Circulus vitiosus

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 18. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Der Circulus vitiosus wird umgangssprachlich auch als Teufelskreis bezeichnet. Es handelt sich dabei um einen pathophysiologischen Prozess, der zu Erkrankungen führt oder bestehende Erkrankungen verschlimmert.

Inhaltsverzeichnis

Was ist der Circulus vitiosus?

Ein Beispiel für Erkrankungen, denen ein Teufelskreis zugrunde liegt oder bei denen ein Teufelskreis im Laufe der Erkrankung entsteht, ist Diabetes mellitus Typ 2.

Der Begriff Circulus vitiosus stammt aus dem lateinischen. 'Circulus' bedeutet 'Kreis' und 'vitiosus' kann mit 'schädlich' übersetzt werden. Es handelt sich um einen pathophysiologischen Prozess, dem eine positive Rückkopplung zugrunde liegt. Bei der positiven Rückkopplung wirkt sich eine Größe verstärkend auf sich selbst aus.

Oft sind beim Circulus vitiosus jedoch mehrere Einflussgrößen vorhanden, die sich gegenseitig selbst verstärken. Beispiele für Erkrankungen, denen ein Teufelskreis zugrunde liegt oder bei denen ein Teufelskreis im Laufe der Erkrankung entsteht, sind Diabetes mellitus Typ 2, die thyreotoxische Krise, die Herzinsuffizienz und das Multiorganversagen.

Funktion & Aufgabe

Der Circulus vitiosus hat für den menschlichen Körper im Grunde keinen Nutzen, da es sich um einen pathophysiologischen Prozess handelt. Die Pathophysiologie ist die Lehre von den krankhaft veränderten Körperfunktionen. Das Gegenteil von pathophysiologischen Prozessen sind physiologische Prozesse.

Oft steht am Anfang eines Teufelskreises jedoch eine positiv intendierte Körperreaktion. Der Körper versucht einen Fehler oder eine Störung mit einer bestimmten Reaktion zu beheben. Dieser Mechanismus führt allerdings zu Veränderungen, die die Grundstörung immer weiter verschlimmern. Dadurch wird die Erkrankung aufrechterhalten oder sogar verstärkt.


Krankheiten & Beschwerden

Ein Beispiel für einen Teufelskreis ist die Insulinresistenz beim Diabetes mellitus Typ 2. Der Diabetes mellitus ist im Volksmund auch unter der Bezeichnung Zuckerkrankheit bekannt. Die Erkrankung gehört zu den Stoffwechselerkrankungen und geht mit dauerhaft erhöhten Blutzuckerwerten einher. Typische Symptome der Krankheit sind starker Durst, vermehrtes Wasserlassen, Infektanfälligkeit, Abgeschlagenheit und Gewichtsverlust.

Wird der Diabetes nicht oder zu spät behandelt, kann es zu zahlreichen Schäden im Körper kommen. Die erhöhten Blutzuckerwerte schädigen insbesondere die Gefäße. Dadurch kann es zu Erkrankungen der Augen und der Nieren kommen. Die diabetische Retinopathie ist die häufigste Ursache für Erblindungen in der westlichen Welt. Auch die größeren Blutgefäße werden geschädigt. Diabetiker haben ein erhöhtes Risiko einen Schlaganfall oder einen Herzinfarkt zu erleiden.

Schon lange bevor sich der manifeste Diabetes mellitus Typ 2 zeigt, liegt, teils über viele Jahre, ein Insulinresistenz-Syndrom vor. Eine Rolle bei der Entwicklung dieses Syndroms scheinen erbliche Faktoren und insbesondere Übergewicht zu spielen.

Wenn Zucker mit der Nahrung in den Körper gelangt, wird er im Darm aufgespalten und landet schlussendlich als Glukose im Blut. Damit die Glukose nun aus dem Blut in die Zellen gelangen kann, wird Insulin benötigt. Dieses Hormon wird von der Bauchspeicheldrüse produziert.

Bei der Insulinresistenz reagieren die Zellen weniger auf das Insulin als die Zellen eines gesunden Menschen. Dies führt dazu, dass sich im Blut immerwährend zu viel Zucker befindet. Als Reaktion auf diese Überzuckerung (Hyperglykämie) produziert die Bauchspeicheldrüse vermehrt Insulin. Je mehr Insulin auf die Insulinrezeptoren der Zellen trifft, desto weniger reagieren diese darauf. Es wird dadurch immer weniger Zucker in die Zellen transportiert und der Blutzuckerspiegel steigt dementsprechend weiter an. Dadurch angeregt produziert die Bauchspeicheldrüse abermals mehr Insulin. So werden die Zellen in diesem Circulus vitiosus immer insulinresistenter.

Ein weiterer Teufelskreis findet sich bei der Herzinsuffizienz. Die Herzinsuffizienz ist eine Herzschwäche. Das Herz ist nicht mehr in der Lage, die vom Körper benötigte Blutmenge zu befördern. Die Herzinsuffizienz kann akut oder chronisch auftreten und unterschiedliche Ursachen haben. Ursachen für eine akute Herzinsuffizienz sind beispielsweise der Herzinfarkt oder eine Lungenembolie. Eine chronische Herzinsuffizienz kann durch chronischen Bluthochdruck oder durch Lungenerkrankungen verursacht werden.

Durch die mangelnde Pumpleistung des Herzens bei der Herzinsuffizienz kommt es zu einer Mangelversorgung des Körpers. Diese wird an verschiedenen Stellen im Körper registriert. Insbesondere der sinkende Blutdruck wird von den Rezeptoren als Alarmzeichen gewertet. Der Körper reagiert daraufhin mit einer Verengung der Blutgefäße. Auch die Schlagkraft des Herzens wird erhöht, es pumpt stärker, dafür aber meist langsamer.

Hervorgerufen wird diese Erhöhung der Schlagkraft durch das Hormon Noradrenalin. Da bei der Herzinsuffizienz das Schlagvolumen dauerhaft zu niedrig ist, bindet sich ständig Noradrenalin an die Rezeptoren des Herzens. Ähnlich wie die Insulinrezeptoren beim Diabetes mellitus werden diese irgendwann resistent. Die Schlagkraft bleibt somit niedrig. Die Blutgefäße reagieren allerdings noch immer auf das Noradrenalin. Sie bleiben verengt. Nun muss das bereits schwache und belastete Herz dauerhaft gegen einen hohen Druck in den Blutgefäßen anpumpen. Durch diesen Teufelskreis verschlechtert sich der Zustand des Herzens zunehmend.

Auch der thyreotoxischen Krise liegt ein Circulus vitiosus zugrunde. Bei der thyreotoxischen Krise kommt es zu einer lebensgefährlichen Entgleisung des Stoffwechsels. Meist entsteht diese Entgleisung auf dem Boden einer bereits bestehenden Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose). Normalerweise kommen die Schilddrüsenhormone T3 und T4 nur zu kleinen Anteilen im Blut vor. Überwiegend sind sie an Bluteiweiße gebunden. Bei der thyreotoxischen Krise kommt es zu einer plötzlichen Freisetzung von ungebundenen Schilddrüsenhormonen. Dabei zeigen sich starke Symptome der Hyperthyreose, wie beispielsweise schwere Herzrhythmusstörungen, Überwärmung oder Magen-Darm-Beschwerden.

Durch einen positiven Rückkopplungsmechanismus wirken sich diese Organkomplikationen wiederum auf die Produktion der Schilddrüsenhormone aus. Es werden vermehrt Schilddrüsenhormone gebildet. Diese verstärken wiederum die Symptome. Ziel der Therapie ist es deshalb den Circulus vitiosus der thyreotoxischen Krise zu unterbrechen.

Quellen

  • Bob, A., Bob, K.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2009
  • Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch. 266. Auflage. De Gruyter, Berlin 2015
  • Steffen, H.-M. et al.: Internistische Differenzialdiagnostik. Schattauer, Stuttgart 2008

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