Bakterielle Endokarditis
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Die bakterielle Endokarditis ist eine entzündliche Erkrankung der Herzinnenhaut. Sie wird von Keimen verursacht, welche in die Blutbahn geraten und sich im Herz festsetzen. Entscheidend für eine erfolgreiche Behandlung ist die frühestmögliche Gabe eines Antibiotikums.
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Was ist eine bakterielle Endokarditis?
Die bakterielle Endokarditis ist eine von Bakterien ausgelöste Entzündung der Herzinnenhaut. Die Herzwand besteht aus mehreren Gewebeschichten, die innerste ist das Endokard. Es ist eine dünne, glatte und sehr faserreiche Haut, die das Herz und die Herzkammern von innen auskleidet.
Auch die Herzklappen und Sehnen bestehen aus Endokard. Eine bakterielle Endokarditis kann daher auch die Herzklappen schädigen und zu einer Herzklappeninsuffizienz (Herzklappenschwäche) führen. Man unterteilt die bakterielle Endokarditis je nach Erreger in zwei Gruppen ein. Die akute Form wird von Staphylokokken ausgelöst und hat einen kürzeren Verlauf mit ausgeprägten Symptomen.
Die subakute bakterielle Endokarditis wird meist von Streptokokken verursacht und verläuft wesentlich langsamer und milder. Die bakterielle Endokarditis tritt bei Männern häufiger auf als bei Frauen. Die Patienten sind in der Regel älter als 60 Jahre.
Ursachen
Die Ursache für eine bakterielle Endokarditis sind Krankheitserreger, die durch im Körper vorhandene Entzündungsherde in die Blutbahn gelangen. Oft werden diese Entzündungen von den Betroffenen gar nicht bemerkt. Es können auch Keime über medizinische Eingriffe an Blutgefäßen in den Körper gelangen, wie beispielsweise über einen dauerhaft gelegten Zugang in eine Vene.
Die Erreger der subakuten bakteriellen Endokarditis, die Streptokokken, befinden sich auf der Haut oder auf den Schleimhäuten, ohne dort schädlich zu wirken. Erst wenn sie ins Blutsystem gelangen, verursachen sie Entzündungen. Dies kann beispielsweise bei Zahnextraktionen (Ziehen des Zahnes) geschehen.
Auch über Entzündungen im Magen-Darm-Trakt oder in den Harnwegen können diese Keime in die Blutbahn und damit ins Herz gelangen. Streptokokken sind weniger aggressive Erreger und bewirken nur die milde, subakute Variante der bakteriellen Endokarditis.
Die akute Form der Erkrankung wird meist von den weitaus aggressiveren Staphylokokken, aber auch von Gonokokken oder Pneumokokken verursacht. Sie können über einen zentralen Katheter oder über die Benutzung von verunreinigten Spritzen in den Körper gelangen. Auch nach Herzoperationen kann eine bakterielle Endokarditis der akuten Form vorkommen.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Abhängig davon, wie aggressiv der Erreger ist, können bei einer bakteriellen Endokarditis verschiedene Symptome auftreten. In weniger schweren Fällen kommt es zu Fieber und Schwäche. Die Betroffenen fühlen sich abgeschlagen und müde, gelegentlich treten auch Herz-Kreislauf-Beschwerden auf. Ein typisches Symptom ist Schüttelfrost, das meist mit nächtlichen Schweißausbrüchen einhergeht.
Außerdem kommt es zu Appetitlosigkeit, die rasch zu einem Gewichtsverlust führt. Bei der akuten Form der bakteriellen Endokarditis können diese Symptome im Verlauf rasch an Intensität zunehmen und schwere Gefäß- und Organschäden hervorrufen. Betroffen ist vor allem das Herz – hier äußert sich die Erkrankung unter anderem durch das charakteristische Stechen und gelegentlich auch durch Herzrhythmusstörungen.
Handelt es sich um Scharlach, können Symptome wie Halsschmerzen, Übelkeit und Erbrechen sowie Kopf- und Gliederschmerzen auftreten. Etwas später kommt es zu dem typischen Hautausschlag, der anhand der stecknadelkopfgroßen roten Flecken zu erkennen ist. Bei einer Mittelohrentzündung kann es zu Hörbeschwerden, Schmerzen im betroffenen Gehörgang und Fieber kommen.
Eine Nasennebenhöhlenentzündung äußert sich unter Umständen durch Atembeschwerden und Ausfluss. Handelt es sich bei der bakteriellen Endokarditis um eine Hornhautentzündung der Augen, können Sehstörungen, eitriger Ausfluss und weitere Symptome auftreten.
Diagnose & Verlauf
Die subakute bakterielle Endokarditis verläuft sehr langsam und schleichend. Sie beginnt mit allgemeinen Krankheitszeichen wie Abgeschlagenheit, leichtem Fieber, Müdigkeit und Appetitlosigkeit.
Im weiteren Verlauf kommen Nachtschweiß und veränderte Herzgeräusche dazu. Die akute bakterielle Endokarditis zeigt ähnliche Symptome, jedoch treten sie viel heftiger auf. Das Fieber wird so hoch, dass die Patienten unter Bewusstseinseintrübungen leiden können. Es besteht die Gefahr eines septischen Schocks, der den völligen Zusammenbruch des Kreislaufsystems und damit akute Lebensgefahr bedeutet.
Der Verdacht auf bakterielle Endokarditis kann durch eine körperliche Untersuchung und durch Gespräche zur Krankheitsgeschichte mit bereits bestehenden Herzfehlern oder Herzklappenfehlern festgestellt werden. In einer Blutuntersuchung geben Entzündungsmarker und die Anzahl der Leukozyten Aufschluss über eine vorliegende Infektion. Um den Erreger der bakteriellen Endokarditis herauszufinden, werden Erregerkulturen angelegt.
Komplikationen
Eine bakterielle Endokarditis kann zu vielgestaltigen Komplikationen führen. Gefahren gehen insbesondere von bakterielle Ablagerungen auf den Herzklappen aus, die sich lösen und in der Folge ein Blutgerinnsel hervorrufen können. Kleinere Embolien können zu kurzfristigen Ausfällen führen, während große Blutgerinnsel einen Schlaganfall zur Folge haben können.
Daneben können Embolien je nach Größe und Ort des Auftretens zu Nieren-, Darm- und Milzbeschwerden führen; in der Folge kommt es etwa zu Flankenschmerzen, Blutbeimengungen im Urin, Darmverschluss und Krämpfen. Sind die Arme und Beine betroffen, ruft die schlechte Durchblutung unter anderem Schmerzattacken und Empfindungsstörungen hervor.
Außerdem können Embolien zur Bildung von Osler-Knötchen oder Petechien führen; die schmerzhaften Hauterkrankungen können im weiteren Verlauf Infektionen auslösen und bleibende Narben hinterlassen. Bei einer Schädigung der Herzklappen kommt es in der Folge oftmals zu einer Herzschwäche, aus der sich verschiedene Folgeerkrankungen wie etwa Blutarmut oder Blutdruckstörungen entwickeln können.
Selten kommt es in Folge einer bakteriellen Endokarditis auch zu einer Gelbsucht oder einer Glomerulonephritis, einer Erkrankung der Niere und des Immunsystems. Je früher die Entzündung erkannt wird, desto wahrscheinlicher ist eine Genesung ohne schwere gesundheitliche Folgen.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Wenn über einen längeren Zeitraum Nachtschweiß, Gliederschmerzen oder Appetitlosigkeit auftreten, ist ein Arztbesuch anzuraten. Die Symptome deuten auf eine subakute bakterielle Endokarditis hin, die am besten zeitnah behandelt wird. Spätestens, wenn begleitend immer wieder Schüttelfrost und ein schleichender Anstieg der Körpertemperatur bemerkt werden, ist von einer subakuten Entzündung der Herzinnenhaut auszugehen.
Die akute Form, die sich unter anderem durch Herzrasen und Luftnot äußert, muss sofort behandelt werden. Weitere Warnzeichen sind Bewusstseinstrübungen, Abgeschlagenheit und eine generelle Abnahme des Wohlbefindens.
Äußerlich zeigt sich die akute bakterielle Endokarditis durch kleine Hautknötchen, rundliche Blutungen auf der Netzhaut und stecknadelkopfgroße Hauteinblutungen. Wenn diese Symptome bemerkt werden, muss sofort ein Arzt eingeschaltet werden. Sollte es zur Entstehung von Embolien oder Organversagen kommen, muss der Rettungsdienst alarmiert werden.
Unter Umständen muss der Betroffene bis zum Eintreffen des Notarztes erstversorgt werden. Da ein längerer Klinikaufenthalt wahrscheinlich ist, sollten zum frühestmöglichen Zeitpunkt auch die Angehörigen des Betroffenen informiert werden.
Behandlung & Therapie
Die Behandlung von bakterieller Endokarditis erfolgt in erster Linie über die Gabe von Antibiotika. Wichtig ist dabei, dass die antibiotische Therapie so bald wie möglich einsetzt. Welche Art von Antibiotikum verabreicht werden muss, erfährt der Arzt über die Erregerkulturen, denn die verschiedenen antibiotischen Medikamente wirken immer nur gegen spezielle Erreger.
Meist müssen die Antibiotika in hoher Dosierung und über einen längeren Zeitraum verabreicht werden. In der Regel geschieht dies stationär über eine Infusion. Des Weiteren wird das Blut durch sogenannte Antikoagulation (Herabsetzung der Gerinnungsfähigkeit) verflüssigt. Dadurch wird das Blut dünner und fließt besser und eventuell an den Herzklappen bestehende Blutpfropfen, in welchen sich die Keime ansiedeln, lösen sich allmählich auf.
Die Behandlung der bakteriellen Endokarditis muss so lange durchgeführt werden, bis sich keine Erreger mehr im Blut nachweisen lassen. In sehr schweren Fällen kann eine Herzklappe durch eine bakterielle Endokarditis so sehr geschädigt sein, dass sie in einer Operation durch eine künstliche Klappe ersetzt werden muss. Es besteht eventuell auch die Notwendigkeit, durch die Entzündung verändertes Herzgewebe operativ zu entfernen.
Aussicht & Prognose
Die Prognose einer bakteriellen Endokarditis ist von zahlreichen verschiedenen Einflussfaktoren abhängig. Allem voran ist bei dieser Erkrankung die Herkunft des Bakteriums von besonderer Wichtigkeit.
Die Aussicht auf eine Heilung ist als kritisch einzustufen, wenn der Erreger nicht auf die Gabe von marktüblichen Antibiotika reagiert. Die Heilungschancen steigen bei einem Krankheitserreger, der schnell und erfolgreich mit den vorhanden medizinischen Möglichkeiten bekämpft werden kann. Zusätzlich ist für eine gute Prognose die Stabilität des Immunsystems bei dem Patienten maßgebend. Je gesünder und jünger der Erkrankte ist, desto besser sind im Normalfall seine Heilungsaussichten. Kinder sind dabei nicht berücksichtigt.
Einen ungünstigen Einfluss haben vorhandene Schädigungen und Erkrankungen des Herzens oder das Vorliegen einer weiteren Erkrankung, die den Organismus schwächt. Chronische Krankheiten gelten als ungünstig und lindern die Erfolgschancen deutlich. Weiterhin ist das Finden der Ursache der Endokarditis elementar im Heilungsprozess. Können die Ursachen der Herzinnenhautentzündung schnell gefunden und behandelt werden, verbessert sich die Prognose.
Der Zeitpunkt der Diagnose und damit der Behandlungsbeginn sind ebenfalls wichtige Faktoren, die berücksichtigt werden müssen. Bei einem späten Behandlungsbeginn, einer Überempfindlichkeit gegenüber Antibiotika und einem resistenten Keim, kann die bakterielle Endokarditis einen tödlichen Verlauf haben. Dies ist unabhängig von dem Alter des Patienten und dessen Abwehrsystem.
Vorbeugung
Wurde man bereits am Herzen operiert oder leidet an einer Herzerkrankung und es steht eine Zahnoperation oder ein anderer medizinischer Eingriff bevor, so kann man mit der Einnahme eines passenden Antibiotikums der bakteriellen Endokarditis vorbeugen. Außerdem sollte, wie bei der Vorbeugung einer Herzmuskelentzündung auch, bei Erkältung, Grippe oder anderen Erkrankungen auch, kein Sport getrieben werden, da sich dies schwerwiegend auf die Herzgesundheit auswirken kann. (Siehe dazu auch: Plötzlicher Herztod)
Nachsorge
Die Nachsorge nach einer behandelten bakteriellen Endokarditis ist langwierig und richtet sich nach dem Genesen des Patienten. So hat jeder Mensch unterschiedlich hohe Risiken für ein Wiederaufflammen der Infektionen beziehungsweise für das Erleiden einer erneuten bakteriellen Endokarditis.
Nach einer medikamentösen Therapie wird das Herz in regelmäßigen Abständen untersucht, um das Gewebe zu kontrollieren. Eventuell wieder aufgetretene Infektionen können so schnell erkannt werden und es kommt zu einer zeitigen Behandlung. Die Kontrollen erfolgen während und nach der Behandlung in kurzen Abständen; nach einiger Zeit werden sie dann seltener.
Es werden hierfür meist ein Ruhe-EKG, die Echokradiographie sowie Blutuntersuchungen verwendet. Bei Kindern, die eine bakterielle Endokarditis überstanden haben, gilt das Risiko für eine erneute Entzündung als erhöht. Deshalb sind diese Nachsorgeuntersuchungen meist ein Leben lang durchzuführen.
Bei als auffällig geltenden Betroffenen, welche nach einer Behandlung Fieber haben, gilt das Anlegen einer Blutkultur als besonders relevant. Hier zeigt sich schnell, ob der Erreger der Endokarditis vielleicht noch im Körper verblieben ist.
Eine gute Zahngesundheit gilt als prophylaktische Maßnahme, weil viele Erreger der Endokarditis über den Mundraum in den Körper gelangen. Eine hervorragende Zahngesundheit ist deshalb vom Patienten ein Leben lang anzustreben.
Das können Sie selbst tun
Personen, bei denen eine bakterielle Endokarditis festgestellt wurde, bedürfen in erster Linie einer medizinischen Behandlung. Der Arzt wird dem Patienten mitteilen, ob und welche Selbsthilfe-Maßnahmen ergriffen werden können.
Da es sich um eine schwerwiegende Erkrankung des Herzens handelt, müssen alle sportlichen Aktivitäten vermieden werden. Während der Antibiotika-Therapie muss sich der Patient schonen. Die eigentlichen Symptome können durch die bekannten Maßnahmen gelindert werden.
Das charakteristische Fieber lässt sich durch Bettwärme und eine angepasste Diät lindern, während Schmerzen mittels sanfter Schmerzmittel behandelt werden. Nicht immer werden hier medizinische Arzneimittel verordnet. Oft helfen bereits leichte Präparate aus der Natur, etwa Baldrian oder Arnika. Bei ausgeprägten Schädigungen ist allerdings immer eine umfassende medikamentöse Therapie vonnöten.
Zudem muss eine Operation durchgeführt werden. Nach einem Eingriff am Herzen muss sich der Erkrankte schonen und auf etwaige Begleiterscheinungen achten. Ein Herzklappenersatz birgt die Gefahr verschiedener Komplikationen, weshalb immer auch eine enge Rücksprache mit dem zuständigen Arzt angezeigt ist.
Weitere Selbsthilfe-Maßnahmen hängen davon ab, wie stark die Beschwerden ausgeprägt sind und ob sich im Verlauf der Genesung weitere Komplikationen einstellen. Im Allgemeinen klingt eine frühzeitig erkannte und ärztlich behandelte bakterielle Endokarditis auch ohne Eigenmaßnahmen zuverlässig und schnell ab.
Quellen
- Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
- Roskamm, H., et al.: Herzkrankheiten. Springer, Heidelberg 2004