Barorezeptorreflex
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Der Barorezeptorreflex wird von den Barorezeptoren (auch Pressorezeptoren) in den Wänden der Blutgefäße eingeleitet und entspricht einer automatischen Reaktion des Kreislaufzentrums auf plötzlich veränderte Blutdruckwerte. Bei plötzlich erniedrigtem Blutdruck durch Blutverluste sichert die Reflex die Durchblutung der lebenswichtigen Organe mit einer Zentralisierung des Kreislaufes. Das ist zum Beispiel im Rahmen des hypovolämischen Schockzustands der Fall.
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Was ist der Barorezeptorreflex?
Bei den Barorezeptoren handelt es sich um Mechanorezeptoren in den Wänden der Blutgefäße. Mechanorezeptoren sind Sinneszellen zur Registrierung von Druckreizen. In der Wand der Blutgefäße messen die Rezeptoren den Blutdruck, so vor allem Blutdruckveränderungen.
Wie alle Rezeptoren des Körpers wandeln sie Reize in elektrische Erregung um und übersetzen sie damit in die Sprache des Nervensystems. Sie schicken Signale in From von Nervenerregung über afferente Bahnen an das zentrale Nervensystem, von wo aus bei Bedarf Veränderungen des total peripheren Widerstands und des Herzzeitvolumens eingeleitet werden.
Die Barorezeptoren vermitteln auf diese Weise unter anderem den sogenannten Barorezeptorreflex. Reflexe sind automatische und willentlich nicht kontrollierbare Antworten, die das Nervensystem auf bestimmte Reize gibt. Den Anfang eines Reflexbogens bildet immer ein bestimmter Reiz, der die immer gleiche Antwort des Nervensystems stimuliert.
Der Barorezeptorreflex beginnt mit einer Änderung des Blutdrucks, die von den Barorezeptoren in Form eines Reizes ans zentrale Nervensystem übermittelt wird. Diese Reizübermittlung löst eine automatisierte Reaktion zur Regulierung der Blutdruckwerte und damit der Aufrechterhaltung des Kreislaufes aus.
Funktion & Aufgabe
Anders als Differentialrezeptoren melden sie aber nicht nur die Reizveränderung, sondern signalisieren dem zentralen Nervensystem außerdem die exakte Reizdauer, wie es auch für Proportionalrezeptoren gilt. Erst am Ende der Reizung fällt ihre Aktionspotential-Frequenz wieder unter den Ruhewert ab.
Die Rezeptoren in den Gefäßwänden messen so also den absoluten Blutdruck, sie registrieren Änderungen des Blutdrucks und nehmen außerdem die Geschwindigkeit der Änderung wahr, wobei sie auch zur Registrierung der Blutdruckamplitude und der Herzfrequenz fähig sind. Diese Messungen schicken sie über Afferenzen an das Kreislaufzentrum innerhalb der Medulla oblongata.
Der Blutdruck wird in diesem Zentrum über das Prinzip negativer Rückkoppelung reguliert. Bei einer Erhöhung des Blutdrucks wird von hieraus über den Nervus vagus reflexartig der Parasympathikus aktiviert. Damit tritt eine Erniedrigung der sympathischen Aktivität ein. Dieser Prozess hat eine negativ-chronotrope Wirkung auf das Herz zur Folge. In den Widerstandsgefäßen der Körperperipherie verändert sich so der Tonus in den glatten Gefäßmuskeln.
Wenn die Rezeptoren dagegen eine Abnahme des Blutdrucks registrieren, hemmt das Kreislaufzentrum die Aktivität des Parasympathikus. Damit erhöht sich gleichzeitig die Aktivität des Sympathikus, da sich die beiden Bereiche antagonistisch gegenüberstehen und einander auf diese Weise regulieren. In einer Folge des fallenden Parasympathikus-Tonus und der erhöhten Sympathikus-Aktivität steigert sich schließlich die Herzfrequenz. Der total periphere Widerstand erhöht sich ebenfalls, da die glatte Muskulatur der Widerstandsgefäße zur Kontraktion gebracht wird. Zusätzlich stellt sich ein erhöht venöser Rückstrom ein.
Krankheiten & Beschwerden
Die dort ansässigen Neuronen schicken ohne Barorezeptor-vermittelte Inhibition vermehrt Signale an den Herzmuskel und an die einzelnen Venen und Arterien. In einer Reaktion beschleunigt die Herzfrequenz und das Herz lässt dementsprechend mehr Blut austreten. Alle Arteriolen und Venen kontrahieren und lassen weniger Blut in die Gewebe strömen. Das Blut wird bei großen Blutverlusten so größtenteils zu den lebensnotwendigen Organen geleitet.
Die Umverteilung des Bluts wird im Rahmen der Schocksymptomatik vor allem über die Ausschüttung von Adrenalin erreicht und wesentlich über Beta-Adrenorezeptoren vermittelt. Bei einem hypovolämischen Schock steht die Normalisierung des Blutvolumens im Fokus der Behandlung, damit die Schockspirale durchbrochen wird.
Zur Blutdrucknormalisierung werden den Patienten Infusionslösungen über großlumig periphere Zugänge gegeben, die das Volumen in den Gefäßen erhöhen. Der Volumenersatz ist zum Ausgleich der Hypovolämie gedacht, darf aber nicht zu einer wesentlichen Hypervolämie führen. Bei allen größeren Blutverlusten muss außerdem eine ursächliche Behandlung erfolgen, die sich auf die Stillung der Blutungen konzentriert.
Der Barorezeptorreflex ist in diesem Zusammenhang ein Schocksymptom, das die Blutzufuhr der lebenswichtigen Organe sichert und zu diesem Zweck das Blut vor weniger wichtigen Geweben zurückhält. Da die "weniger wichtigen" Gewebe in der Schocksituation bis zur Stabilisierung des Blutsdrucks nicht mehr in hinzureichendem Maß mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt werden, können einzelne Gewebe durch einen lang bestehenden Schockzustand nekrotisch werden, also absterben. Aus diesem Grund ist ein rascher Volumenersatz nach größeren Blutverlusten unbedingt erforderlich. Mit der Normalisierung des Blutdrucks klingt die Schocksymptomatik ab. Das lebenswichtige Blut erreicht ab diesem Zeitpunkt wieder sämtliche Gewebe. Der Volumenersatz dient also der Durchblutungssicherung.
Quellen
- Berlit, P.: Basiswissen Neurologie. Springer, Berlin 2007
- Hacke, W.: Neurologie. Springer, Heidelberg 2010
- Mattle, H., Mumenthaler, M.: Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013