Acetazolamid

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 26. April 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Acetazolamid wird bereits seit über 60 Jahren als Hemmer von Carboanhydrase eingesetzt. Das Medikament besitzt verschiedene Anwendungsbereiche und wird in der heutigen Medizin vor allem im Rahmen einer Behandlung des Grünen Stars und von diversen neurologischen Krankheiten sowie als Präventivmittel gegen die Höhenkrankheit eingesetzt.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Acetazolamid?

Acetazolamid ist ein Carboanhydrasehemmer. Es wird z.B. eingesetzt, um eine präventive Wirkung gegen die Höhenkrankheit bei Bergsteigern zu erzielen.

Acetazolamid ist ein Carboanhydrasehemmer. Es wird in der Medizin vor allem eingesetzt, um den Druck im Augeninneren zu senken, Wasseransammlungen im Körper zu reduzieren und eine präventive Wirkung gegen die Höhenkrankheit bei Bergsteigern zu erzielen.

In der Regel wird das Medikament oral verabreicht, Injektionslösungen stellen die Ausnahme dar. Die Wirkung von Acetazolamid beruht ausschließlich auf einer Hemmung des Enzyms Carboanhydrase. Die beiden genannten direkten Effekte des Stoffes beruhen auf einer erhöhten Ausscheidung von Natrium und Kalium an der Niere und der Reduktion der Bildung von Kammerwasser.

Pharmakologische Wirkung

Acetazolamid wirkt unter anderem auf die Niere ein, wo eine leicht erhöhte Wasserausscheidung durch den körpereigenen Urin stattfinden kann. Gleichzeitig wird die Urinproduktion im Körper erhöht, wodurch die Wasserausscheidung ebenfalls begünstigt wird.

Im inneren Auge reduziert Acetazolamid den Druck, weshalb das Medikament auch als Teil der Glaukomtherapie angewendet wird. Positiv in Anbetracht einer möglichen Höhenkrankheit ist auch die Auswirkung auf die Lungen zu bewerten, welche durch Acetazolamid besser belüftet werden. Hirnödeme, ein Nebeneffekt der Höhenkrankheit, werden durch die Verabreichung von Acetazolamid ebenfalls reduziert.

Das Medikament verliert allerdings seine Wirkung, sobald sich der Patient an die äußeren Umstände durch Akklimatisierung gewöhnt hat. Nach der Verabreichung von Acetazolamid absorbiert der Körper das Medikament in der maximalen Dosis von 250 Milligramm in der Regel innerhalb von zwei Stunden. Bei Müttern gelangt das Medikament außerdem in die Muttermilch, ohne dass dies jedoch nachweisbare, negative Effekte auf die Muttermilch oder auf das Kind hätte.

Medizinische Anwendung & Verwendung

In erster Linie wird Acetazolamid zur Behandlung des chronischen Weitwinkelglaukoms eingesetzt, welches im Volksmund auch als Grüner Star bekannt ist. Durch die Absenkung des Augeninnendrucks werden der Krankheitsverlauf und auch die anschließend Behandlung positiv beeinflusst.

Ödeme jeglicher Art, darunter insbesondere Hirnödeme, können gemindert, aber nicht komplett geheilt werden. Krampfmindernde Effekte wurden bei Epilepsiepatienten ebenfalls gesichert nachgewiesen, ohne jedoch einen Grund für diese Wirkung von Acetazolamid feststellen zu können. Ein weiterer Anwendungsfall sind Entzündungen im Bereich der Bauchspeicheldrüse und die Bekämpfung von Pankreasfisteln.

Acetazolamid ist ein wichtiger Bestandteil der Prävention gegen die Höhenkrankheit: Bis zu 20 % der unerfahrenen Bergsteiger leiden ab einer Höhe von 3.000 Metern unter der Höhenkrankheit, ab 4.000 Metern steigt der Anteil auf bis zu 80 %. Bei einer ausreichenden Verabreichung von Acetazolamid sinkt das Risiko einer Erkrankung um 45 % bis 55 % (der genaue Wert ist abhängig von der Dosierung).

Acetazolamid besitzt einen bislang wenig erforschten, aber als gesichert wirkenden Effekt auf Migränepatienten, deren Krankheitsursache mutierte Calciumkanäle sind. Das Medikament wird in der aktiven Migränetherapie jedoch (noch) nicht eingesetzt.


Verabreichung & Dosierung

Acetazolamid ist ein Diuretikum, das hauptsächlich zur Behandlung von Glaukom, Höhenkrankheit und bestimmten Arten von Epilepsie eingesetzt wird. Bei der Verabreichung und Dosierung dieses Medikaments sind verschiedene wichtige Aspekte zu berücksichtigen, um die Sicherheit und Wirksamkeit zu gewährleisten.

Dosierung: Die Dosierung von Acetazolamid variiert je nach der zu behandelnden Erkrankung:

Glaukom: Normalerweise wird eine Dosis von 250 mg bis 1 g täglich in mehreren geteilten Dosen verabreicht.

Höhenkrankheit: Die präventive Dosierung beginnt üblicherweise mit 125 mg bis 250 mg zweimal täglich, beginnend 24 bis 48 Stunden vor dem Aufstieg und Fortsetzung für 48 Stunden, nachdem die Höhe erreicht wurde.

Epilepsie: Die Dosis kann bis zu 250 mg bis 1 g täglich betragen, je nach individuellem Ansprechen und medizinischer Anweisung.

Verabreichung: Acetazolamid kann oral in Form von Tabletten oder als Injektionslösung verabreicht werden. Es ist wichtig, das Medikament mit oder ohne Nahrung einzunehmen, jedoch sollte darauf geachtet werden, viel Flüssigkeit zu sich zu nehmen, um einer Dehydrierung vorzubeugen.

Vorsichtsmaßnahmen: Acetazolamid kann bei einigen Personen zu Nebenwirkungen wie Müdigkeit, Schwindel, Übelkeit und Tingeln in den Fingern oder Zehen führen. Es ist auch ein Sulfonamid, das allergische Reaktionen auslösen kann. Patienten mit einer bekannten Überempfindlichkeit gegenüber Sulfonamiden sollten dieses Medikament nicht verwenden.

Überwachung: Bei längerer Anwendung von Acetazolamid ist eine Überwachung des Elektrolythaushalts und der Nierenfunktion wichtig, da das Medikament Elektrolytungleichgewichte und möglicherweise eine metabolische Azidose verursachen kann.

Diese Richtlinien helfen sicherzustellen, dass Acetazolamid effektiv und sicher eingesetzt wird. Eine regelmäßige medizinische Überprüfung und Anpassung der Dosierung sind entscheidend, um optimale Ergebnisse zu erzielen.

Risiken & Nebenwirkungen

Unerwünschte Nebenwirkungen durch Acetazolamid betreffen in relativer Häufigkeit vor allem Müdigkeit und Schwindel oder plötzlich auftretende Kopfschmerzen. Im Falle einer Verabreichung als Prävention gegen die Höhenkrankheit zählen außerdem Geschmacksstörungen sowie Übelkeit und auch Durchfall zu den häufiger zu beobachtenden Nebenwirkungen.

Appetitlosigkeit, Erbrechen oder auch ein permanentes Hitzegefühl können ebenfalls Folgen der Verabreichung von Acetazolamid sein. Weiterhin sollte Acetazolamid auf keinen Fall während der Schwangerschaft eingesetzt werden, da Fehlentwicklungen des ungeborenen Kindes die Folge sein könnten.

Eine Überdosierung scheint keine stark negativen Folgen zu zeigen, allerdings liegen in diesem Zusammenhang ausschließlich Tierversuche als Referenzpunkt vor. Das Interaktionspotenzial mit anderen Medikamenten ist bislang wenig erforscht, allein bei der Verwendung von Präparaten, welche Sulfonamiden beinhalten, wurden Hautreaktionen und Veränderungen des Blutbildes nachgewiesen. Grundsätzliche Vorsicht ist angebracht, wenn Erkrankungen im Rahmen einer Azidose vorliegen.

Kontraindikationen

Acetazolamid, ein Diuretikum und Karboanhydrasehemmer, wird in verschiedenen klinischen Szenarien eingesetzt, hat jedoch spezifische Kontraindikationen, bei denen die Verwendung vermieden werden sollte:

Schwere Nierenfunktionsstörungen: Acetazolamid wird über die Nieren ausgeschieden. Bei Patienten mit signifikant eingeschränkter Nierenfunktion kann das Medikament nicht effektiv eliminiert werden, was zu erhöhten und potenziell toxischen Wirkstoffspiegeln im Körper führt.

Schwere Lebererkrankungen: Bei Patienten mit schweren Leberproblemen kann die Anwendung von Acetazolamid die Gefahr einer hepatischen Enzephalopathie verstärken, da es die Ammoniak-Konzentration im Körper potenziell erhöht.

Hypokaliämie und Hyponatriämie: Da Acetazolamid die Ausscheidung von Kalium und Natrium fördert, sollten Patienten mit bereits bestehenden Elektrolytstörungen das Medikament mit Vorsicht verwenden, um keine weiteren Elektrolytungleichgewichte zu provozieren.

Hyperchlorämische Azidose: Acetazolamid kann eine metabolische Azidose verursachen oder verschlimmern, insbesondere bei Patienten, die bereits eine hyperchlorämische Azidose aufweisen.

Allergie gegen Sulfonamide: Da Acetazolamid zu den Sulfonamid-Derivaten gehört, sollten Patienten mit einer bekannten Allergie gegen Sulfonamide dieses Medikament meiden, um schwere allergische Reaktionen zu vermeiden.

Schwangerschaft und Stillzeit: Obwohl die Risiken nicht vollständig geklärt sind, wird empfohlen, Acetazolamid während der Schwangerschaft und Stillzeit nur zu verwenden, wenn der Nutzen das potenzielle Risiko für das Kind überwiegt.

Patienten, die eine Behandlung mit Acetazolamid in Betracht ziehen, sollten diese Kontraindikationen mit ihrem Arzt besprechen, um sicherzustellen, dass das Medikament sicher und angemessen eingesetzt wird.

Interaktionen mit anderen Medikamenten

Acetazolamid kann mit einer Vielzahl von Medikamenten interagieren, was die Wirksamkeit des Medikaments beeinflussen oder unerwünschte Nebenwirkungen verursachen kann. Hier sind einige der wichtigsten Wechselwirkungen:

Aspirin: Die gleichzeitige Verwendung von Acetazolamid und hohen Dosen von Aspirin kann das Risiko einer Aspirin-Toxizität erhöhen, da Acetazolamid die Ausscheidung von Salicylaten verringern kann. Dies ist besonders relevant bei älteren Patienten oder bei Personen, die bereits eine beeinträchtigte Nierenfunktion haben.

Andere Diuretika: Die Kombination von Acetazolamid mit anderen Diuretika, insbesondere Schleifendiuretika wie Furosemid oder Thiaziden, kann zu einem verstärkten Verlust von Elektrolyten führen, insbesondere von Kalium. Dies erhöht das Risiko von Elektrolytstörungen, die Herzrhythmusstörungen verursachen können.

Lithium: Acetazolamid kann die renale Ausscheidung von Lithium erhöhen, was zu einer Verringerung der Lithium-Serumkonzentrationen führt. Dies könnte die Wirksamkeit von Lithium bei der Behandlung von bipolaren Störungen reduzieren.

Phenobarbital: Acetazolamid kann die Halbwertszeit von Phenobarbital erhöhen und seine Wirkung verstärken. Dies erfordert eine Überwachung und möglicherweise eine Dosisanpassung von Phenobarbital.

Antiepileptika: Bei gleichzeitiger Anwendung mit anderen Antiepileptika kann Acetazolamid deren Ausscheidung beeinflussen und zu erhöhten Plasmaspiegeln führen, was die Gefahr von Nebenwirkungen erhöht.

Antidiabetika: Acetazolamid kann die Blutzuckerwerte beeinflussen, was bei Patienten, die orale Antidiabetika oder Insulin verwenden, zu Schwankungen des Blutzuckerspiegels führen kann.

Vor Beginn einer Therapie mit Acetazolamid sollte eine sorgfältige Prüfung aller aktuellen Medikationen des Patienten erfolgen, um potenzielle Wechselwirkungen zu identifizieren und zu managen. Eine regelmäßige Überwachung der Medikamentenspiegel und der klinischen Symptome kann erforderlich sein, um die Therapie sicher zu gestalten.

Alternative Behandlungsmethoden

Wenn Acetazolamid aufgrund von Unverträglichkeiten oder Kontraindikationen nicht geeignet ist, gibt es alternative Behandlungsmethoden und Wirkstoffe, die je nach zugrundeliegender Erkrankung eingesetzt werden können:

Für Glaukom: Alternativen zu Acetazolamid sind andere Augendruck-senkende Medikamente wie Betablocker (z.B. Timolol), Prostaglandin-Analoga (z.B. Latanoprost), und topische Karboanhydrasehemmer (z.B. Dorzolamid und Brinzolamid), die lokal angewendet werden und somit weniger systemische Nebenwirkungen haben.

Für Höhenkrankheit: Dexamethason ist eine Alternative zu Acetazolamid zur Vorbeugung und Behandlung der Höhenkrankheit. Es ist besonders wirksam bei der Behandlung des Höhenhirnödems. Auch die Verwendung von Gingko biloba wurde untersucht, die Ergebnisse sind jedoch gemischt und es wird empfohlen, sich auf etabliertere Medikamente zu stützen.

Für Epilepsie: Wenn Acetazolamid als Adjuvans in der Epilepsiebehandlung nicht vertragen wird, können andere Antiepileptika wie Topiramat oder Zonisamid in Betracht gezogen werden. Beide Medikamente haben auch karboanhydrasehemmende Eigenschaften, können aber ein anderes Nebenwirkungsprofil haben.

Diuretika: Bei Bedarf eines Diuretikums können alternativ Thiazid-Diuretika oder Schleifendiuretika verwendet werden, abhängig von der klinischen Situation und den spezifischen Bedürfnissen des Patienten.

Diese Alternativen sollten immer in Absprache mit einem Arzt betrachtet werden, um sicherzustellen, dass sie für die spezifischen Gesundheitsbedingungen des Patienten geeignet und sicher sind. Es ist wichtig, die Ursache der Unverträglichkeit zu verstehen und zu berücksichtigen, um eine wirksame und verträgliche Behandlung zu gewährleisten.

Quellen

  • "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
  • "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
  • "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor

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