Embryopathie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 7. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Embryopathien sind sämtliche Fehlbildungen des Embryos, die durch schädliche Einflüsse in der Frühphase der Schwangerschaft entstehen. Die bekanntesten Embryopathien sind Infektions-, Genussmittel- und Medikamenten-Embryopathien. Die Symptome und ihre Behandlung richten sich nach dem jeweiligen Schweregrad.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Embryopathie?

Kinder mit Embryopathien können eine ganze Palette an unterschiedlichen Symptomen zeigen. Der Grad der Ausprägung hängt von der Schwere und der Dauer der Exposition gegenüber den schädlichen Einflüssen ab.
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Embryopathien sind angeborene Erkrankungen und Fehlbildungen, die auf unterschiedliche Störungen in der frühen Embryonalentwicklung zurückgehen. Vor allem Entwicklungsstörungen bis zur achten Woche nach der Befruchtung und damit der etwa zehnten Schwangerschaftswoche werden als Embryopathien zusammengefasst. Bis zu diesem Zeitpunkt ist das ungeborene Kind besonders empfindlich.

Da in dieser Entwicklungsphase speziell die Organe entstehen, können schädigende Einflüsse abhängig vom Grad der Exposition bis zu diesem Zeitpunkt der Schwangerschaft sogar eine Fehlgeburt einleiten. Im Fall der Embryopathie geht das Embryo trotz Schädigungen nicht ab, sondern kommt mit unterschiedlich ausgeprägten Fehlbildungen zur Welt.

Die Embryopathie ist von der sogenannten Fetopathie abzugrenzen. Auch die Fetopathie wird durch vorgeburtlich schädigende Einflüsse verursacht, die allerdings eine spätere Entwicklungsphase betreffen. Abhängig von ihrer genauen Ursache werden Embryopathien weiter untergliedert, so zum Beispiel in die Alkohol-, Tabak- oder Thalidomid-Contergan-Embryopathie.

Ursachen

Die Ursachen von Embryopathien werden in vier größere Gruppen eingeteilt. Die erste davon bilden Infektionserkrankungen der Mutter in der Frühschwangerschaft. Diese Gruppe ist die mitunter bekannteste Gruppe der Embryopathien und umfasst zum Beispiel die Schadeinflüsse, die mütterliche Infektionen mit Röteln, Ringelröteln, Windpocken oder Listeriose, Zytomegalie und Toxoplasmose auf die Leibesfrucht zeigen.

Ebenso schädlich wie die genannten können Infektionen mit Herpes simplex oder dem Epstein-Barr-Virus sein. Die zweite Gruppe der Embryopathien bilden Entwicklungsstörungen durch Medikamenteneinflüsse, wie sie zum Beispiel im Contergan-Skandal vorgekommen sind. Auch Chemikalien und Genussmittel können Embryopathien verursachen, so zum Beispiel beim fetalen Alkoholsyndrom oder dem Bleikinder-Phänomen.

Darüber hinaus wirken sich das Alter, das Gewicht, die Ernährung und etwaige Erkrankungen der Mutter auf die frühschwangerschaftliche Entwicklung des Embryos aus. Diabetes mellitus und Schilddrüsenfunktionsstörungen oder Phenylketonurie und Herzfehler gehen so mit einem erhöhten Risiko für Embryopathien einher.

Dasselbe gilt für Mangelernährung. Außerdem kann ionisierende Strahlung wie Röntgenstrahlung oder radioaktive Strahlung dem Embryo in der Schwangerschaft schaden. Einige genetische Erkrankungen werden durch Embryopathien in ihrem Ausbruch noch begünstigt.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Kinder mit Embryopathien können eine ganze Palette an unterschiedlichen Symptomen zeigen. Der Grad der Ausprägung hängt von der Schwere und der Dauer der Exposition gegenüber den schädlichen Einflüssen ab. Die Röteln-Embryopathie geht zum Beispiel typischerweise mit Herzfehlern, mit grauem Star und mit Taubheit einher.

Außerdem sind die betroffenen Neugeborenen oft untergewichtig, in der kognitiven Entwicklung beeinträchtigt oder besitzen einen verhältnismäßig kleinen Kopf. Auch diabetische Embryopathien sind mit Herzfehlern assoziiert. Darüber hinaus zeigen die Kinder oft angeborenen Nierenfehlbildungen und Skelettdysplasien.

Die Alkohol-Embryopathie verändert das äußere Erscheinungsbild der Kinder und verursacht beispielsweise schmales Lippenrot, ein abgeflachtes Philtrum, Grübchen der Oberlippe, abfallende Lidachsen und einen geringen Kopfumfang. Das schwerwiegendste Symptom ist in diesem Zusammenhang vor allem die kognitive Entwicklungsverzögerung der betroffenen Kinder.

Auch Herzfehler sind nicht untypisch. Die Thalidomid-Embryopathie ruft dagegen fehlende Ohrmuscheln und Lähmungen des Gesichtsnervs hervor. Außerdem können Arm-, Bein- und Daumenfehlbildungen sowie Verengungen des Enddarms charakteristische Symptome sein.

Diagnose

Die meisten Embryopathien lassen sich bereits blickdiagnostisch unmittelbar nach der Geburt des Kindes diagnostizieren. Um ein genaueres Bild über die einzelnen Symptome zu erhalten, nutzt der Arzt bildgebende Verfahren und zieht Ärzte und Untersuchungen sämtlicher Fachrichtungen bei. Die Anamnese kann Aufschluss über die Ursache der Fehlbildungen geben, so zum Beispiel über eine Infektion der Mutter während der Schwangerschaft.

Speziell bei Embryopathien aufgrund von Medikament-, Alkohol- oder Drogenmissbrauch hüten sich die Mütter allerdings häufig, dem Arzt in der Anamnese Auskunft zu geben. Für einige Embryopathien kann die Ursache auch heute noch nicht festgemacht werden.

Komplikationen

Bei der Embryopathie können unterschiedliche Komplikationen auftreten. Diese hängen vor allem davon ab, welche Ursache die Embryopathie hat und welche Substanzen die Mutter während der Schwangerschaft dem Körper zugeführt hat. In der Regel kommt es allerdings zu Fehlbildungen beim Kind, welche sowohl die psychischen als auch die physischen Eigenschaften betroffen können.

Oft kommt es durch den Missbrauch von Alkohol, Drogen, Zigaretten oder Medikamenten zur Ausbildung eines Herzfehlers des Kindes. Das Kind kann auch von einer Taubheit betroffen sein oder mit einem grauen Star auf die Welt kommen. Allerdings kann nicht Genua vorausgesagt werden, welche Komplikationen auf das Kind zutreffen.

Ebenso kann es zu Fehlbildungen an den Nieren und auch im Gehirn kommen. Durch die Fehlbildungen im Gehirn ist das Kind oft motorisch eingeschränkt und leidet an einer geistigen Retardierung. Auch die Entwicklung des Kindes kann durch die Embryopathie stark verlangsamt werden, sodass der Betroffene in seinem Leben auf die Hilfe anderer Personen angewiesen sein wird.

Die Embryopathie kann erst nach der Geburt behandelt werden, wobei es nicht möglich ist, alle Symptome zu behandeln. Fehlbildungen und Herzfehler werden in der Regel direkt nach der Geburt operativ behandelt. Entwicklungsstörungen können nur mit Hilfe von Therapien eingeschränkt werden. Oft sind auch die Eltern psychisch durch das Symptom belastet.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Um Komplikationen zu vermeiden, sollten Kinder, die an einer Embryopathie leiden, in regelmäßigen Abständen von einem Kinderarzt untersucht werden. Zusätzliche Arztbesuche sind erforderlich, wenn sich Beschwerden einstellen. Werden beispielsweise Anzeichen von Taubheit oder Sehstörungen bemerkt, so bedarf dies einer raschen medizinischen Abklärung.

Bei schwerwiegenden Komplikationen wird am besten der Notarzt gerufen. Kinder, die aufgrund der Embryopathie an einer Nierenfehlbildung oder anderen Schädigungen der Organe oder des Skeletts leiden, sollten zu einem Facharzt gebracht werden.

Im besten Fall wird eine Fehlbildung des Embryos bereits während der Schwangerschaft festgestellt. Betroffen sind vor allem Kinder, deren Mütter in der Frühschwangerschaft eine Infektionserkrankung hatten. Auch Diabetes mellitus, Schilddrüsenfunktionsstörungen und Herzfehler sind typische Risikofaktoren.

Mütter, die zu diesen Risikogruppen zählen, sollten frühzeitig eine Ultraschalluntersuchung vereinbaren, um eine Embryopathie ausschließen zu können bzw. im Falle einer Fehlbildung geeignete Vorbereitungsmaßnahmen treffen zu können. Eine ärztliche Diagnose und Behandlung der Embryopathie ist auf jeden Fall erforderlich.

Behandlung & Therapie

Die Therapie einer Embryopathie hängt von den Symptomen im Einzelfall ab. In der Regel steht zunächst die Korrektur lebenswichtiger Organe im Mittelpunkt der Therapie. Da häufig Herzfehler vorliegen, stehen Fehlbildungen der Gliedmaßen zunächst hintan. Herzfehler werden vom Arzt zunächst genau auf ihre Korrigierbarkeit unter die Lupe genommen.

Falls eine Korrektur durch eine Herzoperation nicht möglich oder nicht unbedingt erforderlich ist, erhalten die Betroffenen in der Regel eine medikamentöse Behandlung, die ihre Herzarbeit unterstützt. Auch Fehlbildungen der Nieren können lebensbedrohliche Ausmaße annehmen. Schwere Nierenfehlbildungen erfordern eine Dialyse-Behandlung, die das Blut der Patienten regelmäßig von Giften reinigt.

Sowohl bei schweren Herzfehlern, als auch schweren Nierenanomalien ist die Organtransplantation ab einem gewissen Zeitpunkt die einzig mögliche Option, um die Patienten dauerhaft von ihren Symptomen zu heilen. Wenn lediglich Fehlbildungen der Gliedmaßen vorliegen, werden auch diese in den meisten Fällen operativ behandelt.

Mit Prothesen und Endoprothesen stehen in diesem Zusammenhang umfangreiche Möglichkeiten zur Verfügung, die den Alltag der Patienten erleichtern können. Gerade bei kognitiven Beeinträchtigungen ist außerdem eine therapeutische Frühföderung angezeigt, die die kognitive Entwicklung der betroffenen Kinder unterstützen kann.

Aussicht & Prognose

Embryopathien führen sehr häufig zu einer frühen Fehlgeburt, die von der Frau häufig gar nicht als solche erkannt wird. Die Frau erlebt eine Blutung, die lediglich dadurch auffällt, dass sie stärker als eine Regelblutung ausfällt und mit Schmerzen verbunden sein kann. Im Falle einer Fehlgeburt muss die betroffene Frau ärztlich untersucht werden, um festzustellen, ob die Gebärmutterschleimhaut vollständig abgegangen ist.

Befindet sich noch etwas in der Gebärmutter, kann es andernfalls zu gefährlichen Infektionen kommen, die dem Kindbettfieber ähneln und mindestens genauso gefährlich sind. Um das zu verhindern, muss gegebenenfalls eine Ausschabung der Gebärmutter vorgenommen werden.

Kommt es durch die Embryopathie nicht zu einer Fehlgeburt und der Embryo übersteht die ersten Wochen der Schwangerschaft, kommt er mit mehr oder weniger schweren Fehlbildungen zur Welt, die schwer vorherzusehen sind. Betroffenen Eltern bleibt in solchen Fällen die Option, das Kind auch nach der 12. Schwangerschaftswoche abzutreiben, wenn sie ihm ein solches Leben nicht zumuten wollen.

Das ist allerdings eine sehr persönliche und vor allem schwere Entscheidung, die Zeit braucht. So früh in der Schwangerschaft sind die voraussichtlichen gesundheitlichen Schäden noch schwer abzuschätzen. Je weiter sie fortschreitet, desto mehr zeigt sich, was die Embryopathie beim Kind hinterlassen hat und welches Leben es erwartet, wenn es geboren wird.


Vorbeugung

Embryopathien soweit wie möglich vorzubeugen, liegt in der Verantwortung der werdenden Mutter. Sämtliche Schadeinflüsse auf das Kind sollten weitestgehend vermieden werden, so zum Beispiel Röntgenuntersuchungen, Alkoholkonsum oder Tabakkonsum. Darüber hinaus sollte die Mutter schon vor der Schwangerschaft Infektionen vorbeugen, soweit Impfungen zur Verfügung stehen.

Medikamente können in gewissen Fällen nicht abgesetzt werden. In diesen Fällen muss die Mutter das Risiko der Embryopathie entweder in Kauf nehmen, oder sich gegen ein eigenes Kind zum gegenwärtigen Zeitpunkt entscheiden.

Nachsorge

Bei einer Embryopathie sind die Möglichkeiten der Nachsorge sehr stark eingeschränkt. Dabei ist zuerst eine frühzeitige Diagnose mit einer raschen Behandlung sehr wichtig, um weitere Komplikationen oder Beschwerden zu verhindern oder einzuschränken. Die Behandlung der Embryopathie selbst richtet sich dabei in der Regel nach ihrem Schwierigkeitsgrad.

In den meisten Fällen werden die Beschwerden der Embryopathie durch verschiedene operative Eingriffe behandelt. Nach diesen Eingriffen muss sich der Betroffene immer ausruhen und seinen Körper schonen. Dabei sollte von Anstrengungen oder von anderen stressigen und körperlichen Tätigkeiten abgesehen werden, um den Körper nicht unnötig zu belasten. Da die Embryopathie auch zu starken psychischen Verstimmungen oder zu Depressionen führen kann, sollte auch eine entsprechende Behandlung durch einen Psychologen vorgenommen werden.

Dabei kann auch die eigene Familie oder Freunde den Betroffenen bei Problemen solcher Arzt gut unterstützen und Hilfe leisten. Auch die Entwicklung der betroffenen Kinder sollte dabei immer gefördert werden. Dabei können auch im eigenen Zuhause verschiedene Übungen durchgeführt werden, um die Entwicklung nicht zu verlangsamen. Ob die Embryopathie zu einer verringerten Lebenserwartung des Betroffenen führt, kann nicht universell vorhergesagt werden.

Das können Sie selbst tun

Da Embryopathien durch schädliche Einflüsse in der Frühphase der Schwangerschaft verursacht werden, besteht die wirkungsvollste Selbsthilfemaßnahme in der Vorbeugung.

Am häufigsten nimmt ein Embryo durch Alkohol, Tabak und andere Drogen sowie durch Medikamente und bestimmte Infektionskrankheiten Schaden. Frauen, die oft und gerne Alkohol und Zigaretten konsumieren, sollten sich vor einer Schwangerschaft darüber klar werden, ob sie diese Genussmittel tatsächlich über einen längeren Zeitraum aufgeben wollen und können. Am besten sollten betroffene Frauen mit dem Konsumverzicht schon beginnen, bevor sie versuchen, schwanger zu werden.

Medikamente, auch freiverkäufliche, sollten während einer Schwangerschaft nur nach Rücksprache mit dem Arzt eingenommen werden. Wenn ein Medikamentenverzicht nicht angezeigt ist, sollte eine Schwangerschaft zeitlich verschoben, bei dauerhafter Medikamentenabhängigkeit grundsätzlich überdacht werden. Infektionskrankheiten lassen sich während einer Schwangerschaft nicht auf zumutbare Weise verhindern. Gegen bestimmte, in der Schwangerschaft besonders gefährliche, Erreger wie etwa das Rötelnvirus sind aber Impfungen möglich.

Welche Selbsthilfemaßnahmen nach der Geburt des Kindes ergriffen werden können, hängt von der Art der Fehlbildung ab. Bei Schäden am Skelett oder den inneren Organen sind meist schon kurz nach der Geburt oder im Kleinkindalter zahlreiche operative Eingriffe erforderlich. Dies belastet nicht nur den Patienten, sondern auch die Eltern und die Familienangehörigen. Die Betroffenen sollten sich in dieser Situation nicht scheuen, die Hilfe eines Therapeuten in Anspruch zu nehmen.

Quellen

  • Kerbl, R. et al.: Checkliste Pädiatrie. Thieme, Stuttgart 2011
  • Rath, W., Gembruch, U., Schmidt, S. (Hrsg.): Geburtshilfe und Perinatologie: Pränataldiagnostik - Erkrankungen - Entbindung. Thieme, Stuttgart 2010
  • Sohn, C. et al.: Ultraschall in Gynäkologie und Geburtshilfe. Thieme, Stuttgart 2012

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