Vibrio vulnifiucs

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 14. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die bakterielle Spezies Vibrio vulnifiucs aus der Familie der Vibrionaceae zählt zur Ordnung der Proteobacteria und fällt darunter in die Klasse der Gammaproteobacteria und die Gattung der Vibrio. Die Bakterienart besiedelt vor allem Gewässer und gilt als humanpathogen. Die Bakterien rufen eine Unterhautentzündung hervor, die bei einem Eindringen der Erreger in den Blutkreislauf tödliche Folgen haben kann.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Vibrio vulnifiucs?

Nach einer Infektion mit Vibrio vulnificus stellen sich zunächst Symptome des Magen-Darm-Trakts ein. Zu diesen Symptomen zählt neben Erbrechen zum Beispiel Diarrhö.
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Bei Vibrionen handelt es sich um Bakterien mit gramnegativem Färbeverhalten, die fakultativ anaeroben Stoffwechsel betreiben und ihrer Gestalt nach als gebogene Stäbchenbakterien bezeichnet werden. Viele Spezies der Gattung sind unipolar begeißelt und verfügen damit über aktive Bewegungsfähigkeit.

Eine Art unter den Vibrionen ist Vibrio vulnificus. Die Spezies wird als humanpathogen eingestuft und ist mit der Art Vibrio cholerae eng verwandt, die auch als Erreger der Cholera bekannt ist. Die Infektion mit der Bakterienart Vibrio vulnificus hat zwar nicht Cholera zur Folge, kann aber eine Sepsis (Blutvergiftung) bedingen.

Besonders relevant wurde diese Art der bakteriellen Infektion nach der Überflutung durch Hurricane Katrina. In New Orleans wurden damals zahlreiche Personen mit Vibrio-vulnificus-Infektionen evakuiert.

Vorkommen, Verbreitung & Eigenschaften

Der bevorzugte Lebensraum von Bakterien der Art Vibrio vulnificus ist das Wasser. Die Bakterien kommen so vor allem in marinen Umgebungen vor und besiedeln neben Flussmündungen zum Beispiel Brackwasser-Tümpel oder Küstengebiete. Innerhalb Deutschlands zählt die Ostseeküste einer Studie zufolge zu den Gebieten mit der höchsten Vibrio-vulnificus-Besiedelung. Verantwortlich dafür scheinen der geringe Salzgehalt und die starke Erwärmung von Wasser in diesem Bereich zu sein.

Die Bakterien gehen im Wasser oft auf Meeresfrüchte oder andere Wasserlebewesen über. Da Zoonose besteht, können sie auch auf den Menschen übergehen. Das kann zum Beispiel beim Konsum von kontaminierten Meeresfrüchten der Fall sein. Besonders gefährlich ist in diesem Zusammenhang Austernverzehr, da diese meist roh verspeist werden.

Auch offene Wunden können dem Bakterium eine Eintrittsstelle bieten. Wunden beim Schwimmen und Waten lassen die Bakterien zum Beispiel in den menschlichen Organismus übertreten, falls das Gewässer verseucht ist. Eine weitere Infektionsmöglichkeit ist außerdem eine Stichwunde durch Dornenfische wie Tilapia.

Da es sich bei der Bakterienart um fakultativ anaerobe Bakterien handelt, überleben sie unter der Abwesenheit von Sauerstoff. Ihr Wachstum schreitet in einem sauerstofflosen Milieu am zügigsten fort, da sie keinen Sauerstoff für ihren Stoffwechsel benötigen. Die Anwesenheit von Sauerstoff muss fakultative Anaerobier nicht zwingend abtöten, aber erschwert ihnen zumeist das Wachstum.

Die Bakterienart Vibrio vulnificus ist immer pathogen. Im menschlichen Körper ist der Nachweis also immer mit Krankheitswert verbunden, da die Bakterien natürlicherweise nicht als Kommensale zu verstehen sind. Das unterscheidet sie von vielen anderen Bakterien, die im menschlichen Körper vorkommen. Kommensale bringen dem Menschen weder Nutzen, noch schaden sie ihm. Pathogene Bakterien wie die der Art Vibrio vulnificus schädigen den Menschen hingegen, zu Gunsten ihres eigenen Wachstum. Daher bedarf die Infektion immer einer Behandlung.

Besonders gefährlich ist die Infektion für immundefizite Patienten wie HIV-Patienten, immunsupprimierte Patienten (mit künstlich herabgesetztem Immunsystem) oder ältere Menschen mit einer altersphysiologischen Schwäche des Abwehrsystems. In diesen Fällen kann sich die Infektion mit Vibrio vulnificus zu einem akut lebensbedrohlichem Zustand entwickeln.


Krankheiten & Beschwerden

Nach einer Infektion mit Vibrio vulnificus stellen sich zunächst Symptome des Magen-Darm-Trakts ein. Zu diesen Symptomen zählt neben Erbrechen zum Beispiel Diarrhö. Vergesellschaftet sind die Magen-Darm-Beschwerden der Patienten häufig mit mehr oder weniger starken Leibschmerzen.

Charakteristisch für den Erreger Vibrio vulnificus sind besonders die Hautsymptome. Eine Blasen-werfende Dermatitis stellt sich ein, die oft falsch diagnostiziert und so mit Pemphigus vulgaris verwechselt wird. Auch eine mehr oder weniger großflächige Cellulitis ist ein verbreitetes Symptom. Dabei handelt es sich um eine Entzündung des Unterhautgewebes, die sich in der beschriebenen Form auch auf der Hautoberfläche bemerkbar macht. Geschwülste können entstehen.

Für Menschen mit geschwächtem Immunsystem ist besonders ein infizierter Schnitt oder eine andere Wunde eine große Gefahr. Über die Wunden gelangen die Bakterien in den Blutkreislauf. Bei gesunden Menschen wird die so entstehende Bakteriämie sofort durch das Immunsystem bekämpft. Bei Ausbleiben der immunologischen Attacken kommt es rasch zu einer bakteriellen Sepsis oder einem septischen Schock. Diese systemische Entzündungsreaktion kann Kreislaufversagen oder sogar den Tod hervorrufen.

Infektionen mit Vibrio vulnificus sind mit relativ hoher Mortalität assoziiert, so besonders solche, die bereits eine Sepsis hervorgerufen haben. Oft tritt der Tod in den ersten 48 Stunden nach Infektion ein. Die Idealbehandlung bleibt umstritten. Wirkung scheint am ehesten Cephalosporin der dritten Generation zu zeigen, so zum Beispiel in Form von Ceftriaxon oder Doxycyclin. Die bakteriellen Geschwülste der Haut können chirurgische Eingriffe oder Amputationen erforderlich machen.

Infektionen mit Vibrio vulnificus treten mit überdurchschnittlicher Häufigkeit an Männern auf. Für Männer scheint auch das Risiko des Schockzustands und damit das allgemeine Risiko der Sterblichkeit im Rahmen der Infektion erhöht zu sein. Mittlerweile geht die Medizin davon aus, dass das weibliche Östrogen gegen Vibrio vulnificus schützend wirkt. Frauen sind damit in der Regel weniger von der Infektion gefährdet, solange sie nicht an hormonellem Östrogenmangel leiden.

Quellen

  • Alberts, B. et al: Molekularbiologie der Zelle. Wiley-VCH, Weinheim 2003
  • Darai, G., Handermann, M. et al: Lexikon der Infektionskrankheiten des Menschen. Springer, Berlin 2011
  • Wiedenmann, M.: Hygiene im Rettungsdienst. Urban & Fischer, München 2011

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