Granzyme

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 14. Januar 2022
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Granzyme bestehen ausschließlich aus Serinproteasen, die vornehmlich in der Granula der NK-Zellen und der cytotoxischen T-Zellen des angeborenen und erworbenen Immunsystems vorkommen. Die Granzyme werden bei Erkennen einer mit Viren infizierten Zelle, einer Tumorzelle oder auch bei Zellen von transplantiertem Fremdgewebe per Degranulation freigesetzt. Die ausgeschütteten Granzyme lösen den programmierten Zelltod der Zielzelle aus, nachdem das ebenfalls aus Granula freigesetzte Perforin winzige Eintrittspforten für die Granzyme in die Zellmembran geschaffen hat.

Inhaltsverzeichnis

Was sind Granzyme?

Die wichtigste Aufgabe der Granzyme besteht darin, die DNA angegriffener Zellen abbauen zu lassen oder so zu verändern, dass sich im Fall vireninfizierter Zellen die Viren-RNA nicht mehr replizieren kann und so zunächst die Virenproduktion gestoppt wird.
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Der Begriff Granzyme ist ein Akronym, das sich aus den Wörtern Granula und Enzyme herleitet. Als Granula werden kleine, unter dem Mikroskop sichtbare, intrazelluläre Kügelchen der Granulozyten bezeichnet. Es sind, ähnlich wie die größeren Lysosomen, Zelleinschlüsse, die, im Fall der NK-Zellen (natürlichen Killerzellen) und der zytotoxischen T-Zellen, Serinproteasen und Perforine enthalten. Perforine sind Proteine, die Zellmembranen lysieren können, um winzige Löcher (Poren) für den Eintritt von Granzym B anzulegen. Es leitet in der angegriffenen Zelle den Abbau von DNA ein und löst damit den programmierten Zelltod, die Apoptose, ein.

Solange sich die Granula im Zytoplasma der Immunzellen befinden, sind sie von einer Membran umgeben, die einen gefährlichen Kontakt des Inhalts mit dem Zytoplasma verhindert. Bei Kontakt mit einer Zelle, die als bekämpfungswürdig erkannt wird, kommt es zur Degranulation, in deren Verlauf Granula nebst Inhalt per Exozytose aus der NK-Zelle oder der toxischen T-Zelle hinausgeschleust und wird. Ihr Inhalt wird dann in den extrazellulären Raum, unmittelbar vor der Zielzelle, entlassen.

Anatomie & Aufbau

Die Granzyme bzw. Serinproteasen bilden eine Unterfamilie der Peptidasen. Peptidasen sind Enzyme, die Peptide (extrem kurzkettige Proteine mit weniger als 100 Aminosäuren) und Proteine in Peptidteilstücke oder einzelne Aminosäuren zerlegen können. Charakteristisch für eine Serinprotease ist ihre katalytische Triade im aktiven Zentrum des Moleküls. Sie wird aus Asparaginsäure, Histidin und Serin gebildet, deren Aminosäurereste jeweils über Wasserstoffbrücken miteinander verbunden sind.

Erwähnenswert ist, dass eine der drei Aminosäuren, die die katalytische Triade bilden, im zweidimensionalen Modell weit von den anderen beiden entfernt sein kann und sich die notwendige räumliche Nähe erst durch Auffaltung des Moleküls in seine Tertiärstruktur ergibt.

Das Granzym B, das nach Eindringen durch die perforierte Membran der Zielzelle über eine Zerlegung der DNA deren programmierten Zelltod einleitet, wird vom GZMB Gen codiert. Das ebenfalls in den Granula der Granulozyten enthaltene Perforin ist ein zytolytisches Protein, das sich in die Membran der Zielzelle integrieren kann und winzige Poren (Zugangspforten für die Proteasen) bildet.

Funktion & Aufgaben

Die wichtigste Aufgabe der Granzyme besteht darin, die DNA angegriffener Zellen abbauen zu lassen oder so zu verändern, dass sich im Fall vireninfizierter Zellen die Viren-RNA nicht mehr replizieren kann und so zunächst die Virenproduktion gestoppt wird. Bei Tumorzellen wird über den Eingriff in deren DNA zunächst ihre Teilungsfähigkeit deaktiviert und darüber hinaus ihre Apoptose eingeleitet. Die Apoptose erfolgt nach genetisch fixierten Prozessen und ist so angelegt, dass möglichst viele Bruchstücke recycelt werden können und dem Stoffwechsel für den Neuaufbau von Zellen oder für die weitere Verwendung zur Energiegewinnung zur Verfügung stehen.

Problematisch kann es werden, wenn Zellen nicht als körpereigenes Gewebe erkannt werden und stattdessen von den Immunzellen zum Angriff freigegeben werden. Es kommt dann zu Autoimmunreaktionen.

Damit Granzyme ihre Hauptfunktion wahrnehmen können, müssen sie über den Vorgang der Exozytose in den extrazellulären Raum in unmittelbarer Nähe der Zielzelle ausgeschüttet werden und die ebenfalls freigesetzten Perforine müssen durch Lyse die Membran der Zielzelle perforieren, so dass die Granzyme die Membran passieren können, um im Zytosol und im Kern-Zytosol ihre Wirkung zu entfalten. Das Granzym B setzt dabei die Apoptose durch einen Initiationsprozess in Gang. Das Granzym B hat dabei lediglich die Aufgabe, die zelleigene Caspase CPP 32 zu spalten, ein Enzym, das eine Kette von enzymatischen Vorgängen auslöst, die letztlich in der Apoptose und damit in der völligen Zerstörung der Zelle enden.

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Krankheiten

Die immunologische Wirksamkeit der Granzyme ist an einige Voraussetzungen bzw. Bedingungen geknüpft, die eintreten müssen. Das bedeutet, dass sich Anomalien bei den Voraussetzungen direkt auf die Wirksamkeit der Granzyme auswirken können. Es können allerdings auch Störungen der Granzyme selbst zu ähnlichen Symptomen führen. Beispielsweise führt ein Gendefekt, der die hämophagozytische Lymphohistiozytose (HLH) verursacht, lediglich zu einer fehlerhaften Perforinsynthese, die eine Reihe schwerwiegender Krankheitssymptome, wie Milzvergrößerung, Phagozytose eigener Blutzellen und viele weitere, auslöst. Auch sekundäre Formen der Krankheit werden beobachtet, die durch eine Viren- oder bakterielle Infektion verursacht werden können oder durch eine spezielle Leukämie.

Ebenso können bestimmte Autoimmunerkrankungen, wie rheumatoide Arthritis und Systemischer Lupus rythematodes, auftreten. Die erworbene HLH wird von einem mehr als sieben Tage andauernden hohem Fieber, Gelbsucht, Ödemen, Hautausschlägen und weiteren Symptomen begleitet.

Eine sehr seltene Krankheit im Zusammenhang mit Enzym B ist die Rasmussen-Enzephalitis, die hauptsächlich Kinder im Alter von unter 10 Jahren betrifft. Es handelt sich um schwerwiegend verlaufende chronische Entzündungen in einer der beiden Gehirnhälften. Es kommt typischerweise im späteren Verlauf der Krankheit zu epileptischen Anfällen, zu Sprachstörungen und zu Lähmungen an Armen und Beinen. Ursache sind wahrscheinlich fehlgeleitete cytotoxische T-Killerzellen, die Zellen des Gehirns mit Enzym B angreifen.

Quellen

  • Bisswanger, H.: Enzyme. Struktur, Kinetik und Anwendungen. Wiley-VHC, Weinheim 2015
  • Schmidt, R., et al.: Physiologie des Menschen. Springer, Heidelberg 2010
  • Wolff, H.-P., Weihrauch, T.R. (Hrsg.): Internistische Therapie. Urban & Fischer, München 2012

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