Zidovudin
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 7. Mai 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Zidovudin heißt chemisch Azidothymidin und ist als solches ein Derivat des Nukleosids Thymidin. Pharmakologisch betrachtet gehört es zu den Reverse-Transkriptase-Inhibitoren und ist als solcher wirksam gegen die intrazelluläre Vermehrung von HIV. Es wird vom Pharmakonzern GlaxoSmithKline vertrieben.
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Was ist Zidovudin?
Zidovudin, auch bekannt als AZT (Azidothymidin), ist ein antiretrovirales Medikament, das zur Behandlung von HIV-Infektionen eingesetzt wird. Es gehört zur Klasse der Nukleosidischen Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NRTIs) und wirkt, indem es das Enzym Reverse Transkriptase hemmt, das für die Vermehrung des HI-Virus notwendig ist.
Zidovudin wurde in den späten 1980er Jahren als eines der ersten Medikamente zur Behandlung von HIV eingeführt. Es hat historisch eine wichtige Rolle bei der Behandlung von HIV/AIDS gespielt und war das erste antiretrovirale Medikament, das von der FDA zugelassen wurde. Es wurde ursprünglich entwickelt, um die Lebensqualität von Menschen mit HIV zu verbessern und die Progression zu AIDS zu verlangsamen.
Das Medikament wird in der Regel in Kombination mit anderen antiretroviralen Arzneimitteln eingesetzt, um eine optimale Wirksamkeit zu erzielen und die Entwicklung von Medikamentenresistenzen zu minimieren. Zidovudin kann in Form von Tabletten, Kapseln und als Sirup eingenommen werden.
Trotz seiner Effektivität kann Zidovudin Nebenwirkungen haben, darunter Anämie, Neutropenie und gastrointestinale Beschwerden. Eine regelmäßige Überwachung der Blutwerte ist daher notwendig. Aufgrund seiner Nebenwirkungen und der Verfügbarkeit neuerer Medikamente wird Zidovudin heute weniger häufig eingesetzt als in der Vergangenheit, bleibt jedoch in bestimmten Fällen eine wichtige Option in der antiretroviralen Therapie.
Pharmakologische Wirkung
Die pharmakologische Wirkung von Zidovudin beruht auf einer Hemmung der nukleosidischen Reversen Transkriptase, eines Enzyms, welches HI-Viren für ihre Vermehrung und Pathogenität unbedingt benötigen.
Das Human Immunodeficiency Virus (HIV), welches die Krankheit AIDS (Acquired Immune Deficiency Syndrome) hervorruft, gehört zu den sogenannten Retroviren. Es verwendet als Erbgut RNA, nicht DNA, wie dies bei vielen anderen Lebensformen, zum Beispiel dem Menschen, der Fall ist. Damit HIV sich nun in die menschliche Zelle integrieren und, wie dies bei Viren üblich ist, diese dazu bringen kann, sein Erbgut zu vervielfältigen und ihm so bei der Vermehrung zu helfen, benötigt es die Reverse Transkriptase:
Sie schreibt Virus-RNA in DNA um (normalerweise geschieht dies in der Biologie andersherum, daher in diesem Fall die Bezeichnung "revers"), diese wird dann in den ganz normalen Ablauf des Zellstoffwechsels integriert und benutzt, um neue Proteine und somit neue Viren abzulesen und anzufertigen.
Zidovudin wird intrazellulär in seine wirksame Form Zidovudin-Triphosphat umgewandelt und hat dann eine hohe Affinität zur reversen Transkriptase der Retroviren, einschließlich HIV-1 und HIV-2. Man muss jedoch bedenken, dass auch andere Transkriptasen, die im normalen Zellstoffwechsel ihre Arbeit erfüllen, von dem Medikament mit geringerer Affinität blockiert werden, was für einen Großteil der Nebenwirkungen verantwortlich ist.
Als Antimetabolit wird Zidovudin-Triphosphat anstelle eines Thymidin-Bausteines in die DNA des Provirus eingebaut und blockiert an dieser Stelle die weitere Produktion. Die beteiligte reverse Transkriptase wird blockiert. Zidovudin hemmt auf diese Weise aber nur die neu in eine Wirtszelle penetrierenden HI-Viren - was bereits in das Zellgenom integriert ist, bleibt dagegen unbeeinflusst. Daher muss das Mittel auch stets in Kombination mit anderen verwendet werden, um die Virusinfektion wirklich umfassend angreifen zu können.
Medizinische Anwendung & Verwendung
Die Anwendung von Zidovudin findet meist im Rahmen einer breit angelegten HIV-Therapie, der sogenannten HAART (Highly active anti-retroviral therapy), statt.
Nach etwa sechsmonatiger alleiniger Zidovudintherapie kommt es nämlich meist zu einer Resistenzentwicklung seitens der HI-Viren, welche in mehreren Schritten mutieren und ihre reverse Transkriptase gegen das Medikament unempfindlich werden lassen. In Kombination mit anderen Medikamenten ist diese Resistenzentwicklung für die Viren stark erschwert, da sie von mehreren Seiten gleichzeitig angegriffen werden.
Verwendet wird meist eine Dreifach-Kombination, meist zwei nukleosidische Reverse-Transkriptase-Inhibitoren mit einem nicht-nukleosidischen Reverse-Transkriptase-Hemmer oder mit einem Proteasehemmer.
Die Therapie muss engmaschig überwacht werden, vor allem die Viruslast und die CD4-Zellzahl sind wichtige Marker für den direkten Erfolg der Therapie. Ursprünglich wurde eine solche Behandlung erst beim Vollbild der Krankheit AIDS lanciert, heutzutage neigt man mehr und mehr dazu, die Therapie schon in früheren Infektionsstadien zu beginnen.
Verabreichung & Dosierung
Zidovudin, auch als AZT bekannt, ist ein antiretrovirales Medikament, das häufig zur Behandlung von HIV-Infektionen eingesetzt wird. Hier sind einige wichtige Punkte, die bei der Verabreichung und Dosierung von Zidovudin zu beachten sind:
Dosierung: Die Dosierung variiert je nach Patientengruppe und klinischer Situation. Bei Erwachsenen beträgt die übliche Dosis 300 mg zweimal täglich. Bei Kindern wird die Dosis in der Regel anhand des Körpergewichts berechnet.
Verabreichung: Zidovudin wird oral in Form von Tabletten, Kapseln oder Sirup eingenommen. Es kann unabhängig von den Mahlzeiten eingenommen werden, um eine gleichmäßige Resorption zu gewährleisten. Für Patienten mit Schluckbeschwerden oder Kinder ist die flüssige Formulierung oft praktischer.
Nebenwirkungen: Zu den häufigsten Nebenwirkungen gehören Kopfschmerzen, Übelkeit und Muskelschmerzen. Schwerwiegendere Nebenwirkungen können Anämie, Neutropenie und eine potenziell tödliche Laktatazidose sein. Eine regelmäßige Überwachung der Blutwerte ist notwendig, um diese Komplikationen frühzeitig zu erkennen.
Nieren- und Leberfunktion: Bei Patienten mit eingeschränkter Nieren- oder Leberfunktion sollte die Dosis angepasst werden, da Zidovudin über diese Organe ausgeschieden wird.
Kombinationstherapie: Zidovudin wird selten als Monotherapie verwendet. Es wird in der Regel in Kombination mit anderen antiretroviralen Medikamenten verschrieben, um die Resistenzentwicklung zu minimieren und die Wirksamkeit zu steigern.
Die Einhaltung der richtigen Dosierung und regelmäßige Überwachung sind entscheidend, um die Wirksamkeit von Zidovudin zu gewährleisten und das Risiko von Nebenwirkungen zu minimieren.
Risiken & Nebenwirkungen
Zidovudin hat einige Nebenwirkungen, die während einer lang dauernden Therapie auftreten können.
Die Tatsache, dass es ursprünglich als Chemotherapeutikum gegen Krebstumoren entwickelt werden sollte, zeigt bereits, dass einige Nebenwirkungen mit denen einer Chemotherapie übereinstimmen müssen: Eine Schädigung des Knochenmarks gehört hier dazu, welche sich schon zwei bis vier Wochen nach Therapiebeginn in einer Anämie und meist ab der sechsten bis achten Woche als Neutropenie, also Abfall der weißen Blutkörperchen, äußern kann.
Neurotoxische Wirkungen umfassen zum Beispiel Kopfschmerzen (bei 50 Prozent der Behandelten), Schlaflosigkeit und psychische Veränderungen. Bei Langzeittherapie kann es zudem zu Muskelschmerzen kommen. Gastrointestinale Störungen, Fieber und Hautausschlag können ebenso vorkommen.
Einige Wechselwirkungen sind zudem zu bedenken, unter anderem können ASS (Aspirin) und Morphin den Abbau von Zidovudin in der Leber behindern und damit für erhöhte Wirkstoffkonzentrationen sorgen. Andere zytotoxische oder knochenmarksunterdrückende Medikamente verschärfen natürlich die Nebenwirkungen des Zidovudin.
Kontraindikationen
Zidovudin ist ein antiretrovirales Medikament, das zur Behandlung von HIV-Infektionen verwendet wird. Es hat jedoch spezifische Kontraindikationen, die beachtet werden müssen, um unerwünschte Reaktionen zu vermeiden:
Allergische Reaktionen: Patienten mit bekannter Überempfindlichkeit gegenüber Zidovudin oder einem seiner Bestandteile sollten dieses Medikament nicht verwenden, da es zu schweren allergischen Reaktionen führen kann.
Schwere Lebererkrankungen: Patienten mit schweren Lebererkrankungen, einschließlich einer ausgeprägten Hepatomegalie oder aktiver Hepatitis, sollten Zidovudin meiden. Das Medikament kann die Leber weiter belasten und das Risiko einer Laktatazidose erhöhen.
Anämie und Neutropenie: Zidovudin kann eine signifikante Anämie und Neutropenie verursachen oder verschlimmern. Patienten mit bereits bestehenden schweren Formen dieser Erkrankungen sollten das Medikament vermeiden oder unter strenger Überwachung anwenden.
Knochenmarkdepression: Da Zidovudin die Knochenmarkfunktion beeinträchtigen kann, ist es bei Patienten mit bestehender Knochenmarkdepression kontraindiziert.
Nierenfunktionsstörungen: Bei Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz sollte die Anwendung von Zidovudin sorgfältig abgewogen und die Dosierung angepasst werden.
Schwangerschaft: Obwohl Zidovudin bei HIV-positiven Schwangeren zum Schutz des Fötus vor einer HIV-Übertragung verwendet wird, sollte es nur unter ärztlicher Aufsicht und nach sorgfältiger Abwägung der Risiken angewendet werden.
Die Beurteilung dieser Kontraindikationen ist entscheidend, um die Sicherheit des Patienten zu gewährleisten und schwere Nebenwirkungen zu vermeiden.
Interaktionen mit anderen Medikamenten
Zidovudin, ein antiretrovirales Medikament, kann mit anderen Medikamenten interagieren. Diese Wechselwirkungen können die Wirksamkeit von Zidovudin beeinflussen und das Risiko von Nebenwirkungen erhöhen:
Ribavirin: Bei gleichzeitiger Anwendung von Ribavirin kann die antiretrovirale Wirkung von Zidovudin vermindert werden. Dies kann zu einem Anstieg der HIV-RNA-Spiegel führen und das Risiko einer Resistenzentwicklung erhöhen.
Ganciclovir und Valganciclovir: Diese Medikamente werden zur Behandlung von CMV-Infektionen eingesetzt. Die gleichzeitige Verwendung mit Zidovudin kann das Risiko einer Knochenmarktoxizität erhöhen, was zu Anämie und Neutropenie führen kann.
Probenecid: Probenecid, das zur Behandlung von Gicht verwendet wird, kann die Ausscheidung von Zidovudin verlangsamen und dessen Konzentration im Blut erhöhen. Dies kann zu einer verstärkten Toxizität führen.
Stavudin: Eine gleichzeitige Anwendung von Stavudin mit Zidovudin wird nicht empfohlen, da beide Medikamente gegensätzlich wirken und die antiretrovirale Wirksamkeit beeinträchtigt sein kann.
Clarithromycin: Clarithromycin kann die Aufnahme von Zidovudin verringern. Daher sollte Clarithromycin mindestens zwei Stunden vor oder nach Zidovudin eingenommen werden, um Wechselwirkungen zu vermeiden.
Chemotherapie und Immunsuppressiva: Die Kombination von Zidovudin mit immunsuppressiven Medikamenten oder bestimmten Chemotherapeutika kann die Knochenmarktoxizität verstärken und das Risiko für Blutbildungsstörungen erhöhen.
Es ist wichtig, dass Patienten und medizinisches Fachpersonal über diese Wechselwirkungen informiert sind, um die Dosierung anzupassen und mögliche Nebenwirkungen zu überwachen.
Alternative Behandlungsmethoden
Wenn Zidovudin aufgrund von Unverträglichkeiten oder Kontraindikationen nicht verwendet werden kann, stehen mehrere alternative antiretrovirale Medikamente und Behandlungsmethoden zur Verfügung:
Tenofovir: Tenofovir ist ein Nukleotid-Analoga, das bei HIV-Infektionen eingesetzt wird. Es hat ein günstiges Nebenwirkungsprofil und wird oft als Bestandteil einer kombinierten antiretroviralen Therapie (ART) eingesetzt.
Emtricitabin: Emtricitabin, ein Nukleosid-Analoga, wird oft in Kombination mit Tenofovir verwendet. Diese Kombination zeigt eine hohe Wirksamkeit bei HIV-Infektionen.
Lamivudin: Lamivudin ist ein weiteres Nukleosid-Analogon, das in der Behandlung von HIV-Infektionen weit verbreitet ist. Es wird häufig mit anderen antiretroviralen Medikamenten kombiniert, um die Virusreplikation effektiv zu hemmen.
Efavirenz: Ein nicht-nukleosidischer Reverse-Transkriptase-Inhibitor (NNRTI), der oft in Kombination mit anderen antiretroviralen Medikamenten verschrieben wird. Es kann eine alternative Option sein, insbesondere bei Patienten, die Nukleosid-Analoga nicht vertragen.
Integrase-Hemmer: Dolutegravir und Raltegravir sind Beispiele für Integrase-Inhibitoren, die die Integration des HIV-Genoms in das Wirtszellgenom blockieren. Diese Medikamente haben sich als wirksam und gut verträglich erwiesen.
Protease-Hemmer: Medikamente wie Atazanavir und Darunavir blockieren die HIV-Protease und verhindern die Virusvermehrung. Sie werden oft in Kombination mit anderen antiretroviralen Medikamenten eingesetzt.
Die Auswahl einer alternativen Therapie hängt von der individuellen Patientenanamnese, den bestehenden Gesundheitsbedingungen und der Resistenz des Virus ab.
Quellen
- "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
- "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
- "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor