Höhenangst

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Angst und vor allem Höhenangst können aber auch derartige Panikattacken auslösen, dass es den Menschen massiv in seinem Leben und seiner Freizeitgestaltung beeinträchtigt. Höhenangst kann demnach krankhaft sein.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Höhenangst?

Die Höhenangst macht sich durch wiederholte Angst- und Panikzustände bemerkbar. Die Symptome treten in Situationen auf, die mit Höhe assoziiert sind.
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Den meisten Menschen bereitet es ein mulmiges Gefühl, sich in großer Höhe aufzuhalten. Der Blick aus dem Fenster eines Hochhauses oder das Besteigen von Sehenswürdigkeiten wie den Eiffelturm in Paris ist mit Respekt vor der Höhe verbunden, eine gewisse angeborene Vorsicht bringt uns Menschen dazu, uns umsichtig zu verhalten, um unser Leben nicht zu gefährden.

Höhenangst lässt sich nicht in Zentimetern oder Metern definieren, die Angstgeplagten pauschal Probleme bereiten. Höhenangst ist vielmehr individuell. Während dem einen der Blick aus dem dritten Stock Bauchschmerz und Angstzustände bereitet, kann ein anderer bereits regelrechte Panikattacken durch das Besteigen einer Leiter erleiden.

Personen mit Höhenangst haben meist Panik, sie könnten zu Boden stürzen, der scheinbare Kontrollverlust über die Situation macht ihnen zu schaffen. Das Vertrauen in bauliche Sicherheitsvorkehrungen, wie Geländer oder dickes Fensterglas, schwindet schlagartig, die Person fühlt sich ihrer Angst ausgeliefert.

Ursachen

Die Ursachen für Höhenangst können vielfältig sein. Meist liegt die Ursache in traumatischen Erlebnissen in der früheren Geschichte, zum Beispiel in der Kindheit oder schlichtweg in der Angst vor Höhe als ungewohntes Ereignis, weil man nie zuvor mit großer Höhe konfrontiert war.

Die neue Situation kann ängstlichen, unsicheren Menschen so sehr zu schaffen machen, dass sich daraus resultierend eine Höhenangst entwickeln.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die Höhenangst macht sich durch wiederholte Angst- und Panikzustände bemerkbar. Die Symptome treten in Situationen auf, die mit Höhe assoziiert sind. Während einige Betroffene nur in großer Höhe unter Angst leiden (zum Beispiel, wenn sie von einem Hochhaus gerade nach unten sehen), empfinden andere bereits auf Brücken oder in einem durchschnittlichen Treppenhaus Angst. Bei einigen Betroffenen ist die Höhenangst so stark ausgeprägt, dass sie sich nicht auf eine Leiter oder auf einen Stuhl stellen können.

Neben dem Angstgefühl können auch Beklemmung und Unruhe auftreten. Darüber hinaus gehen spezifische Phobien häufig mit Symptomen einher, die sich körperlich bemerkbar machen. Dazu gehören Kribbelgefühle in den Armen oder Beinen, Schwitzen, Schwindel. Übelkeit, Atemnot, Hyperventilation und Herzrasen. Phobiker können darüber hinaus ein Engegefühl in der Brust verspüren oder ihren Herzschlag sehr bewusst wahrnehmen. Dadurch entsteht häufig der Eindruck, das Herz würde ungewöhnlich laut schlagen.

Die Symptome der Höhenangst können an die eines Herzinfarkts erinnern. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass medizinische Ursachen ausgeschlossen werden, die die Beschwerden erklären könnten. Als Reaktion auf die wiederholten Angstattacken können sich weitere Symptome manifestieren. Typisch ist die Vermeidung von Situationen, in denen die Angst auftreten könnte. Viele Betroffene schämen sich für ihre Angst, weil sie diese als unbegründet oder übertrieben erkennen.

Diagnose & Verlauf

Die Symptome der Höhenangst äußern sich ebenso individuell, grundsätzlich decken sie sich jedoch mit allen nennenswerten Symptomen anderer Neurosen oder Angstzuständen, wie zum Beispiel Klaustrophobie (Angst in engen Räumlichkeiten), Agoraphobie (Platzangst) oder Arachnophobie (Angst vor Spinnen).

Mit leichtem Anstieg der Höhe, zum Beispiel beim Hinaufsteigen einer Treppe in ein sehr hohes Stockwerk, zeigen sich erste nervöse Erscheinungen wie Schwitzen, erschwertes Atmen, Pulssteigerung (Tachykardie) und/oder innere Unruhe.

Es kann auch zu Bauchschmerzen oder Kopfschmerzen, Schwindelgefühlen oder ähnlichen psychosomatischen Erscheinungen kommen. Je größer das Gefühl der akuten Bedrohung wird, umso heftiger beginnt die Angst, sich zu äußern. Die Stresssituation kann bis hin zu regelrechten Weinkrämpfen und Schreianfällen, aggressivem Verhalten, aber auch zur kurzfristig eintretenden Ohnmacht führen.

Komplikationen

In der Regel führt die Höhenangst selbst nicht zu besonderen Komplikationen oder gefährlichen gesundheitlichen Zuständen. Die Lebenserwartung wird durch diese Krankheit nicht eingeschränkt. Allerdings kann sich die Höhenangst negativ auf die Psyche des Betroffenen auswirken, sodass viele Patienten an Minderwertigkeitskomplexen und an einem verringerten Selbstwertgefühl leiden.

Vor allem bei Kindern kann es durch die Höhenangst zu einem sozialen Ausschluss, zu Hänseleien oder zu Mobbing kommen. Die Lebensqualität des Patienten ist in solchen Situationen stark verringert. Gegebenenfalls sind für den Patienten bestimmte Tätigkeiten oder Arbeiten nicht möglich, wobei auch das Fliegen im Flugzeug von der Höhenangst betroffen sein kann.

Daraus ergeben sich relativ große Einschränkungen im Alltag. Falls sich der Patient allerdings nicht in große Höhe begibt, kommt es auch nicht zu weiteren Komplikationen. Die Höhenangst äußert sich in der Regel in Atembeschwerden und einer erhöhten Herzfrequenz. Der Betroffene kann dabei auch das Bewusstsein verlieren und sich gegebenenfalls bei einem Sturz verletzen. Eine direkte Behandlung der Höhenangst ist nicht möglich, wobei mit Therapien die Beschwerden eingeschränkt werden können. Aus diesem Grund treten dabei auch keine weiteren Komplikationen auf.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Die Konsultation eines Arztes ist zu empfehlen, sobald der Betroffene bemerkt, dass er unnatürliche Ängste entwickelt. Stellen sich durch die Angst emotionale Belastungen ein oder kommt es zu Lebensveränderungen, ist ein Arztbesuch anzuraten. Bei Schweißausbrüchen an Orten mit Höhenlagen, Herzrasen oder Bluthochdruck ist ein Kontrollbesuch bei einem Arzt oder Therapeuten nötig. Kopfschmerzen, Verdauungsstörungen oder ein weinerliches Verhalten sind untersuchen zu lassen. Kommt es zu innerer Unsicherheit, einem starken Stresserleben oder erhöhter Reizbarkeit, muss ein Arzt aufgesucht werden. Nehmen die Ängste an Intensität zu oder bilden sich neue Angstzustände in anderen Situationen, ist eine Abklärung des gesundheitlichen Zustandes vonnöten.

Können alltägliche Aufgaben nicht mehr wie gewohnt erfüllt werden, wird ein Rückzugsverhalten entwickelt oder die eigene Wohnung nicht mehr verlassen, sind die Beschwerden mit einem Arzt zu besprechen. Konsumiert der Betroffene aufgrund seines inneren Erlebens bei Höhe Medikamente oder Suchtstoffe, sollte er einen Arzt aufsuchen. Alarmierend ist, wenn die Arbeit aufgrund der Angst nicht aufgesucht werden kann oder sich Panikanfälle einstellen. In diesen Fällen sollte schnellstmöglich medizinische Hilfe in Anspruch genommen werden. Entsteht die Höhenangst kontinuierlich bei immer geringeren Höhenlagen, sollte ein Arzt oder Therapeut um Rat sowie Unterstützung gebeten werden.

Behandlung & Therapie

Angstpatienten bzw. Personen mit Höhenangst sollten in keinem Fall dazu gezwungen werden, sich ihrer Angst zu stellen, außer es handelt sich um geschultes Fachpersonal, das die Angstsituation gezielt zum Bestandteil der Therapie macht.

Meist ist der einzige Ausweg aus der Höhenangst die Therapie, psychologische Maßnahmen können dem "Kranken" helfen, sich von seiner ihn einschränkenden Angst zu lösen. Wesentliche Säulen der Höhenangst-Therapie bzw. generell der Behandlung von Angstneurosen sind zum einen, herauszufinden, woher die Angst rührt und ob es ein konkretes Ereignis in der Vorgeschichte gegeben hat, das die Angst auslöst.

Zum anderen wird die Angst dann Schritt für Schritt angegangen, indem der Therapeut den Ängstlichen in die Angst begleitet. Zunächst wird in Etappen versucht, die Höhe, mit der sich der zu Therapierende auseinandersetzen muss, zu steigern. Eventuell wird der Therapeut den Patienten mit einer Leiter konfrontieren und behutsam eruieren und reflektieren, was im Patienten in seiner beginnenden Angst vorgeht. Der Therapeut steigert dieses Vorhaben meist langsam, bis der gewünschte Erfolg eintritt.

Diese Vorgehensweise der Konfrontationstherapie ist Teil des klassischen psychologischen Modells, wie sie in verhaltenspsychologischen Therapieansätzen Anwendung findet. Selbstverständlich gibt es noch eine ganze Reihe weiterer Modelle. Hypnose, Akupunktur oder andere Anwendungen der Traditionellen Chinesischen Medizin finden hier großen Anklang. Auch die Homöopathie verspricht unter Anwendung der korrekten Mittel langfristige Besserung. Wieder andere schwören auf Maßnahmen wie Yoga oder Meditation zur Steigerung des Selbstbewusstseins.

Wichtig ist in erster Linie für den Angstpatienten, festzustellen, dass er Hilfe annehmen möchte. Ohne die Compliance (Bereitschaft zur Mitarbeit) des Patienten, ist eine Therapie der Höhenangst nicht möglich. Welche Therapieform die passende ist, kann allein der Patient herausfinden. Womöglich muss der Patient viele Ansätze und Maßnahmen ausprobieren, bis er für sich entscheidet, dass ihm geholfen werden kann.

Längst nicht jede Höhenangst muss therapiert werden. Viele Menschen leben damit und fühlen sich nicht maßgeblich dadurch beeinträchtigt. Wenn die Angst allerdings eine Einschränkung der Lebensqualität mit sich zieht und von der Person selbst als belastend empfunden wird, ist eine Behandlung unbedingt angeraten.


Vorbeugung

Vorbeugende Maßnahmen gegen die Höhenangst gibt es kaum, allerdings kann in jungen Jahren eine gewissen Vorbeugung durch die Eltern stattfinden, indem sie ihr Kind an Höhen gewöhnen und aufzeigen, dass entsprechende Sicherheitsvorkehrungen getroffen sind. Werden diese eingehalten, ist die Höhe in der Regel nicht gefährlich.

Nachsorge

Wurde die Höhenangst zum Beispiel mit einer geeigneten Therapie oder einer anderen Methode erfolgreich überwunden, ist es wichtig, stets weiter an ihr zu arbeiten und nicht die Einstellung anzunehmen, dass man diese Angst nicht erneut bekommen kann. Die vollständige Überwindung der Höhenangst ist häufig temporär.

Oft bleibt ein kleiner Rest der Furcht vor Höhe lebenslang, auch wenn es nach der vor kurzem beendeten Therapie beziehungsweise Methode nicht wahrscheinlich scheint. Setzt hingegen allmählich der Alltag ohne besondere Beachtung der Angst wieder ein und der Furcht vor Höhe wird nicht mehr ausreichend entgegen gewirkt, kann sie wieder zunehmen. Wird aufs Neue begonnen, Flächen und Situationen in großer Höhe zu vermeiden, ist eine weitere Therapie erforderlich.

Relevant ist es, diese Entwicklung in ihren Anfängen zu entdecken, um das Verschwenden von Zeit, Geld und Kraft zu verhindern. Um den Beginn rechtzeitig zu bemerken, können regelmäßig Situationen herbeigeführt werden, in denen vor der Behandlung Furcht verspürt wurde. Können wieder vergleichbare Gefühle wahrgenommen werden wie in der Zeit vor des Heilverfahrens, sollte die Höhenangst wiederholt aktiv bekämpft werden. Wenn allerdings weiterhin keine Furcht empfunden wird, können die Situationen zur Überprüfung der Rückkehr der Angst nach zeitlich größeren Abständen erfolgen.

Das können Sie selbst tun

Betroffene zeigen in vielen Fällen ein zunehmendes Vermeidungsverhalten bei Höhenangst. Dieses steigt über ein längeres Zeitfenster meist schleichend an. Wissenschaftlich mehrfach bewiesen ist jedoch, dass es hilfreich ist, sich der Angst zu stellen. Dies kann auf verschiedenen Wegen, kognitiv wie auch physisch erfolgen. Um Unsicherheiten zu vermeiden, sollte die Zusammenarbeit mit einem Therapeuten oder Psychologen stattfinden. Dies ermöglicht dem Ängstlichen, positive Erfahrungen zu sammeln und neue Informationen zu erhalten.

Waghalsige Situationen im Alleingang sind grundsätzlich zu vermeiden, da sie zu einer Verstärkung der Angst führen können. Ein Weglaufen oder zu frühes Abbrechen eines Aufenthaltes in einer höheren Position führt ebenfalls zu einer Verstärkung der bereits vorhandenen Angst. Daher ist der Moment abzuwarten, in dem realisiert wird, dass nach der Angst die Habituation, die Gewöhnung und anschließend die Entspannung eintreten. Die Gefahr eines Kreislaufkollaps oder der Verlust des Bewusstseins treten aus physiologischen Gründen in diesen Situationen nicht auf.

Um nicht allein zu sein, kann der Betroffene einen Menschen seines Vertrauens bitten, mit ihm gemeinsam Situationen aufzusuchen, die für ihn angstauslösend sind. Dafür genügen der Besuch auf einem Hochhaus oder ein gesichertes Dach eines Hauses. Es sollten Situationen aus dem Alltag aufgesucht werden, damit ein realistischer Bezug zur Lebensführung des Betroffenen existiert.

Quellen

  • Arolt, V., Reimer, C., Dilling, H.: Basiswissen Psychiatrie und Psychotherapie. Springer, Heidelberg 2007
  • Davison, G.C., Neale, J.M., Hautzinger, M.: Klinische Psychologie. Beltz PVU, München 2007
  • Morschitzky, H.: Angststörungen – Diagnostik, Konzepte, Therapie, Selbsthilfe. Springer, Wien 2009

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