Ganciclovir

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Als Ganciclovir wird ein Virostatikum bezeichnet. Es wirkt gegen Herpesviren.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Ganciclovir?

Als Augengel eignet sich Ganciclovir zur Therapie von Augenherpes (Keratitis herpetica).
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Bei Ganciclovir handelt es sich um ein Analogon der Nukleinbase Guanin. Als Virostatikum dient es zur Behandlung von Infektionen, die von Herpesviren verursacht werden. Die Zulassung des Wirkstoffs in Europa fand in den 1980er Jahren statt.

In Deutschland ist das Medikament unter den Präparatnamen Virgan® und Cymeven® im Einsatz. Es besteht eine strukturelle Verwandtschaft zwischen den Virostatika Ganciclovir, Penciclovir und Aciclovir.

Pharmakologische Wirkung

Als Virostatikum verfügt Ganciclovir über die Eigenschaft, das Wachstum von Viren zu hemmen. Seine Wirkung entfaltet der Arzneistoff in erster Linie gegen Herpesviren, zu denen die komplette Humane-Herpes-Virenfamilie zählt. Besonders ausgeprägt sind seine Wirkeffekte gegen das Cytomegalie-Virus (CMV). Aus diesem Grund setzt die Medizin es in der Regel gegen diesen Keim ein.

Nachdem das Ganciclovir in den Körper des Patienten gelangt ist, kommt es dort zu einer chemischen Umwandlung. Es entsteht die wirksame Form des Virostatikums, bei dem es sich um Ganciclovir-Triphosphat handelt. Dieser Stoff bildet sich vor allem in den Körperzellen, die von Viren infiziert sind. Durch unterschiedliche Kinasen wird der Arzneistoff phosphoryliert, was dem anschließenden Einbau in die DNS der Viren dient.

Ganciclovir weist große Ähnlichkeit mit dem Viren-DNS-Baustein Guanin auf. Dieser Fehleinbau hat einen Kettenbruch zur Folge, da Ganciclovir als virale Polymerase nicht als Baustein erkannt wird. Zu einer weiteren Replikation der Virus-DNS kommt es daher nicht. Das Virus kann sich also nicht mehr vermehren.

Zu den Nachteilen von Ganciclovir gehört allerdings, dass seine Wirkung nicht zielgerichtet ist. So hemmt das Virostatikum nicht nur das Wachstum der Viren, sondern wirkt sich auch negativ auf die Stoffwechselprozesse der gesunden Körperzellen aus. Die Folge davon sind mitunter einige gravierende Nebenwirkungen.

Die orale Bioverfügbarkeit von Ganciclovir fällt niedrig aus und beträgt lediglich 5 Prozent. Aus diesem Grund wird es oft intravenös verabreicht. Das Virostatikum wird über die Nieren fast unverändert aus dem Körper ausgeschieden. Ist die Nierenfunktion normal, liegt die Eliminationshalbwertszeit zwischen 1,5 und 3 Stunden.

Medizinische Anwendung & Verwendung

Zu den Anwendungsgebieten von Ganciclovir zählen in erster Linie Krankheiten, die vom humanem Herpesvirus 5 (HHV 5) ausgelöst werden. Es ist auch als Zytomegalievirus bekannt. In der Regel handelt es sich bei den Indikationen um eine Immunschwäche (wie etwa bei AIDS) sowie um Organtransplantationen.

Als Augengel eignet sich Ganciclovir außerdem zur Therapie von Augenherpes (Keratitis herpetica). Des Weiteren finden experimentelle Behandlungen von bösartigen Entartungen statt, für die onkolytische Viren verantwortlich sind. Zur negativen Selektion gelangt Ganciclovir außerdem in der Biochemie zum Einsatz.

Aufgrund der niedrigen oralen Bioverfügbarkeit des Virostatikums werden dem Patienten normalerweise täglich zwei Einzeldosen verabreicht, die 5 Milligramm je Kilo Körpergewicht betragen. Dabei erfolgt die Darreichung als Infusion in Zeitintervallen von 12 Stunden. Die Infusion wird über eine große Vene vorgenommen.

Ganciclovir lässt sich dennoch auch oral darreichen. In diesem Fall nimmt der Patient 1 Gramm pro Tag zwischen den Mahlzeiten ein. Seit 2006 sind in Deutschland auch äußerliche Darreichungsformen in Form von Augengel im Angebot.


Risiken & Nebenwirkungen

Da Ganciclovir erheblich höhere toxische Eigenschaften aufweist als andere Virostatika wie zum Beispiel Aciclovir, besteht ein größeres Risiko von Nebenwirkungen, die sehr vielfältig ausfallen können. So kommt es häufig zu einer Verringerung von bestimmten weißen Blutzellen, Durchfall, zu Atembeschwerden, einem Mangel an weißen Blutkörperchen, Appetitlosigkeit, Pilzinfektionen im Mundraum, Kopfschmerzen, Schlafproblemen, Harnwegsinfektionen, Cellulitis, Angststörungen, Depressionen, Verwirrtheit, Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Husten, Schluckbeschwerden und Verstopfung.

Weitere unerwünschte Nebeneffekte sind Denkstörungen, Magersucht, Entzündungen der Haut, Juckreiz, Schweißausbrüche in der Nacht, Ohrenschmerzen, Nervenstörungen, Störungen der Leberfunktion, Muskelschmerzen, Rückenschmerzen, Fieber, Müdigkeit, Starre, Schmerzen in der Brust, Kraftlosigkeit und die Abnahme von Gewicht.

Sogar eine Ablösung der Augennetzhaut und eine Blutvergiftung (Sepsis) sind möglich. Gelegentlich treten auch Herzrhythmusstörungen, der Verlust des Gehörs, Sehstörungen, schwere allergische Reaktionen, Sodbrennen, Haarausfall, Unfruchtbarkeit beim Mann sowie Nierenversagen und Psychosen auf.

Leidet der Patient unter einer Allergie oder einer Überempfindlichkeit gegen Ganciclovir oder andere Virostatika wie Valaciclovir, Valganciclovir und Aciclovir, darf ihm der Arzneistoff keinesfalls verabreicht werden. Dies gilt auch dann, wenn ein ausgeprägter Mangel an Blutplättchen bzw. weißen Blutkörperchen oder ein zu niedriger Wert an Hämoglobin vorliegt.

Eine vorsichtige Dosierung durch den Arzt ist erforderlich bei einer Nierenfunktionsstörung. In solchen Fällen muss der Mediziner Gefahren und Nutzen gegeneinander abwägen.

Während der Schwangerschaft und Stillzeit darf Ganciclovir keinesfalls zum Einsatz kommen, da dem Kind sonst schwere Schäden oder Fehlbildungen drohen. Bei einer Einnahme des Mittels wird eine konsequente Schwangerschaftsverhütung empfohlen. Für Kinder unter 18 Jahren ist Ganciclovir ebenfalls nicht geeignet.

Die gleichzeitige Einnahme von Ganciclovir mit bestimmten anderen Arzneimitteln kann Wechselwirkungen zur Folge haben. So droht oftmals eine verstärkte Störung der Blutzellbildung. Besonders hoch ist das Risiko bei Wirkstoffen zur Krebsbehandlung. Dazu gehören Zytostatika wie Vinblastin und Vincristin sowie Chemotherapeutika wie Pentamidin und Dapson. Gefahr besteht außerdem bei Anti-Pilzmitteln wie Flucytosin und Amphotericin B.

Es wird davon abgeraten, Ganciclovir mit dem Wirkstoff Zidovudin zu verabreichen, der ebenfalls zur Bekämpfung von Viren dient. Im Falle einer Kombination drohen dem Patienten schwerste Schädigungen der Blutzellbildung. Wird Ganciclovir gleichzeitig mit Cephalosporinen oder Penicillinen dargereicht, besteht die Gefahr von Krampfanfällen.

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