Valganciclovir

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. April 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Bei Valganciclovir handelt es sich um ein Virostatikum, das zum Einsatz kommt, um eine bei AIDS-Patienten auftretende Cytomegalievirus Retinitis (Einschlusskörperchenkrankheit) zu behandeln. Der Arzneistoff wird der Gruppe der Nukleosidanaloga zugerechnet und ist weit verbreitet. Als Prodrug des Stoffes Ganciclovir hat es im Wesentlichen die gleichen Effekte und Nebenwirkungen wie dieses.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Valganciclovir?

Valganciclovir setzt sich aus zwei Stereozentren zusammen, was dem Grunde nach das Vorhandensein von vier sogenannten Stereoisomeren möglich macht.
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Valganciclovir ist ein virushemmender Wirkstoff (ein Virostatikum), das der Gruppe der Nucleosidanaloga zugehört und einen wesentlichen Teil der Behandlung von AIDS-Patienten ausmacht. Es wird verabreicht, um eine Cytomegalievirus Retinitis (Einschlusskörperchenkrankheit) zu behandeln. Hierbei handelt es sich um eine Erkrankung, die durch das Humane Cytomegalievirus ausgelöst wird und insbesondere für Menschen mit schwachem Immunsystem gefährlich ist.

Valganciclovir wird peroral (durch den Mund) eingenommen und vom Körper in der Regel gut und schnell resorbiert. Der Wirkstoff selbst wird erst innerhalb des Körpers aktiv. Nach der Verstoffwechselung (Metabolisierung) wandelt es sich in den verwandten Stoff Ganciclovir um. Valganciclovir gilt deshalb als dessen Prodrug.

Der Wirkstoff wird mit der chemischen Summenformel C 14 – H 22 - N 6 - O 5 beschrieben, was einer moralen Masse von 354,36 g/mol entspricht. In Deutschland, Österreich und der Schweiz wird Valganciclovir unter dem Namen Valcyte® als verschreibungs- und apothekenpflichtiges Medikament vertrieben.

Pharmakologische Wirkung

Valganciclovir setzt sich aus zwei Stereozentren zusammen, was dem Grunde nach das Vorhandensein von vier sogenannten Stereoisomeren möglich macht. Die Stereozentren von Valganciclovir sind allerdings einheitlich als S konfiguriert. Die tatsächliche Anzahl der Stereoisomere ist deshalb auf lediglich zwei beschränkt, was Auswirkungen auf die pharmakologische Wirkung des Stoffes hat.

Dieser hemmt nach der Verstoffwechselung im menschlichen Körper die Vermehrung des Humanen Cytomegalievirus (HCMV), das auch als Humanes Herpesvirus 5 (HHV 5) bezeichnet wird. Das Virus ist vor allem für jene Menschen gefährlich, die – wie AIDS-Patienten – nur ein sehr schwaches Immunsystem haben.

Valganciclovir erreicht seine virushemmende Wirkung, indem sich die grundsätzlich inaktive Substanz innerhalb des menschlichen Körpers in den pharmakologisch sehr wirksamen Stoff Ganciclovir umwandelt. Dieser macht es HHV 5 bzw. HCMV unmöglich, ein für die Vermehrung essentielles Enzym zu produzieren. Valganciclovir gilt damit als sogenannte Prodrug, weswegen es eine positive Pharmakokinetik und eine hohe Bioverfügbarkeit aufweist.

Medizinische Anwendung & Verwendung

Die Therapie des Cytomegalievirus (HCMV) stellt das Hauptanwendungsgebiet von Valganciclovir dar. Der Virus ist für einen gesunden Menschen üblicherweise ungefährlich, da das Immunsystem in der Lage ist, die Vermehrung auf ein erträgliches Maß zu senken.

Ist das Immunsystem jedoch, etwa wegen einer AIDS-Erkrankung, massiv geschwächt, kann die Infektion mit HCMC bzw. HHV 5 lebensgefährlich sein. Denn in diesen Fällen ist der Körper selbst nicht mehr dazu fähig, die Virenzahl niedrig zu halten. Diese können sich nahezu unkontrolliert verbreiten.

Valganciclovir wirkt dem entgegen, indem es die Vermehrung der Viren hemmt. Der Wirkstoff, der grundsätzlich als Filmtablette oral eingenommen wird, ist damit ein Virostatikum.


Kontraindikationen

Valganciclovir, ein antivirales Medikament, wird hauptsächlich zur Behandlung von durch das Cytomegalovirus (CMV) verursachten Erkrankungen, wie Retinitis bei immunsupprimierten Patienten, verwendet. Es gibt jedoch spezifische Kontraindikationen, die bei der Verwendung dieses Medikaments beachtet werden sollten:

Allergien gegen Valganciclovir oder Ganciclovir: Eine bekannte Überempfindlichkeit gegen Valganciclovir selbst oder gegen seinen Prodrug Ganciclovir ist eine absolute Kontraindikation. Patienten mit einer solchen Allergie sollten das Medikament nicht verwenden, da dies zu schweren allergischen Reaktionen führen kann.

Schwangerschaft: Valganciclovir ist in der Schwangerschaft kontraindiziert, da es potenziell teratogen ist und das Risiko für Geburtsfehler erhöht. Frauen im gebärfähigen Alter sollten während der Behandlung mit Valganciclovir effektive Verhütungsmethoden anwenden.

Stillzeit: Da Valganciclovir in die Muttermilch übergehen und potenziell schädliche Wirkungen auf das gestillte Kind haben kann, wird empfohlen, während der Behandlung nicht zu stillen.

Schwere Neutropenie, Anämie oder Thrombozytopenie: Patienten, die bereits vor Beginn der Behandlung an schweren Formen dieser Zustände leiden, sollten Valganciclovir mit Vorsicht verwenden, da das Medikament hämatologische Nebenwirkungen verschlimmern kann.

Niereninsuffizienz: Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion können eine Anpassung der Dosierung benötigen, da Valganciclovir renal eliminiert wird. Bei schwerer Niereninsuffizienz kann die Verwendung von Valganciclovir kontraindiziert sein, abhängig vom Schweregrad der Funktionseinschränkung.

Ärzte müssen eine vollständige Anamnese und gründliche medizinische Untersuchungen durchführen, um sicherzustellen, dass Valganciclovir sicher und effektiv für den Patienten ist, insbesondere in Bezug auf die oben genannten Kontraindikationen.

Risiken & Nebenwirkungen

Valganciclovir kann Nebenwirkungen verursachen. Zwingend ist dies aber nicht der Fall. Da Valganciclovir ein Prodrug ist und innerhalb des menschlichen Körpers in den Wirkstoff Ganciclovir umgewandelt wird, entsprechen die Nebenwirkungen weitestgehend denen des Ganciclovir.

Dementsprechend kann es zum Entstehen einer pathogenen Verminderung der neutrophilen Granulozyten kommen (sogenannte Neutropenie) kommen. Auch ein ausgeprägter Mangel an Granulozyten im Blut (Agranulozytose) ist eine typische Nebenwirkung von Ganciclovir und Valganciclovir. Darüber hinaus kann ein sehr niedriger Hämoglobingehalt im Blut (Anämie) ebenfalls durch Valganciclovir hervorgerufen werden.

Daneben zählen auch Beschwerden des Magen-Darm-Traktes wie Durchfall, Bauchschmerzen, Magenkrämpfe und Erbrechen zu den denkbaren Nebenwirkungen.

Gelegentlich können auch Schädigungen der Leberzellen oder eine Neuropathie auftreten. Sofern eine Unverträglichkeit gegenüber Valganciclovir oder Ganciclovir bekannt ist, dürfen die Wirkstoffe nicht eingenommen werden.

Interaktionen mit anderen Medikamenten

Valganciclovir, ein antivirales Medikament, das vor allem zur Behandlung von Cytomegalovirus (CMV)-Infektionen eingesetzt wird, kann verschiedene Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten eingehen, die dessen Wirksamkeit beeinflussen oder das Risiko für Nebenwirkungen erhöhen können. Hier sind einige wichtige Interaktionen:

Immunsuppressiva: Valganciclovir wird häufig bei Patienten verwendet, die Immunsuppressiva erhalten, z. B. nach einer Organtransplantation. Die Kombination von Valganciclovir mit Medikamenten wie Ciclosporin oder Tacrolimus kann das Risiko für Nierenfunktionsstörungen und andere hämatologische Nebenwirkungen erhöhen. Eine sorgfältige Überwachung der Nierenfunktion und Blutbildes ist erforderlich.

Myelosuppressive Medikamente: Da Valganciclovir selbst myelosuppressive Eigenschaften hat, kann die gleichzeitige Anwendung mit anderen myelosuppressiven Medikamenten, wie z.B. Zytostatika, das Risiko für Neutropenie, Anämie und Thrombozytopenie verstärken.

Probenecid: Probenecid, ein Medikament, das die Ausscheidung von Harnsäure hemmt, kann die Ausscheidung von Ganciclovir, dem aktiven Metaboliten von Valganciclovir, verzögern und somit dessen Plasmaspiegel erhöhen. Dies kann das Risiko für toxische Wirkungen von Valganciclovir erhöhen.

Antazida und andere Medikamente, die die Magensäure reduzieren: Diese können die Absorption von Valganciclovir beeinträchtigen, wenn sie zeitgleich verabreicht werden. Es wird empfohlen, Valganciclovir mindestens zwei Stunden vor oder nach diesen Medikamenten einzunehmen.

Nephrotoxische Medikamente: Da Valganciclovir über die Nieren ausgeschieden wird, können andere nephrotoxische Medikamente wie Aminoglykoside, Amphotericin B, und NSAIDs die Nierenbelastung erhöhen und das Risiko für Nierenschäden verstärken.

Bei der Verwendung von Valganciclovir ist es wichtig, den behandelnden Arzt über alle aktuellen Medikamente zu informieren, einschließlich verschreibungspflichtiger Medikamente, Over-the-counter-Präparate und pflanzliche Produkte, um potenzielle gefährliche Wechselwirkungen zu vermeiden.

Alternative Behandlungsmethoden

Wenn Valganciclovir aufgrund von Unverträglichkeiten oder Nebenwirkungen nicht geeignet ist, gibt es mehrere alternative Behandlungsmöglichkeiten für Cytomegalovirus (CMV)-Infektionen, die in Betracht gezogen werden können. Hier sind einige der gängigen Alternativen:

Ganciclovir: Obwohl es strukturell ähnlich wie Valganciclovir ist und in manchen Fällen ähnliche Nebenwirkungen verursachen kann, kann Ganciclovir eine Alternative sein, wenn spezifische Unverträglichkeiten gegenüber Valganciclovir vorliegen. Ganciclovir kann intravenös verabreicht werden und ist besonders für die Behandlung von CMV-Retinitis bei immunsupprimierten Patienten geeignet.

Foscarnet: Foscarnet ist eine Alternative, die nicht die gleichen myelosuppressiven Eigenschaften wie Valganciclovir besitzt. Es wird oft als zweite Wahl für Patienten eingesetzt, die gegen Ganciclovir oder Valganciclovir resistent sind oder diese nicht vertragen. Foscarnet wird hauptsächlich zur Behandlung von schweren CMV-Infektionen verwendet, einschließlich Retinitis. Es muss jedoch beachtet werden, dass Foscarnet nephrotoxisch sein kann und seine Verwendung eine sorgfältige Überwachung der Nierenfunktion erfordert.

Cidofovir: Cidofovir ist ein weiteres antivirales Medikament, das bei der Behandlung von CMV-Infektionen eingesetzt wird, besonders wenn andere Medikamente nicht geeignet sind. Es hat ebenfalls nephrotoxische Eigenschaften und erfordert die Verabreichung von Probenecid und ausreichender Hydratation zur Reduzierung des Risikos einer Nierenschädigung.

Diese Alternativen erfordern eine sorgfältige Betrachtung und Überwachung, insbesondere aufgrund ihrer potenziellen Toxizität und der Notwendigkeit einer angepassten Dosierung bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion. Die Auswahl der geeigneten Therapie sollte immer in enger Abstimmung mit einem spezialisierten Arzt erfolgen, um die beste Behandlungsoption basierend auf dem individuellen Gesundheitszustand und den spezifischen medizinischen Bedürfnissen des Patienten zu gewährleisten.

Quellen

  • "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
  • "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
  • "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor

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