Tegmentum

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 22. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Beim Tegmentum handelt es sich um einen Teil des Hirnstamms, der Mittelhirn, Brücke (Pons) und verlängertes Mark einschließt. In ihm befinden sich zahlreiche Kerngebiete (Nuclei) und Nervenbahnen, die teils motorische, teils sensorische oder sensible Funktionen ausüben. Unspezifische Läsionen am Tegmentum können beispielsweise im Rahmen eines Schlaganfalls, einer neurodegenerativen Erkrankung oder infolge mechanischer Verletzungen auftreten.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Tegmentum?

Wenn allgemein vom Tegmentum die Rede ist, ist häufig das Tegmentum mesencephali bzw. die Mittelhirnhaube gemeint; im engeren Sinne handelt es sich beim Tegmentum mesencephali jedoch nur um einen von drei Teilen des Tegmentums.
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Das Wort „Tegmentum“ stammt aus dem Lateinischen und bedeutet wörtlich übersetzt „Haube“. Seinen Namen verdankt das Tegmentum dem Umstand, dass es eine zusammenhängende Schicht bildet, die wie aufgesetzt wirkt. Die anatomische Struktur setzt sich aus drei Teilen zusammen, die sich über Mittelhirn, Brücke und verlängertes Mark erstrecken.

Alle drei Bereiche gehören zum Hirnstamm, der auch als Truncus cerebri oder Truncus encephali bekannt ist. Beim Embryo entwickelt sich der dieser Gehirnbereich aus dem zweiten und dritten Hirnbläschen, wobei jedoch das Kleinhirn (Cerebellum) vom Hirnstamm ausgenommen ist. Das Tegmentum schließt an den inneren Liquorraum an, den die vier Hirnventrikel zusammen mit dem Rückenmarkskanal (Canalis centralis) bilden.

Anatomie & Aufbau

Wenn allgemein vom Tegmentum die Rede ist, ist häufig das Tegmentum mesencephali bzw. die Mittelhirnhaube gemeint; im engeren Sinne handelt es sich beim Tegmentum mesencephali jedoch nur um einen von drei Teilen des Tegmentums.

Die anderen beiden Bereiche bilden das Tegmentum myelencephali (Nachhirnhaube) und das Tegmentum pontis (Brückenhaube). Dabei gehört das Tegmentum myelencephali zum verlängerten Mark (Medulla oblongata), während das Tegmentum pontis einen Teil der Brücke (Pons) darstellt.

An das Tegmentum mesencephali im Mittelhirn schließen sich die Hirnschenkel (Crura cerebri) und das Aquaeductus mesencephali an, auf dessen anderen Seiten das Tectum mesencephali dem Tegmentum mesencephali gegenüberliegt. In der Brücke und im verlängerten Mark liegt das Tegmentum jeweils im hinteren Bereich der Strukturen. Alle drei Teile des Tegmentums beherbergen verschiedene Kerngebiete und Nervenbahnen. Wegen der Isolationsschicht, welche die Nervenfasern umgibt, bezeichnet die Neurologie diese auch als weiße Substanz, während die Kerngebiete aus Anhäufungen von Nervenzellkörpern bestehen, die als graue Substanz bekannt sind.

Funktion & Aufgaben

Der fünfte Hirnnerv (Drillingsnerv, Nervus trigeminus) hat seinen Ursprung im Tegmentum. Seine motorischen Fasern stammen aus dem Nucleus motorius nervi trigemini, wohingegen die sensiblen Fasern dem Nucleus spinalis nervi trigemini im verlängerten Mark, dem Nucleus principalis nervi trigemini im Pons oder dem Nucleus mesencephalicus nervi trigemini im Mittelhirn entspringen.

Wie der Nervus trigeminus, so zieht auch die mediale Schleifenbahn (Lemniscus medialis) durch den gesamten Hirnstamm. Die Kerngebiete der medialen Schleifenbahn liegen im verlängerten Mark, doch ihr Verlauf führt sie durch die Brücke und das Mittelhirn bis zum Thalamus.

Im Tegmentum pontis liegt der Nucleus caeruleus oder Locus caeruleus. Er gehört zur Formatio reticularis, die ein Netzwerk aus Nuclei und weiteren Neuronen darstellt. Seine Aufgabe umfasst die Aufmerksamkeits- und Orientierungssteuerung, für die er jedoch nicht als einziger verantwortlich ist. Der sechste Hirnnerv (Nervus abducens) steuert bestimmte Augenbewegungen, während der siebte Hirnnerv (Gesichtsnerv, Nervus facialis) neben motorischen auch sensorische, sensible und parasympathische Nervenfasern führt. Die motorischen Fasern des Nervus facialis beteiligen sich an der Steuerung der Mimik, des Gehörs, des Sprechens, der Kieferöffnung und des Schluckens. Auch die Kerne des achten Hirnnervs (Hörnerv, Nervus vestibulocochlearis) liegen im Tegmentum pontis.

Im Tegmentum mesencephali befindet sich unter anderem die Substantia nigra, die zum extrapyramidalen motorischen System gehört und somit an der Bewegungssteuerung beteiligt ist. Der Nucleus ruber ist ebenfalls ein Teil dieses Systems. Außerdem beheimatet das Tegmentum mesencephali den Nucleus nervi oculomotorii und den Nucleus accessorius nervi oculomotorii; beide sind für Augenbewegungen zuständig. Der Nucleus nervi trochlearis ist der motorische Kern des vierten Hirnnervs (Nervus trochlearis), der sich an der Steuerung der Augenbewegungen beteiligt. Darüber hinaus ziehen zahlreiche andere Fasern durch das Tegmentum mesencephali.


Krankheiten

Die Nuclei des Nervus abducens im Tegmentum pontis können im Rahmen eines Schädelbasisbruchs Schaden erleiden, was zum Doppeltsehen und einer Beeinträchtigung der Augenbewegungen führt.

Der Nervus trochlearis kommt ebenfalls als Ursache für Störungen infrage, welche die Augenbewegungen betreffen: Typischerweise dreht sich das Auge bei einem Schaden am Nervus trochlearis medial nach oben. Läsionen am Nervus facialis gehen eventuell auf Tumore, Blutungen, Borreliose, eine Felsenbeinfraktur oder einen Schlaganfall zurück und haben oft Gesichtslähmungen zur Folge. Auch der Nervus trigeminus kann für Lähmungen verantwortlich sein; Schäden an ihm ermöglichen außerdem Empfindungsstörungen im Gesicht.

Funktionseinschränkungen der Nerven und ihrer Kerngebiete können auf unterschiedliche Weise zustandekommen. Eine mögliche Ursache, die jeden Bereich des Tegmentums treffen kann, ist der Schlaganfall. Der Verschluss eines Blutgefäßes, welches das Gehirn versorgt, führt in diesem Fall zur Unterversorgung und zu entsprechenden Ausfällen in den betroffenen Hirnarealen. Diese Schäden können bleibend sein, wenn die Unterversorgung das Absterben der Nervenzellen nach sich zieht, was bei länger anhaltenden Durchblutungsstörungen der Fall ist. Um den Schaden zu begrenzen, ist bei einem Schlaganfall deshalb rasches Handeln erforderlich.

Ein anderes Beispiel für eine Krankheit, die das Tegmentum betrifft, ist die Parkinson-Krankheit. Sie beruht auf dem Schwund von Nervenzellen in der Substantia nigra und manifestiert sich in Form von Muskelstarre (Rigor), Muskelzittern (Tremor), Verlangsamung der Bewegungen (Bradykinese) und Haltungs- bzw. posturaler Instabilität. Des Weiteren können andere neurodegenerative Erkrankungen wie die Alzheimersche Demenz oder Multiple Sklerose die graue und weiße Substanz des Tegmentums beeinträchtigen.

Quellen

  • Frotscher, M., et al.: Taschenatlas Anatomie, Band 3: Nervensystem und Sinnesorgane. Thieme, Stuttgart 2018
  • Greten, H., Rinninger, F., Greten, T. (Hrsg.): Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2010
  • Poeck, K., Hacke, W.: Neurologie. Springer, Heidelberg 2010

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