die jeweils nur einen bis drei Erreger enthalten, aus. Auch eine Übertragung über den Blutweg ist möglich. Dieser Übertragungsweg ist allerdings eher selten. Früher war die Infektion über kontaminierte Lebensmittel recht häufig. Seit Milch pasteurisiert wird, ist die Darmtuberkulose beim Menschen in Deutschland aber so gut wie gar nicht mehr anzutreffen.

Die Infektion mit den Tuberkuloseerregern kann auch sexuell oder durch Schmierinfektionen geschehen. Des Weiteren können die Bakterien bei Infektionen der Gebärmutter auch auf das Kind übertragen werden. Dasselbe gilt für eine Urogenitaltuberkulose. Auch hier ist eine Übertragung während des Geburtsvorgangs möglich.


Krankheiten & Beschwerden

Wichtigster Erreger der Tuberkulose ist das Mycobacterium tuberculosis. Die meisten Infektionen werden vom Immunsystem schon in den Atemwegen abgewehrt. Nur ein Zehntel aller Infizierten erkrankt an der Tuberkulose. Ob die Erkrankung ausbricht, ist vor allem vom Zustand des Immunsystems abhängig. Auch der Ernährungszustand, die aufgenommene Menge der Bakterien und die Häufigkeit des Kontaktes mit den Erregern spielen eine Rolle. In den Lungenbläschen treffen die Mykobakterien auf die Fresszellen der Lunge (Alveolarmakrophagen). Diese können die Erreger zwar aufnehmen, aufgrund der speziellen Zellwand aber nicht zerstören. Deshalb bildet das Immunsystem des Körpers eine Art Schutzwall um den Infektionsherd. Dieser Schutzwall besteht aus Makrophagen, Langhans-Riesenzellen, Epitheloidzellen und Lymphozyten. Innerhalb dieses Walls entwickelt sich ein Entzündungsherd mit einer zentralen Nekrose (Gewebsuntergang). Das Gebilde aus Abwehrzellen und Entzündungsherd wird auch als tuberkulöses Granulom bezeichnet. Innerhalb dieses Schutzwalls ist das Mykobakterium isoliert und kann keinen weiteren Schaden anrichten. Es wird durch die Abwehrzellen an der Weiterverbreitung behindert, kann jedoch innerhalb des Walls Jahrzehnte leben. Wenn das Immunsystem nicht mehr so stark wie zu Beginn der Infektion ist, kann der Schutzwall aufbrechen und die Bakterien werden freigesetzt. Es kommt zu einer Reinfektion und, bei einem sehr schlechten Zustand des Immunsystems, zu einer Miliartuberkulose.

Grundsätzlich lässt sich der Verlauf der Tuberkulose in Stadien einteilen. Die ersten Krankheitszeichen werden Primärtuberkulose genannt. Dieses Stadium geht mit uncharakteristischen Symptomen wie Appetitlosigkeit, Nachtschweiß, Fieber und Abgeschlagenheit einher. Weitere Symptome sind Husten ohne Auswurf und Heiserkeit. Wenn sich die Bakterien im Blut verteilen, entsteht ein schweres Krankheitsbild mit Fieber, Gewichtsverlust, Husten und Luftnot. Auch eine tuberkulöse Meningitis, eine Hirnhautentzündung, kann entstehen. Bei einer extremen Abwehrschwäche kann sich eine Sepsis entwickeln, die in der Regel tödlich endet.

Bei zehn Prozent aller Infizierten bricht die Erkrankung erst später als sekundäre Tuberkulose aus. Typische Symptome der sekundären Tuberkulose sind anhaltender Husten mit schleimigem Auswurf, Müdigkeit, Nachtschweiß, Schmerzen in der Brust und Atemnot.

Quellen

  • Ableitner, O.: Einführung in die Molekularbiologie. Springer Fachmedien, Wiesbaden 2018
  • Dülligen, M., Kirov, A., Unverricht, H.: Hygiene und medizinische Mikrobiologie. Schattauer, Stuttgart 2016
  • Gries, O., Ly, T.: Infektologie - Kompendium humanpathogener Infektionskrankheiten und Erreger. Springer, Berlin 2019

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