Lactobacillus
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
Sie sind hier: Startseite Krankheitserreger Lactobacillus
Sie sind für das menschliche Auge unsichtbar und dennoch könnten wir ohne sie kaum leben. Lactobacillus, Milchsäurebakterien, sind ein wichtiger Bestandteil unserer Darmflora. Sie sorgen dort für ein Gleichgewicht, balancieren unser Immunsystem aus und schützen uns so vor Infektionen und Krankheiten.
Inhaltsverzeichnis |
Was sind Lactobazillen?
Lactobacillus bezeichnet eine Gattung stäbchenförmiger Bakterien, welche der Familie der Lactobacillaceae zugeordnet werden können. Lactobacillus gehört gemeinsam mit einigen anderen Bakterienstämmen der Gattung der Milchsäurebakterien an, deren wichtigste Funktion darin besteht, mittels Gärung Milchsäure zu produzieren. Die meisten Lactobacillus-Arten haben somit auch eine erhebliche Bedeutung für die Lebensmittelindustrie; hier werden sie zur Produktion verschiedenster Milchprodukte und Biergetränke eingesetzt.
Lactobazillen sind für den Menschen in der Regel ungefährlich, allerdings sind einige Arten in der Getränkeproduktion als Schädlinge bekannt. Hier kann die Bildung von Milchsäure zu einer unerwünschten Übersäuerung und Geschmacksveränderung führen; dies gilt insbesondere für Getränke wie Wein, Fruchtsäfte oder Bier.
Lactobazillen lassen sich nicht in einer einheitlichen Gruppe zusammenfassen, stattdessen werden die einzelnen Arten üblicherweise Untergruppen zugeordnet, welche ständig erweitert werden, da immer wieder neue Arten hinzukommen.
Vorkommen, Verbreitung & Eigenschaften
Neben Milch und anderen Molkereiprodukten kommen einige Arten von Lactobacillus auch auf Pflanzen vor, wieder andere besiedeln den Magen-Darm-Trakt von Menschen und Tieren und sind hier für die Bildung der natürlichen Darmflora zuständig. Insbesondere Lactobacillus ruminis und Lactobacillus salivarius zählen zu den festen Bestandteilen der menschlichen autochthonen Darmflora. Unter autochthonen Bakterien verstehen sich solche, welche dauerhaft im jeweiligen Milieu nachweisbar sind, ruminis und salivarius gehören somit zu den ständigen Bewohnern der Darmflora.
Einige Arten von Lactobacillus sind zudem für die Bildung der sogenannten Döderlein-Bakterien zuständig. Diese sind Bestandteil des natürlichen Scheidenmilieus der Frau und sorgen hier für die notwendige saure Umgebung. Der niedrige pH-Wert schützt die weibliche Scheide vor Krankheitserregern und verhindert beispielsweise einen Ausbruch von Scheidenpilz oder ähnlichen bakteriellen Infektionen.
Einige weitere Lactobacillus-Arten sind außerdem auf Pflanzenoberflächen beheimatet. Sie gedeihen auf festen und kohlenhydrathaltigen Nährböden und können sich hier zu Kolonien verdichten.
Bedeutung & Funktion
Bestimmten Lactobacillus-Arten wird neben ihrer positiven Wirkung auf das weibliche Scheidenmilieu auch eine große Bedeutung für die Prävention bzw. Behandlung verschiedenster Darmkrankheiten sowie einiger autoimmuner Erkrankungen nachgesagt. Insbesondere Lactobacillus helveticus sowie einige weitere Unterarten sollen eine große Rolle für die Darmgesundheit spielen und etwa vor gefährlichen Erregern wie EHEC etc. schützen.
Die Einnahme des Milchsäurebakteriums erfolgt meist über sogenannte Probiotika, Milchprodukte wie Joghurt, welche speziell mit dem Lactobacillus angereichert wurden. Doch Probiotika kommen noch auf weiteren medizinischen Feldern zum Einsatz. So helfen sie etwa dabei, eine durch Krankheit oder Medikamenteneinnahme geschädigte Darmflora wieder aufzubauen und erneut ins Gleichgewicht zu bringen.
Eine intakte Darmflora ist nicht nur für eine geregelte Verdauung zuständig; tatsächlich bildet der Darm das Zentrum des menschlichen Immunsystems, herrscht hier ein Ungleichgewicht, kann dies weitläufige gesundheitliche Probleme verursachen. Hierdurch können Krankheiten wie Diabetes, Übergewicht, Bluthochdruck, aber auch Depressionen entstehen.
Darüber hinaus bietet sich eine Behandlung mit Milchsäurebakterien oftmals auch im gynäkologischen Bereich an. Verschiedene Scheideninfektionen lassen sich im beginnenden Stadium oftmals mit einer Milchsäurekur behandeln; dies ist vor allem bei der Bakteriellen Vaginose der Fall. Hier ist ein Ungleichgewicht des Scheidenmilieus für den bakteriellen Befall verantwortlich, welches oftmals durch den Einsatz hochdosierter Lactobacillus-Kulturen wieder ausgeglichen werden kann.
Natürlich können Milchsäurebakterien auch präventiv gegen Scheideninfektionen eingesetzt werden; besonders empfehlenswert ist dies nach einer Antibiotika-Therapie, da hierbei leicht die Scheidenflora gestört werden kann. Auch nach der Behandlung einer Scheidenpilzinfektion kann eine Milchsäurekur helfen, das durch die Infektion geschwächte Milieu wieder aufzubauen.
Krankheiten & Beschwerden
Ebenfalls sensibel auf Lactobacillus reagieren meist Menschen, welche unter einer Histaminunverträglichkeit leiden. Da einige Arten von Milchsäurebakterien in hohem Maße Histamin produzieren, sollten diese bei einer bekannten Intoleranz ebenfalls gemieden werden. Hierzu gehören vor allem Lactobacillus plantarum, Lactobacillus fermentii und Lactococcus lactis.
Auch bei einer Tyraminintoleranz sollten bestimmte Lactobacillus-Arten, welche sich auch hier hauptsächlich in probiotischen Produkten oder anderweitigen Konzentraten befinden, gemieden werden. Hierzu gehören vor allem Lactobacillus bulgaricus, Lactobacillus casei und Lactobacillus helveticus. Generell gilt immer: Wer beim Verzehr von Lebensmitteln, in welchen Lactobazillen enthalten sind, Auffälligkeiten oder ungewöhnliche Symptome bemerkt, sollte vorerst auf jene Produkte verzichten und Rücksprache mit einem Arzt halten.
Symptome einer Histaminintoleranz treten in der Regel einige Minuten nach dem Konsum histaminhaltiger Lebensmittel auf und können unterschiedlichste Körperregionen betreffen. Typische Symptome sind etwa Schwindel, Herzrasen, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Übelkeit, Blähungen, Durchfall oder auch Verstopfung. Darüber hinaus können jedoch auch Hautreaktionen wie Ausschlag, Juckreiz, Quaddeln oder Kribbeln auftreten.
Quellen
- Ableitner, O.: Einführung in die Molekularbiologie. Springer Fachmedien, Wiesbaden 2018
- Dülligen, M., Kirov, A., Unverricht, H.: Hygiene und medizinische Mikrobiologie. Schattauer, Stuttgart 2016
- Gries, O., Ly, T.: Infektologie - Kompendium humanpathogener Infektionskrankheiten und Erreger. Springer, Berlin 2019