Chediak-Higashi-Syndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 10. April 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das Chediak-Higashi-Syndrom (CHS) ist eine Erbkrankheit. Aufgrund eines Immundefekts geht die Gen-Anomalie mit rezidivierenden Infekten, peripherer Neuropathie und partiellem Albinismus einher. Die Lebenserwartung der Betroffenen ist stark reduziert. Durch Knochenmarktransplantation besteht eine Chance auf Therapie.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Chediak-Higashi-Syndrom?

Das Chediak-Hygashi-Syndrom ist eine sehr seltene autosomal-rezessiv vererbte Erkrankung. Es entsteht durch Mutation eines lysosomalen Regulatorproteins, was eine Abnahme der Phagozytose bewirkt. Dieser Rückgang führt zu rezidivierenden eitrigen Infektionen, partiellem Albinismus sowie peripherer Neuropathie. Es tritt bei Menschen, Nutztieren, Perserkatzen, Ratten, Mäusen, Nerzen, Füchsen und dem einzigen gefangenen Albino-Schwertwal auf.

Ursachen

Genetische Krankheiten sind determiniert durch die Kombination der elterlichen Gene für ein bestimmtes Merkmal. CHS ist eine rezessiv vererbte Erkrankung. Der Betreffende erbt das Syndrom, wenn das betreffende Gen beider Elternteile mit einer Anomalie vorhanden ist. Der Phänotyp tritt nicht bei jeder Generation in Erscheinung. Individuen mit einem normalen und einem abnormalen Gen sind Träger der Krankheit.

Symptome treten bei Ihnen nicht auf. Mutationen im Gen CHS1 (auch: LYST) konnten mit dem Chediak-Higashi-Syndrom in Verbindung gebracht werden. Dieses Gen enthält Anweisungen für die Herstellung eines Proteins, das den lysosomalen Verkehr regelt. Wissenschaftler nehmen an, dass dieses Protein eine Rolle beim Transport von Materialien in die Lysosomen spielt.

Die Bewegungen von Proteinen innerhalb der Zellen werden durch das mutierte Gen beeinträchtigt oder falsch adressiert. Lysosomen wirken als Recycling-Zentren der Zellen. Sie verwenden Verdauungsenzyme, um toxische Substanzen aufzuspalten. Sie verdauen Bakterien, die in die Zelle eindringen und recyclen verschlissene Zellkomponenten.

Defekte im Transport weißer Blutkörperchens in die Zellen verhindert das Abtöten von Krankheitserregern wie Viren und Bakterien. Es entwickelt sich eine Immunschwäche. Ein Granulat, in dem das Hautpigment Melanin hergestellt wird, wird gestört. Das Pigment kann in diesem Fall nicht in die geeignete Hautzelle transportiert werden.

LYST (lysosomal trafficking regulator) ist an der normalen Funktion der Lysosomen beteiligt. Die genaue Rolle des Gens ist unbekannt. Das Risiko für eine Erkrankung des Kindes beträgt 25 Prozent wenn beide Elternteile Träger des Gendefektes sind. Das Geschlecht spielt für die Wahrscheinlichkeit zu erkranken keine Rolle.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Menschen mit CHS haben helle Haut und silbriges Haar. In den meisten Fällen leiden sie unter Sonnenempfindlichkeit und Photophobie.
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Menschen mit CHS haben helle Haut und silbriges Haar. In den meisten Fällen leiden sie unter Sonnenempfindlichkeit und Photophobie. Während andere Anzeichen und Symptome eher fallweise auftreten, sind Infektionen und Neuropathien übliche Begleiterscheinungen. Von Infektionen betroffen sind Schleimhäute, Haut und Atemwege.

Erkrankte Kinder sind anfällig für Infektionen durch grampositive und gramnegative Bakterien und Pilze. Staphylokokken sind die häufigste Infektionsursache. Neuropathien beginnen oft im Teenager-Alter und entwickeln sich zum markantesten Problem. Infektionen bei CHS-Patienten tendieren zu schweren bis lebensbedrohlichen Verläufen. Wenige Patienten mit dieser Krankheit erleben das Erwachsenenalter.

Die meisten Kinder mit Chediak-Higashi-Syndrom erreichen eine Stufe, die als "beschleunigte Phase" oder "Lymphom-ähnliches Syndrom" bezeichnet wird. In der beschleunigten Phase teilen sich unkontrolliert defekte weiße Blutkörperchen und dringen in körpereigene Organe ein. Die beschleunigte Phase geht einher mit Fieber, Episoden von anomalen Blutungen, überbordenden Infektionen und Organversagen. Diese medizinischen Probleme sind in der Regel lebensbedrohlich.

Diagnose & Verlauf

Die Diagnose kann durch Knochenmarkausstriche bestätigt werden. In den myeloischen Zellen im Knochenmark werden plasmatische Einschlusskörperchen sichtbar. Pränatal kann CHS durch die Untersuchung von Haarproben aus einer fötalen Kopfhautbiopsie diagnostiziert werden. Ein Nachweis kann auch durch Tests von Leukozyten einer fetalen Blutprobe erfolgen.

Neutropenie ist die am häufigsten im klinischen Befund dokumentierte Manifestation des Chediak-Higashi Syndroms. Das Syndrom wird mit okulärem Albinismus assoziiert. Patienten sind anfällig für Infektionen, insbesondere Staphylokokken und Streptokokken. CHS verursacht Parodontitis des Milchgebisses. Weitere assoziierte Merkmale sind Anomalien in Melanozyten, Nervendefekte und Durchblutungsstörungen.

Die Symptome bestimmter Erkrankungen können denen des Chediak-Higashi-Syndroms ähneln. Das Griscelli-Syndrom ist eine Erbkrankheit, die auch als Chediak-Higashi-ähnliches Syndrom bezeichnet wird. Sie ist gekennzeichnet durch Teilalbinismus und Anomalien der Blutplättchen und weißen Blutkörperchen.

Das seltene Hermansky-Pudlak-Syndrom äußert sich durch verminderte Haut-, Haar- und Augenpigmentierung. Anders als CHS beeinträchtigt es durch Fettablagerungen die Funktionen von Lunge, Darm, Nieren und Herz.

Komplikationen

In den meisten Fällen wird die Lebenserwartung durch das Chediak-Higashi-Syndrom stark verringert. Ohne Behandlung kann es relativ schnell zum Tode kommen. Die meisten Patienten sind dabei stark lichtempfindlich und leiden auch an einer Photophobie und an Albinismus.

Oft treten auch starke Infektionen auf, die bei einem gesunden Menschen keine Krankheit auslösen würden. Durch die Infektionen sind vor allem die Atemwege und die Schleimhäute betroffen, sodass es dort zu Entzündungen kommen kann. Vor allem Kinder sind stark anfällig für verschiedene Infekte.

In schwerwiegenden Fällen kommt es zu einem starken Fieber und zu inneren Blutungen aufgrund der Infektionen. Die Blutungen können im schlimmsten Falle zu einem Organversagen führen, wenn keine Behandlung eingesetzt wird. Der Patient verstirbt dann in der Regel. Da keine gezielte Behandlung des Syndroms möglich ist, wird vor allem eine Knochenmarktransplantation durchgeführt.

Nach der Transplantation erhält der Patient starke Antibiotika und Medikamente, die das Immunsystem stärken. Dadurch kann die Lebenserwartung wieder normalisiert werden. Bei einer erfolgreichen Behandlung wird der Alltag nicht mehr eingeschränkt. Der Betroffene muss sich allerdings immer noch vor direkter Sonneneinstrahlung schützen. Dies geschieht mit Hilfe von Sonnencreme und einer Sonnenbrille. Bei Einhaltung dieser Schutzmaßnahmen kommt es zu keinen weiteren Komplikationen.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

In der Regel werden die Symptome des Chediak-Higashi-Syndroms schon sofort nach der Geburt erkannt. Eine zusätzliche Diagnose ist aus diesem Grund nicht mehr notwendig. Ein Arzt sollte allerdings trotzdem regelmäßig aufgesucht werden, um die Haut zu kontrollieren.

Der Besuch beim Arzt ist auch dann notwendig, wenn es aufgrund der hohen Lichtempfindlichkeit zu Verbrennungen oder zu anderen Schäden auf der Haut kommt. Auch bei häufigen Infekten oder Beschwerden an den Atemwegen ist eine Untersuchung sinnvoll und kann zur Vermeidung verschiedener Komplikationen beitragen. Dabei sind vor allem Teenager von den Infekten betroffen und benötigen eine regelmäßige Untersuchung durch einen Arzt.

Da die Krankheit schließlich zu einem Organversagen führt, sollten die Organe ebenso regelmäßig von einem Internisten überprüft werden. Vor allem bei langanhaltendem Fieber ist eine Untersuchung ratsam. Die Behandlung der Krankheit erfolgt durch die jeweiligen Fachärzte und hängt stark von der Ausprägung der Beschwerden ab. Leider ist eine vollständige Heilung nicht möglich, sodass die Patienten in der Regel auch an einer deutlich verringerten Lebenserwartung leiden.

Behandlung & Therapie

Für die Behandlung des Chediak-Higashi-Syndroms existiert keine spezifische Methode. Die Ansätze variieren abhängig vom Stadium der Erkrankung bei Diagnose. Die kausal ansetzende Transplantation von Knochenmark verlief bei vielen Patienten erfolgreich. Erfolgversprechend ist die Transplantation, wenn sie vor Entwicklung der beschleunigten Phase durchgeführt wird.

Die Übertragung korrigiert Immun- sowie Durchblutungsstörungen und verhindert das Eintreten der beschleunigten Phase. Ist die Erkrankung im Stadium der beschleunigten Phase, muss vor einer Knochenmarktransplantation Remission von Hämophagozytose erreicht werden. Infektionen werden mit Antibiotika behandelt, Abszesse werden abgelassen. DDAVP kann zur Verhinderung übermäßiger Blutungen verabreicht werden.

Weitere Behandlungen von CHS sind symptomatisch. Bakterielle Infektionen und Pilzinfektionen werden mit Antibiotika und Antimykotika therapiert. In der Endphase der Krankheit wurden antivirale Medikamente wie Aciclovir getestet. Die immunmodulierenden respektive immunsuppressiven Mittel Prednison und Cyclophosphamid sind versucht worden.

Bei starken Blutungen nach Verletzungen oder Operationen können Thrombozytentransfusionen notwendig sein. Eine Vitamin-C-Therapie konnte bei einigen Patienten Immunfunktion und Blutgerinnung verbessern. CHS-Erkrankte sollten ungeschützte Sonnenstrahlung minimieren. Ist eine betroffene Person dem Sonnenlicht ausgesetzt, sind Sonnenbrille und Sonnenschutzcreme für die Haut hilfreich.

Aussicht & Prognose

Eine vollständige Heilung kann beim Chediak-Higashi-Syndrom nicht erreicht werden, da es sich hierbei um eine genetische Erkrankung handelt. Aus diesem Grund können die Symptome nur sehr eingeschränkt gelindert werden. Auch ist die Lebenserwartung des Betroffenen durch das Chediak-Higashi-Syndrom erheblich reduziert.

Die Krankheit kann nur durch die Transplantation von Knochenmark eingeschränkt werden. In der Regel ist die Transplantation nur dann sinnvoll, wenn sie noch vor der beschleunigten Phase der Krankheit stattfindet. Nach dieser Phase ist keine Behandlung mehr möglich. Die Therapie verzögert zwar das Eintreten der Beschwerden, eine vollständige Heilung wird dadurch nicht erreicht.

Durch die starken Hautbeschwerden kommt es häufig auch zu psychischen Beschwerden oder zu starken Depressionen. Durch das Durchführen von Impfungen können verschiedene Krankheiten vermieden und dadurch die Lebenserwartung des Patienten erhöht werden. Häufig treten die psychischen Beschwerden aufgrund des Chediak-Higashi-Syndroms schon im frühen Kindesalter auf, da die Kinder durch die Erkrankung von anderen Kindern isoliert werden müssen.

In schwerwiegenden Fällen wird das Syndrom durch eine Transplantation des Rückenmarks behandelt. Allerdings kommt es auch hierbei nur zu einer kurzzeitigen Besserung und nicht zu einer vollständigen Behandlung der Erkrankung.


Vorbeugung

Aufgrund der genetischen Veranlagung kann nur Symptomen des Chediak-Higashi-Syndroms vorgebeugt werden. Um gefährliche Infektionen zu vermeiden, werden Antibiotika eingesetzt. Eine humangenetische Beratung ist ein ärztliches Angebot für Menschen mit genetisch bedingten Erkrankungen.

Nachsorge

Die Maßnahmen einer Nachsorge sind beim Chediak-Higashi-Syndrom stark eingeschränkt und in vielen Fällen gar nicht möglich. Dabei sind Betroffene bei dieser Krankheit in erster Linie auf eine frühzeitige Diagnose angewiesen, um die Krankheit früh zu erkennen und eine Behandlung einzuleiten. Sollte ein Kinderwunsch bestehen, ist eine genetische Beratung sehr ratsam, damit das Chediak-Higashi-Syndrom nicht an die Kinder vererbt wird.

Auch eine vollständige Heilung ist dabei nicht möglich, da es sich bei dieser Krankheit um eine genetisch bedingte Erkrankung handelt. Betroffene sind in vielen Fällen auf die Einnahme von Antibiotika und anderen Medikamenten angewiesen. Dabei ist immer auf eine richtige Dosierung mit einer regelmäßigen Einnahme zu achten. Antibiotika sollten nie zusammen mit Alkohol eingenommen werden, da ihre Wirkung sonst deutlich abgeschwächt wird.

Weiterhin ist bei Unklarheiten oder bei Fragen stets zuerst ein Arzt zu konsultieren. Die Betroffenen sollten sich beim Chediak-Higashi-Syndrom auch vor direkter Sonneneinstrahlung schützen. Dabei ist immer Sonnencreme aufzutragen, wobei die Augen selbst mit einer Sonnenbrille geschützt werden können. Ob es durch das Syndrom zu einer verringerten Lebenserwartung kommt, kann nicht im Allgemeinen vorausgesagt werden.

Das können Sie selbst tun

Das Chediak-Higashi-Syndrom ist eine seltene Erbkrankheit. Die Betroffenen können keine Selbsthilfemaßnahmen ergreifen, um die Krankheit ursächlich zu bekämpfen. Paare, in deren Familien das Syndrom bereits einmal aufgetreten sind, sollten sich genetisch beraten lassen. Im Rahmen einer solchen Beratung erfahren sie, wie groß das Risiko ist, dass ihr Nachwuchs tatsächlich erkrankt und welche Belastungen in diesem Fall auf sie zukommen.

Für Betroffene des Chediak-Higashi-Syndrom sind sonst harmlose Krankheiten oftmals lebensgefährlich. Bei Kindern sollte deshalb mit dem behandelnden Arzt abgeklärt werden, welche Impfungen gegen die üblichen Kinderkrankheiten sinnvoll sind. Gegebenenfalls kann es auch erforderlich sein, Kinder von Gleichaltrigen zu isolieren. Letzteres ist für die Betroffenen seelisch oftmals sehr belastend. Eltern sollten deshalb frühzeitig einen Therapeuten hinzuziehen, der eine professionelle psychologische Betreuung des Kindes sicherstellt.

Da die Patienten meist schon kurz nach der Geburt erkranken, sollten die Eltern darauf dringen, dass ihre Kinder von einem kompetenten Arzt, der mit der seltenen Krankheit auch tatsächlich bereits Erfahrung hat, betreut werden. Die effektivste Behandlung schwerer Formen des Chediak-Higashi-Syndroms besteht in einer Rückenmarkstransplantation. Bei schweren Verläufen sollte die Möglichkeit einer Rückenmarkstransplantation frühzeitig abgeklärt werden.

Quellen

  • Bob, A., Bob, K.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2009
  • Murken, J., Grimm, T., Holinski-Feder, E., Zerres, K. (Hrsg.): Taschenlehrbuch Humangenetik. Thieme, Stuttgart 2011
  • Witkowski R., Prokop O., Ullrich E.: Lexikon der Syndrome und Fehlbildungen. Springer, Berlin 2003

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