Hungerstoffwechsel

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 8. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Zahlreiche Diäten suggerieren, dass eine stark verminderte Energieaufnahme förderlich sei, um möglichst schnell viel Gewicht zu verlieren.

Dabei ist ein solches Verhalten dauerhaft sowohl für die Gesundheit als auch für den erstrebten Gewichtsverlust schädlich.

Sobald sich der Hungerstoffwechsel einschaltet, ist das weitere Abnehmen mit Schwierigkeiten verbunden, da überlebenswichtige Funktionen vermindert werden.

Inhaltsverzeichnis

Was ist der Hungerstoffwechsel?

Besteht eine dauerhafte Unterversorgung mit Nährstoffen, reduziert der Organismus den Grundumsatz und geht in den Hungerstoffwechsel über. Auf diese Weise führt die reduzierte Kalorienaufnahme zu keiner weiteren Abnahme.

Unter Stoffwechsel werden alle Prozesse verstanden, die in den Zellen ablaufen. Hier handelt es sich sowohl im Auf- als auch Abbauprozesse.

Damit alle Körperfunktionen aufrechterhalten werden können, benötigt jede Zelle Energie. Die aufgenommenen Nährstoffe gelangen durch den Darm ins Blut. Die Blutkörperchen transportieren die verschiedenen Elemente zu den Zellen. In den Zellen wiederum werden die Stoffe zu anderen verwandelt.

Der Stoffwechsel ist für das Abnehmen von Bedeutung. Im Rahmen biochemischer Vorgänge wird vor allem aus Kohlenhydraten Energie erschlossen. Besteht jedoch eine dauerhafte Unterversorgung mit Nährstoffen, reduziert der Organismus den Grundumsatz und geht in den Hungerstoffwechsel über. Auf diese Weise führt die reduzierte Kalorienaufnahme zu keiner weiteren Abnahme. Stattdessen kann sogar mehr Gewicht eingelagert werden.

Funktion & Aufgabe

Der Hungerstoffwechsel sicherte früher das Überleben der Menschheit. Kam es zu einer Episode der Nahrungsknappheit, verlangsamte der Organismus seinen Stoffwechsel. Auf diese Weise konnte das Überleben trotz geringer hinzugefügter Energie gesichert werden.

Heutzutage findet sich in den meisten westlichen Ländern jedoch ein erheblicher Überfluss an Nahrung. Somit resultiert der Hungerstoffwechsel in Übergewicht, sobald die Phase beendet und ein angemessenes Kalorienniveau zu sich genommen wird.

Der verlangsamte Stoffwechsel führt zu einem geringeren Bedarf an Energie. Überschüssige Kalorien werden gespeichert, es kommt zur Ansammlung von Fettpolstern. Diese sollen den Körper vor einer erneuten Hungerepisode schützen und sind Teil einer vererbten Eigenschaft, die vor einigen Jahrhunderten von Nutzen war.

Dabei setzt der Hungerstoffwechsel nicht bei jeder Diät ein. Erst, wenn ein bestimmtes Limit an aufgenommener Energie unterschritten wird, kommt es zu einer Verlangsamung der Prozesse. Experten gehen davon aus, dass das Kaloriendefizit maximal 500 Kalorien unter dem Gesamtbedarf liegen sollte, um einen Hungerstoffwechsel zu vermeiden.

Bis zu einem bestimmten Defizit verbraucht der Körper bestehende Energiereserven zum Ausgleich der mangelhaft aufgenommenen Nahrung. So kann er etwa 150 Gramm Triglyceride täglich verwenden. Der größte Teil der Energie wird für lebenswichtige Organe wie Herz, Gehirn und Nieren gebraucht. Es kommt zu einem Abbau von Triglyceriden, welches in Glycerin und Fettsäuren verwandelt wird.

Die Stoffwechselprozesse von Glucose, Glycerin und Aminosäuren stellen dem Körper Energie zur Verfügung. Hält der Nahrungsmangel jedoch an, verändern sich die Prozesse weiter. Insgesamt kann der Organismus seinen Stoffwechsel um etwa 50 Prozent reduzieren. So verwendet das Gehirn ab einem bestimmten Zeitpunkt beispielsweise nur noch 30 Prozent der Energie, die bei einer angemessenen Nahrungsaufnahme zur Verfügung steht.

Sobald keine Kohlenhydrate vorhanden sind, setzt gleichzeitig ein Abbau der Muskulatur ein. Proteine dienen eigentlich dem Aufbau von Strukturen. Wird dem Körper jedoch der Zucker entzogen, verstoffwechselt er Muskelproteine. Der Verlust von Muskulatur reduziert den Energie-Grundumsatz weiter.

Als relevant wird ebenfalls der Abbau des Herzmuskels betrachtet. Insgesamt kann es durch den Hungerstoffwechsel zu einem 25 prozentigen Muskelverlust kommen.


Krankheiten & Beschwerden

Der Hungerstoffwechsel kann zu einigen Beschwerden führen. Ganz zentral ist der Gewichtsverlust nach Beendigung der Hungerphase. Der Stoffwechsel läuft nun auf einem wesentlich geringeren Niveau ab. Durch den Abbau an Muskulatur sowie der verminderten Energieverwertung einiger Organe, wird nur noch ein geringerer Teil von Kalorien verbrannt. Die Aufnahme von einer erhöhten Energiemenge führt dann zum Aufbau von Fettreserven. Auf diese Weise steigt oft das Ausgangsgewicht. Gleichzeitig beansprucht die Beendigung des Hungerstoffwechsels eine längere Zeit. Somit ist der Energiebedarf langfristig eingeschränkt.

Zur Überbrückung der veränderten Prozesse ist dennoch eine regelmäßige Nahrungsaufnahme notwendig. Die Entstehung von Übergewicht kann nicht ausgeschlossen werden.

Dabei verändern sich im Rahmen eines Hungerstoffwechsels nicht nur die Stoffwechselprozesse. Insbesondere bei Frauen treten hormonelle Disbalancen ein. Die Menstruation kann für unbestimmte Zeit ausbleiben, was eventuell zu weiteren Beschwerden führt.

Bei Kindern kann die verminderte Kalorienaufnahme zu Wachstumsstörungen führen. So lässt sich eine nicht vollständige körperliche Entwicklung nicht ausschließen. Dies gilt ebenfalls für Embryos, deren Mutter einen Hungerstoffwechsel aufweist. Entwickeln sie sich in einem solchen Zustand, können nach der Geburt oft physische und psychische Beschwerden wahrgenommen werden. Zum einen kann sich das Geburtsgewicht des Ungeborenen verringern, zum anderen kommt das Kind bei Unterversorgung häufig früher zur Welt. Insbesondere diese beiden Faktoren bieten einen Nährboden für weitere Komplikationen.

Wenn im Rahmen eines dauerhaften Kalorienmangels körpereigne Proteine verstoffwechselt werden, ist die Harnstoffausscheidung oft reduziert. Bei einigen Personen treten so genannte Hungerödeme ein.

Insgesamt kann eine Schwächung des Immunsystems festgestellt werden. Auf diese Weise erhöht sich gleichzeitig das Risiko einer Infektion. Beispielsweise kommt es während des Fastens somit häufiger zu einer Erkältung oder einer anderen Erkrankung.

Hält das Hungern eine sehr lange Zeit an, kann auch der Tod nicht ausgeschlossen werden. Dieser tritt dann ein, wenn ungefähr ein Drittel der Proteine zugunsten der Energiegewinnung durch den Körper vernichtet wurden. Untersuchungen zufolge gelingt gesunden Menschen das Überleben ohne Nahrung zwischen 30 bis 200 Tagen, unter der Voraussetzung, dass genügend Flüssigkeit zur Verfügung steht.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • I care Krankheitslehre. Thieme, Stuttgart 2015
  • Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013>

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