Hyper-IgD-Syndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. April 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Der Mediziner bezeichnet als Hyper-IgD-Syndrom - auch als HIDS bekannt - eine Erbkrankheit, die vorwiegend durch immer wiederkehrende Fieberschübe gekennzeichnet ist. Aus diesem Grund zählt das Hyper-IgD-Syndrom auch zu den sogenannten periodischen Fiebersyndromen.

Während den Fieberepisoden klagen die Betroffenen unter anderem über Durchfall, Bauchschmerzen und auch Übelkeit sowie Erbrechen. Eine ursächliche Behandlung gibt es nicht; jedoch ist die Prognose - im Hinblick auf die Lebenserwartung des Patienten - gut.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Hyper-IgD-Syndrom?

Das Hyper-IgD-Syndrom tritt bereits während des ersten Lebensjahres auf. Charakteristisch sind immer wiederkehrende Fieberschübe; das Kind hat sehr schnell auftretendes Fieber und Schüttelfrost.
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Das Hyper-IgD-Syndrom (oder auch HIDS) ist eine Erbkrankheit. Charakteristisch sind immer wiederkehrende Fieberschübe sowie auch gastrointestinale Symptome. Periodische Erkrankungen, zu denen das Hyper-IgD-Syndrom gehört, sind bereits schon seit dem 19. Jahrhundert bekannt, wurden aber erst im Jahr 1948 durch den Mediziner Hobart A. Reimann neu definiert und geprägt.

Im Jahr 1984 wurde das erste Mal das Hyper-IgD-Syndrom erwähnt. Eine holländische Arbeitsgruppe beschrieb bei Geschwistern immer wiederkehrendes Fieber sowie auch allgemeine Entzündungsreaktionen sowie deutlich erhöhtes Immunglobulin-D sowie auch Immunglobulin-A. Seit dem Jahr 2001 wurden rund 160 Diagnosen gestellt; die Mehrzahl der Betroffenen leben in Frankreich sowie den Niederlanden. Man vermutet jedoch, dass die Dunkelziffer höher ist.

Ursachen

Das Hyper-IgD-Syndrom entsteht auf Grund einer Erbinformationsveränderung - einer sogenannten Mutation. Die Mutation findet am Chromosom 12 statt. Der Erbgang des Hyper-IgD-Syndroms ist autosomal-rezessiv. In rund 80 Prozent aller Fälle liegt vor allem eine missense-Mutation im Genbereich vor, welches in weiterer Folge das MVK (12q12, GeneID 4598 - Enzym Mevalonatkinase) codiert. Jene Mutation sorgt für eine leicht verminderte Stabilität der Aktivität des Enzyms.

Bislang ist jedoch unklar, warum die verminderte Mevalonatkinase-Aktivität in weiterer Folge Fieberschübe auslöst. Auf Grund der unklaren Ursache ist auch eine Therapie nicht bekannt, welche mitunter die Ursache bekämpft. Mediziner können daher nur symptomatische Behandlungen, die sich vorwiegend auf die Fieberschübe konzentrieren, durchführen.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Das Hyper-IgD-Syndrom tritt bereits während des ersten Lebensjahres auf. Charakteristisch sind immer wiederkehrende Fieberschübe; der Patient klagt über sehr schnell auftretendes Fieber und Schüttelfrost. Die Auslöser jener Fieberschübe sind etwa kleinere Verletzungen, Impfungen oder auch Stress sowie Operationen.

In vielen Fällen klagen die Patienten unter anderem auch über Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen sowie Durchfall. Mitunter können auch die Halslymphknoten anschwellen. Weitere Symptome, welche für das Hyper-IgD-Syndrom charakteristisch sind: Kopfschmerzen, Gelenksentzündungen sowie auch Gelenkschmerzen und Ausschläge.

Die Schübe an sich treten in Abständen zwischen vier und sechs Wochen auf. Die Dauer liegt zwischen drei und auch sieben Tage. Jedoch können sich die Dauer und die Häufigkeit der Schübe, je nach Patient, deutlich unterscheiden. Vor allem im Kindesalter treten Fieberschübe häufiger auf; im Erwachsenenalter nimmt die Häufigkeit sowie Intensität ab.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Liegen charakteristische Symptome vor, die auf ein Hyper-IgD-Syndrom schließen lassen, kann eine Überprüfung der Immunglobulin-D-Konzentration im Blut einen Aufschluss geben, ob tatsächlich das Hyper-IgD-Syndrom besteht. Liegt die Konzentration von Immunglobulin-D über 100 IU/ml, so kann davon ausgegangen werden, dass ein Hyper-IgD-Syndrom vorliegt. Mitunter können auch molekulargenetische Nachweise einer bestehenden Mutation einen Aufschluss geben, ob ein Hyper-IgD-Syndrom vorliegt oder nicht.

Jedoch muss - um die Diagnose zu sichern - der Arzt andere Krankheiten, welche ähnliche Symptome aufweisen, im Vorfeld ausschließen. Das Hyper-Ig-D-Syndrom zählt nämlich ebenfalls zu den periodischen Fiebersyndromen; auch das familiäre Mittelmeerfieber (FMF) muss im Vorfeld ausgeschlossen werden.

Weitere Krankheiten, die ähnlich verlaufen und vor der Diagnose Hyper-IgD-Syndrom ausgeschlossen werden müssen, sind: das „Tumornekrosefaktor-Rezeptor-1-assoziierte periodische Syndrom“ (auch als TRAPS bekannt), die zyklische Neutropenie, das chronisch-infantile-neurologisch-cutan-artikuläre Syndrom (oder CINCA-Syndrom) sowie das Muckle-Wells-Syndrom. Auch auch Krankheiten, die unter das PFAPA-Syndrom fallen (periodisches Fieber, Aphten, Adenitis-Syndrom oder Pharyngitis) gehören dazu.

Auch wenn die Behandlung des Hyper-IgD-Syndroms relativ schwierig ist, besteht dennoch eine gute Prognose. Eine Einschränkung der Lebenserwartung ist nicht gegeben, auch dann nicht, wenn es sich um eine äußerst schwere Form des Syndroms handelt. Jedoch können im Rahmen der Schübe die Gelenke angegriffen werden, sodass eine Gelenkzerstörung möglich ist.

Eine Amyloidose, wie etwa beim familiären Mittelmeerfieber, ist bislang nur in Einzelfällen dokumentiert worden. In wenigen Fällen wurden auch neurologische Auffälligkeiten wie auch Einschränkungen der geistigen Fähigkeiten dokumentiert. Auch Epilepsie, Koordinations- sowie Gleichgewichtsstörungen sind möglich, treten aber ebenfalls nur selten auf.

Komplikationen

Durch das Hyper-IgD-Syndrom leidet der Betroffene an starken Fieberschüben, die nach einer gewissen Zeit erneut auftreten. Dabei ist es nicht möglich, den genauen Zeitpunkt des nächsten Fieberschubes vorherzusagen. Der Betroffene leidet dabei neben dem Fieber auch an Bauchschmerzen und Durchfall. Weiterhin kommt es auch zu einer Übelkeit und zu Erbrechen.

Die Lebensqualität wird durch das Hyper-IgD-Syndrom stark verringert und der Alltag durch die Beschwerden erschwert. In der Regel verringert sich auch die Belastbarkeit des Patienten und der Betroffene wirkt abgeschlagen und müde. Die Fieberschübe können sich ebenfalls negativ auf die Psyche auswirken und dabei zu Depressionen oder zu anderen Verstimmungen führen.

Weiterhin kommt es zu Schmerzen am Kopf und an den Gelenken. Nicht selten ist die Haut von Ausschlägen betroffen und die Lymphknoten schwellen an. In der Regel sind vor allem Kinder durch die häufigen Fieberschübe betroffen. Die Behandlung des Hyper-IgD-Syndroms erfolgt symptomatisch und schränkt dabei die Beschwerden des Fieberschubs ein. Dabei kommt es nicht zu weiteren Komplikationen. In den meisten Fällen nimmt die Häufigkeit dabei mit dem Alter ab. Die Lebenserwartung wird durch das Hyper-IgD-Syndrom ebenso nicht verringert.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Bei einem Hyper-IgD-Syndrom treten nach Vollendung des ersten Lebensjahres plötzlich solche heftigen Beschwerden auf, dass eine Arztkonsultation immer notwendig wird. Da ähnliche Symptome auch bei anderen Erkrankungen beobachtet werden, ist eine dringende diagnostische Abklärung der Beschwerden erforderlich. Nur so kann eine wirksame Therapie eingeleitet werden. Ein Arztbesuch sollte unter anderem dann erfolgen, wenn das einjährige Kind plötzlich unter unerklärlichen Fieberschüben leidet, die auch in größeren zeitlichen Abständen auftreten können.

Das Fieber kündigt sich meist mit dem Einsetzen von Schüttelfrost an. Vor allem sollte der Arzt auch konsultiert werden, wenn es bei besonderen Anlässen wie Impfungen, Stress oder Verletzungen zu einem Fieberschub kommt. Bereits die begleitenden Symptome der Fieberschübe sollten zum Anlass genommen werden, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Zu diesen Symptomen zählen unter anderem Lymphknotenschwellungen, starke Bauchschmerzen, Erbrechen und Durchfall.

Wenn der Arzt ein Hyper-IgD-Syndrom diagnostiziert, bespricht er zusammen mit den Eltern die notwendige Therapie. Diese besteht in der Gabe des cholesterinsenkenden Mittels Simvastatin und des Immunsuppressivums Etanercept. Mit diesen Arzneistoffen werden die Symptome abgemildert und gleichzeitig die Gefahr von seltenen Komplikationen wie Gelenkkontrakturen oder Verwachsungen im Bauchraum verringert. Da die Erkrankung in der Regel die Lebenserwartung nicht einschränkt und die Fieberschübe im Laufe des Lebens immer seltener werden, ist eine ständige ärztliche Betreuung nicht notwendig.

Behandlung & Therapie

Bislang gibt es weder eine Therapie oder Behandlung, die vorwiegend die Ursache des Hyper-IgD-Syndroms bekämpft oder auch behandelt. Aus diesem Grund konzentrieren sich die Mediziner vorwiegend auf die symptomatische Behandlung der immer wieder auftretenden Fieberschübe. Jedoch stellen sich auch jene Behandlungen als äußerst schwierig dar. Denn sind diese nicht nur von Patient zu Patient unterschiedlich, sondern auch je nach Episode unterschiedliche Intensitäten aufweisen können.

Klassische fiebersenkende oder entzündungshemmende Medikamente - wie etwa nichtsteroidale Antiphlogistika - sind zur Gänze wirkungslos. Auch Colchicin, Steroide oder auch Thalidomid haben sich als wirkungslos herausgestellt. Mediziner haben jedoch erkannt, dass Simvastatin helfen kann, etwaige Fieberschübe zu behandeln.

Vor geraumer Zeit wurde auch über positive Entwicklungen im Rahmen des „Interleukin-1ra-Analogs Anakinra“ berichtet. Mitunter kann auch der „Tumornekrosefaktor-α-Antagonist Etanercept“ die Fiebertage senken und die Intensität lindern. Andere Behandlungen sind derzeit nicht bekannt.


Aussicht & Prognose

Das Hyper-IgD-Syndrom bietet eine relativ positive Prognose. Zwar geht die Erkrankung mit starken Beschwerden wie Magen-Darm-Leiden, Hautausschlägen, Schäden an den Gelenken und Fieber einher, langfristig können diese gesundheitlichen Probleme durch eine umfassende medikamentöse Behandlung jedoch stark reduziert oder sogar vollständig behoben werden.

Die Erkrankung ist auch bei Beteiligung der Gelenke nicht immer mit langfristigen Beschwerden verbunden, insofern eine frühzeitige Behandlung erfolgt. Nur in Einzelfällen treten bleibende Gelenkstörungen auf, welche Lebensqualität und Wohlbefinden dauerhaft beeinträchtigen und dadurch die Gefahr seelischer Leiden bergen. Auch eine Amyloidose, die sich auf sämtliche Organe und das endokrine System auswirken kann, tritt nur bei einigen wenigen Patienten auf. Bei einigen Patienten treten allerdings neurologische Störungen auf, welche die geistigen Fähigkeiten sowie die Koordination beeinträchtigen können. In schweren Fällen kann sich eine Epilepsie entwickeln.

Meist können die Betroffenen ein schmerzfreies Leben führen, welches allerdings immer mit einer langfristigen medikamentösen Behandlung sowie physiotherapeutischen Maßnahmen verbunden ist. Erkrankte müssen sich zudem immer wieder operativen Eingriffen unterziehen oder leiden infolge der konstanten Arzneimittelgabe an Neben- und Wechselwirkungen. Auch psychische Beschwerden können bei chronisch kranken HIDS-Patienten auftreten. Typische seelische Folgeerkrankungen sind Minderwertigkeitskomplexe und depressive Verstimmungen bis hin zu schweren Depressionen. Die Lebenserwartung wird durch das Hyper-IgD-Syndrom nicht reduziert.

Vorbeugung

Auf Grund der Tatsache, dass es sich bei dem Hyper-IgD-Syndrom um eine Erbkrankheit handelt, sind vorbeugende Maßnahmen nicht bekannt bzw. möglich.

Nachsorge

Die Maßnahmen oder Möglichkeiten einer Nachsorge sind beim Hyper-IgD-Syndrom in der Regel sehr stark eingeschränkt. Da es sich dabei auch um eine erblich bedingte Krankheit handelt, kann dabei auch keine vollständige Heilung erreicht werden. Betroffene sind daher auf eine lebenslange Therapie und Behandlung angewiesen, um die Beschwerden dauerhaft zu lindern.

Um das Vererben des Hyper-IgD-Syndroms an die Nachfahren zu vermeiden, sollte bei einem Kinderwunsch auch eine genetische Beratung erfolgen. Nur so kann das Vererben der Krankheit verhindert werden. Da die Behandlung des Hyper-IgD-Syndroms meist durch die Einnahme von Medikamenten erfolgt, sollten Betroffene dabei auf eine jeden Fall auf eine regelmäßige und vor allem auf eine richtige Einnahme achten.

Dabei sollten auch mögliche Wechselwirkungen beachtet werden. Bei Fragen oder bei Unklarheiten sollte immer zuerst ein Arzt kontaktiert werden. Da das Hyper-IgD-Syndrom auch Tumore fördern kann, sollten sich die Betroffenen regelmäßig durch einen Arzt untersuchen lassen. Auch die Unterstützung und die Pflege von Freunden und der eigenen Familie ist dabei sehr wichtig und kann die Beschwerden lindern. Vor allem psychische Beschwerden oder Depressionen werden dadurch verhindert. Die Lebenserwartung von Betroffenen ist durch das Hyper-IgD-Syndrom eventuell verringert.

Das können Sie selbst tun

Da das Hyper-IgD-Syndrom leider nicht kausal und damit ursächlich behandelt werden kann, können dabei nur die einzelnen Symptome und Beschwerden eingeschränkt werden.

Die Fieberschübe werden dabei mit Hilfe von Medikamenten behandelt. Auch eine allgemeine Bettruhe und das Schonen des eigenen Körpers kann sich das dabei sehr positiv auf den Verlauf der Krankheit auswirken. Die Betroffenen sollten dabei vor allem körperliche Tätigkeiten nicht ohne Weiteres durchführen. Auch die Einnahme von fiebersenkenden Medikamenten oder Schmerzmitteln kann sich negativ auf den Magen auswirken, sodass hierbei ein Arzt konsultiert werden sollte.

Weiterhin kann beim Hyper-IgD-Syndrom auch der Kontakt zu anderen Betroffenen hilfreich sein. Dadurch kann der Alltag eventuell leichter gemeistert werden. Auch die Hilfe von Freunden und Bekannten kann vor allem die psychischen Beschwerden des Syndroms deutlich einschränken und lindern. Die Betroffenen müssen sich mit der Erkrankung leider abfinden und dürfen bei den auftretenden Fieberschüben nicht vergessen, dass diese nur über einen kurzen Zeitraum auftreten. Weiterhin ist bei epileptischen Anfällen allerdings eine Behandlung notwendig. Vor allem das Führen von Fahrzeugen oder das Bedienen schwerer Maschinen sollten bei einer Epilepsie nicht durchgeführt werden.

Quellen

  • Gortner, L., Meyer, S., Sitzmann, F.C.: Duale Reihe Pädiatrie. Thieme, Stuttgart 2012
  • Kurz, R. et al.: Checkliste Pädiatrie. Thieme, Stuttgart 2015
  • Murken, J., Grimm, T., Holinski-Feder, E., Zerres, K. (Hrsg.): Taschenlehrbuch Humangenetik. Thieme, Stuttgart 2011

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