Vernarbendes Schleimhautpemphigoid
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Bei einem vernarbenden Schleimhautpemphigoid handelt es sich um eine chronische bullöse Dermatose. Es zeigt sich in erster Linie an den Schleimhäuten.
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Was ist ein vernarbendes Schleimhautpemphigoid?
Als vernarbendes Schleimhautpemphigoid wird eine Autoimmunkrankheit bezeichnet, bei der es zur Bildung von Hautblasen kommt, die einen chronischen Verlauf nehmen. Das Wort Pemphigoid ist dem griechischen Begriff Pemphix entlehnt und bedeutet übersetzt „Blase“. Darüber hinaus ist die Schleimhaut am Krankheitsbild beteiligt.
Die Blasen zeigen sich nicht selten zusammen mit oberflächlichen Hautwunden auch auf dem Körper. Bei der Abheilung entstehen später Narben. In früheren Jahren war in der Medizin die Verwendung des Begriffes „Vernarbendes Schleimhautpemphigoid“ üblich.
Heutzutage benutzen ihn Ärzte jedoch nur noch für eine seltene Krankheitsform, bei der keine überwiegende Beteiligung der Schleimhaut besteht und bei der es am Körper zu einer Abheilung mit Narbenbildung kommt. Stattdessen wird die Bezeichnung Schleimhautpemphigoid verwendet.
Ferner stellt die Erkrankung eine Sonderform des bullösen Pemphigoids dar, das ebenfalls zu den blasenbildenden Hauterkrankungen gehört. Das vernarbende Schleimhautpemphigoid zählt zu den seltenen Krankheiten. So erkranken pro Jahr von einer Million Einwohnern etwa zwei Menschen neu. Vor allem Senioren sind von dem Schleimhautpemphigoid betroffen.
Ursachen
Verantwortlich für die Beschwerden des vernarbenden Schleimhautpemphigoids ist das Immunsystem des Organismus, das sich gegen körpereigene Bestandteile der Haut richtet. Dabei werden spezielle Eiweißstoffe gebildet, die als Autoantikörper bekannt sind. Die Antikörper attackieren einige Proteine, die sich in der Basalmembran befinden.
Die Membran bildet die verbindende Schicht zwischen Epidermis (Oberhaut) und Dermis (Lederhaut). Bei den angegriffenen Proteinen handelt es sich um Laminin 332, a6ß4-Integrin, BP 180 und BP 230. Bei ungefähr 25 Prozent aller Erkrankten, bei denen Laminin 332 angegriffen wird, kommt es im weiteren Krankheitsverlauf zur Entstehung von Krebs. Aus diesem Grund spielt die Diagnose eine wichtige Rolle für die Früherkennung der Tumorerkrankung.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Von einem vernarbenden Schleimhautpemphigoid sind besonders die Mundschleimhaut sowie die Schleimhaut der Augen betroffen. Mitunter kann die Krankheit auch an der Rachenschleimhaut, der Nasenschleimhaut, dem Genitalbereich oder der Analregion auftreten, was jedoch seltener geschieht. Nur bei circa 30 Prozent aller Patienten liegt eine Beteiligung der Haut vor.
Zu den typischen Merkmalen des vernarbenden Schleimhautpemphigoids zählen schmerzhafte Veränderungen der Mundschleimhaut. Diese haben oft Probleme beim Essen zur Folge, was sich wiederum durch Gewichtsverlust und Schwächegefühle bemerkbar macht. Das Ausmaß der Erkrankung fällt jedoch individuell unterschiedlich aus.
Während sich das vernarbende Schleimhautpemphigoid bei den meisten Betroffenen zu Beginn an der Mundschleimhaut zeigt, kann es bei einigen Patienten auch zuerst an der Nasenschleimhaut einsetzen. Dabei kommt es zu Nasenbluten, Problemen beim Atmen durch die Nase sowie zur Entstehung von blutigen Krusten. Bei Frauen treten oftmals Beschwerden an der Genitalschleimhaut auf.
Weil die Blasen, die sich an den Schleimhäuten bilden, leicht zerreißen, führt dies nicht selten zu schmerzhaften Wunden. Als besonders bedenklich gilt ein vernarbendes Schleimhautpemphigoid an den Augen, da im Extremfall sogar eine Erblindung aufgrund von sekundären Hornhautveränderungen möglich ist.
Beim Aufplatzen der Blasen findet eine narbige Schrumpfung statt, die gleichzeitig eine chronische Bindehautentzündung (Konjunktivitis) nach sich zieht. Darüber hinaus liegen Einschränkungen der Augenbewegungen vor. Außerdem besteht das Risiko einer Verlegung der Tränenausführungsgänge, die durch die Bildung von Narben hervorgerufen wird. Dadurch kann die Bindehaut austrocknen, wodurch der Verlust des Auges droht.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Erste Hinweise auf ein vernarbendes Schleimhautpemphigoid erhält der Arzt bei seiner Diagnose durch die charakteristischen Symptome der Erkrankung. Für eine genauere Diagnostik bedarf es einer Blutuntersuchung sowie der Entnahme von Gewebe. So besteht die Option, im Rahmen einer Gewebeprobe, die der Schleimhaut der Wange entnommen wird, die verantwortlichen Autoantikörper mit einer speziellen Färbetechnik nachzuweisen.
Dabei sind Ablagerungen der Antikörper am Grenzbereich zwischen der Schleimhaut und den Verbindungsschichten, die sich unter ihr befinden, erkennbar. Ferner ist auch ein Nachweis der Antikörper im Blut möglich. Zu diesem Zweck werden spezielle Untersuchungen wie zum Beispiel ELISA, eine indirekte Immunfluoreszenz auf Spalthaut oder Western Blot durchgeführt.
Seinen Verlauf nimmt das vernarbende Schleimhautpemphigoid in Schüben, was Monate oder sogar Jahre andauern kann. Probleme entstehen vor allem durch die narbige Blasenabheilung sowie Sehstörungen bei einer Beteiligung der Augen.
Komplikationen
Bei dieser Erkrankung leiden die Betroffenen an unterschiedlichen Beschwerden. Die genauen Beschwerden hängen dabei sehr stark von der betroffenen Region ab, sodass hierbei keine allgemeine Voraussage möglich ist. In den meisten Fällen kommt es aufgrund der Veränderung der Schleimhäute zu starken Schmerzen. Die Betroffenen leiden mitunter an Gewichtsverlust und an einer dauerhaften Müdigkeit und Abgeschlagenheit.
Sie fühlen sich schwach und können dabei keine gewöhnlichen Tätigkeiten mehr durchführen. Auch die Nahrungseinnahme und Flüssigkeitszufuhr kann nicht mehr ohne Weiteres erfolgen, sodass viele Betroffene an Mangelerscheinungen oder an einer Dehydration leiden. Die Lebensqualität wird durch die Erkrankung deutlich verringert und eingeschränkt.
Es kommt weiterhin auch zu Nasenbluten und häufig zu Atembeschwerden. Im schlimmsten Fall kann der Betroffene dabei auch vollständig das Bewusstsein verlieren. Sollte sich die Erkrankung auch bis zu den Augen ausbreiten, kann es auch zu einer Erblindung kommen.
Die Behandlung dieser Krankheit erfolgt mit Hilfe von Medikamenten oder durch eine Dialyse. Dabei treten zwar keine besonderen Komplikationen auf, allerdings ist eine vollständige Heilung in der Regel nicht möglich. Auch die Lebenserwartung ist durch die Erkrankung in den meisten Fällen deutlich verringert.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Auffälligkeiten der Schleimhaut sollten einem Arzt vorgestellt werden, sofern sie über mehrere Tage oder Wochen fortbestehen oder zunehmen. Unregelmäßigkeiten der Augen, der Atmung, des Schlucktaktes sowie der Ausscheidungen sind Anzeichen einer gesundheitlichen Störung. Zur Klärung der Ursache ist ein Arztbesuch vonnöten. Ein Unwohlsein im Bereich des Mundes oder ein allgemeines Krankheitsgefühl weisen auf eine Erkrankung hin. Der Verlust des Gewichts, eine innere Schwäche oder Einbußen der körperlichen Leistungsfähigkeit gelten als besorgniserregend. Die Konsultation eines Arztes ist notwendig, sofern Funktionsstörungen auftreten oder es zu unwillkürlichen Blutungen kommt. Insbesondere bei einem wiederholten unkontrollierten und nicht nachvollziehbaren Nasenbluten ist eine Ursachenforschung anzuraten.
Dieser Vorgang gilt als Warnsignal des Organismus. Schmerzen beim Sehen oder eine Einschränkung der gewohnten Sehkraft können auf Probleme der Augenschleimhaut hinweisen. Zur Vermeidung von Komplikationen sollte frühzeitig ein Arztbesuch erfolgen. Angst, Schlafstörungen sowie Einschränkungen der Atemtätigkeit sind ebenfalls mit dem behandelnden Arzt zu besprechen. Probleme der Tränendrüsen eine Trockenheit am Auge oder Auffälligkeiten der allgemeinen Augenbewegungen sind Anzeichen einer Erkrankung. Entwickeln sich am Körper im Bereich der Schleimhäute Wunden oder stellen sich Schmerzen ein, sollte eine Behandlung erfolgen. Kommt es aufgrund der Beeinträchtigungen zu einer Verweigerung der Nahrungsmittelzufuhr, wird ein Arzt benötigt.
Behandlung & Therapie
Die Therapie des vernarbenden Schleimhautpemphigoids richtet sich danach, ob die Bindehaut des Auges ebenfalls von der Erkrankung betroffen ist oder nicht. In den meisten Fällen ist zu Beginn der Behandlung ein stationärer Klinikaufenthalt erforderlich. Dabei gilt es, die Schleimhautentzündung zu bekämpfen und die Autoantikörper zu unterdrücken.
In der akuten Phase erhält der Patient Medikamente wie Kortisonpräparate sowie Azathioprin, Dapson, Cyclophosphamid, Mycophenolat-Natrium oder Mycophenolatmofetil, wobei sich diese Wirkstoffe teilweise miteinander kombinieren lassen. Zeigen die verabreichten Mittel in schweren Fällen nicht die erhoffte Wirkung, kann eine Immunadsorption erfolgen, bei der es sich um eine spezielle Blutwäsche handelt.
Eine rasche Therapie ist vor allem bei einer Augenbeteiligung notwendig, um dauerhaften Sehschädigungen entgegenzuwirken. Zur Unterdrückung des Immunsystems erhält der Patient neben Kortison auch Cyclophosphamid.
Vorbeugung
Eine Vorbeugung gegen das vernarbende Schleimhautpemphigoid ist nicht möglich. So ließen sich die Ursachen der Autoimmunkrankheit noch nicht herausfinden.
Nachsorge
Das vernarbende Schleimhautpemphigoid erfordert nach der Therapie eine intensive Nachsorge. Diese dient dazu, die Augen zu schützen und eine dauerhafte Sehschädigung zu vermeiden. Darum müssen die Betroffenen ihre Symptome genau beobachten, um in Problemfällen sofort ärztliche Hilfe zu suchen. Der Einsatz von speziellen Augensalben und Tropfen ist streng nach ärztlicher Empfehlung durchzuführen.
Häufig leiden die Patienten unter einer narbigen Blasenabheilung und einem beeinträchtigten Sehvermögen. Das kann ihnen Angst bereiten, doch mit einer geeigneten Sehhilfe lassen sich die größten Probleme lindern. Auch eine liebevolle Unterstützung im Alltagsleben hilft über die schwierigste Zeit hinweg. Die Betroffenen sollten sich während der mehrere Wochen dauernden Krankschreibung schonen, damit die Erkrankung vollständig abklingen kann.
Falls es an den Augen oder im Mundbereich zu Entzündungen oder Blutungen kommt, ist ein sofortiger Arztbesuch ratsam. Das gilt auch für sehr schmerzhafte Reaktionen oder Funktionsausfälle. Für die Nachsorge empfehlen einige Ärzte, zu alternativen Mitteln zu greifen. Ebenfalls hilfreich ist eine entsprechende Selbsthilfegruppe, in der die naturheilkundlichen und homöopathischen Therapien ein wichtiges Thema sind. Beim Austausch mit weiteren Patienten geht es einerseits um gegenseitige Hilfestellungen und Tipps, andererseits um den moralischen Zusammenhalt.
Das können Sie selbst tun
Ein vernarbendes Schleimhautpemphigoid kann von den Betroffenen selbst behandelt werden. Die wichtigste Selbsthilfe-Maßnahme besteht in einer vorschriftsgemäßen Anwendung der verordneten Salben und Pinselungen. Auch verordnete Retinoide oder Immunsuppressiva müssen nach den Vorgaben des Arztes eingenommen werden, um Komplikationen auszuschließen.
Die Einschränkung des Sehvermögens muss mithilfe einer Sehhilfe kompensiert werden. Betroffene Personen benötigen Hilfe im Alltag und müssen sich einige Wochen krankschreiben lassen, bis das Leiden vollständig abgeklungen ist. Sollten Blutungen oder Entzündungen an den Augen oder im Mundraum auftreten, muss der Arzt informiert werden. Notwendig ist dies insbesondere bei starken Schmerzen oder Funktionsausfällen. Anzeichen einer Blutvergiftung müssen umgehend abgeklärt werden. Am besten wird sofort der Notarzt alarmiert, um keine weitere Zeit zu verlieren.
Ein vernarbendes Schleimhautpemphigoid kann gegebenenfalls auch durch Mittel aus der Homöopathie und der Naturheilkunde behandelt werden. Die Homöopathie bietet Alumina, Euphorbium, Galphimia und Ginseng an. Aus der Naturheilkunde empfehlen sich verschiedene Heilkräuter, Öle und Schüßler-Salze. Der Einsatz alternativer Mittel sollte mit dem zuständigen Dermatologen oder Internisten besprochen werden. Zuletzt können sich die Patienten an eine Pemphigus- und Pemphigoid-Selbsthilfegruppe wenden, die es in allen größeren Städten in Deutschland gibt.
Quellen
- Bork, K., Burkdorf, W., Hoede, N.: Mundschleimhaut- und Lippenkrankheiten. Schattauer, Stuttgart 2008
- Dirschka, T., Hartwig, R.: Klinikleitfaden Dermatologie. Urban & Fischer, München 2011
- Moll, I.: Dermatologie. Thieme, Stuttgart 2010